Schwarzes Jubiläum

Metallica-Special: 30 Jahre Black Album

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(Bild: Ross Halfin)

1991 war eines dieser goldenen Jahre der Rockgeschichte: innerhalb von nur 44 Tagen erschienen Alben von Nirvana, den Red Hot Chili Peppers, Pearl Jam, Guns N’ Roses und Metallica. Auch wenn all diese Bands in jenem Jahr absolute Klassiker etablieren konnten, war das selbstbetitelte, schwarze Album für Metallica das Katapult in ungeahnte Sphären des Heavy Metal.

Um zu verstehen, welche Rolle das „Black Album“ in Metallicas Diskografie einnimmt, ist es wichtig, den Blick noch ein kleines Stück weiter in die Vergangenheit zu richten – genauer gesagt bis ins Jahr 1988.

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Zu diesem Zeitpunkt erschien das großartige, aber keinesfalls unumstrittene ,And Justice For All‘, welches den Einstand von Bassist Jason Newsted (bei Metallica von 1986 bis 2001) markierte. Leider war dies nur auf dem Papier der Fall: Der eigentümliche Mix des Albums setzt zwar Schlagzeuger Lars Ulrich und die Gitarren von James Hetfield gekonnt in Szene – der Bass von Jason Newsted jedoch ist praktisch nicht hörbar.

„Ich war verdammt wütend!“, erinnert Newsted sich heute. „Wollt ihr mich verarschen? Ich war bereit, jemandem an die Gurgel zu gehen, Mann! Nein, ich war nicht ganz bei Sinnen, denn ich dachte wirklich, ich hätte es gut gemacht. Und ich dachte, ich hätte so gespielt, wie ich spielen sollte.“

Die Gründe für den Mix sind bis heute umstritten: Während Lead-Gitarrist Kirk Hammett vermutet, dass es an einer Auslöschung bestimmter Frequenzen zwischen dem Bass- und dem Gitarrensound liegt, berichtet der damalige Stammproduzent der Band, Flemming Rassmussen, der Bass sei auf expliziten Wunsch von Lars Ulrich so stark in den Hintergrund gemischt worden, damit es keinerlei klangliche Überschneidung mit der Bassdrum seines Schlagzeugs gäbe.

(Bild: Archiv)

Nun, die Wahrheit mag irgendwo in der Mitte liegen. Interessant ist jedoch Jason Newsteds Anmerkung zu diesem Thema:

„Auf der originalen ‚No Life ‘Til Leather‘-Kassette – falls ihr jemals eine echte Kopie oder ein Foto einer echten Kopie sehen solltet – steht in Lars’ Handschrift, mit Kugelschreiber, auf dem Label der Kassette ‚Turn bass down on stereo’!“

Den Frust von Jason Newsted über den sehr trockenen und insgesamt etwas kraftlos wirkenden Mix von ,And Justice For All‘ kann man sich vorstellen – schließlich waren Metallica bereits gegen Ende der 80er-Jahre eine der bekanntesten Heavy-Metal-Bands ihrer Zeit, die in respektablen Hallen, vor großem Publikum auftrat. Dass das Folge-Album aber die komplette Welt der Band auf den Kopf stellen sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar.


BOB ROCK

Die Geschichte des Black Album ist auch gleichzeitig ein Stück der Geschichte von Produzenten-Legende Bob Rock. Rock, 1954 in Vancouver/Kanada geboren, hatte sich bereits im Laufe der 80er-Jahre einen Namen mit Produktionen wie ,Dr. Feelgood‘ von Mötley Crüe, David Lee Roths ,A Little Ain’t Enough‘ und Bon Jovis ,Slippery When Wet‘ gemacht.

