Peavey

Gegründet wurde die Peavey Electronics Corporation 1965 von Hartley Peavey in der USA. Seitdem ist die Audio-Schmiede in Privatbesitz. Peavey hat mittlerweile über 2.000 Produkte im Portfolio, die in den USA, Großbritannien oder im Fernen Osten produziert werden. In Deutschland werden die Peavey Verstärker, Gitarren und Bässe von M&T Musik & Technik vertrieben.

Das Logo der Peavey Electronics Corporation
Der bekannte Peavey Schriftzug hat sich bis heute kaum verändert.

Peavey Electronics Corporation
Attn: Repair Department
412 Hwy 11 & 80 East
Meridian, MS 39301
(877) 732-8391 or 601-483-5365

Den US-Amp-Hersteller Peavey verbindet man unweigerlich mit den Peavey Klassik Röhren-Topteilen 5150, 6505, 3120 und JSX. Gitarre & Bass hat alle Modelle ausführlich getestet:

Die Geschichte von Peavey
Peavey 6505 im Test

Peavey JSX Joe Satriani Signature im Test

3120 Peavey im Test

Die Peavey T-60-Gitarre

Die Geschichte von Peavey

Mehr über das Unternehmen Peavey Electronics erfahrt ihr im Firmenprofil:

Peavey 6505 im Test

Peavey 6505 / 5150 & Eddie Van Halen

Seinen ersten Auftritt hatte der Peavey 6505 hierzulande bereits im Jahre 1992. Entworfen wurde der Amp für einen der größten und einflussreichsten Gitarristen überhaupt. Der hatte damals triumphalen Erfolg, unter anderem aufgrund eines legendären Hardrock-Album, das 1986 veröffentlicht worden ist und auf dem als Titel einfach nur eine vierstellige Zahl prangte: 5150.

Alles klar jetzt? Eddie van Halen, Mythos, Tapping-Genius der ersten Stunde, ihm schneiderte Peavey einen Amp nach Maß, eben den 5150. Ganz einfach kann das für die Techniker nicht gewesen sein, denn Eddie hatte zuvor seinen highgainigen „Brown“-Sound (angeblich) mit kniffeliger Technik aus alten Marshalls herausgekitzelt.

Wie auch immer, es gab später eine andere Version, den 5150 II, bis sich im Jahre 2004 die Wege von Eddie und Peavey trennten. Der Modellname war damit auch hops. Aber lässt man denn als Hersteller so ein Projekt einfach fallen? Nein, seine Reinkarnation kam 2005 zum 40-jährigen Bestehen von Peavey, weswegen auch dieses Replika-Modell mit einer Zahlenkombination benannt ist; 6505 steht für die betreffenden Jahreszahlen, 1965 bis 2005.

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Konstruktion des Peavey 6505

Wir erinnern uns, zu Beginn des Jahrzehnts, 1991 und 1992, kamen auch der Dual- und der Triple-Rectifier von Mesa Engineering auf den Markt, und nahmen massiven Einfluss auf die Amp-Szene. Es war wie eine Zeit des Aufbruchs, ein neuer Verstärkertypus war geboren, leistungsstarke, energiereiche Vollröhren-Designs modernster Bauart, mit dem besonderen Kennzeichen massiver Gain-Reserven, begannen auf den Markt zu drängen. Unter diesen Vorzeichen kam auch der 5150 zur Welt. Ein besonderes Merkmal zeichnet auch seinen Nachfolger aus: Extreme Vorverstärkung in der Vorstufe, Distortion-Intensitäten jenseits des denkbar Möglichen.

Davon abgesehen ist das technische Konzept des 6505 gradlinig, im positiven Sinne schlicht, ohne Gimmicks. Manuell oder per Fußschalter wählbar, stehen zwei Kanäle zur Verfügung, die sich eine klassische, passiv arbeitende Dreiband-Klangregelung teilen. Es gibt zwei unterschiedlich empfindliche Eingänge. Jeder Kanal hat einen Pre-Gain- und einen Post-Gain-Regler, für die Abstimmung der Distortion-Intensität, respektive der Master-Lautstärke. Im sogenannten Rhythm-Channel (hat schon seinen Grund, warum der nicht Clean heißt, s.u.) erlaubt ein Bright-Switch die Betonung der Höhenwiedergabe, der Schalter Crunch liefert Nachschub in der Gain-Vorverstärkung.

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Die 6505 Head & PEAVEY Slant Cabinet
Die 6505 Head & PEAVEY Slant Cabinet

Zwei weitere Potis, Presence und Resonance, erlauben Einflussnahme auf die Wiedergabe der Endstufe. Sie liegen technisch gesehen beide im Gegenkoppelungskreis und erlauben über Filter-Kondensatoren eine Präsenzanhebung im obersten Teil des Frequenzspektrums bzw. Variationen im Bassbereich. Vier LEDs als Anzeigen für den Kanalwechsel, sowie Standby und Power, daneben die entsprechenden Schalter – damit erschöpfen sich die frontseitigen Bedienungselemente.

An der Rückseite befinden sich die Anschlüsse eines seriellen Effektwegs, der über das mitgelieferte Zweifach-Fußpedal gesteuert (intern via Relais) ein-/ausgeschaltet werden kann. Nachdem FX-Weg wird ein Signal für den Preamp-Out abgezwackt. Gleich daneben liegt die Fußschalterbuchse. Für Lautsprecherboxen stehen zwei Klinkenanschlüsse zur Verfügung, deren Gesamtimpedanz vier, acht, oder sechzehn Ohm betragen kann. Dafür ist ein rustikaler Schiebeschalter zuständig, dessen Knebel nicht versenkt im Chassis liegt, sondern weit vorsteht; der Nutzer sollte nach dem Transport also sicherheitshalber immer einen Blick draufwerfen, ob er noch in der richtigen Stellung steht.

Ansonsten befinden sich an der Rückseite noch ein Spannungswahlschalter (220/240 Volt/AC) und die Netzsicherung. Ungewöhnlich: Das Netzkabel ist über eine stabile Zugentlastungsmuffe direkt in den Amp geführt. Im Hintergrund lauert noch ein zweiter Testkandidat. Mit dem schlichten Kürzel „+“ gekennzeichnet ist eine technisch aufwendigere Version des Amps im Angebot. Der 6505+ bietet als direkter Nachfolger des 5150 II im Rhythm-Kanal eine eigene Dreibandklangregelung und es stehen für jeden Kanal eigene Presence- und Resonance-Potis zur Verfügung. Macht das technisch gravierende Unterschiede? Nun, Peavey hat freundlicherweise die Schaltungsunterlagen aller drei Amps, also auch die des Urahnen von 1992 zur Verfügung gestellt; gut, dass wir vergleichen können.

