Der heilige Gral der Fender-Sammler

Tone Research: Mark Knopfler & der Fender Vibroverb 6G16 Teil 2

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Nach der letzten Folge der Tone-Research Kolumne zum Thema „Mark Knopfler“ möchte ich mich vor allem mit seinen Amps beschäftigen. Beginnen wir dabei zunächst mit dem legendären ,Sultans-Of-Swing‘-Amp. Hierbei handelte es sich um einen Fender Vibrolux 1×12- Combo aus den frühen Sechzigerjahren.

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Ein Reissue des Vibroverb-Amps°Dieser Amp besitzt ein paar Besonderheiten, die wir in der Folge näher untersuchen wollen. Mark Knopfler spielt den Amp im Studio übrigens heute noch sehr gerne. Er scheint ideal für einen klaren, warmen Stratocaster-Ton. Seine Leistung betrug nur knapp 30 Watt, weshalb man ihn auch in kleinen Clubs schön weit aufdrehen konnte. Allein diese Eigenschaft macht diesen Amp einzigartig. Die Schaltung hieß übrigens 6g11. Die Anodenspannung (B+) an den Endröhren betrug nur etwa 365 Volt. Das sind beinahe 100 Volt weniger als beim braunen Super-Amp, Concert oder Bandmaster. Es gab diesen Amp auch mit Hall unter dem Namen Vibroverb (6g16). Aber auch diese Version hatte bereits 440 Volt als B+-Spannung. Mark Knopfler besitzt ebenfalls eines dieser extrem seltenen und daher begehrten Exemplare. Wir werden später diesen Amp näher untersuchen.

Für den braunen Vibrolux gab es Anfang der Sechzigerjahre im Fender-Katalog kein einziges Pendant. Entweder waren die Amps schwächer (Princeton, Deluxe) oder viel lauter (Vibroverb, Super, Concert, Bandmaster, Twin). Die Fender-Verstärker aus der sogenannten Brownface-Ära bilden das Bindeglied zwischen der Tweed- und der Blackface-Ära. Einige Musiker meinen, dass diese Amps zwar schön aussahen, ansonsten aber weder Fisch noch Fleisch waren. Und tatsächlich wird ihr Sound oft als recht hart und leblos empfunden. Manche Exemplare klingen auch heute noch geradezu magisch, andere dagegen haben die genannten Schwä- chen. Die Streuung hinsichtlich der Klangvariationen ist in der Tat recht groß. Einerseits fehlt ihnen meist der begehrte Glanz eines guten Blackface-Amps, andererseits die extrem raue Note der Tweed-Amps. „Der hat nur kühle Mitten,“ raunte mir einst einer meiner Kunden beim Test eines blonden Bandmasters mit braunem Front-Panel zu. Sprach’s und zog sein Gitarrenkabel sofort wieder aus dem Amp.

Beim Vibrolux ist das etwas anders. Die niedrige Spannung und Gegenkopplung (56 k), gepaart mit einer GZ34 Gleichrichterröhre verleihen ihm eine vertraute Nähe zur Tweed-Ära oder zu einem meiner Lieblings-Verstärker: dem braunen Princeton (6g2). Sein Sound erinnert wirklich ein wenig an einen kleinen JTM45. Mein eigener Vibrolux hat noch einen Triad 8 Ohm-Ausgangsübertrager, der für das Klangergebnis eine große Rolle spielt. Ursprünglich kam der eingebaute 1×12- Speaker von der Firma Oxford. Diese Speaker klingen in gutem Zustand einfach fantastisch. Man hört das auf den zahlreichen Gregor Hilden Videos auf YouTube. Sie haben diesen begehrten „Schmatz“ im Ton. Im Prinzip tönen sie wie ein zu weich abgestimmter Electrovoice 12L. Ihre Stärke ist eine perfekt ausbalancierte Mid-Response. Von Blues bis Rock kann man alles über diese Lautsprecher spielen. Leider findet man diese Speaker in brauchbarem Zustand nur noch selten.

