Drei ist ’ne Party

Test: Anchor Berlin Tabac CW AE

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(Bild: Dieter Stork)

Nicht Wenige – auch ich – halten ein Orchestra- oder auch Triple 0-Model für den perfekten Kompromiss aus kompakter Korpusgröße und dennoch großem Klangvolumen. Dementsprechend unverzichtbar ist so eine Gitarre im Programm eines ambitionierten Herstellers.

Nach den Modellen New York (siehe Ausgabe 06/2022) und London (Ausgabe 08/2022) ist dieses das dritte Modell aus dem Hause Anchor und auch diese Gitarre greift selbstbewusst in der umkämpften 400-Euro-Liga an und stellt sich den hohen Ansprüchen, die hier trotz moderaten Preises erfüllt werden müssen.

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GUTER KOMPROMISS

Die „Berlin“ versucht nicht, den Anker … äh das Rad … neu zu erfinden und präsentiert sich mit traditioneller Rezeptur: Fichtendecke (massiv), Mahagonikorpus (laminiert) und Mahagonihals mit Palisandergriffbrett. Mit einer 648-mm-Mensur laufen die Saiten von der Stegeinlage im Palisandersteg über den etwas grob gearbeiteten aber präzise geschlitzten Sattel zu den offenen, mattierten Old-Style-Mechaniken an der Kopfplatte. Diese steht mit ihrer schlichten Form und der rückseitigen Volute zur Stabilisierung deutlich in Martin-Tradition. Das Satin-Finish des Korpus’ nennt sich Tabac (quasi ein Brown Sunburst) und kommt – in Kombination mit dem elfenbeinfarbenen Binding – optisch sehr gut rüber.

Mit Cutaway und Pickup-System möchte sich die Anchor Berlin auch ganz klar für Solo- und Bühneneinsatz empfehlen. Besagter Pickup ist ein Dauerbrenner unter den Acoustic-Tonabnehmern: es ist der bewährte Fishman Presys II mit Piezo-Element unter der Stegeinlage und Zargen-Cockpit mit Reglern für Volume, Bass, Treble sowie Phase-Taster und Stimmgerät. Unten auf der Zarge, abgekoppelt vom Gurtpin, findet sich der Klinke-Output nebst Batteriefach auf einer kleinen stabilen Kunststoffplatte.

(Bild: Dieter Stork)

HAPTIK UND KLANG

Die linke Spielhand fühlt sich hier sofort pudelwohl. Die mattierte Halsrückseite mit gesundem C-Profil schmeichelt sich ein, die schön verrundete Griffbrettkante und die bestens entgrateten und polierten Bundstäbchen tun ein Übriges. Das Alles wäre natürlich nicht viel wert, wenn die Werkseinstellung schlecht wäre … ist sie aber nicht! Saitenlage, Sattel-Einrichtung, Intonation: alles bestens. Da werden auch höhere (Profi-)Ansprüche locker erfüllt. Die ersten Akkorde bringen das ausgeprägte Sustain der Berlin in den Fokus – das lässt sich gut an.

Der Klang kommt vollmundig, seidig und kultiviert, aber (so frisch aus dem Karton) auch etwas unterkühlt ans Ohr. Sehr ausgewogen, mit dem richtigen Maß an klaren Bässen, durchsetzungsfähigen Mitten und angenehmen Höhen präsentiert sich das Klangbild dieses Orchestra-Modells. Nach einer gewissen Einspielzeit kommt der Sound bestimmt noch etwas abgehangener zur Geltung. Am Akustik-Verstärker übernimmt das Fishman-Presys-II-System das Kommando. Bei mittig auf neutral eingerasteten Klangreglern bekommt man schon eine sehr ehrliche, authentische Abbildung des akustischen Klangbildes geliefert, die sich auch gar nicht radikal verbiegen lässt, dafür aber detailliert abgeschmeckt werden kann. Die Saiten werden ausgewogen, also gleich laut, übertragen – das ist ein Signal mit dem sich arbeiten lässt.

 

RESÜMEE

Die Anchor Berlin ist ein Paradebeispiel für ein ansprechendes Instrument der umkämpften unteren Mittelklasse. Tadellos gearbeitet, mit coolem Design, zum äußerst fairen Preis. Gerne mal persönlich testen.

PLUS

● Design, Finish
● Hardware
● Haptik, Bespielbarkeit
● ausgewogene E- und A-Sounds

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2022)

Produkt: Gitarre & Bass 3/2024
Gitarre & Bass 3/2024
IM TEST: Gibson Les Paul Modern Figured +++ Seymour Duncan Hyperswitch +++ Baboushka Guitars More Glitter, Baby +++ Fender Aerodyne Special +++ Soldano Astro-20 +++ Mooer GTRS S900 +++ Harley Benton BZ II NT Deluxe +++ Tech 21 Street Driver 48 Frank Bello Signature +++ Boss RE-202, SDE-3000EVH & DM-101

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