Leistungsstarke „full range flat response“ Aktivlautsprecherboxen

Fliegengewicht: GR Guitar AT G112A & GR G112A im Test

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Endstufe auf der Anschlussplatte (Bild: Dieter Stork)

SOUNDS

Glücklicherweise leuchtet nach dem Anschalten der beiden GR-Cabinets rückseitig eine helle, blaue LED auf, denn man würde sonst gar nicht bemerken, dass die Endstufen – auch mit voll aufgedrehten Volume-Potis – überhaupt aktiv sind. Lediglich ein ganz leises Netzteilbrummen ist hörbar, sofern man sein Ohr an die Box hält, aber hier rauscht erst mal nichts.

Diese bemerkenswerte Laufruhe wäre definitiv studiotauglich und schießt für den Rockband-Bühnenbetrieb weit über das Ziel hinaus, ist aber ganz eindeutig ein Segen für Gitarristen oder Bassisten, die im Bühnengraben eines Theaters oder in einer Bigband neben Musikern platziert sind, die unverstärkte, traditionelle Instrumenten spielen und sich schon durch das leiseste Rauschen eines Gitarrenrigs in den Spielpausen gestört fühlen.

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Um den Klang der beiden Cabinets direkt miteinander vergleichen zu können, haben wir typische Modeling-Amps wie den Line 6 Helix, einen Kemper aber auch den BluGuitar Amp 1 Iridium Edition an beide Cabinets angeschlossen. Der A/B-Vergleich wurde dann ganz einfach über die rückseitig an den GR-Boxen angebrachten Lautstärke-Regler erledigen, indem man in schneller Folge eine Box mit aufgedrehtem Volume hört und im nächsten Moment die andere.

Bei diesem sehr direkten Vergleich zeigte sich sofort, dass beide Aktivboxen trotz gleicher Endstufen, Bassreflex-Konstruktion, Subwoofer und Lautsprecher, allein aufgrund der verschiedenen Gehäusematerialien extrem unterschiedlich klingen. Das leichte Kohlefasergehäuse der AT G112A betont erheblich weniger die für Gitarristen eigentlich sehr wichtigen Frequenzen zwischen 1500 und 3000 Hertz, als das Holzgehäuse der schwergewichtigeren GR G112A, die sich in der Tat sehr typisch nach einer 1x12er-Gitarrenbox anhört. Wir haben uns als Gitarristen sehr daran gewöhnt, wie Gitarrenboxen aus Holz klingen, und das Kohlefaser-Cabinet liefert, mit seinem im Vergleich sehr ausgewogenen Frequenzgang, in dem für unsere Ohren so kritischen Frequenzbereich, der den Transienten frei stellt und eine straffe, für tighte Rhythmusgitarren dienliche Spielweise begünstigt, zunächst ein sehr gewöhnungsbedürftiges Klangbild. Das lässt sich eher mit einem aktiven Bühnenmonitor als mit einem 1x12er-GitarrenCabinet vergleichen.

Die Erfahrung im Live-Betrieb zeigt allerdings auch auf, dass der sportliche Frequenzgang von typischen 1x12er-Boxen nicht unbedingt dafür sorgt, dass man die Informationen des eigenen Instrumentes komplett wahrnehmen kann, sobald die Mitmusiker einsetzen. Es gab daher in der Vergangenheit tatsächlich gute Gründe für große und schwere 2x12er- und 4x12er-Gitarrenboxen. Dass die AT G112A durch die etwas verhaltenen oberen Mitten und Höhen wesentlich größer klingt, als sie aussieht, dürfte also in der Praxis nicht von Nachteil sein.

Stellt man das GR Guitars AT G112A nicht direkt vor sich auf den Boden, sondern entweder mit etwas Abstand zum Gitarristen leicht nach oben angeschrägt oder sogar gleich auf Brusthöhe auf, um somit etwas direkter abhören zu können, relativiert sich der Eindruck. Sogar so sehr, dass man sich fragt, warum das Kohlefaser-Cabinet vom Hersteller nicht auch noch direkt in der Form einer typischen, schrägen Monitorbox angeboten wird.

ALTERNATIVEN

In der Ultraleichtgewichtsklasse ist die AT-G112A-Carbon-Box derzeit tatsächlich alternativlos. Alle mir bekannten aktiven 1x12erFRFR-Boxen wiegen weitaus mehr als 6 Kilogramm.

Die traditioneller konstruierte GR G112A ähnelt in ihrer grundsätzlichen Klangfarbe und auch der maximal erzielbaren Lautstärke der Laney-LFR-112-Aktivbox, die jedoch aufgrund der dickeren Wände des Gehäuses und einer mit 400 Watt Leistung glänzenden Endstufe, ein Gewicht von knapp 19 Kilogramm hat und somit beinahe doppelt so schwer ist, aber auch daher etwas stabilere Tiefbässe als die GR-G112A-Box abbilden kann.

RESÜMEE

Beide GR-Guitar-Cabinets sind nicht nur aufgrund ihres speziellen Looks ein totaler Hingucker, sondern klingen als Gitarren-Monitor ausgesprochen musikalisch und druckvoll. Bei der extrem leichten AT-G112A-Aktivbox fällt lediglich der relativ sportliche Preis von etwa 949 Euro auf, allerdings bekommt man für das Geld die mit großem Abstand leichteste 300-Watt-Aktivbox für Gitarristen, die derzeit am Markt erhältlich ist – und das ist dann tatsächlich sehr verlockend.

PLUS

  • ultraleicht (AT G112A)
  • fast rauschfrei
  • sehr ausgewogener Klang (AT G112A)

MINUS

  • Bedienungsanleitung enthält noch Fehler (mono/stereo-Taster)
(Bild: Gitarre & Bass)

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Vielen Dank für diesen sehr spannenden Test, liebe Gitarre und Bass!

    Leider konnte ich zwei für mich wichtige Angaben für FRFR-Boxen nicht finden:
    – Handelt es sich um rein analoge Verstärkung oder wird ein DSP benutzt (was auch Latenz zur Folge hätte)?
    – Wie genau ist die Flat Response (Toleranzangabe in +-dB)?

    Solltet ihr das noch rausfinden, wären neben mir vielleicht auch andere an einer ergänzenden Info interessiert.

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Leider schweigt sich der Hersteller zu beiden Angaben aus, bzw. gibt keine ganz konkreten Infos.
      Das Spielgefühl über die FRFR Boxen ist so „analog“ und schnell, dass der Prakmatiker in mir sich über die ganz genaue Arbeitsweise der Class-D(?) Endstufe nicht den Kopf zermartern würde.
      Da die beiden Gehäuse auffällig unterschiedlich klingen, kann von ultra-flat-response Wiedergabe im Raum natürlich nicht ausgegangen werden. Sofern man nicht on-axis vor dem Lautsprecher steht (was in der Praxis bei Shows ja auch nicht vorkommt), muss man die Cabs eben so handeln, wie ordinäre, passive Gitarrenboxen und sich eine Wohlfühl-Position relativ zu Speaker suchen.

      Was ich ja eigentlich nicht schreiben möchte, im Print – eine total subjektive Bewertung.
      Hier für Dich dennoch: Ich hab‘ noch keine bessere Qualität bei Leichtbauweise gefunden, als bei diesen beiden Cabinets: Das ist schon Benchmark, bisher. Halte Dich daher nicht zu sehr an technischen Details auf und nimm Dir die Zeit zum Testen, falls machbar! all the best, Nils

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      1. Danke für deine umfassende Antwort und die persönliche Einschätzung der Qualität, Nils!

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