Firmengeschichte: The Gretsch Story

Einmal mehr war es ein deutscher Immigrant, der im ausgehenden 19. Jahrhundert eine grandiose amerikanische Gitarrenlegende begründete. Als Friedrich Gretsch 1883 in New York seinen ersten Music Shop öffnete, legte er damit den Grundstein zu einer der bedeutendsten Gitarren-Manufakturen der jüngeren amerikanischen Geschichte, auch wenn zu dieser Zeit von Gitarren noch nicht die Rede war.

In Brooklyn, NY, begann damals alles mit der Produktion von Tambourins, und es sollte noch rund 50 Jahre dauern, bis die Gretsch Company mit einer vollen Reihe von Archtop-Gitarren an den Markt kam.

Die Gretsch Familie

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Fred Gretsch übernimmt das Familiengeschäft

Der Firmengründer Friedrich Gretsch war bereits 1895 eines unerwarteten Todes gestorben und sein Sohn Fred Gretsch (sen.) übernahm daraufhin die Firma und erweiterte 1910 die Produktlinie um Banjos und Ukulelen.

In den 20er Jahren kam das Schlagzeug hinzu, und dann, 1927, tauchten erstmals Gitarren im Angebot auf. Eine Reihe von Tenor-Gitarren ergänzte das stetig wachsende und um Aktualität bemühte Sortiment.

Fred Gretsch verstand es, aus der ehemals kleinen und unbedeutenden Firma in Brooklyn einen auch überregional erfolgreichen Hersteller zu machen. Er beließ es auch nicht bei der Produktion einer ständig wachsenden eigenen Produktpalette, sondern erweiterte seine Aktivitäten auch auf den Vertrieb verschiedenster in Mode stehender Instrumente.

Die Roaring Twenties waren zumindest in den Metropolen von berstender Lebensfreude und allgegenwärtigem Entertainment gekennzeichnet; in Tausenden von Clubs, Bistros und Theatern spielten Bands und benötigten modernes Instrumentarium. Fred Gretsch baute sein Programm aus und versuchte den vielfältigen Bedarf zu decken.

Folgerichtig wurde dann 1930 auch in Chicago ein weiteres Vertriebsbüro eröffnet, und der Katalog von 1933 zeigt neben der anfangs erwähnten ersten großen Reihe von eigenen Archtop-Gitarren auch noch ein umfassendes Sortiment an Saiten-Instrumenten anderer Hersteller wie Rex, Kay und Harmony, aber auch Flat-Tops, Banjos, Ukulelen und Tenor-Gitarren fehlten nicht.

1940 erwarb Gretsch dann noch die Rechte an den Banjos von Bacon & Day, eine recht fragwürdige Transaktion, denn die große Zeit des Banjos war eigentlich längst zu Ende und hatte ihren Platz für die immer mehr in Mode kommende Gitarre geräumt.

In den späten 30ern und erst recht in den 40er Jahren machte Gretsch dann aber mit phantasievollen und Aufsehen erregenden Designs wie etwa dem „Cat’s Eye Soundhole“ bei seinen Archtop-Gitarren oder dem dreieckigen Schall-Loch bei Flat-Tops auf sich aufmerksam.

1942 zog sich Fred Gretsch sen. aus dem Geschäft zurück und überließ das Management seinen Söhnen Fred jr. und William Walter (Bill). Fred jr. wurde bereits nach kurzer Zeit zur Navy eingezogen und Bill leitete die Firma von ’42 bis zu seinem frühen Tod 1948. Danach übernahm Fred Gretsch Jr. die Geschäfte, die er dann auch bis 1967 führen sollte.

Überraschenderweise hatte sich Gretsch nicht an dem rasanten Wettrennen beteiligt, in dem die konkurrierenden Gitarrenhersteller der Vorkriegszeit sich um die Elektrifizierung von Gitarren bemühten. Selbst nach dem Krieg, der allen Instrumentenbauern eine Zwangs- und Denkpause zugunsten der nationalen Waffenproduktion verschafft hatte, blieb Gretsch zunächst seiner früheren Linie treu und baute, als sei in der Zwischenzeit nichts passiert, wieder aufwendige akustische Archtops wie die der Synchromatic-Reihe.