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Klares Ergebnis, der 6505 ist identisch mit dem 5150, wobei die Vollröhrenschaltung interessanterweise genau dasselbe Klangregelnetzwerk aufweist wie ein Marshall-Superlead, allerdings nicht an der Kathode angehängt, sondern an der Anode. Der 6505+ hat eine 12AX7-Röhre mehr im Rhythm-Kanal, dasselbe Tonestack, allerdings mit leicht höherer Kondensatorkapazität am Treble-Poti. Die Vorstufenröhren ruhen im übrigen perfekt fixiert waagerecht in einem kleinem Fach an der Rückseite des Chassis, sind also im Zweifel leicht zugänglich. Sovteks und JJs sind hier gemischt am Werk. In der Gegentaktendstufe arbeiten, durch sehr stramme Sockel-Federn in den Fassungen gesichert, vier 6L6GCM-STR von Ruby-Tubes.

Das Verstärkerchassis besteht aus einer schwarz lackierten Stahlblechwanne, deren Stoßkanten freiliegen. Das sehen wir nicht so gerne, ein paar Schweißpunkte könnten an dieser Stelle die Stabilität doch nachhaltig steigern. Dafür sind an den Trafos große, dicke Metallplatten angeschweißt, sodass sich die Kräfte hier vorteilhaft verteilen. Im Inneren fällt der Blick auf konsequenten Platinenaufbau, zweckmäßig schlicht, funktional korrekt, ohne Highlights, mit einer Vielzahl von Steckverbindungen, mechanisch einwandfrei, weil z. B. die direkt kontaktierten Potis sich mit Halteblechen an der großen Hauptplatine abstützen.

Wer nörgeln will, findet Opfer in leicht schief in den Fassungen stehenden LEDs, ansonsten gibt die Verarbeitung keinen Anlass zu Kritik. Im Gegenteil, Lob ist angebracht, dafür, dass innen mehrere Feinsicherungen die Schaltkreise schützen. Das ist in dieser Preisklasse längst nicht Usus. Auch die Qualität der Bauteile und das Finish des Holzgehäuses punkten im Plus.

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6505 Slant Cabinet

Eine 4×12-Box mit Rollen gibt es von Peavey inzwischen schon für € 299. Dabei handelt es sich um die Windsor-Slant, die wir in Ausgabe 10/2007 getestet haben und preisbezogen für gut befanden. Das obere Ende der Fahnenstange markiert das Penta-412-Cabinet, aus Birkensperrholz, eine Art Vintage-High-End-Modell für satte € 1229 (puh, das sind in DM 2400 Oschen … ).

Gleich dahinter, an zweiter Stelle, rangiert unser Testkandidat. Logisch, auch hier wird das Gehäuse aus mehrschichtigem Holz zusammengesetzt. Nur die Rückwand ist aus Pressspan; weil so offensichtlich Resonanzen unterdrückt werden sollen. Dafür sorgt innen in der Mitte zusätzlich ein Holzstock, der unter Spannung zwischen Schallwand und Rückwand sitzt. Ob die Holzplatten an den Kanten verzapft sind oder nur auf Stoss zusammengeleimt, lässt sich leider nicht mit Sicherheit sagen. Wahrscheinlicher scheint, dem optischen Eindruck nach, letzteres. In der Preisklasse (ca. € 1045) erwartet man neben solider Verarbeitung was die Ausstattung angeht einen gewissen Luxus.

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Okay, das Tolex hat Peavey einwandfrei aufgeklebt, die Metallkappen entsprechen den Anforderungen, die Speaker werden mittels Einschlaggewinden und Maschinenschrauben montiert. Da recht klein in den Abmessungen sind die Schalengriffe allerdings nicht optimal in der Handhabung, und dass die Transportrollen nicht gesteckt, sondern fest angeschraubt sind, dürfte auch nicht jedermanns Sache sein. Aber immerhin, sie gehören ohne Aufpreis dazu. Ein Mono/Stereo-Anschlussfeld sucht man wiederum vergebens; es gibt hinten lediglich eine Klinkenbuchse (die leider etwas übersteht) und als Alternative einen verriegelnden XLR-Male-Anschluss. Die Speaker stammen aus dem eigenen Hause.

Es handelt sich um Keramik-Zwölfzöller, die als extra für die 6505-Serie gefertigte Modelle spezifiziert sind, und –hehe, edeledel – hochglanzverchromte Blechkörbe haben. Man darf darauf gespannt sein wie die sich benehmen bzw. ob die Performance des Cabinets die etwas karge Ausstattung vergessen macht.

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Peavey 6505 in der Praxis

Eines wollen wir gleich abhaken: Der Amp kann bei feinfühligem Vorgehen schon irgendwie echte Cleansounds von sich geben, auch recht laut, aber seien wir ehrlich, dafür ist der 6505 nicht gemacht. Sein Rhythm-Kanal ist eher ein halbzahmes Softcore-Brüderchen von diesem wilden Gain-Terminator gleich nebenan.

Ganz ähnlicher Basis-Charakter, kraftvoll mit einer Überhöhung im Frequenzgang in den oberen Mitten, gefährlich nahe am Rande zum nervigen Quack. Aber eben doch gerade recht für die harte Tour, wo tendenziell quälende Mittenanteile stilistisch unbedingt gefordert sind. Der 6505 kann nicht verhehlen, dass er am liebsten den Knecht für die richtig böse zulangende Fraktion macht. Die meisten werden wohl den satten Kick an Gain nutzen, den der Crunch-Schalter liefert, um Riffs richtig fett zu machen.

Beim Akkordspiel mit der Kante des Plecs die Obertöne provozieren, dann ist es da, dieses fette harmonische Brett, und das bei Bedarf ordentlich scharf, mit Biss in den Höhen, und Zerr-Reserven, die bei anderen Amps als Lead-Ebene durchgehen. Das Spektrum des Rhythm-Channel geht im Zweifelsfalle ganz deutlich über das hinaus, was man von Eddies Rhythm-Sound-Orgien kennt. Dank seiner hohen Energie-Reserven wird der 6505 eindeutig auch den noch gnadenloseren Ansprüchen aus dem Metal-Lager gerecht. Dafür spricht im weiteren die sehr klare Darstellung des Attacks und die Fähigkeit auch tiefgestimmte Saiten sauber zu artikulieren. Wie bitte, ob der Singlecoil-Pickups abkann? Puuh, ja, geht wenn-muss, keine Frage, aber wer will sich schon mit dem Haufen Nebengeräuschen balgen, der einem bei soviel Gain in die Quere kommt?!