Da Metallica zum Ende des damaligen Jahrzehnts bereits auf drei Alben mit Flemming Rasmussen gearbeitet und sich musikalisch in eine Art Sackgasse manövriert hatten (die Songs auf ,And Justice For All‘ hatten die progressive Neigung der Band bis auf das Maximum ausgereizt), war klar, dass es Zeit für eine personelle Veränderung war. Die Anfrage, ob er das kommende Album von Metallica abmischen wolle, lehnte Bob Rock jedoch mit der Begründung ab, er sei nur interessiert, wenn er die gesamte Produktion in die Hand nehmen würde. Dieser Vorschlag stieß bei der Band allerdings zunächst auf Skepsis, da die Rolle des Produzenten bisher von Lars Ulrich und James Hetfield ausgefüllt worden war, die beide wenig Interesse an einem Verlust der Kontrolle über die Aufnahmen hatten.

Das Misstrauen gegenüber Bob Rock war sogar so groß, dass zu Beginn der Aufnahmen, Flemming Rasmussen ein vierwöchiger Urlaub finanziert wurde, um gegebenenfalls kurzfristig auf ihn zurückgreifen zu können, sollte sich die Zusammenarbeit mit Bob Rock als unmöglich erweisen. Die Band trat die Aufnahmen im von Bob Rock angemieteten One-on-one-Recording-Studio an, um das wichtigste Album ihrer Karriere aufzunehmen.

Neben Bob Rock waren noch Randy Staub und Mike Tacci mit von der Partie, um als Toningenieure zur Hand gehen zu können. Vor allem Randy Staub berichtet später, dass er mit seinem ganzen Können als Cutter in die Produktion involviert gewesen sei – schließlich wurde das Album noch vollständig auf Tonband aufgezeichnet. Entgegen dem anfänglichen Wunsch der Band, übernahm Bob Rock nicht die Rolle eines reinen Sound-Manns, sondern vielmehr die eines Regisseurs. So forderte er beispielsweise Lars Ulrich, nicht nur eine Hand voll Durchgänge eines jeden Songs zu spielen, sondern ließ den Schlagzeuger mitsamt der kompletten Band als Begleitung, unzählige Anläufe pro Song aufnehmen, aus denen dann der finale Take zusammengeschnitten wurde.

Auch erkannte er, dass Metallicas große Stärke nicht unbedingt in der chirurgisch-präzisen Beherrschung ihrer Songs lag, sondern vielmehr in der unvorstellbaren Wucht, die die Band live auf die Bühne brachte. Daher setzte er weniger auf einen direkten, trockenen Mix, wie es beispielsweise noch bei ,And Justice For All‘ der Fall war, sondern er wollte von Anfang an den Raumklang des Studios nutzen, um ein möglichst klanggewaltiges Gesamtbild zu erzeugen. So dauerte es sage und schreibe 20 Tage, bis Rock und Ulrich die optimale Position des Schlagzeugs im Aufnahmeraum inklusive passender Mikrofon-Aufstellung gefunden hatten. Bedenkt man, dass zu dieser Zeit gerne und häufig auf digitale Hallgeräte zurückgegriffen wurde, ist dieser Umstand bemerkenswert.

Cover des „Black Album“ (Bild: Warner)

Das Ergebnis kann sich auch noch 30 Jahre später hören lassen: das Black Album ist nicht nur musikalisch eine Neuausrichtung der Band (denn richtig schnelle Songs gibt es nur wenige) – auch der Sound ist ein Gegenentwurf zu den vorherigen Alben. Die unheimlich groß und plastisch klingenden Drums sind bis heute ein Meisterwerk und das klangliche Zusammenspiel aus Bass und Gitarren ist bis auf das letzte Detail aufeinander abgestimmt (mehr dazu später). Aber auch spielerisch schwang sich die Band zu neuen Höchstleistungen auf.