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Die ersten E-Gitarren von Gretsch

Die Firmen-Philosophie erfuhr dann 1951 einen radikalen, geradezu überstürzten Wechsel. Fred jr. hatte wohl einige Zeit benötigt, um sich nach 1948 einzuarbeiten, und unter seiner Leitung änderte sich nun der Kurs der Company rapide in Richtung E-Gitarren. Die musikalischen Trends hatten sich un-überhörbar gewandelt, und hitzige Stilistiken wie BeBop und Rock ’n’ Roll verlangten nach neuen Klängen. Schlagzeuger legten die Besen beiseite und ließen die Sticks krachen.

Gretsch

Die Gitarre begann sich dank ihrer Elektrifizierung als Soloinstrument zu etablieren und schickte sich bereits an, einen grandiosen Siegeszug anzutreten. Die 50er Jahre können als entscheidende schöpferische Phase in Konzeption und Formgebung der modernen Gitarre gelten, und die Gretsch-Company besetzte ihre Position mit Attributen, für die sie auch früher schon bekannt war.

Auffällige Designs und gewagte Farbgebung erregten Aufsehen und wurden zum Markenzeichen der Firma. Waren die ersten Electrics auch noch stark auf die akustischen Archtops bezogen, mit Details wie dem Harp Tailpiece und der Stairstep Bridge, führten gar noch das „Synchromatic“, bzw. das angelehnte „Electromatic“ auf der Kopfplatte, so kam es nach ‘53 zu einer wahren Flut von bemerkenswerten Modellen.

jede Menge Gretsch-Gitarren!
Jede Menge Gretsch-Gitarren! (Bild: FRANZ HOLTMANN)

Den Anfang machte die Duo-Jet, eine dem Les-Paul-Modell von Gibson nicht unähnliche Semi-Solidbody-Gitarre mit einem teils ausgefrästen Mahagoni-Korpus und einer tiefschwarzen Decke mit zwei DeArmond-PUs. 1954 folgte mit gleicher Korpusform und elektrischer Ausstattung die stark mit Western-Motiven verzierte Round-Up mit Piniendecke und ‘55 dann die silbrig glitzernde Silver Jet zusammen mit der feuerroten Jet Fire Bird.

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Gretsch & Chet Atkins

Den unzweifelhaft entscheidenden Schritt in der Firmengeschichte vollzog Fred Gretsch 1954 mit der Verpflichtung von Chet Atkins. Der überaus populäre Country-Gitarrist lenkte nicht nur den Blick auf die Company, sondern stand auch für neue Designs ein, die im Handumdrehen Furore machen sollten. Ende ‘54 kam das erste Signature-Modell, die berühmte 6120 im weißen Leder-Case mit Western-Motiven heraus.

In dem Video spricht der Musiker über seine Gretsch: 

Wie schon die Round-Up war die Decke von einem G-Branding gekennzeichnet und trug gravierte Griffbretteinlagen („Cows ’n’ Cactus“-Inlays). DeArmond-PUs und Bigsby-Vibrato waren Standard. Das Modell 6120 und seine späteren Variationen Country Gentleman (6122) und Tennessean (6119) sollten dann zu Rennern und später zu begehrten Sammelobjekten werden.

Auf der Grundlage eines Duo-Jet Body Shapes wurde Chet Atkins auch noch eine Solidbody (6121) gewidmet, die ähnliche Ausstattungsmerkmale besaß wie die Round-Up, aber zusätzlich über ein Bigsby Vibrato verfügte.

Und die Gretsch im Einsatz:

https://www.youtube.com/watch?v=i3ZMoymgqbU

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Die Gretsch White Falcon

1955 war auch das Jahr, an dem die auffällig gestaltete Gitarren-Diva White Falcon „The Guitar’s All-time Jayne Mansfield Va-Va-Voom Eyepopper“ und deren kleine Semi-Solid-Schwester White Penguin herauskamen.