Die Vorstufe des Vibrolux ähnelt sehr dem Normal-Kanal eines Blackface Deluxe Reverbs. Mit nur 180 Volt Anodenspannung liefert die Vorstufe einen warmen und cremigen Ton, der auch mit einer Stratocaster schön singt. Vor dem Phasendreher fehlt allerdings der sonst übliche 0.047 uF Koppelkondensator, was den Ton offener und etwas direkter macht. Der Phasendreher und die Endstufe selbst ähneln dem Marshall JTM45. Warm und heiß! Hier entsteht der Charakter dieses Amps. Die Gegenkopplung ist mit einem 56- K-Widerstand sogar noch etwas geringer als beim JTM45. Zwei 6L6 oder 5881 lieferten die Verstärkung. Wer Glück hat, findet für diesen Amp ein paar GE oder RCA 6L6GC, die meiner Meinung nach am besten zu diesem Amp passen. Mit Tungsol 5881 gerät der Sound oft schon ein wenig zu mittig. Im Bright-Kanal werden die Höhen bei geringeren Lautstärken (wie beim Blackface-Deluxe) mit einem fest eingelöteten 47-pFKondensator aufgefrischt. Im Normal-Kanal fehlt dieser Kondensator. Zusätzlich wurde hier der 100 k Anoden-Widerstand mit einem parallel geschalteten 0,003-uF-Kondensator abgedunkelt.

Dieser Kanal klingt übrigens hervorragend für Blues-Harp. Für Gitarre ist er jedoch beinahe unbrauchbar. Welchen Speaker Mark Knopfler damals auf ,Sultans Of Swing‘ spielte, ist unbekannt. Vermutlich handelte es sich um den originalen Oxford. Heute hat Knopfler in seinem Vibrolux einen Celestion. Briten lieben eben diese Lautsprecher. Auch ich habe gute Ergebnisse in meinem Vibrolux mit einem ganz frühen Celestion Vintage 30 aus den späten Achtzigern erreicht. Mit diesem Speaker wird der Amp sogar recht laut. In den Neunzigerjahren habe ich einen Vibrolux als Topteil für Jule Neigel-Gitarrist Andreas Schmitt-Martelle gebaut. An einer 2×12-Box mit alten Vintage-30-Speakern ergab das einen Killer-Blues-Ton.

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Der Schaltplan des Vibrolux 6g11 (Bild: udo pipper)

Die etwas heißere Abstimmung der Endstufe passt hervorragend zum geringen Output einer Fender Stratocaster. In der Regel gestaltet sich die Kombination Stratocaster-Kabel-Fender-Amp als schwierig. Thomas Blug erzählte einmal auf einem unserer gemeinsamen Workshops schmunzelnd, dass es nur einen Weg gäbe, ihn schlecht klingen zu lassen: „Gebt mit ein Kabel und einen Silverface Twin Reverb, und ich bin erledigt.“ Viele Gitarristen meiden den klaren und oft als kühl oder hart empfundenen Klang dieser Fender-Paarung. Auch Ron Spielmann aus Berlin möchte zumindest auf einen Kompressor oder einen BB-Booster vor seinem Fender Concert Amp nicht verzichten.


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„Irgendetwas muss immer davor, damit die Strat singt“, so der Tenor vieler Fender-Spieler. So dachte wohl auch Mark Knopfler, obwohl sein Vibrolux auch ohne Vorschaltgeräte schon sehr nahe am Ideal agiert. Er verwendete stets einen Kompressor und meist sein geliebtes Volume-Pedal. Zuerst eines von Morley, bald aber schon ein sehr frühes Ernie-Ball-Pedal, dass einen für ihn perfekten Regelweg bietet. Damit kann man dann die Schweller-Effekte perfekt in Szene setzen. Mein eigenes Ernie-Ball-Pedal stammt auch noch aus dieser frühen Ära (ich kaufte es etwa 1983). Nach ein paar Jahren war das Poti defekt. Ich kaufte ein Austausch-Poti, dass damals bereits ein kleines Vermögen kostete (etwa 70 DM). Was ich damals noch nicht wusste: Es war ein viel hochwertigeres Poti als ursprünglich eingebaut war. Nach dem Austausch diente mir das Volume-Pedal vor allem als „Klangfärber“, denn seither ist mein Sound nur mit diesem Pedal möglich. Auch dann, wenn ich es gar nicht verwende. Glück gehabt!

