Bassist bei Tedeschi/Trucks

Interview: Brandon Boone

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(Bild: Matthias Mineur)

Während des Soundchecks der Tedeschi Trucks Band im Hamburger Mehr! Theater (das große Interview mit Blues-Gitarrist Derek Trucks war in unserer August-Ausgabe zu lesen) fiel uns ihr junger, ungewöhnlich souverän spielender Bassist auf. Sein Name: Brandon Boone.

Mit natürlicher Lockerheit, einem angenehm warmen Ton und akzentuiertem Spiel breitete der Band-Neuling gemeinsam mit seinen beiden Schlagzeugkollegen JJ Johnson und Tyler Greenwell ein tightes und zugleich federnd-groovendes Fundament aus, auf dem Trucks filigranes Spiel und Tedeschis gefühlvolle Stimme perfekt eingebettet wurden. Natürlich haben wir Brandon gebeten, uns einige Fragen zu seiner Person und zu seinem Engagement in der Tedeschi Trucks Band zu beantworten.

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Aufgewachsen ist Brandon Boone in Atlanta, Georgia. Im etwa 50 Kilometer entfernten Kennesaw besuchte er die State University und legte 2017 im Fach Jazz seinen Bachelor ab. Parallel dazu wurde Boone von zwei wichtigen Mentoren gefördert: Kevin Scott (Jimmy Herring, Wayne Krantz) und der mittlerweile verstorbene Colonel Bruce Hampton nahmen den jungen Musiker unter ihre Fittiche. Wenig später bekam Boone ein Engagement bei der Disney All-American College Band und spielte anschließend unter anderem mit Bigband-Bassist John Clayton, mit Count-Basie-Schlagzeuger Gregg Field und Jazz-Drummer Steve Houghton, später dann mit dem jungen Blues-Gitarristen Cody Matlock und mit Tyrone Jackson (Earl Klugh, Wynton & Branford Marsalis). Außerdem gehört er seit Jahren zur achtköpfigen Jazz-Meets-HipHop-Formation Monkier.

Im Januar 2019 wurde Boone für die Welt- Tournee der Tedeschi Trucks Band verpflichtet und wird mit ihr mindestens bis zum Herbst in Amerika, Asien und Europa nahezu pausenlos unterwegs sein. Für seine eigene neue Instrumentalgruppe Grüt wird deshalb zwar wenig Zeit bleiben, dennoch ist noch in diesem Jahr eine neue Veröffentlichung geplant (das Debüt ‚Side Room Stories‘ erschien 2018).

Interview

Brandon, kommst du aus einer musikalischen Familie.

Ja – mein Vater war Organist in einem kirchlichen Gospelchor, mein älterer Bruder Robert spielt Schlagzeug, aktuell übrigens im Count Basie Orchestra, insofern stamme ich in der Tat aus einer echten Musikerfamilie. Angefangen habe ich – so wie mein Bruder – als Schlagzeuger, doch dann lernte ich den Bassisten seiner Band kennen und merkte, dass der Bass das geeignetere Instrument für mich ist. Seither habe ich sehr viel Jazz gehört und gespielt, vor allem Ray Brown, Paul Chambers, später dann George Porter Jr. und James Jamerson. Heute bewundere ich speziell Tim Lefebvre und Kevin Scott.

Die theoretische und spielpraktische Basis deines heutigen Spiels kommt sicherlich vom Studium an der Kennesaw Universität, oder?

Ganz sicher. In Kennesaw habe ich mir die wichtigsten Grundlagen angeeignet. Ich kann Noten lesen und schreiben, ich kenne mich mit Harmonielehre aus, all dieses Basiswissen habe ich mir dort draufgeschafft. Für mich sind das wichtige Grundlagen, die ich für mein Spiel benötige. Ich weiß genau, was ich tue, ich kann mich jeder Situation anpassen, und ich kenne mich mit dem Bass als Instrument ziemlich umfassend aus. Das Studium hat mir in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet.

Hast du immer schon mit Fingern gespielt?

Ja, im Grunde genommen von Beginn an. In meiner Jugend habe ich sehr viel Kontrabass gespielt, deshalb war für mich das Fingerspiel immer schon angesagt. Ich habe diese Technik dann auch auf mein E-Bass- Spiel mühelos übertragen können, was wichtig war, denn ich mag beides, Kontra- und elektrischen Bass. Für mich gibt es da keinerlei Präferenzen.

Erinnerst du dich noch an deinen allerersten Profibass?

Oh Mann, das liegt Jahre zurück. Soweit ich mich erinnere, war es ein kleiner Peavey-Bass, den mir ein Freund meines Vaters schenkte, damit ich in der Kirche spielen kann. Mit diesem Ding habe ich solange gespielt, bis ich mir von meinem eigenen Geld einen Squier Jazz Bass kaufen konnte. Zudem hatte ich einen Hartke-Kickback-Amp, ein ziemlich schweres Ding, das ich jede Woche zu den Proben schleppte. Aber die Mühe lohnte sich, denn der Kickback klang großartig.

Brandon Boones blauer Moollon-P-Bass Classic, Baujahr 2014
Der blonde Moollon Custom, Baujahr 2017, dient Brandon als Ersatz.