Zu keinem Zeitpunkt ließ Bob Rock Zweifel aufkommen, wer im Regieraum das Sagen hat und zwang die einzelnen Bandmitglieder dazu, sich mehr anzustrengen, als sie es bisher gewohnt waren. So war der Produzent beispielsweise kein bisschen von Kirk Hammetts Ruf vom neuen Wunderkind am Metal-Himmel beeindruckt und forderte den Lead Gitarristen zu immer neuen Anläufen auf, das legendäre Solo in ,The Unforgiven‘ zu perfektionieren. Rückblickend berichtet Rock in einem Interview gegen Ende der 90er-Jahre:

„Es waren damals wie heute vor allem Lars und ich, die Kirk durch die Aufnahmen der Soli navigieren. Kirk muss einfach immer etwas angespornt werden.“

Und Kirk Hammett erinnert sich an die Aufnahmen des Gitarrensolos in ,The Unforgiven‘:

„Ich hatte dieses wunderbar ausgearbeitete Solo und alle haben es gehasst. Ich musste richtig hart arbeiten, um dieses kalte, statische Feeling meiner Soloidee loszuwerden. Heute finde ich das, was wir aufgenommen haben, immer noch richtig gut – vor allem die Art, wie es beginnt.“

Aber nicht nur Hammett musste bei den Aufnahmen leiden – auch an Gitarrist und Sänger James Hetfield gingen die Sessions nicht spurlos vorbei. Durch die unzähligen Wiederholungen der Songs und die dauerhafte Belastung, nahm Hetfields Stimme ab einem gewissen Punkt so großen Schaden, dass er professionelles Stimmtraining in Anspruch nehmen musste.

„Ich ging zu einem Kantor in einer Kirche und ich hatte richtig große Angst. Aber der Typ hat es geschafft, meine Stimme wieder in Form zu bringen, ohne dass ich am Ende klang wie ein Opernsänger“, weiß Hetfield später zu berichten.

(Bild: Warner)

DER TEUFEL IM DETAIL

Das gewaltige Klangkonstrukt von Metallicas Black Album ist keineswegs ein glücklicher Zufall, sondern vielmehr das Ergebnis einer außergewöhnlich kreativen Band und einem extrem ambitionierten Produzenten. Von Letzterem sollte vor allem Jason Newsted profitieren: War der Bassist – wie eingangs erwähnt – auf dem vorherigen Album praktisch irrelevant, kam ihm auf dem ,Black Album‘ eine ganz andere Rolle zu.

BASS

Auch wenn die Rhythmus-Gitarren überlebensgroß klingen, ist es vor allem der Bass, der dem Album zu seinem klanglichen Volumen verhilft. Von Anfang an war klar, dass sowohl Bob Rock als auch Jason Newsted mehr Bass auf dem Album hören wollten. Newsted ordnet die Wahl des Produzenten später als essentiell für diese Veränderung ein:

„Als Bob Rock auf der Bildfläche erschien, wurde auch der Bass hörbar.“

Waren während der ersten Jahre bei Metallica noch Wal- und Alembic-Bässe die bevorzugte Wahl des Bassisten (letztere begleiteten ihn auch auf der langen Konzertreise nach dem Studio-Aufenthalt), änderte sich dies für die Aufnahmen zum Black Album. Für den Großteil der Songs benutzte Newsted, auf Geheiß von Bob Rock, einen Spector NS2 aus den frühen 80er-Jahren, der ihn – zumindest im Studio – noch einige Jahre begleiten sollte. Für den voluminösen, knurrenden Ton ist jedoch nicht nur der Bass mit seinen aktiven EMG-Tonabnehmern verantwortlich – Newsteds präziser und extrem kraftvoller Anschlag mit dem Plektrum verlieh dem Sound eine gewisses Rasseln in den Höhen, das den Bass im Mix gut hörbar macht.

Tatsächlich war das Anschlagsgeräusch im Regieraum des Studios, in dem Newsted seine Parts sitzend einspielte, so laut, dass Bock Rock den Bassisten kurzerhand mit deiner dicken Mauer aus mobilen Schaumstoffelementen umhüllte, um den Sound aus den Monitoren besser beurteilen zu können.

