Der heilige Gral der Fender-Sammler

G&B-Classics: Mark Knopfler & der Fender Vibroverb 6G16 – Teil 1

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Heute wenden wir uns einem Gitarristen zu, dessen Ton immer wieder als Meilenstein gefeiert wird: Mark Knopfler! Vor einiger Zeit ist unser Autor Udo Pipper diesem markanten Sound auf den Grund gegangen, denn Knopflers Ton liefert seit Jahren Stoff für Diskussionen …

61 Fender Vibrolux
61 Fender Vibrolux

Knopfler ist kein Fingerkünstler im eigentlichen Sinn. Er spielt meist nur kurze Soli und das auffallend langsam und melodiös. Dabei schafft er es jedoch, seinen Gitarren Töne zu entlocken, die viele Gitarristen in Verzückung versetzen.

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Trotz der Einfachheit seiner melodiösen Strukturen, ist sein Spiel nur sehr schwer zu durchschauen oder zu kopieren. Knopflers Sound ist und bleibt für zahlreiche Nachahmer ein Geheimnis. Egal, ob man dem Klassiker ,Sultans Of Swing‘ zuhört, dem treibenden ,Calling Elvis‘ oder dem lyrischen ,Brothers In Arms‘, Knopfler bleibt seinem Credo stets treu. Er ist einmalig und wiedererkennbar. Oft genügen nur zwei, drei Töne, um seinen einzigartigen Charakter auszumachen. Und dies ist schließlich selten und gelingt nur den wenigsten Gitarristen.

Dabei scheint es kaum eine Rolle zu spielen, zu welchen Instrumenten und Verstärkern er greift. Im Laufe seiner nun bald vierzigjährigen Karriere hat sich sein Equipment oft drastisch verändert. Begonnen hat alles mit einer Fender Stratocaster und einem Fender Vibrolux Amp. Eine Kombination, die auf ,Sultans Of Swing‘ zu hören ist. Dieser Sound war für die meisten Knopfler-Fans prägend. Danach kamen Schecter-Strats und Fender Twin Reverbs, ein Jim Kelley Combo, Music Mans, Soldanos, ein Marshall JTM 45, CrateCombos, ein Vox AC30, Pensa-Suhr-Gitarren, eine 58er Les Paul Standard, Komet- und schließlich Reinhardt-Tops.

61 Fender Vibrolux

Man sieht ihn bei Club-Gigs bisweilen aber auch mit einem Fender Blues Deluxe. Und immer klingt der Mann vom ersten Ton an nach Knopfler. Macht es da überhaupt Sinn, einen Knopfler-Amp zu bauen, ähnlich wie wir das mit dem Neil-Amp getan haben? Sicher muss man sich hier entscheiden, welcher Knopfler-Ära man nacheifern möchte. Zwischen dem ersten Album und etwa dem Sound von ,Money For Nothing‘ gibt es deutliche Unterschiede. Doch trotz dieses scheinbaren Wandels gibt es einige Klangerzeugungs-Prinzipien, die wir in der Folge genauer untersuchen wollen.

Mark Knopfler zupft seit jeher mit den Fingern. Er zog seine Basics aus der britischen Skiffle-Schule und verehrte in seiner Jugend, wie fast alle britischen Gitarristen, die Shadows-Legende Hank Marvin. Daher wünschte er sich eine rote Stratocaster. Sein Spiel und sein Ton sind daher nur zu verstehen, wenn man diese Fingerpicking-Technik durchschaut hat. Mit dem Daumen, dem Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand kontrolliert und formt Knopfler sein Spiel wie kaum ein anderer. So befremdlich es Ende der Siebziger auch erscheinen mochte, so sehr ist diese Anschlagtechnik heute in Mode gekommen. Derek Trucks, Jeff Beck oder Bonamassa tun es ihm gleich und erzeugen auf diese Weise ähnlich betörende Klangfarben.

Rote Stratocaster

„In meinen Fingern habe ich einfach mehr Kontrolle“, so der Protagonist. Zudem bevorzugt er vor allem mit seiner roten Stratocaster einen glasklaren und sauberen Ton. Als die Single ,Sultans Of Swing‘ 1978 zum Mega-Hit wurde, erschien sein Ton so altmodisch und konservativ, dass er schnell die Gitarren-Fans polarisierte. Die einen feierten ihn als Messias, die anderen allenfalls als einen neuen Ricky King.