Für Gitarristen, die nur zu Hause dem frühen Knopfler-Sound nacheifern möchten, seien noch ein paar fantastische Alternativen empfohlen: Zum einen gibt es da den braunen Princeton, der diesen Ton eigentlich besser als sein großer Bruder bietet. Allerdings ist er mit einer Leistung von nur etwa 10 – 12 Watt ziemlich leise. In einer Band kann man da nicht mithalten. Anders der braune Fender Deluxe. Diesen Amp hörte ich einen Knopfler-Fan vor Jahren auf der Oldenburger Vintage-Show ausprobieren. Der Ton, den er da herausholte, war einfach unglaublich gut. Ich hätte da stundenlang zuhören können. Der Amp war absolut laut genug für einen Band-Kontext. Er spielte ihn auf Lautstärke „6“ und beschallte damit das gesamte Ausstellungsgebäude.

Mark Knopfler verwendet als Ersatz für seinen Vibrolux heute einen Tone King Imperial. Auch dieser Amp kommt mit recht schwacher Leistung und einem 12-Zöller. Er ist ein Geheim-Tipp unter Strat-Spielern, die diesen klaren, singenden Ton suchen. Eine gute Wahl ist auch der kürzlich von mir getestete Cream Tweedsound 22 MKIII. Obwohl er eine Tweed-Schaltung besitzt, bietet er mit einer Stratocaster genügend Druck und Headroom für klare Sounds. Den beiden 6L6-Röhren an 420 Volt sei Dank. Für diese Serie habe ich zu diesem Thema noch eine ganz eigene Idee. Ich habe zurzeit einen Fender Vibroverb Reissue mit braunem Frontpanel.

Aus irgendeinem Grund fand ich diese Amps schon immer hervorragend für Knopfler-Sounds, denn in den unteren Lautstärkebereichen bleibt der Sound warm und klar, weiter aufgedreht geht der Amp allerdings auf und bringt einen sehr überzeugenden Distortion-Sound. Gary Moore spielte so einen Amp übrigens auf dem ,Blues-For-Greeny‘-Album. Richtig abgestimmt taugt dieser Amp also nicht nur für frühe Knopfler-Sounds, sondern auch für Klänge aus seiner ,Brothers In Arms‘-Phase. Ich freue mich schon auf dieses Projekt.

HIER geht es zum dritten Teil der Reihe!

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. SUPER BEITRAG!

    Spiele Gibson Les Paul Studio (Klinke & XLR), Fender TexMex Strat (mit super Umbau), eine Custom Telecaster (1980) und ab und zu auch eine Ovation Elite (Dickbauch 1988) abwechselnd, manchmal auch zweikanalig über Mesa Boogie Mk IV (1990) und Fender HRD. Mein Kompressor: IBANEZ 1986, mein Pedal Electro Harmonics (Volume und WahWah1974). Das Ding hat noch eine fette Spule im Gehäuse – Elektrik, nicht Elektronik! Ja, ja der Opa, bin mittlerweile 64 Jahre jung. Habe sogar noch einen ollen Ibanez TS 9 den ich nur sehr selten (an den Amps nie) einsetze.

    Hatte G&B über viele Jahre abonniert (wie auch das Fachblatt Musikmagazin).
    Irgendwann hatte ich keine Lust mehr am Lesen, habe alles was mit Musik- und HIFI Magazinen zu tun hatte links liegen lassen, wusste eigentlich über Jahre nicht warum. Jetzt weiß ich es, die Augen eines alten Mannes…!

    Hatte Mark Knopfler Sound in die “GOOGLE” Suche eingegeben und bin dann hier gelandet.

    ÜBERRAGEND dieser Beitrag von Udo Pipper (Oktober 2020)!
    Bin total begeistert und werde mir sicher die nächste G&B wieder kaufen.
    Auch wenn ich es hasse mit der dicken Lesebrille ‘rumzulaufen.

    Wünsche Euch nur das Allerbeste und bitte, bleibt alle Gesund.

    Cheers, G. Evers

    PS.: Ist der “Neil Young Amp” ein Mesa Boogie?
    Ich liebe Neil Young (Rock ‘n’ Roll will never die)!

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