Für ein wenig klangliche Raffinesse sorgte als Overdub bei ,Whereever I May Roam‘ ein zwölfsaitiger Bass von Hamer, dessen Effekt eher an ein orientalisches Schlaginstrument erinnert. Außerdem kam auf ,Nothing Else Matters‘ ein Zon-Fretless-Fünfsaiter mit Walnuss-Korpus zum Einsatz, während auf ,The Unforgiven‘ ein alter Fender Precision von 1958 zu hören ist.

Darüber hinaus fiel das Bass-Rig erstaunlich simpel aus: während eine 8x10er-Box von Ampeg (die Newsted noch zu ‚Flotsam and Jetsam‘-Zeiten auf Raten kaufte) für die Übertragung zuständig war, sorgte ein altes Ampeg-SVT-Topteil für die notwendige Drehzahl. Genau wie der Spector Bass, sollte auch dieser Verstärker ein jahrzehntelanger Begleiter für Newsted werden – ihm allerdings auch eine Menge Ärger einbringen. Als der fast 40 kg schwere Amp im Frühjahr 2006 von einem Case zu fallen drohte, versuchte der Bassist, seinen Lieblingsverstärker instinktiv aufzufangen, was ihm eine massive Schulterverletzung und einen abgerissenen Bizeps bescherte, in deren Folge eine Zwangspause von fast einem Jahr nötig wurde.

Für das Gewisse Extra-Low-End setzte Jason Newsted auf dem Black Album außerdem einen Fender-400-PS-Verstärker mit einer 1x15er-Box ein, die mit einem etwas weiter entfernt positionierten Mikrofon abgenommen wurde. Für das letzte bisschen Aggressivität in den Höhen war zu guter Letzt ein kleiner Zehn-Watt-Marshall-Combo verantwortlich, der mit einem Shure-SM57-Mikrofon, das direkt auf die Kalotte gerichtet war, abgenommen wurde. Für das Direktsignal kam eine Evil-Twin-DI-Box zum Einsatz.

(Bild: Mottram)

GITARREN

Genau wie beim Schlagzeug, setzte Bob Rock auch bei den Black-Album-Aufnahmen der Gitarren auf den Ambience-Klang des Aufnahmeraumes. War James Hetfield – der üblicherweise bis heute alle Rhythmus-Gitarren bei Metallica einspielt, während Kirk Hammett für alle Lead-Passagen, sowie Soli zuständig ist – an den sehr mittenarmen Sound seines Mesa Mark IIC+ (streng genommen muss ein weiteres + addiert werden, da der Verstärker von Mesa Boogie modifiziert wurde) gewöhnt, schlug Bob Rock jedoch vor, den Ton dieses Mal etwas anders anzugehen. So wurde beispielsweise parallel zum Mesa ein von Jose Arredondo gemoddeter Marshall-Verstärker hinzugemischt, der für einen gewissen Biss in den oberen Mitten sorgen sollte.

Während der 5-Band-Equalizer des Mark IIC+ die klassische V-Kurve aufwies, bei der die Mitten herausgefiltert werden, befanden sich im Einschleifweg noch ein Paar AphexEQF-2-Equalizer, sowie ein CX-1-Kompressor/Expander, die genutzt wurden, um exakt bestimmte Frequenzen im Mittenspektrum (vor allem um 1.2 kHz) zu modellieren. Dieses genau aufeinander abgestimmte Setup wurde dazu genutzt, um bei allen Songs drei Rhythmus-Gitarren einzuspielen, die nach rechts, links und zentral (von James Hetfield als „The Thickener“ bezeichnet) im Stereo-Panorama verteilt wurden und die für eine wahre Gitarrenwand sorgten.

