Die machen die wieder so wie früher …

Test: British Pedal Company Rangemaster

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PRAXIS

Das Aushängeschild ist hierbei eindeutig eine Special-Edition-Version mit Mullard OC44 und einem NOS-Welwyn-Volume-Poti. Ich weiß nicht, ob das Poti allein dafür verantwortlich ist, aber in Sachen Klangfarben hat dieser Treblebooster eindeutig die Nase vorn. Mit dieser Box gelingen an meinem Marshall (1973 Marshall JMP 20) alle klassischen Rangemaster-Sounds wirklich spielend. Egal, ob man ‚Smoke On The Water‘ anstimmt (hier war es in der Originalaufnahme von Deep Purple allerdings der Hornby Skewes), ‚Aqualung‘, irgendein Queen-Riff oder ‚Paranoid‘ von Black Sabbath. Die Rauheit und Aggression spiegeln genau das Vorbild.

Man muss dabei beachten, dass man jeweils den „dunklen Kanal“ eines Marshalls, Vox oder (Tweed-)Fenders verwendet. Der Kick in den hohen Mitten ist schon recht extrem, daher ist der Normal-Channel an einem Vier-InputMarshall oder Vox absolut ideal. Diese Kanäle sind normalerweise nicht zu gebrauchen, weil sie Gitarrensignale recht mulmig gestalten. Nicht so mit dem Treblebooster. Hier stimmt der Frequenzbereich sofort wieder. Außerdem verfügen diese Kanäle immer noch über genügend Bass-Fundament, denn der kleine Kondensator am Eingang (5nF) des Treblebooster schneidet die Bässe schon sehr stark ab.

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In Kombinationen mit dem Normal-Channel bringt der Rangemaster magische Sounds hervor. Man spielt alle Rockriffs, die man kennt und wundert sich, warum man die noch nie so authentisch nachbilden konnte. Mit Dioden-Clipping à la Tube Screamer geht das einfach nicht. Das Signal wird extrem kompakt und durchsetzungsstark. High-Gain ist dabei nicht drin, nur eben eine starke Übersteuerung. Man muss beim Solo schon richtig arbeiten, um ordentlich Sustain zu erhalten, oder eben den Amp so weit aufdrehen, dass dieser auch von sich aus schon übersteuert. Dann befindet man sich tatsächlich im Brian-May-Land.

Das deutlich preiswertere SE-OC44-Modell liegt klanglich wirklich nur ganz knapp hinter der Special-Edition-NOS-Version. Die unterschiedlichen Ergebnisse sind auch daher schwerlich zu beurteilen, da jeder OC44 etwas anders klingt. Die Streuungen sind hier enorm. Die OC44N-Version tönt milder und etwas leiser als die NOS-Versionen, was aber den Crunch-Liebhaber, der nicht ganz so tollwütig agieren möchte, gefallen müsste. Die SE-OC71-Version hat mehr Kompression und eine weniger aggressive Gangart. Diese Sounds erinnern sehr stark an Marc Bolans Rhythmus-Gitarre bei T. Rex. Bei Singlenotes kann man die Gitarre tatsächlich wie ein leicht angezerrtes Tenorsaxofon erklingen lassen.

Wer keinen „dunklen“ Normal-Channel im Verstärker hat, kann auf die schwarz lackierte OC75-Variante ausweichen, denn dieser Booster hat nicht nur einen anderen Transistor, sondern auch einen Varitone-Schalter, mit dem sich die ausgedünnten Bässe wieder schrittweise anheben lassen. Das ist sehr brauchbar, gerade wenn man modernere Amps spielt. Der Boost ist nicht ganz so stark wie bei den anderen Versionen, auch weil man ja hier die Lautstärke nicht mehr regeln kann.

OC44 N
Special Edition NOS Mullard OC44
Special Edition OC71
Special Edition OC44

RESÜMEE

Insgesamt versetzen einen diese Rangemaster zurück in eine andere Zeit, in der das Rockriff geboren wurde. Es macht unheimlich Spaß, damit zu experimentieren und sich klanglich in die Vergangenheit entführen zu lassen. Die Preise lassen sich vielleicht mit der aufwendigen Optik und der begrenzten Verfügbarkeit von NOS-Transistoren erklären, denn hier steckt wirklich britische Handarbeit dahinter. Es sind halt Oldtimer, und wenn man bedenkt, dass man für ein Original mehrere Tausend Euro hinblättern muss, relativiert sich das wieder. Es ist schön zu sehen, dass die British Pedal Company diese Legenden wieder so wie früher macht und in diese Aufgabe auch viel Detailliebe hineinsteckt.

PLUS

● Klangqualität
● authentische Verdrahtung
● Handarbeit
● Design/Optik

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2022)

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