Mitten ins Zeitalter von Punk und Heavy Metal kam dieser ruhige Fingerpicker und spielte dann noch klar und melodiös! Man mochte kaum glauben, dass dieser introvertiert scheinende Saitenzupfer sich bis heute halten und seine Fangemeinde kontinuierlich vergrößern konnte. Vor allem gelang es ihm im Laufe der Jahre, mit seinem Stil auch ursprüngliche Kritiker auf seine Seite zu ziehen.


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Untersuchen wir also zunächst die Ursprünge des Knopfler-Sounds. Kurz vor den Aufnahmen des ersten Dire-Straits-Albums (etwa 1976 oder 1977) erwarb Mark Knopfler endlich seine ersehnte rote Stratocaster, die angeblich aus den frühen Sechzigern stammte und einen Ahornhals mit aufgeleimten Griffbrett, ebenfalls aus Ahorn, hatte. Dazu erwarb er eine Stratocaster mit Rosewood-Hals von 1961. Seinen Signature-Sound erreichte er zunächst, in dem er fast ausschließlich seinen Toggle-Switch auf Stellung „4“ stellte.

Hier hört man eine Kombination aus dem mittleren und dem Bridge-Pickup. Damals kamen die ersten Stratocaster Fünffach-Schalter auf den Markt, die diese Stellung überhaupt erst ermöglichten. Vorher mussten Gitarristen wie etwa Eric Clapton den Pickup-Wahlschalter mühsam in diese Position bringen und festkleben oder festklemmen. Zur Verstärkung diente ihm ein ursprünglich ausgeliehener Fender Vibrolux Verstärker mit braunem Front-Panel aus dem Jahr 1961 oder 1962. Diese frühen Vibrolux-Amps hatten noch keinen Hall an Board und einen einzelnen 12er-Lautsprecher, welcher von Oxford stammte.

Der Amp hatte eine Leistung von etwa 30 Watt und war somit laut genug, um sich gegen ein Schlagzeug durchzusetzen. Zwischen Gitarre und Amp verwendete Knopfler ein Morley-Volume-Pedal und vermutlich einen Kompressor. Seine Strats bespannte er mit .009er-, manchmal sogar mir noch dünneren .008er-Saiten. Diese kamen von Fender. Außerdem bevorzugt Knopfler recht flache Saitenlagen. Man hört auf den Aufnahmen von ,Sultans Of Swing‘ die Saiten auf seiner Stratocaster auch deutlich schnarren.

61 Fender Vibrolux

John Suhr, der später für Mark Knopfler Gitarren baute, untersuchte seine Stratocasters und vermutete, dass eine davon (die MapleNeck-Strat) eigentlich eine billige japanische Kopie war. Bestätigt wurde das jedoch nie. Knopfler mochte beide Stratocasters, die er nachträglich in seiner Lieblingsfarbe rot hatte lackieren lassen. Aus bestimmten Gründen scheint es mir wichtig, zu erwähnen, dass beide Stratocasters noch keinen Middle-Pickup mit reversed wound und reversed polarity (RW/RP) zum Unterdrücken von Brumm-Geräuschen hatten. Solche Middle-Pickups sorgen zwar für einen ruhigen und brummfreien Sound, lassen den Klang aber auch etwas „scooped“, das heißt mit einem Hauch weniger MidResponse, erscheinen. Ein authentischer Knopfler-Sound lässt sich tatsächlich etwas besser mit drei gleich gewickelten Strat-Pickups erreichen.

Um vor allem Mark Knopflers frühen Sound genauer zu analysieren, kaufte ich mir vor einigen Jahren einen 1961 Fender Vibrolux und eine rote Fender Custom Shop Stratocaster. Den Amp erwarb ich übrigens von von einer anderen Gitarren-Legende namens Albert Lee. Er war bis auf den Lautsprecher (der wurde ersetzt durch einen JBL D- 120) und den Frontbespannstoff noch vollkommen original. Ein wunderbarer Amp mit einem sehr warmen Sound.