Nein, Humbucker sind hier ganz klar das Tool der Wahl, EMGs und Artverwandte ganz ausdrücklich eingeschlossen (auch wenn das Minimum an Rauschen der aktiven Elektronik durch hohe Gain-Verstärkung durchaus deutlich hörbar wird); hört euch Zakk Wylde an, um nur einen zu nennen, der mit aktiven TA ganz Hervorragendes aus den Saiten quetscht. Okay, trauen wir uns an das wilde Tier in der der Nachbarsektion heran?

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Echt, der Lead-Kanal will bei bestimmungsgerechter Anwendung jede Sekunde sicher beherrscht sein, sonst watscht er einen mit seiner dicken Gain-Pranke erbarmungslos ab. Soll sagen, wer bei diesem intensiven Zerr-Potential seine Arbeit nicht sauber und konzentriert macht, stellt sich ganz schnell mit unschönen Saitenkiecksern und ungewollten Nebennoten bloß. Andererseits ist es eine wahre Wonne hier dem Legatospiel mit Pull-Offs und Hammer-Ons, na ja, und natürlich auch Tappings zu frönen.

Denn grundsätzlich unterstützt der Lead-Kanal virtuose Saitenartistik, da er jeden Attack ausgesprochen deutlich separiert. Wieder ein Resultat der manchmal fast schon giftigen Mittenwiedergabe. Schnelle Linien werden dadurch in ihrer Prägnanz unterstützt. Gleichzeitig hilft die gesund komprimierende Distortion dem Spieler mit ihrer Tragfähigkeit. Und die freudige Reaktion auf Flageoletts bzw. provozierte Harmonics und Obertöne im Allgemeinen sorgt für die genretypisch lebendige Eindringlichkeit im Ton. Der 6505 outet sich damit als Charakterkopf, als Amp, der nicht nur sehr heiß verzerrt – das kann mancher Mitbewerber – sondern dabei auch seinen eigenen Ton bewahrt.

An die Klangregelung darf man keine hohen Erwartungen stellen. Nachhaltige Variabilität kann sie nicht schaffen. Sie taugt aber bestens für das Finetuning des Sounds, denn in Verbindung mit Presence und Resonance kann auf seinen Charakter doch effizient Einfluss genommen werden. Vor allem ist der Bassdruck gut dosierbar und mit reichlich Reserven gesegnet. Eine wichtige Frage ist außerdem, wie gut die Balance zwischen den beiden Kanälen getroffen ist.

Ausgehend davon, dass man sich in der Regel zuvorderst wohl den Lead-Kanal gemütlich machen wird, wirkt der Rhythm-Kanal im direkten Vergleich ohne die Bright-Anhebung zuweilen eine Spur zu matt in den Höhen. Der Höhen-Boost kann das aber sehr gut ausgleichen. Und wer partout nicht zurechtkommt, kann getrost zum 6505+ greifen. Technisch ist der im Prinzip ja identisch, insbesondere im Lead-Kanal, und der Amp klingt auch nicht wirklich anders. Aber dank der individuellen Klangregelungen ist man eben vollkommen unabhängig. Ist schon eine dolle Sache, wenn man in den Kanälen Presence und Resonance separat zur Hand hat, und damit ganz unterschiedlichen Druck aufbauen kann.

Der Aufpreis von € 300 ist verschmerzbar, wenn man den zusätzlichen technischen Aufwand bedenkt, weitere Relais, Potis, Knöpfe, Röhre und Sockel u. a. Wie der 5150 hat auch der 6505 leichte Probleme im FX-Weg. Die Signalqualität an sich ist einwandfrei, nur pegelmäßig kann die Anwendung Irritationen erzeugen. Und zwar, weil der Send hinter den Post-Gain-Potis liegt. Man muss daher schon ziemlich laut spielen um an den 0-db-Pegel heranzukommen. Hilfreich ist insofern, wenn das FX-Gerät einen Level-Out-Regler besitzt (der quasi zum allgemeinen Master-Volume wird), dann ist die Aussteuerung vollkommen easy.

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Unschön: Bei Belegung des Preamp-Out bricht der Pegel etwas ein, der Amp wird etwas leiser, qualitativ ist die Funktion des 6505 dadurch aber zum Glück nicht beeinträchtigt. Eher stören dürften den einen oder anderen das relativ hohe Rauschen des Amps (beim Aufziehen der Post-Gain-Regler). Nun, man muss davon ausgehen, dass das anvisierte Sound-Verhalten diesen Nebeneffekt technisch bedingt und provoziert. Aber was tun, nörgeln weil Eddie den Amp so und nicht anders wollte?

Nein, das geht wohl nicht. Im übrigen: Im Verhältnis zum Pegel des Nutzsignals, zur (dann hohen) Lautstärke der Gitarre, kann man mit dem Rauschen doch leben. Das Umschalten der Kanäle per Fußschalter geht sehr leise vonstatten. Die Relais im FX-Weg dagegen machen sich recht lautstark bemerkbar. Meine Aussagen über das Sound-Verhalten von Test-Amps gründen sich immer auf den Betrieb an mehreren verschiedenen Referenz-Cabinets – so auch hier. Das Ziel dabei ist natürlich im Text allgemeingültige Befunde vermitteln zu können. Im Falle des 6505 hat sich herauskristallisiert, dass eine hochwertige geschlossene Box mit konventionell von hinten montierten Celestion Vintage-30 ein guter, empfehlenswerter Partner ist. Wie aber benimmt sich im Vergleich Peaveys 6505 Slant?

Nun, die Box hat einen ganz eigenen, individuellen Charakter. Ohne entscheidende Pluspunkte herausarbeiten zu können schafft sie kraftvoll und präzise ein gesundes Fundament in den Bässen und Tiefmitten. Aber in den höheren Mitten geht sie deutlich schlanker, dezenter ans Werk als das Vintage-30-Team. Am oberen Ende des Frequenzspektrums schlägt sie dann wieder viel energischer zu. Die 6505 Slant spielt wie mit einer Presence-Lupe auf, öffnet mit starker Brillanz das Klangbild, beißt scharf zu, das allerdings im positiven Sinne. Auf das prädestinierte Genre bezogen, also Hardrock und Metal, sind diese Eigenheiten absolut vorteilhaft. Und ja, die Box bildet gemeinsam mit dem Topteil ein harmonisches, durchschlagskräftiges Duo.

Resümee

Klar, ein bisschen Modellpflege im Detail hätte er nach nunmehr bald 20 Jahren vertragen können, aber der 6505 kann auch so der Konkurrenz noch immer Paroli bieten. Recht locker sogar, staunt man, denn sein von sehr harmonischen, obertonreichen Verzerrungen und vehementer Dynamik geprägtes Sound-Konzept passt bestens in die aktuelle Hard-und-Heavy-Landschaft. Deswegen gönnen wir ihm ja auch gerne dieses Test-Revival.