Die weiße Grundfarbe der Falcon erhielt durch vergoldete Hardware, Gold-Sparkle-Bindings und einen stilvoll gestalteten Saitenhalter den Luxusappeal, der sie zur absoluten Show-Gitarre machte und der bis heute die Sammelleidenschaft entfacht.

Die White Penguin entzieht sich allerdings dem begehrlichen Zugriff fast völlig, da sie nur in kleinen Stückzahlen gefertigt wurde und heute, wenn überhaupt, nur noch jenseits der 100.000- DM-Grenze zu finden ist. Weitere Gitarren, die in den 50er Jahren das Gretsch Programm vervollständigten sind die Modelle Country Club, Streamliner, Sal Salvador, Rambler, Clipper und die Anniversary-Modelle am Ende des Jahrzehnts.

Eddie-Cochran
Einer der ersten, einer der Großen: Eddie Cochran, der seiner Gretsch 6120 einen P-90-Pickup an den Hals setzte.

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Gretsch Filter Tron

Waren die frühen Electrics durchweg mit einspuligen DeArmond-Pickups ausgestattet, so vollzog sich 1958 mit der Einführung der Filter-Tron-Tonabnehmer ein klanglich nicht unerheblicher Wandel.

Die zweispuligen Filter-Trons erschienen fast zeitgleich mit den Gibson Humbuckern, hoben sich aber klanglich deutlich von diesen ab. Wo der Gibson-PU warm und saftig klang, da konterte der Filter-Tron mit knackigen und perkussiv-glockigen, überaus höhenreichen Sounds, die für Country-Styles und die Twang-Guitar eines Duane Eddy prädestiniert erschienen. Später sollten sie sich dann auch in durchaus anderen Stilen noch als „Trademark-Sounds“ bewähren.

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Gretsch’s Stereo-Versionen

Das Zauberwort Ende der 50er Jahre hieß „stereo“, und so ist es nicht wirklich verwunderlich, dass moderne Gitarrenhersteller eifrig nach Möglichkeiten für die praktische instrumentale Umsetzung der angesagten Technik suchten. Gretsch hatte die Nase vorn und legte die Stereo-Versionen der Country Club und der White Falcon vor.

Das von Ideenlieferant Jimmie Webster entwickelte System beruhte auf modifizierten Filter-Trons, die Bass- und Diskantsaiten für jeden einzelnen Tonabnehmer getrennt zu verschiedenen Verstärkern führten.

Gibson schoss 1959 mit einem einfacheren Stereo-System bei seinen Modellen ES-345 und 355 nach, die das Signal der einzelnen Pickups zu jeweils separaten Verstärkern führten, zusätzlich aber noch über den Varitone-Drehschalter verfügten, der sechs gefilterte Preset-Sounds bereithielt. Beide Systeme erwiesen sich letztendlich als Flops und auch der Varitone-Schalter stieß auf wenig Gegenliebe bei den Gitarristen.

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Beatlemania: George Harrison spielt Gretsch

Um die Jahrzehntwende zu den 60er Jahren kam die amerikanische Gitarrenindustrie dann in die Krise, das Geschäft stagnierte, Gibson ging mit einigen innovativen Designs gar baden und musste die Flying V, die Explorer und sogar die Les Paul Standard aus dem Programm streichen.

Wie wir heute wissen, war das aber nur die Ruhe vor dem Sturm, denn im fernen Britannien machte sich eine Gruppe auf den Weg, die Welt zu erobern und für den größten Boom in der Gitarrengeschichte zu sorgen: die Beatles.

George Harrison hatte bereits 1960 in Liverpool eine gebrauchte Gretsch Duo-Jet für 75 englische Pfund erstanden („my first good guitar“) und sie durch seine frühen Jahre im Cavern Club und in Hamburg, auf Tourneen von Europa bis Amerika und auf zahllosen Beatles-Aufnahmen gespielt.