Zwischen Gitarre und Amp verwendete ich ein modifiziertes Ernie-Ball-Volume-Pedal, dass ich noch heute einsetze und einen Kompressor, den Hardy Kurandt von Musician Sound Design in Köln für mich baute. Das Besondere an diesem Kompressor ist, dass er niemals „in die Knie geht“ und eine einmalig direkte Dynamik liefert. Außerdem hat er einen Buffer-Amp an Board, der das Signal auffrischt, auch, wenn er gar nicht eingeschaltet ist. Dieses Equipment bescherte mir zwar noch nicht den exakten Knopfler-Ton, wies aber schon in eine gute Richtung. Ich musste zunächst den Verstärker aufwendig restaurieren. Ich wechselte den Lautsprecher gegen einen Jensen C12K, baute alte RCA Blackplate 6L6- und ECC83-Röhren ein und erneuerte die Netzteil-Elkos.

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Mark Knopfler mit roter Stratocaster (Bild: Udo pipper)

Danach übte ich, genau wie Knopfler zu zupfen. Das war wahrlich der schwerste Teil meiner Klangsuche, denn Fingerpicking zählt nun mal nicht zu meinen Stärken. Der alte Vibrolux besitzt ein paar Besonderheiten, die ich hier noch näher beschreiben möchte. Im Gegensatz zu seinen Blackface-Nachfolgern hatte dieser Amp noch eine ECC83 im Phasendreher. Dazu einen 6,8 k Tail-Resistor. Dies ergibt einen wärmeren Klang mit etwas mehr Gain, was einer Stratocaster recht gut tut. Insgesamt ist der Ton aber noch etwas zu dunkel, um Knopfler nachzueifern. Der Kompressor frischt jedoch die Höhen wieder etwas auf. Er wirkt praktisch wie ein etwas aufgedrehter Presence-Regler, sodass der Gesamt-Sound wieder recht stimmig gelingt.

Die Stratocaster bespannte ich mit .009er Saiten von D’Addario. Den Ton-Kondensator (damals serienmäßig ein 0.022 uF) ersetzte ich durch einen 0.1 uF Folien-Kondensator aus einem Silverface-Fender-Amp, bis heute mein Favorit bei Stratocaster-Tone-Stacks. Der Ton wird durch diesen Kondensator etwas voller, offener und wärmer. In der Folge experimentierte ich noch mit unterschiedlichen Pickups und fand zwei Sets (beide ohne RW/RP!), die ich für Knopfler- beziehungswiese ,Sultans Of Swing‘- Sounds favorisierte.

Das eine war ein 60s Kloppmann-Set, das einen wunderbar ausgeglichenen und warmen Ton lieferte, das andere war eines von Lindy Fralin. Dieses Set klang runder und dunkler als das Kloppmann-Set, hatte aber auch einen etwas höheren Output. Das Kloppmann-Set blieb schließlich in der Gitarre. In der nächsten Folge analysieren wir den Fender Vibrolux etwas genauer und betrachten gute Alternativen zu diesem Amp. Außerdem beschäftigen wir uns mit Mark Knopflers Les-Paul-Sound.

Zur 2. Folge 


G&B-Classics

Oft nachgeschlagen, kritisch hinterfragt, heiß diskutiert – Die G&B-Classics sind die beliebtesten Artikel der Gitarre & Bass-Geschichte. Da sie immer wieder neue Leser:innen erreichen und für lebhafte Debatten sorgen, holen wir sie für euch regelmäßig aus dem Archiv hervor.

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Realität oder Illusion?

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Heißt das nicht “Calling Elvis”?

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    1. Was für ein Schwachsinn, Tail Resistor 6.8 k und Ton Kondensator 0.22uf.
      Wers glaubt wird selig…

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  2. Ich bin ein Knopfler fan von Anfang an. Und spiele auch selbst Gitarre ! Das erste Konzert in Wiesbaden in der mittlerweile abgerissenen ( Rhein-Main Halle ).gesehen und gehört!!! Damals noch mit seinem Bruder David Knopfler das ist schon sehr lange her. Der Beitrag ist sehr gut geschrieben !!! Weiter so !!

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  3. Die Aussagen zu Klangveränderungen bei rw/rp Mittenpickup und dem Wechsel auf ein 0,1uF Tonepoti sind physikalisch nicht nachvollziehbar. Ersteres dürfte am Klang nichts ändern, nur subjektiv, weil das Brummen fehlt. Letzteres ändert gar nichts, solange das Poti ganz auf ist. Dreht man es zu, wird der Klang dumpfer, als mit 22nF. Es ist ein simples LPF, wie sollte der Klang “offener” werden, wenn man die Resonanzfrequenz senkt?