Zumal der Amp kein Luxusprodukt ist. Umgerechnet kostet der 6505 heute sogar ca. acht Prozent weniger als zu seinem Erscheinen. Heißt im Klartext, derart günstig kommt man derzeit woanders kaum zu so einem gleichermaßen charakterstarken wie leistungsfähigen Vollröhren-Amp. Daumen hoch für das Preis-/Leistungsverhältnis. Was im übertragenen Sinne auch für den aufwendigeren 6505+ geltend gemacht werden darf. Nicht ganz so rosig sieht es für das Slant-Cabinet aus. Die Wiedergabe ist eigenständig, markant und qualitativ als hochwertig einzustufen, sie passt archetypisch zum Top, aber in der Ausstattung hinkt sie den Modellen anderer Marken in dieser Preisklasse ein wenig hinterher. Fazit: Empfehlenswert, aber doch etwas zu teuer.

Text: Ebo Wagner, Gitarre & Bass 11/2009

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Peavey JSX Joe Satriani Signature

Wenn einer der weltbesten Musiker an der Entwicklung eines neuen Verstärkers beteiligt ist, sorgt das für Schlagzeilen, vor allem, wenn dieser Jemand Joe Satriani heißt. Als Satriani bei Peavey anrief und den Hersteller bat, seinen Traumverstärker zu bauen, beauftragte man damit Spezialist James Brown, zu dessen Kreationen u. a. das Triple-XXX-Top-Teil gehört.

JSX Joe Satriani Signature 

Zu Joe und James gesellte sich noch der ebenso musikbegeisterte Chris Lovin aus Peaveys Abteilung für Industrie-Design. Nach fast einem Jahr Forschungs- und Entwicklungsarbeit war der JSX schließlich zu dem Amp gereift, der nun in den Handel kommt.

Sechs Prototypen und hunderte Auftritte an unterschiedlichsten Orten wie Autogrammstunden in Musikläden, Workshops, Studioproben und Live-Bühnen usw. waren nötig, bis Joe endlich mit dem JSX so zufrieden war, dass er ihn gern exklusiv spielen würde. Unser Testgerät ist das Serienmodell auf der Basis des Prototypen Nummer 6, den Joe auf seiner letzten G3- Tour spielte.

Peavey JSX

Es war bestimmt verlockend, einen Verstärker zu bauen, dessen ungebremste Individualität Joes Persönlichkeit spiegeln würde; unter praktischen Aspekten ließ sich jedoch leider nichts anderes realisieren als ein viereckiger Kasten mit nach hinten versetzten, geschützt angebrachten Reglern. Somit ist die altbewährte Holzbox auch die Basis für den JSX. Das eher harmlose Rechteckgehäuse ruht auf vier robusten Gummifüßen und ist mit schwarzem, ledergenarbtem Vinyl bezogen und mit metallenen Schutzecken versehen. Ein Lüftungsgitter aus Kunststoff direkt hinter dem Tragegriff sorgt für eine großzügige Luftzirkulation über den Röhren, während auf der Rückseite ein gestanztes Metallgitter für einen guten Luftaustausch sorgt.

Der Verstärker besitzt zwei Lautsprecherausgänge mit einem Impedanz-Wahlschalter für den Betrieb an 16, 8 und 4 Ohm sowie einen Line-Out mit Pegelregler. Auf dem Frontgrill prangt in der Mitte das smarte JSX-Logo, flankiert von zwei Chrom-Blenden, deren Zwischenraum ein stilisiertes S bildet. Alle Regler des schwarz pulverbeschichteten Stahlchassis sind deutlich in schlichtem Weiß beschriftet. Dank der stetigen R&D-Arbeit am JSX präsentiert sich dessen Bauweise sehr servicefreundlich.

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JSX Joe Satriani Signature 

Die beiden identisch dimensionierten Trafos schützen die Endröhren bei ausgebautem Amp-Chassis. Zwei Bias-Messpunkte an der Geräterückseite ermöglichen dem qualifizierten Techniker oder dem im Umgang mit dem Multimeter erfahrenen Gitarristen mittels eines kleinen Drehreglers neben den Endröhren den präzisen Abgleich der Röhrenvorspannung. Es können sowohl EL34 (wie beim Testgerät) oder 6L6 eingebaut werden. Der interne Aufbau ist tadellos und mit soliden doppelseitigen Platinen ausgeführt; in puncto mechanischer Stabilität ist alles im grünen Bereich.

Zu den nützlichen Features zählt u. a. ein im Send- und Return-Pegel regelbarer Effektweg. Ob man also Rackjunkies ist oder Tretminen vorzieht, der JSX kommt problemlos mit jedem FX-Setup zurecht. Nach Kurzschließen der Send- und Return-Buchse und Aufdrehen der Regler ist die Loop aber auch in jedem Kanal alternativ als schaltbarer Clean-Boost verwendbar. Ganz links auf der Frontplatte finden wir den mit einer roten Kontrollleuchte gekoppelten Netz- sowie den Standby-Schalter, gefolgt von den beiden Master-Tonreglern Resonance und Presence.

Damit wird der Gegenkopplungszweig beeinflusst oder, einfacher ausgedrückt, die Wechselwirkung zwischen Verstärker und Lautsprecher für einen Sound-Charakter von straff und brillant bis locker-elastisch mit sattem Umpf.

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An den Master-Volume-Regler schließt sich die Mittelsektion des JSX an, bestehend aus zwei identischen Regler-Sets mit gemeinsamer Beschriftung. Die obere Abteilung gehört zum highgainigen Ultra-Kanal, die untere zum Crunch-Kanal. Die vertraut wirkenden Regler für Treble, Bass, Mid und Gain sehen ganz gewöhnlich aus, doch die Klangregelstufen beider Drive-Kanäle sind jeweils mit einem aktiven EQ bestückt. Joe meinte: „Heutzutage wird Musik überall zerhackt, quantisiert oder tonhöhenmanipuliert. Da muss man in der Lage sein, einen wirklich individuellen Gitarren-Sound anzubieten. Ein aktiver EQ ist dabei von Nutzen.“

Ein regelbares Noisegate für den Crunch- und den Ultra-Kanal hilft Nebengeräusche im Zaum zu halten; zudem besitzt jeder Zerrkanal einen Fat-Schalter, der den Attack für ein lässigeres, organischeres Spielgefühl etwas andickt. Der Clean-Kanal des JSX verfügt über einen Standard-EQ mit passiver Bass-, Middle- und Treble-Regelung plus einen simplen Volume-Regler. Darüber sitzt ein Dreiwegschalter für die manuelle Kanalwahl. Last, but not least bietet der JSX zwei Eingangsbuchsen. Der High-Input ist um satte 6 dB lauter als sein Low-Pendant, und wenn man wie Joe unterrichtet oder mal einfach mit einem Kumpel jammen möchte, können beide Eingänge parallel benutzt werden und liefern dann den gleichen Low-Gain-Ausgangspegel. Je nachdem, welcher Eingang verwendet wird, ändert sich der Charakter des Amps deutlich.