Harrisons erste gute Gitarre war eine 1957er Gretsch Duo Jet, die er in 1961 einem Seefahrer abkaufen konnte. (Bild: BACKBEATBOOKS)

Obwohl im Laufe der Zeit einige andere Modelle, u. a. eine Tennessean von ‘57, eine 50s Synchromatic und eine Super Chet in seinen Besitz gelangten, bleibt diese erste Gretsch bis heute seine sentimentale No. 1.

Inzwischen gibt es auch die Gretsch G6128T-GH George Harrison Signature Duo Jet:

Auf alle Fälle aber sorgte die weltweite Präsenz der Beatles für rapide steigende Umsätze bei Gretsch (George) und Rickenbacker (John). In der Tat spielte neben dem schlagenden Satzgesang der elektrisierende Gitarren-Sound für die unvergleichliche Erfolgs-Story der vier Liverpooler nach 1962 eine entscheidende Rolle.

Heerscharen von Gitarristen eiferten ihren Idolen nach, wollten klingen wie die Vorbilder und bemühten sich um das entsprechende Equipment – goldene Zeiten für Gretsch und die übrigen am Beatles-Sound beteiligten Instrumentenbauer.

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Gretsch Gitarren erobern den Jazz

In Amerika hatte sich Gretsch in frühen Jahren einen Namen unter Jazz-Gitarristen machen können. Stars der Szene wie Freddie Green bei Count Basie, Dick Garcia mit George Shearing, Harry Volpe, Sal Salvador, Al Caiola und sogar Django Rheinhardt sah man in den 40er Jahren mit den für die Zeit aufregend modern gestalteten Synchromatics.

Jimmie Webster, ein wesentlicher Ideenlieferant für viele technische und gestalterische Neuerungen bei Gretsch, ließ die Welt schon mehr als dreißig Jahre vor Eddie Van Halen und Steve Vai über seine „Fingerboard Tapping Technique“ staunen:

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Gretsch goes Country & Rock

In den 50ern konnten dann zunehmend auch die Country-Stars für die Instrumente aus Brooklyn interessiert werden, und spätestens seit ‘54 Chet Atkins für Gretsch einstand, sah man viele der „Großen“ dieser Branche mit den „Gitarren für Cowboys“.

Etwa zeitgleich entwickelten sich aus dem traditionellen Bereich heraus moderne Stilistiken, die aus Jazz, Blues und Country neue Kombinationen formten und mit aufregenden Rhythmen verbanden. Duane Eddy, Eddie Cochran, Bo Diddley, Cliff Gallup, Gene Vincent u. v. a. m. entlockten den Gretsch-Gitarren die aufregenden Sounds von Rockabilly bis Rock ’n’ Roll.

Auch die Jungs von Andertons sind Gretsch Fans: 

 

Die 60er Jahre brachten dank der britischen Invasion mit den oben schon erwähnten Beatles als Vorreitern noch einmal richtig Wind ins Geschäft, und in Nordamerika selbst stellte sich die frühe Boygroup The Monkees mit einem gleichnamigen „Signature Model“ vor die Kameras, während aus der Protestbewegung gegen den Vietnamkrieg Musiker wie Steven Stills und Neil Young wuchsen und den erdigen Gretsch-Sound für ihren deftigen Folk-Rock einsetzten.

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Double Cutaway

Große Sprünge in der Modellpolitik waren bei einer Traditionsfirma wie Gretsch zu dieser Zeit eigentlich nicht unbedingt zu erwarten, aber die neu entfachte Gitarrenhysterie brachte dann doch einige interessante Neuentwicklungen und zeitgemäße Fortschreibungen von bereits in den 50er Jahren erfolgreichen Instrumenten an den Markt.

Hollowbody-E-Bass von Gretsch, rot, liegend
Hollowbody-E-Bass mit Double-Cutaway von Gretsch (Bild: Dieter Stork)

Wesentlich war hier wohl die Einführung der Double-Cutaway-Versionen von einigen bewährten Modellen, wie der Chet Atkins Hollow Body und Country Gentleman Ende 1961, aber auch der Duo Jet und Chet Atkins Solidbody, später gar der White Penguin.