Seit Frühjahr 2019 bist du Bassist der Tedeschi Trucks Band. Wie und wo hat Derek Trucks dich entdeckt? Und wie kam es zu deiner Verpflichtung?

In gewisser Weise stammen wir aus dem gleichen musikalischen Umfeld. Ich habe auch mit Colonel Bruce Hampton gespielt, bevor er im Frühjahr 2017 starb. Außerdem lebe ich zurzeit in Los Angeles, von wo die meisten meiner aktuellen Bandkollegen kommen. Vorher habe ich in Atlanta mit Kebbi Williams gespielt. Es gibt also einen großen Kreis guter Musiker, die alle irgendwie miteinander in Verbindung stehen.

Irgendwann rief also Dereks Trucks Management an und fragte dich, ob du interessiert wärst, in die Band einzusteigen?

Exakt.

Musstest du kurz darüber nachdenken?

Nein. (lacht) Ich wurde eingeladen, ein paar Nummern mit ihnen zu spielen, anschließend haben wir zusammengesessen und uns ein wenig unterhalten, dann bekam ich den Job.

Es gab also eine reguläre Audition?

Richtig. Ich bekam eine kleine Liste mit Songs, die ich lernen sollte, und die haben wir gespielt.

War es schwierig, ihre Erwartungen zu erfüllen? Oder deine eigenen Erwartungen?

Man kann weder sagen, dass es leicht, noch dass es schwierig war. Derek und Susan und die anderen haben eine wunderbare Art, jedem Musiker seinen eigenen Stil zu lassen. Ich zeigte ihnen, was ich beisteuern könnte, und sie waren damit zufrieden. Ich bin immer wissbegierig und möchte möglichst viel dazulernen. Und sie wiederum sind total offen, neue Wege zu gehen und neue Dinge auszuprobieren. Insofern passt es einfach zwischen uns. Es herrscht eine offene Kommunikation, sowohl musikalisch als auch menschlich, und genau das macht die Sache so erfrischend.

Wurden von ihrer Seite Erwartungen geäußert?

Nein, denn in dieser Band stellt jeder selbst die höchsten Ansprüche an sich. Jeder von uns ist selbst sein schärfster Kritiker, und weil das so ist, liefert jeder auf höchstem Niveau ab. Wir treffen uns einfach, musizieren miteinander und wissen, dass jeder sein Bestes geben wird und kann. Außerdem herrscht in dieser Band eine große Kollegialität, jeder hilft jedem. Deswegen lastet auch kein Druck auf meinen Schultern, sondern es macht einfach nur riesigen Spaß. In dieser Band ist alles ein Geben und Nehmen, und alles ist unglaublich intensiv. Gleichzeitig macht es ungeheuer viel Spaß, mit den beiden Schlagzeugern der Band zu spielen. Es ist sicherlich nicht immer einfach, aber immer inspirierend. Zumal sie sich beide große Mühe geben, mir die Sache so einfach wie möglich zu machen.

Steht für dich der melodische Aspekt des Bass-Spielens im Vordergrund, oder eher der rhythmische?

Ich denke, dass es mir eher um Grooves als um Melodien geht. Natürlich musste ich von klein auf auch immer melodisch fühlen und spielen, aber mein Hauptinteresse gilt dem rhythmischen Aspekt eines Basses. Perfekt ist natürlich immer die Kombination aus beidem, sodass man dazu sowohl tanzen als auch singen kann.

Wie hoch ist der Improvisationsanteil in deinem Spiel?

Ich könnte das nicht in Prozenten ausdrücken, aber natürlich gibt es Passagen, in denen ich improvisiere. Das gesamte Set der Band beinhaltet neben den festen Strukturen der Stücke immer auch Parts, in denen wir in eine Art Jamsession hinübergleiten. Niemand weiß so ganz genau, was während eines Konzertes passiert, aber auf diesen Aspekt ist die Musik ja auch bewusst ausgerichtet. Jeder kann jedem vertrauen, und deswegen kommt es fast jeden Abend zu unerwarteten wunderbaren Situationen.

Du wirst seit Jahren von Moollon endorsed, richtig?

Ja, das stimmt. Ich habe aktuell zwei Moollon-Bässe dabei, beide stammen aus dem Werk in Südkorea. Der blonde P-Bass Classic Custom wurde 2017 gebaut, dient aber hauptsächlich als Ersatz, der blaue Moollon ist mein Hauptinstrument und stammt von 2014. Beide wurden von Moollon-Chef Young Joon Park in ihrer Charakteristik den alten Fender-Bässen nachempfunden. Park hat die traditionellen Stärken der Bässe mit zeitgemäßen Ansprüchen kombiniert. Ich liebe vor allem den blauen P-Bass-Classic, den ich immer dabei habe.

Satter Ampeg-Sound aus dem Hause Tedeschi/Trucks: Die Anlage gehört teilweise Boones Chef. (Bild: Matthias Mineur)

Bei den Amps schwörst du zurzeit auf Ampeg.

Die Anlage gehört allerdings Derek und Susan. Sie haben mir die Geräte für die Tournee zur Verfügung gestellt, und ich fand sie auf Anhieb großartig. Es ist der klassische Bass-Ton und passt auch zu meinen Moollon-Bässen. Aber wem sag ich das? Ampeg ist einfach perfekt für diese Art Musik.

(erschienen Gitarre & Bass 11/2019)

 

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