Sounds

Der Clean-Kanal des JSX klingt nicht nur sauber, sondern rein. Und zwar so klinisch rein wie eine Polarwüste – nur dass ihr in Fellhosen in einem Iglu mit Zentralheizung hockt und heiße Schokolade trinkt. Kurz, er klingt umwerfend: bärenfellwarm und dabei glasklar wie Eiswasser. Und das bleibt auch bis zu ohrenbetäubenden Pegeln so. Wenn man mit dem mittleren Schalter des beiliegenden Dreiweg-Fußschalters zum Crunch-Kanal des JSX wechselt, muss man sich auf den wohl fleischigsten CrunchSound gefasst machen, der je kreiert wurde. Hier bekommt man einen Eindruck von der effektiven Arbeitsweise des Aktiv-EQs.

Man kann buchstäblich den Sound so in die gewünschte Form modellieren, als würde man einen Tonklumpen mit den Händen formen. Den besten Vergleich, den wir für die sagenhaften Fähigkeiten des JSX als Klangskulpteur finden können, ist der: Es ist, als würde man ein wunderschönes Bild malen und dann den richtigen Platz an der Wand zum Aufhängen suchen. Seine Bandbreite reicht von muskulösen, leicht angezerrten über V8-mäßig röhrende Overdrive-Sounds bis zum amtlichen Rock-Rhythmusbrett, aber immer mit jenem Röhrenglanz, bei dem man unwillkürlich laut aufdrehen will.

Der Ultra Lead-Kanal wartet, wen wundert’s, mit schier endlosem Gain und butterweichem Sustain auf. Er übernimmt den Staffelstab vom Crunch-Kanal, wirft noch rasch einen Blick über die Schulter, besteigt ein Raumschiff und hebt ab in Richtung Weltraum. Sein musikalisches Ansprechen und, noch wichtiger, seine gut beherrschbaren Nebengeräusche muss man einfach gehört haben. Und nicht zu vergessen die die FatSchalter: diese Babys verpassen dem Crunch eine Extradosis Cholesterin.

Resümee

Welche Gitarre man auch immer spielt, welche Stilrichtung man auch bevorzugt, der Peavey JSX hat jedem etwas zu bieten. Auf seiner transparenten Tonbasis kann sich die Gitarre herrlich frei entfalten. Es ist unmöglich, aus dem Amp einen miesen Sound herauszuholen und das durch seine Tonqualität geschaffene Vertrauen beflügelt einen nach jedem Einstöpseln zu spielerischen Höchstleistungen.

Zu diesem Preis schließt der Peavey JSX zu den großen Jungs auf, und während man sich bei manchen Signature-Produkten fragt, wofür man eigentlich bezahlt, wird man sich beim JSX verwundert am Kopf kratzen, wie es möglich ist, dass so gute Sounds für Normalsterbliche überhaupt erreichbar sind. Somit haben wir ein von Satriani road-getestetes Highgain-Tonchamäleon mit allen Features, die man sich nur wünschen kann und das in leisen Aufnahmesituationen genauso gekonnt parliert wie auf der Bühne. Der Peavey JSX ist ohne Zweifel das bestklingende Top-Teil, dem wir dieses Jahr genussvoll unsere Ohren leihen durften.

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Joe Satriani über seinen Amp

Joe, wie kam es zum Design des Peavey JSX?

„Hartley Peavey wollte beim Styling des Amps noch viel radikaler vorgehen. Er hatte ein paar verrückte Ideen, die kosmetisch gut kamen, aber ich sagte: ,Weißt du, die Realität sieht so aus, dass sie jeden Abend raus aus dem Case und wieder rein müssen, dabei darf sich nix lösen oder abgezogen werden. Und Amps müssen stapelbar sein – manchmal drei oder vier Stück übereinander, deshalb scheidet irgendein abgefahrenes Design aus. Also fangen wir wieder bei einem richtig guten Kasten mit rundum großzügiger Belüftung an.‘ Ich entschied mich im Prinzip für das Gehäuse des Triple XXX, und da bauen sie eine doppelseitige Platine rein, weil die Dinger innen richtig solide sind. Ich sollte noch erwähnen, dass die Chromteile abschraubbar sind, falls man die Röhren glühen sehen will. Ohne den Chrom sieht der Verstärker sehr boutique-mäßig aus.

Text: Benji Bartlett, Gitarre & Bass 12/2004

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3120 Peavey im Test

Peavey 3120

Der Peavey 3120 soll vor allem Gitarristen mit modernem Sound-Geschmack bedienen. Und er tut es ziemlich souverän, das sei schon einmal verraten…

Konstruktion des 3120

Der 3120 wartet mit einer recht umfangreichen Ausstattung auf. Zum einen leistet sich der Amp drei separate Sound-Kanäle, die funktional durch einen seriellen FX-Weg mit Pegelreglern in Send und Return ergänzt werden. Außerdem erlaubt eine dreistufige Umschaltung das Variieren der Dynamik, indem der Dämpfungsfaktor (Damping) in der Endstufe verändert wird. Ein regelbarer Line-Out, der das Speaker-Out-Signal in abgeschwächter Signalstärke anbietet, rundet die normale Bedienungsebene ab.

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Zudem versteckt sich unscheinbar an der Rückseite ein spezielles Feature, das erst durch die in der jüngeren Vergangenheit allgemeine intensivierte Diskussion über Röhren und die Technik dahinter in den Focus gerückt ist: Eine vereinfachte Justage der Gittervorspannung, hier realisiert mit zwei Bananenbuchsen als Messpunkten und einem Trimmpoti hinten am Amp-Chassis, hinter dem Lüftungsgitter. Was umso mehr freut als der 3120 nach Betätigen eines Schiebeschalters in der Endstufe statt der werksseitig eingesetzten EL34 auch 6L6 akzeptiert.

Qualifizierte Personen können so etwas bequemer für die Röhren optimale Arbeitsbedingungen schaffen (na ja, ich würde sowieso u. a. das Scope bemühen). DIY-Hinweise gibt das Manual wohl schon vorsorglich nicht, damit nicht (unbedarfter) Mensch und/oder Maschine Schaden nehmen („Bias adjustment should only be done by a qualified technician“). Dem schließen wir uns an.

