„Der amerikanische Blues ist und bleibt nun einmal das Original.“

Jugend forscht: Connor Selby im Interview

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(Bild: Rob Blackham (Blackham Images))

War die Les Paul immer schon an deiner Seite? Oder gab es in deiner Karriere auch Strats, Teles und Semi-Acoustic-Gitarren?

Meine allererste Gitarre war tatsächlich eine Stratocaster, und wie wohl fast jeder junge Bluesmusiker hatte auch ich eine Stevie-Ray-Vaughan-Phase, die allerdings nur etwa sechs Monate andauerte. Meine erste wirklich große Liebe war die Les Paul, auch weil Clapton, Peter Green und Paul Kossoff so grandiose Les-Paul-Spieler waren. Dieser singende Ton, dieser kraftvolle Sound, die Les Paul passt charakterlich einfach perfekt zu mir und zu meinem Spielstil, vor allem die Vintage-ausgerichteten Modelle. Natürlich habe ich zuhause einige weitere Gitarren, unter anderem eine Stratocaster, eine ES-335 und seit neuestem eine wundervolle 1955er Gibson ES-125, meine allererste Vintage-Gitarre.

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Wie muss die aus deiner Sicht perfekte Gitarre beschaffen sein, damit du dich mit ihr wohlfühlst?

Es müssen mehrere Kriterien erfüllt sein: ein gutes Holz, ein leicht bespielbarer Hals, der zwar dünn, aber nicht zu dünn sein sollte. Dann noch: eine gute Balance der Gitarre, außerdem sollte sie weder zu schwer noch zu leicht sein …

… ist deine Les Paul gechambert?

Nein, sie ist durchgehend massiv, etwas anderes würde ich auch nicht so gern in die Hand nehmen. Wichtig ist mir, dass die Gitarre einen singenden Ton erzeugt und bereits auf leichteste Berührungen sofort reagiert. Die Bandbreite an Dynamiken sollte also möglichst groß sein. Die für mich perfekte Gitarre muss laut schreien aber auch ganz leise flüstern können, und dies alles lediglich durch die Veränderung des Volume-Potis. Um das zu gewährleisten, ist ein sehr guter Pickup natürlich zwingend notwendig. Ich habe den originalen Tonabnehmer meiner Les Paul gegen einen ThroBak-PAF ausgetauscht, eine sehr gute Entscheidung, wie ich immer wieder feststelle.

Wenn sich möglichst alles nur mit dem Volume-Poti der Gitarre regeln lässt, brauchst du dann überhaupt Effektpedale?

Ganz ehrlich: Ich bin kein Pedal-Typ. Auf der Bühne habe ich lediglich einen Tuner dabei, und mitunter einen Lazy J Cruiser, ein Overdrive-Pedal also. Den Cruiser verwende ich aber auch nur dann, wenn der Club so klein ist, dass ich den Amp nur sehr leise fahren kann. Am liebsten spiele ich mit meiner Gitarre direkt in den Verstärker. Ich besitze auch noch ein sehr gut klingendes WahWah-Pedal, das ein Freund von mir gebaut hat. Auch das kommt gelegentlich zum Einsatz.

Es heißt, dass du früher auf den typischen englischen Marshall-Sound geeicht warst, jetzt aber davon abgerückt bist.

Es stimmt, ich war ein Marshall-Typ, besaß einen Bluesbreaker, ein 100 Watt-Topteil mit 4x12er-Box und auch einen JTM-30-Combo. Aber zuletzt war ich im Studio mit dem Sound nicht mehr zufrieden, spielte daher auch über einen Fender Deluxe Reverb und einen Super Reverb, schwöre aber seit einem Jahr auf meinen neuen Lazy J 20. Den hatte ich mir zunächst für die Studioaufnahmen ausgeliehen. Er klingt ein wenig wie ein Tweed Deluxe, kann also alles von super laut bis ganz leise. Der Konstrukteur des Lazy J 20 lebt neuerdings ganz in meiner Nähe, wodurch es für mich problemlos möglich ist, jederzeit Kontakt zu ihm aufzunehmen.

Es ist erstaunlich: Du bist ja in vielerlei Hinsicht ausgesprochen britisch geprägt, schwörst aber auf die amerikanische Art des Blues.

Die Wurzeln des Blues liegen nun einmal in Amerika, auch wenn später englische Musiker dem typischen US-Blues-Sound ihre britischen Einflüsse hinzugefügt haben. Und ich finde, man muss die historische und kulturelle Bedeutung kennen, um den Blues wirklich authentisch spielen zu können. Der amerikanische Blues ist und bleibt nun einmal das Original, das Gleiche gilt ja auch für den Jazz. Ich mag das Original nun einmal lieber als die Kopie.

Du hast von 2007 bis 2011 vier Jahre lang in Dubai gelebt. Hat das bei dir keine musikalischen Spuren hinterlassen?

Nein, überhaupt nicht. Mein Vater hat damals dort gearbeitet, deshalb sind wir 2007 nach Dubai gezogen. Auf meinen Musikgeschmack hat sich dieser Umstand jedoch nicht ausgewirkt, ganz im Gegenteil: Die Schule dort stresste mich, und Musik war immer meine Nische, um mich zu entspannen und vom täglichen Wahnsinn herunterzukommen.

Handeln deine Texte von diesen Erfahrungen? Oder worüber singst du?

Meine Themen sind vor allem sehr persönlich, handeln aber dennoch nicht nur von mir selbst. Ich singe über das, was mir und anderen widerfährt, aber auch über Gefühle. Ich mag keine politischen Texte, ebenso wenig möchte ich Botschaften verbreiten oder Lektionen erteilen. Ich mag Dinge, die einfach und direkt sind, die vom täglichen Leben erzählen, von glücklichen oder gescheiterten Beziehungen. Ich liebe sentimentale Songs, und ich mag es gern romantisch!

Wie ist deine aktuelle Situation? Du hast für dein Album eine Plattenfirma gefunden und bist momentan mit Beth Hart auf Tour. Offensichtlich wendet sich derzeit alles zum Guten.

Ich bin in der Tat wahnsinnig glücklich, dass es mit dem Plattenvertrag funktioniert hat. Als ich im vergangenen Jahr den Deal angeboten bekam, hat es mich vor Freude fast umgehauen. Jetzt bin ich in der Lage, meine Musik einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren und viele weitere Shows zu spielen. Darüber bin ich natürlich total glücklich.

Hast du derzeit eine feste Band, mit der du jederzeit auf Tour gehen kannst?

Ja, die Band besteht größtenteils aus den gleichen Musikern, die auch das aktuelle Album mit eingespielt haben. Die Bläser, die wir im Studio hatten, gehören allerdings nicht dazu. So reizvoll dies gewesen wäre, aber eine dermaßen große Besetzung wäre auf Dauer dann doch nicht bezahlbar gewesen.


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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