Für die Aufnahmen und die Tour zum Black Album griff James Hetfield auf schwarze und weiße ESPMX-Modelle zurück. (Bild: ESP Guitars)

Ein weiterer Aspekt, auf den Rock und Hetfield bei den Aufnahmen ihren Fokus richteten, war der „Omph-Faktor“ bei Palm Mutes auf den tiefen Saiten. Um den gewaltigen Bass-Schub einzufangen, ließ Bob Rock eine Art Zelt – von der Band liebevoll als „Tent of Doom“ bezeichnet – im Aufnahmeraum aufbauen, in dem die Gitarren-Boxen mitsamt der Mikrofone standen. Dabei setzte der Produzent nicht nur auf Nah-Mikrofonierung der einzelnen Lautsprecher, sondern stellte eine Vielzahl an Raum-Mikrofonen auf, um die perfekte Resonanzfrequenz für das Low-End der Gitarren einzufangen.

Für den Song ,Sad But True‘ ging man sogar noch einen Schritt weiter: Nicht nur war dies der erste Song, bei dem die Band alle Saiteninstrumente einen Ganzton herunter stimmte, um dem schleppenden Tempo und der zähen Atmosphäre noch etwas mehr Ausdruck zu verleihen, sondern James Hetfield doppelte die abgedämpften Anschläge im Hauptriff des Songs darüber hinaus mit einer Danelectro-Longhorn-Kopie von Jerry Jones, die eine Oktave tiefer als die Gitarren gestimmt war. Für den Überhit ,Nothing Else Matters‘ wurde außerdem eine Gretsch White Falcon eingesetzt.

Kirk Hammetts ikonische MM270 „Zorlac“. Für den Namen ist der markante Aufkleber der Zorlac Skateboard Company verantwortlich; die Kopfplatten-Form wurde später zur heutigen Version der KH-2 geändert.
Kirk Hammetts ikonische MM270 „Zorlac“. Für den Namen ist der markante Aufkleber der Zorlac Skateboard Company verantwortlich; die Kopfplatten-Form wurde später zur heutigen Version der KH-2 geändert.
Kirk Hammetts ikonische MM270 „Zorlac“. Für den Namen ist der markante Aufkleber der Zorlac Skateboard Company verantwortlich; die Kopfplatten-Form wurde später zur heutigen Version der KH-2 geändert.

Auch Kirk Hammett betrieb eine wahre Gear-Schlacht für die Aufnahmen seiner Parts für das Black Album. War James Hetfield erst gegen Ende der 80er-Jahre von seiner Gibson Explorer auf eine ESP-Explorer-Kopie (ESP MX) gewechselt, benutzte Hammett bereits während der Aufnahmen zu ,And Justice For All‘ die Instrumente des japanischen Herstellers und hatte seine Gibson Flying V sowie seine Fernandes-Strat-Kopie gegen eine MM-270 und eine MM-290 (das legendäre Modell mit dem „Caution Hot“-Aufkleber, das bis heute im Dienst ist) ausgewechselt, mit denen er einen Großteil der Aufnahmen bestritt.

Des Weiteren benutzte Hammett eine damals noch recht neue Gibson Les Paul, die vermutlich 1989 gebaut wurde. Kurz nach Vollendung der Aufnahmen bekam der Gitarrist außerdem noch rechtzeitig zum Tour-Beginn die erste Version seiner ikonischen KH-3 Singlecut.

Pünktlich zum Tour-Beginn bekam Kirk Hammett seine erste KH-3 …
… ebenfalls aus dieser Ära-stammt sein heute ebenso legendäres ESP-V-Modell.

Beide Gitarristen setzten damals wie heute auf EMG-Pickups (damals auf das 81- bzw. 85-Modell, heute haben beide Signature-Sets), von denen Bob Rock sagt, dass diese Tonabnehmer ein wichtiger Bestandteil des Metallica-Sounds sind.

An der Verstärker-Front ließ auch Hammett nichts anbrennen: neben dem Mesa Boogie Mark IIC+ und dem gemoddeten Marshall, kamen noch ein CAE-Preamp von Bob Bradshaw und ein Fish-Vorverstärker von Bogner zum Einsatz. Für die Verstärkung sorgte eine riesige 2150-Endstufe von VHT (heute Fryette). Auf der schier endlosen Tour zum Black Album kamen außerdem der damals ganz neue Mesa Boogie Mark IV sowie der legendäre, vollprogrammierbare Triaxis-Preamp in Hammetts Rig zum Einsatz.