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Sparkle: Gretsch Gitarren fangen an zu glitzern

Optisch gelang es der New Yorker Firma ebenfalls erneut die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen, konnte doch etwa Anfang der 60er das gesamte „Sparkle Finish“-Programm der Gretsch-Drums auf die Jet-Gitarren übertragen werden. Wunderbar glitzerige Farbpracht, z. B. gold sparkle, burgundy sparkle oder champagne sparkle, gab es nun auch auf Gitarren zu sehen.

Submarine an einer Gretsch Sparkle Jet

Andere auffällige Details sind die in den seit ‘61 fast nur noch aufgemalten F-Holes, das extraordinäre Kunstlederkissen auf der Rückseite der Nashville, Nullbünde, Teleskop-Arme für Vibratos, Saitendämpfer (string mutes) und die üppige Anzahl an Knöpfen und Schaltern.

Gretsch Modelle

Mit dem Modell Bikini, einem zusammenfaltbaren Instrument für den reisenden Musiker, und einigen anderen Versuchen in den frühen 60ern (Corvette, Princess, Astro Jet) wollte man in größerem Stil in den Marktbereich der Solidbodies eindringen; die Firma konnte jedoch keine nennenswerten Erfolge erzielen.

Auch die Einführung eines E-Basses 1963 (Model 6070) stieß auf wenig Gegenliebe bei den Spielern. Der stetige Erfolg von Gretsch-Gitarren beruhte eigentlich über die Jahre hinweg immer auf den elektrischen Hollowbodies.

Nichtsdestotrotz erzielte das Gretsch-Management in den 60ern stolze Umsatzzahlen mit den beliebten Double-Cutaway-Modellen, insbesondere der Country Gentleman, nicht zuletzt weil George Harrison die spielte.

Mit der Viking und der Rally wurden auch noch zwei verwandte Typen auf den Weg gebracht, die mit attraktiven Farbgebungen wie Cadillac Green oder Bamboo Yellow lockten.

Grüne 1954 Gretsch Gitarre
Grüne 1954 Gretsch Gitarre

1965 musste wegen des Booms letztlich sogar die Produktion für Gretsch-Drums aus den beengten Verhältnissen in der angestammten Brooklyner Fabrik ausgelagert werden – in der Gretsch immerhin schon seit 1916 ausharrte – um der Gitarrenfertigung mehr Raum zu geben.

Gretsch-G5622T-Electromatic-Center-Block-Double-Cut
Auch schön grün: Gretsch G5622T Electromatic Center Block Double-Cut (Bild: Dieter Stork)

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Die Baldwin-Ära

Der Gipfel der Entwicklung war allerdings damit dann auch erreicht, und das Blatt begann sich zu wenden: Die Verkaufszahlen sanken, Gitarren aus Asien überschwemmten den amerikanischen Markt.

1967 endete folglich die Ära Gretsch als Familienbetrieb durch den Verkauf an Baldwin. Unter neuer Leitung gewann man Jazz-Gitarrist George van Eps als Endorser, baute ihm ein 7-saitiges Signature-Modell und zeigte damit frisches Engagement. Van Eps hatte bis dahin eine Epiphone-Deluxe-Sonderanfertigung mit 7 Saiten gespielt.

1970 wurde die Produktion von Brooklyn nach Booneville in Arkansas verlegt. In der Baldwin-Phase unternahm das Management vornehmlich in den 70er Jahren noch einmal Anstrengungen, um dem alten Ruhm gerecht zu werden. Chet Atkins stand immer noch im Dienste der altehrwürdigen Firma und designte ein neues Modell, das die schönste überhaupt erreichbare Gitarre werden sollte.

1973 wurde die Super Chet und eine kleine, etwas schlichtere Schwester, die Deluxe Chet vorgestellt. Was aber bei der White Falcon noch als extravagantes Diva-Gehabe durchging, drohte nun in einer überzogenen Geschmacksverirrung zu ersticken.