Soviel sei erklärt: Der Messwert zeigt die tatsächlich am Gitter anliegende Spannung an, was allein noch keinen Hinweis auf den Arbeitspunkt der Röhren gibt. Es handelt sich demnach nicht um die verbreitete Methode über Widerstände an den Kathoden einen Leerlaufstrom zu ermitteln

Ansonsten: Wer in der Praxis tatsächlich ab und an zwischen zwei Endröhren-Sets wechseln möchte, sollte/muss natürlich seinen Service-Techniker bitten in den Werten entsprechend passende EL34 und 6L6 zu ordern. Oder er greift zu den passend lieferbaren Quartetts, die Peavey zu vernünftigen Preisen anbietet 6L6GC ca. € 75). Äähh, jetzt fängt doch irgendwie das Stutzen an. Man fragt sich schlussendlich, wofür die von außen zugängliche Bias-Sektion wirklich nützt.

Fremdröhren lassen sich nicht bedeutend schneller einmessen, die von Peavey brauchen es nicht, so what?! In Anbetracht seiner reinrassigen Röhrenschaltung hält der 3120 auch funktional ein selten gesehenes Schmankerl bereit. Die Dreibandklangregelungen der beiden Kanäle Rhythm und Lead arbeiten aktiv! D. h., die Klangregler können tatsächlich wie bei einem hochwertigen Mischpult Frequenzbereiche verstärkt wiedergeben (Cut/Boost +/–15 dB lt. Manual), ohne sich gegenseitig zu beeinflussen, während die weit verbreiteten passiven RC-Netzwerke im Grunde nur Absenkungen erlauben. Sinn dieser Maßnahme ist natürlich das Klangspektrum zu erweitern.

Der Clean-Kanal dagegen bedient sich der klassischen, interaktiv passiven Konzeption. Er hat wie üblich lediglich einen Volume-Regler. Da die anderen beiden Kanäle Distortion produzieren, halten sie zusätzlich ein Gain-Poti bereit. Außerdem steht noch ein Master-Volume zur Verfügung, das hinter dem im TrueBypass-Verfahren schaltbaren Effektweg liegt und somit seinem Namen wirklich gerecht wird, indem es eben wirklich alles auf einmal laut/leise macht. Für manuelles Schalten zwischen den Kanälen ist der Toggle-Switch rechts außen neben dem Guitar-Input vorgesehen.

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Der sonst permanent aktive FX-Weg lässt sich nur über das mitgelieferte Dreifach-Schaltpedal bedienen. Drei weniger eins bleibt zwei, zieht nach sich, dass sich die Sound-Kanäle nicht alle direkt aufrufen lassen. Ein Schalter wechselt zwischen Clean und der Distortion-Fraktion, der andere zwischen Lead und Rhythm. Man muss insofern vorausschauend auf das Pedal treten. Verbindung zum Amp findet der Fußschalter über ein qualitativ sehr gutes Kabel mit metallenen DIN-7pol-Steckern, dessen Länge praxisfreundliche 7,5 Meter beträgt. Die Schalter liegen recht weit auseinander und lassen sich daher komfortabel bedienen.

Die LEDs leuchten ziemlich hell, gutes Teil. Seitens des Aufbaus folgt der 3120 den üblichen Standards. In dem Platinenaufbau werden durchweg hochwertige Bauteile verwendet, wie z. B. sehr gut zupackende Röhrensockel. Die Verarbeitung ist grundsolide ohne besondere Highlights. Für minimale Abzüge in der B-Note zeichnen allerdings Ratterspuren an einigen Schrauben hinten und eine Stelle mit nachlässig geklebtem Tolex verantwortlich.

Etwas schlicht wirkt das in seiner Machart als simple U-Wanne ohne Kantenverschweißung ausgeformte Amp-Chassis. Im Gehäuse eingebaut wird seine Stabilität durch die angrenzenden Holzwände erhöht; mechanisch also letztlich unbedenklich. Eher von simpler Natur ist auch das optische Finish des Chassis, mit seiner direkt auf das Metall aufgebrachten Beschriftung. Bleibt aber alles im Rahmen; hier geht es schließlich nicht um ein High-End-Luxus-Produkt.

Praxis

Eintrag in Testprotokoll.doc am 22.09.09, 10:22 Uhr: „Magen rebelliert, Frühstück will am falschen Ende wieder raus, issmirübel, bin ich eigentlich maso?“

Warum die verzweifelte Notiz? Tja, da hatte der 3120 dem beflissenen Redakteur gerade ein paar Minuten Tiefton-Riff-Dröhnung angedeihen lassen.

Über den Rhythm-Kanal, puuuh, hat der eine Energie. Wieder einmal so ein Kandidat, der das Zwerchfell ordentlich in Wallung bringen kann. Denn Rhythm ist hier nicht in der klassischen Bedeutung clean tönender Begleitklänge gemeint. Der 3120 möchte den hartgesottenen Gitarristen dienen, und hat diesen Rhythm-Kanal um eben Riffs mit fetter Distortion schlagkräftig an den Mann zu bringen. Das gelingt ihm vortrefflich. Die Distortion-Reserven sind immens, rangieren im Bereich High-Gain-Lead.

Die Dynamik hat den „Vomit-Faktor“ ohne den Spieler mit zu starker Gegenwehr zu belästigen. Gleichzeitig glänzt der Rhythm-Kanal mit relativ geringen Nebengeräuschen. Verlässt man das schmale Eiland der Powerchords und erkundet die Welt der Drei- und Mehrklang-Harmonien, zeigt der 3120 seinen Charakter noch deutlicher. In der Distortion erscheinen unterschwellig Tiefton-Interferenzen, die dem Klangbild etwas bitterböses vermitteln. Ein ungewohntes Erlebnis beschert einem die aktive Klangregelung. Ganz gezielt, ohne immer gleich das gesamte Klangbild zu kolorieren, lassen sich präzise definierte Frequenzabschnitte bearbeiten, in Bezug auf das anvisierte Einsatzgebiet des 3120 ganz klar zum Vorteil.

Zumal sich die intensiven Regelwirkungen in der Summe zu besonders weitreichender Flexibilität addieren. Während der Rhythm-Kanal besonders auf mächtiges Volumen ausgerichtet ist, zeigt sich der Lead-Kanal maßgeschneidert für modernes Solospiel. Das Klangbild ist schlanker und betont die oberen Mitten, was einerseits die Durchsetzungsfähigkeit nachhaltig unterstützt, andererseits die Attacks schnell gespielter Noten deutlich abbildet. Und der Lead-Kanal sehnt sich förmlich nach Oberton-Feedbacks und Flageoletts. Die Gain-Reserven sind auch hier extrem ausgeprägt.

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Selbst schwache Singlecoil-Tonabnehmer können monströs fette Sounds erzeugen. Prädestiniert ist der 3120 u. a. wegen seiner präzisen Wiedergabe aber für die Zusammenarbeit mit kräftigeren Pickups, Humbuckern und sehr gerne auch aktiven EMGs und artverwandtem. Im Clean-Kanal schlägt der 3120 freundlichere Töne an, als man es von so einem Distortion-Monster erwartet. Ausgesprochen warm stellt sich das Klangbild dar, ja fast schon kompatibel für vintageorientierte Gemüter. Von vielleicht zu analytischer, kühler Attitüde kann nicht im geringsten die Rede sein.