RELEASE & TOUR

Nach Abschluss der Aufnahmen und des Mixings, das Bob Rock zusammen mit James Hetfield und Lars Ulrich sowie Randy Staub am 07. Juli 1991 über die Bühne brachte, ging plötzlich alles recht schnell: nur einen Tag später flog das Trio Rock, Hetfield und Ulrich nach New York, um das Album dort in nur drei Tagen mit George Marino zu mastern. Weitere 23 Tage später wurde ,Enter Sandman‘ mitsamt Musikvideo als erste Single ausgekoppelt und eröffnete eine fulminante Promotion-Kampagne, in deren Rahmen ganze fünf Singles vorgestellt wurden.


HARTE ZAHLEN

    • Die CD hielt sich in Deutschland über 150 Wochen in den Top-100-Charts.
    • In den USA schaffte es die Band mit dem ‚Black Album‘ als eine von vier Gruppen überhaupt, sich 500 Wochen in den Top-200-Charts zu halten.
    • In den USA bekamen Metallica für ihr schwarzes Album sechzehn Platinplatten verliehen.
    • In Deutschland hat sich das Album bis 2019 zwei Millionen Mal verkauft, was einer Vierfach-Platin-Auszeichnung entspricht.
    • Die Kosten für die Produktion beliefen sich auf mehr als eine Million US-Dollar.
    • Von 1991 bis 1993 wurden insgesamt fünf Singles ausgekoppelt, die allesamt zu Klassikern der Band wurden.
    • Mit knapp einem Jahr Dauer, war es eine der längsten Albumproduktionen der Band.

Am 01. August 1991 startete die ,Wherever We May Roam‘-Tour, die mehr oder weniger nahtlos in eine Stadion-Tour mit Guns N’ Roses überging und schließlich in der ,Nowhere Else To Roam‘-Tour mündete, deren letztes Konzert am 04. Juli 1993 stattfand. Den absoluten Höhepunkt fand die Tour am 28. September 1991 beim Monsters Of Rock Festival auf dem Tushino Flugfeld bei Moskau. Die Angaben über die Zuschauerzahlen schwanken stark zwischen 500.000 und 1,6 Millionen – so oder so ein unvorstellbar großes Publikum.

Um mit der klassischen Präsentation einer Rock-Band zu brechen, ließen sich Metallica ein für die damalige Zeit innovatives Bühnen-Design einfallen: die Form der Bühne erinnerte an ein Drachenviereck, sodass das Publikum rundherum verteilt war und sich so vier „erste Reihen“ ergaben. Außerdem war in der Mitte eine Freifläche, der sogenannte „Snakepit“, in der etwa 80 Fans das Geschehen aus der Mitte der Bühne verfolgen konnten. Damit Schlagzeuger Lars Ulrich nicht nur von einem kleinen Teil des Publikums gesehen werden konnte, gab es zwei versenkbare Drumsets, die an den beiden langen Seiten des Vierecks positioniert waren. Außerdem führten über den „Snakepit“ vier sich kreuzende Laufstege, über die man schnell die Bühnenseite wechseln konnte.

James Hetfield
Kirk Hammett
Lars Ulrich
Jason Newsted

Man kann sich vorstellen, was für ein unglaublicher Aufwand das Monitoring und die Beschallung einer so komplexen Bühne gewesen sein müssen. Wer die Stimmung der Tour nachempfinden möchte, kriegt übrigens mit dem Live-Album ,Live Shit: Binge & Purge‘ von 1992 einen guten Eindruck, mit welcher ungestümen Wucht die Band ihre Songs im Januar 1992 auf die Bühne brachte.