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    1. Stimmt! Solange der Tone-Einsteller ganz aufgedreht ist, hat der verwendete Ton-Kondensator keinen Einfluss – weder hör- noch messbar, auf das Geschehen.

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  4. Die Aussage, dass sich nichts ändert solange das Tonepoti ganz auf ist liest man ja immer wieder. Einer hat mal was kluges geschrieben und alle wissen es und geben es weiter. Ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Teste doch mal: Poti ganz auf und schalte zwischen 1000PF und 1uf hin und her. Nach der Tollen aussage dürfte je nur subjektiv sich was ändern. Nur – wer den Unterschied nicht hört sollte keine Instrumente Spielen.

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  5. Meine lieben Mit-Gitarristen. “Alle Menschen werden als Original geboren, doch die meisten sterben als Kopie”. Angeblich hat Max Frisch diesen Satz gesagt. Warum in aller Welt streben alle immer nach einer auf das femto-Farad nachgebildete Kopie eines Sounds eines erfolgreichen Gitarristen? Sicher, mit meiner gebraucht unerhört günstig erworbenen Redwing Tornado Signature von Patrick Eggle und einem gerade eben nach Österreich verkauften ENGL Classic 50 2 x 12 klang es aus dem Stand wie “Sultans of swing”. Aber wer nun nicht in einer Top 40 oder Cover Band spielt, sondern wie so viele von uns im Wohnzimmer oder in der Kneipe next door hat doch das unerhörte Privileg sich selbst zu entwickeln anstatt immer nur nach dem noch selteneren Sowieso-Amp mit Hast-Du-Nicht-gesehen Pick-up zu schielen. Nach vielen Band Jahren und Equipment Orgien fühle ich mich heute wohl mit ein paar alten, günstigen, unbekannten Komponenten. Starfield Preamp, Climax S3 von SoundClinic (50 Stück oder so gebaut), ENGL 2 x 50 Power, 4 x 12 Marshall. Alles zusammen weniger als 3000 Euro bezahlt. In meinem Wohnzimmer klingt Weltklasse Sound, wenn Mark zu Besuch käme, wäre es immer noch Mark Knopfler in Weltklasse Sound. Ansonsten klingt es nach mir, meinen Möglichkeiten, gitarristisch aber vor allem musikalisch – das sicher auf ambitioniertem Dilettanten-Niveau, wie man früher in der Klassischen Musik sagte, aber nicht mehr, da mache ich mir auch nach 47 Gitarristen-Jahren im halbprofessionellen Lager nichts vor. Doch es fühlt sich gut an. Nicht anders fühlen wir uns doch alle, wenn der Tag stimmt, die Gitarre mit uns spricht und der Verstärker klingt. Ob der nun etwas brummt oder nicht- ist schon ok. Und das ist doch das, was auch Mark Knopfler ausmacht: Laid back leben, spielen, bei sich sein, authentisch sein. Wer das für sich entdeckt, entdeckt auch früher oder später “seinen” Gitarrenstil, “seinen” Sound, “seine” Technik. Denn es geht ja nicht um die 500 Töne pro Sekunde, sondern um die Pause zwischen den Tönen. Lehnt Euch zurück, fühlt den Ton, die Gitarre, macht Musik. Oder, um es mit Gildo Horn zu sagen: Freunde, lasst uns musizieren.

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    1. so und nicht anders !

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    2. Volle Zustimmung! Letztlich ist es der Sound, den der jeweilige Gitarrist selber durch sein Spiel erzeugt, das primär wichtige. Dann sicherlich auch der Gitarren-Typ und die Verstärkung durch x-y. Was leider in der Zunft immer mehr um sich greift, ist die schon krankhafte Sucht nach der Suche des definitiven Sounds durch irgendwelche Pick-Ups, Amps, Röhren, Boxen, Lautsprechern, Effekten. Leute, fahrt mal einen runter. Was wir in den Medien und auch durch User, die gerade ihr neuesten gekauften Errungenschaften zu hören bekommen, ist Marketing und Einbildung.

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  6. Hallo zusammen
    Meiner Meinung nach spielt Mark Knopfler bei Sultans of Swing auf dem Middle Pickup seiner Strat und nicht in der Kombination Middle/Bridge. Wer hält dagegen

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  7. Jeff Beck machte das Spiel mit den Fingern bereits vor Knopfler, mal so nebenbei.

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  1. Tone Research: Der Sound von Mark Knopfler Teil2 › GITARRE & BASS

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