Beliebtes Modell: Die Gretsch G5420T Electromatic Hollow Body in black präsentiert von Jody Porter:

Von allem ein wenig zu viel, hing das restriktive Design einer längst vergangenen Zeit nach, in der die Firmen sich noch mit immer mächtigeren Korpusgrößen zu übertrumpfen suchten (the battle of width). Andererseits muss zugestanden werden, dass es sich bei der Super Chet um ein originelles und, die entsprechende Stilistik immer vorausgesetzt, funktional durchaus wertvolles Instrument handelte.

1976 folgten dann zwei „richtige“ Solidbody-Gitarren, im Gegensatz zu den sogenannten früheren Jets, die in Wirklichkeit Hohlkammerfräsungen im Korpusblock aufwiesen. Die Modelle Atkins Super Axe und Atkins Axe versuchten sich nochmals an neue Kundschaft in der jüngeren Spielerszene heranzumachen und gaben sich als ultimative Gitarren für den Rock-Musiker aus.

Beide Instrumente wurden mit den angesagten neuen DiMarzio-Pickups ausgestattet, und die Super Axe hatte sogar eine Effekt-Bank an Bord, die neben der üblichen Klangregelung noch Zugriff auf die Effekte Kompressor, Phaser und Sustain bot.

Bis zu diesem Punkt war die Programmpolitik noch in Kontinuität zu der berühmten und verdienstvollen Firmengeschichte zu sehen, aber nun folgten einige unglückliche und teils hässliche Design-Irrtümer, die zu unverständlichen Entgleisungen wie die der TK-Reihe, der Broadkaster Solidbody, der Comittee und der BST-Modelle führten.

Das Ende der in die Beliebigkeit und Gesichtslosigkeit abdriftenden Firma bahnte sich an und 1980 wurde Gretsch abermals verkauft, und die Booneville-Produktion endete dann 1981.

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Fred Gretsch IV

1985 jedoch gelang es Fred Gretsch, Ur-Enkel des Firmengründers, die Rechte am altehrwürdigen Firmennamen zurückzuerwerben, um dann 1990 eine neue in Japan gefertigte Modellreihe wieder in den Markt einzuführen. Obwohl es sich bei diesen aktuellen Gretschs um keine detailgenauen Replikas der berühmten Klassiker handelt, versucht man doch die Annäherung an die große Zeit und den klassischen Gretsch-Sound der goldenen Jahre zu erreichen.

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Wer spielt Gretsch Gitarren?

Obwohl Gretsch-Gitarren heute wie Fossilien einer längst vergangenen Zeit wirken, so ist ihre Faszination doch noch längst nicht verblüht. Ein Foto der Travelling Willburys in den 80ern schien – just um die Zeit, in der Fred Gretsch sich für eine Wiederbelebung der Firma ins Zeug warf – genau das gefordert zu haben, und es wirkte wie eine Verbeugung vor den stilbildenden Klanggebern, wenn Roy Orbison, George Harrison, Bob Dylan und Tom Petty sich allesamt demonstrativ mit Gretsch-Gitarren zeigten.

Solange also elektrische Gitarren erklingen, solange wird auch immer wieder eine Gretsch zu hören sein, und das nicht nur in Retro-Stilen wie bei Rockabilly-Star Brian Setzer, nein auch die Einbindung in zeitgemäßere Musikrichtungen kann u. a. bei Musikern wie The Edge (U2), Joe Perry (Aerosmith), Bryan Adams & Keith Scott, Dave Steward oder George Michael beobachtet werden.

Gretsch-Gitarren gehören auf jeden Fall und ohne Frage zu den großen unverwechselbaren Klassikern der elektrischen Gitarrenwelt, und so werden sie zumindest mit den inzwischen ebenfalls klassischen Genres Country, Rock, Rockabilly und Rock ’n’ Roll untrennbar verbunden bleiben. Und das ist gut so.

Mehr über Gretsch Guitars erfährst du auf der offiziellen Website: https://www.gretschguitars.com/. Testberichte der neuesten Gretsch-Modelle erhältst du natürlich in Gitarre & Bass!

Autor: Franz Holtmann