Bei aller Euphorie wäre die Konzertreise am 08. August 1992 aber beinahe in einer verheerenden Katastrophe geendet: Frontman James Hetfield bewegte sich während des Songs ,Fade To Black‘ auf der Bühne zu nah an eine Feuersäule, die Teil der Pyro-Show der Band war. Als die Stichflamme zündete, erlitt Hetfield schwere Verbrennungen an den Armen und der rechten Hand, worauf das Konzert sofort unterbrochen werden musste und die Bühne frühzeitig von Guns N’ Roses übernommen wurde. Nach nur 17 Tagen Pause stand Hetfield, mit dick verbundenen Armen, wieder auf der Bühne, um zumindest seiner Funktion als Sänger nachzukommen. Seine Gitarrenparts übernahm Roadie John Marshall.


NOTHING ELSE MATTERS

Ein wesentlicher Faktor für die immer stärker wachsende Popularität der Band war die am 20. April 1992 ausgekoppelte Single ,Nothing Else Matters‘. Nicht nur war dies die erste Ballade, die Metallica jemals geschrieben hatten – es war auch der erste Song, bei dem während der Aufnahmen ein kleines Orchester zum Einsatz kam. Für die Komposition und die Umsetzung der Aufnahmen wurde auf Empfehlung von Bob Rock, der Komponist Michael Kamen verpflichtet, der dem Song mit seiner dezenten Orchestrierung eine ungeahnte Tiefe verlieh. Der Erfolg der Single übertraf alles, was die Band bis damals kannte.

Bereits kurz nach Veröffentlichung des Musikvideos, war der Song in über 30 Ländern auf Platz 1 der Charts. Rückblickend findet Jason Newsted diese Entwicklung fast schon ironisch:

„Es brauchte unsere damals erste und einzige Ballade, um ganze Mauern niederzureißen und uns völlig neue Möglichkeiten zu bieten. Ich finde es unglaublich, mir vorzustellen, wie viele Tausend Menschen dieses Stück bis heute auf ihrer Hochzeit spielen.“

Noch interessanter ist, dass genau dieser Song nur sieben Jahre später abermals eine Hitsingle werden sollte. Im Rahmen der Veröffentlichung des ,S&M’-Albums, auf dem Metallica vom San Francisco Symphony Orchester (selbstverständlich dirigiert von Michael Kamen) begleitet wurden, wurde ,Nothing Else Matters‘ als erste Single ausgekoppelt und konnte besonders in Europa, dank massiver Präsenz im Musikfernsehen, noch einmal einen Riesenerfolg feiern. Interessant an dieser Version ist, dass sie einen halben Ton tiefer als das Original eingespielt wurde.

UND HEUTE?

Auch 30 Jahre nach seiner Veröffentlichung hat das Black Album kein bisschen an Kraft und Klanggewalt verloren. Natürlich klingt die Produktion nach heutigen Standards nicht mehr ganz up to date – gerade die zischenden Becken des Schlagzeugs wirken an manchen Stellen ein wenig irritierend. Trotzdem ist das Album sowohl handwerklich als auch künstlerisch vollkommen zu Recht ein Meilenstein und nicht ohne Grund das am meisten verkaufte Album der 90er-Jahre.

Zum Jubiläum absolvierten Metallica im Sommer 2021 nicht nur eine ganze Reihe Promo-Auftritte (unter anderem mit Gästen wie Elton John oder Miley Cyrus), sondern erstellten auch die „Metallica Blacklist“, auf der ausgesuchte Künstler einen Song ihrer Wahl des Black Albums covern.

Das Ganze zeigt, was für eine gewaltige Bandbreite an Musikern von Metallica und diesem Album beeinflusst wurden. Auch wenn die beiden letzten Alben der Band zumindest klanglich in eine andere Richtung tendierten, hoffen nicht wenige Fans der zweiten Metallica-Ära auf eine Reunion mit Bob Rock, um noch einmal den urgewaltigen Sound von Alben wie ,Load‘, ,Reload‘ und eben dem Black Album zu hören zu bekommen.


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2021)

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