Der Clean-Kanal ist im übrigen wiederum sehr kraftvoll und vor allem weitgehend übersteuerungsfest. Unterm Strich ein ebenbürtiges Pendant zur Distortion-Sektion. Wie resolut der 3120 im Endeffekt ans Werk geht, hängt stark von der gewählten Damping-Einstellung ab.

Die beschriebenen Leistungsmerkmale beziehen sich auf den Betrieb in Stellung Loose. Mid und Tight reduzieren stufenweise die maximal erreichbare Lautstärke und nehmen genauso deutlich Einfluss auf die Sound-Formung. Indem die Schärfe in den Höhen zurückweicht, das Mittenspektrum stärker in den Vordergrund tritt und sich die Ansprache strammer anfühlt. Letztlich werden durch das Damping zusätzliche Klangfarben möglich, in einer Bandbreite, die andere Amps aus dem Genre mit ihren Presence und Depth-/Resonance-Reglern oft nicht erreichen.

Die Wiedergabe des 3120 punktet insofern durchweg im Plus. Wobei das stets präsente leicht nasale Timbre in den Hochmitten den Charakter prägt und im Kaufentscheid als geschmacklich relevant berücksichtigt werden sollte. Ohne weiteren Kommentar geht die Funktion des Einschleifwegs durch; er funktioniert schlicht problemlos. Wer kein Effektgerät anschließt, kann ihn übrigens als zweites schaltbares Master-Volume einsetzen. Wirft man einen Blick auf das Marktumfeld lässt sich sagen, dass dreikanalige Amps in der nahen Preisumgebung des Peavey-Amps rar gesäht sind.

Zieht man als Kriterium auch noch die Verwandtschaft im Toncharakter und Anwendungs-Terrain hinzu, steht der 3120 im Grunde allein auf weiter Flur. Als Alternative mit gleichem/geringerem Preis kommen grundsätzlich Marshalls TSL100 und Randalls Nuno-Bettencourt-Topteil (k. individuelle Klangregelungen) in Frage. Wer bereit ist etwas mehr Geld auszugeben, könnte alternativ zum EVH-5150- III oder zum neuen Double-Cross von Kustom greifen, der dem Charakter des 3120 wohl noch am nächsten kommt.

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Resümee

Zerrt ordentlich am Kabel das Bürschchen. Ein arger Wüterich, der bei den Hard-Rockern und Metal-Gitarristen sicher viele Freunde finden wird, weil er einerseits in der Dynamik sehr herzlich zulangt, zum anderen für das Genre archetypisch passend eine elegante Sound-Abstimmung mit hohem Nutzwert in den drei Kanälen bereithält. Der FX-Weg funktional einwandfrei, dazu ein Line-Out, der Fußschalter mit langem Kabel schon mit im Gepäck, im Plus punkten auch Verarbeitung und technische Substanz: Preis und Leistung stehen in einem gesunden Verhältnis.

Autor: Ebo Wagner, Gitarre & Bass 4/2009

Vintage: Die Peavey T-60-Gitarre

Hartley Peavey war bereits Ende der 1960er/Anfang der 1970er Chef einer großen Firma mit noch größeren Visionen. Eins seiner damaligen Prinzipien war, seine Produkte möglichst günstig anzubieten – unter Vermeidung der Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer. Außerdem hatte er den Ehrgeiz, alle Facetten seines umfangreichen Programms selbst herzustellen.

Einige dieser Ideen und Visionen haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte relativiert, aber die meisten davon hat Peavey tatsächlich umgesetzt. Die Firma hat das Image, zwar den Mainstream erfolgreich zu bedienen, aber selbst nicht stilbildend, böse Zungen sagen gar: gesichtslos, zu sein.

Allerdings ist diese Sichtweise nicht ganz richtig, denn das Programm dieses Herstellers bot immer wieder mal positive „Ausreißer“ – darunter auch die berühmte T-60-Gitarre.

Mitte der 1970er stellte Hartley Peavey fest, dass die großen Konkurrenten Fender und Gibson plötzlich anfingen, ihren Händlern Bundle-Pakete „aufzudrücken“. Die sich gut verkaufenden Gitarren waren nicht mehr einzeln erhältlich, sondern nur in Kombination mit den damals weniger gefragten Verstärkern dieser Firmen. Peavey, der bis dato nur Verstärker herstellte, sah seinen Umsatz gefährdet und machte sich nun daran, selbst Instrumente herzustellen.

Zu diesem Zweck besorgte er sich zwei interessante Maschinen, eine Geiger Kopierfräse (made in Germany), die ihm vier Hälse auf einmal fräste, und eine dreidimensional arbeitende Oberfräse, die in einem Arbeitsgang einen Korpus in die gewünschte Form inkl. seiner Konturen brachte. Hartley Peavey ist wie viele Amerikaner Waffen-Fan, und er hatte herausgefunden, dass im Gewehrbau ebensolche Maschinen zur Herstellung der Kolben genutzt werden.

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Warum also auch nicht für Gitarren? Solche Maschinen waren im Instrumentenbau absolut innovativ, und man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Peavey damals mit der Produktion der T-Serie die am modernsten arbeitende amerikanische Instrumentenfabrik gewesen war. Die T-60 und der Bass-Bruder T-40 waren die ersten Instrumente überhaupt, die mit Hilfe solch moderner Geräte gebaut wurden. Das von Chip Todd, einem genialen Instrumenten-Designer, der 1981 von Fender abgeworben und zum Chef der R&D-Abteilung gemacht wurde, ausgearbeitete Design brauchte immerhin drei Jahre bis zur Serienreife, aber 1978 war es dann soweit – die T60 kam auf den Markt.

Vor allem ihr Verkaufspreis stellte eine Sensation dar: sie kostete $ 350 mit Koffer, und war 100% „made in USA“! Zum Vergleich: Eine Fender Stratocaster war für $ 895, eine Gibson Les Paul für $ 1000 erhältlich – ohne Koffer. Apropos Koffer: Peavey war der erste E-Gitarren-Hersteller, der damals Hartschalen-Koffer aus Kunststoff verwendete.

Innovativ

Ein Blick auf die Konstruktion zeigt, dass Peavey alles andere als nur bekannte Designs kopierte. Ganz im Gegenteil, hier wurden viele eigene Ideen entwickelt und zum großen Teil auch patentiert.

Der Ahorn-Block, aus dem der Hals gefertigt wurde, ist z. B. längs aufgesägt worden, um den Stahlstab einzulassen. Die beiden Stücke wurden spiegelbildlich zueinander verleimt und erst dann von besagter Kopierfräse weiter verarbeitet. Diese Vorgehensweise sollte später von Leo Fender, als er bei G&L arbeitete, kopiert werden.

Wie bei Fenders Telecaster wurde ein so genannter One-Piece-MapleHals verwendet. Mit dem Unterschied, dass Fender die Bünde manuell einsetzte, aber Peavey eine Maschine dafür entwickelte, die mit 24 Rollen Bunddraht bestückt war, die die Bünde in den Hals presste, sie abschnitt und wiederum anpresste, ohne dass eine manuelle Nachbearbeitung notwendig gewesen wäre.

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Esche gab es in den 1970er Jahren wohl günstig, denn nicht nur Fender verwendete dieses mitunter schwere Holz, sondern auch Peavey für seine beiden T-Instrumente. Der Korpus der T-60 bestand aus drei verleimten Teilen, und da die meisten T-60s nur mit einer dünnen Klar-Lackierung versehen waren, sah jedes Instrument ein bisschen anders aus – je nach Maserung der Esche. Details wie die Verschraubung des Halses inkl. einer Neck-Tilt-Funktion, mit der der Winkel desselbigen zum Korpus eingestellt werden konnte, sah man bei Fender auch.

Allerdings setzte Peavey auf eine solide 4-fach-Verschraubung, während Fender sich damals an der Dreiloch-Variante übte. Die Saiten zog der T-60-Spieler durch den Korpus, und die gesamte Hardware inkl. Brücke und Mechaniken stammte von Peavey selbst, nichts wurde von einem Fremdanbieter hinzugekauft. So auch die Pickups. Auf den ersten Blick sieht die elektronische Abteilung ähnlich wie bei 1000 anderen Gitarren aus: Zwei Humbucker mit Singlecoil-Schalter, ein Dreiweg-Schalter zur Anwahl und je zwei Volumen- und Ton-Regler.

Aber die Schaltung hatte eine elektronische Besonderheit zu bieten, die für damalige Zeiten innovativ und von dem Pedalsteel-Spieler Orville „Red“ Rhoads entwickelt worden war: Mit dem Ton-Poti konnte man sich stufenlos von einem Humbucker- zu einem Singlecoil-Sound bewegen. Zusätzlich wurde ein Phasenumkehr-Schalter installiert, so dass die T-60 eine erstaunlich große Bandbreite an Sounds lieferte. Zwar klang die Gitarre, wenn man wollte, so leicht wie eine Fender-Gitarre, aber am Gurt hing sie „dank“ der guten Esche dennoch so schwer wie Blei.

In dieser Disziplin machte sie sogar schweren Gibson Les Pauls Konkurrenz. Dabei ist der Hals relativ dünn, und liegt bequem in der Hand. Klanglich ist das große Ziel, mit dieser Gitarre alle klassischen E-Gitarren-Sounds zwischen den Polen Stratocaster und Les Paul abzudecken, nicht ganz erreicht worden. Den „richtigen“ drahtigen und transparenten Strat-Sound bekommt die T-60 jedenfalls nicht ganz hin – das geben die Korpusmasse und die Pickups nicht her. Aber knackige P-90- und fette, sustain-reiche Humbucker-Sounds lassen sich sehr gut realisieren – und das ist doch auch schon etwas.

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Charakter

Viele Kritiker dieser Gitarre haben der T-60 Charakterlosigkeit attestiert, aber selten wurde ihre Stärke gelobt: die klangliche Vielseitigkeit. Vielleicht hat das eine mit dem anderen zu tun? Oder dachte Otto-Normal-Gitarrist nur zu eindimensional, um sich durch die Möglichkeiten der T-60 hindurch zu kämpfen? Denn man muss sich intensiv mit der Gitarre auseinandersetzen, vor allen Dingen, wenn man einmal gefundene Traum-Sounds am nächsten Tag wieder realisieren will. Abspeichern ging ja nicht.

Fazit

So schrieben 1978 die Peavey T-60 und der Bass T-40 nicht etwa wegen ihrer Leistungen als Instrumente Geschichte, sondern wegen der Tatsache, dass sie die ersten Instrumente waren, die zum größten Teil von Maschinen hergestellt worden waren, und zu einem damals für unmöglich gehaltenen günstigen Preis für ein „Made in the USA“- Produkt angeboten wurden.

Was 1978 mit der T-60-Gitarre und dem T40-Bass begann, wurde mit der T-15 (mit kurzer Mensur und zwei Singlecoils), der T25 (wie T-60, aber ohne Phasen-Schalter), der T-26 (3× Singlecoils), der T-27 (2× Singlecoils, 1× Humbucker), der T-30 (wie T26, aber mit kurzer Mensur) und den beiden Bässen T-20 und T-45 ausgewalzt. Klar, dass dem etwas bieder wirkenden Natur-Look der ursprünglichen Modelle nun farbig lackierte folgten. Auch gab es bald Hälse mit Palisander- und sogar mit Kunststoff-Griffbretter. Die T-Serie wurde bis 1986 hergestellt, und hauptsächlich in der Country-Szene eingesetzt.

Die Rock ’n’ Roller rümpften eher die Nase, ihnen erschien die T-60 zu klobig. Außerdem haftete ihr das Image der „Gitarre des armen Mannes“ an. Doch das hinderte die T-60 nicht daran, in den USA ein Verkaufserfolg zu werden. Denn statt eins der günstigen Japan-Instrumente kauften sich viele loyale Amerikaner eben lieber ein „domestic“ Produkt, zumal es nicht teurer war als ein Asien-Import! Der Gebrauchtmarkt gibt denn immer noch viele T-60 oder T-40 her, vor allem in den USA.

Waren die Gebraucht-Preise über die Jahre immer sehr günstig, scheint sich das Blatt zurzeit zu drehen. Selbst Sammler haben mittlerweile auch solche Gitarren entdeckt, schließlich erzählen auch sie eine Story, und die Preise für gut erhaltene Exemplare steigen.

Epilog

Bis heute produziert Peavey E-Gitarren – aber selten erreicht eins dieser Modelle die Originalität und Innovativität der T-60. Keine dieser Gitarren verkörpert den Traum des Hartley Peavey besser als dieses rustikale Instrument, das damals gegen die Invasion der Fernost-Hersteller als einzige professionell nutzbare US-Gitarre erfolgreich antrat. Aus diesem Grund hätte Peavey eigentlich im letzten Jahr ein 25-Anniversary-Modell der T60 und des T-40 bringen können, oder? Doch anscheinend will man selbst im eigenen Haus die Verdienste der T-Serie nicht gebührend würdigen. Schade eigentlich. Unter www.peavey.com lässt sich die originale Bedienungsanleitung der T-60 downloaden.

Text: Heinz Rebellius, Gitarre & Bass 4/2004