Im Interview

Gina Gleason & Baroness: Zwischen Sphären und Shred-Attacken

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Baroness-Sänger und -Gitarrist John Baizley & Gitarristin Gina Gleason (Bild: Emilio Herce)

Von alt zu neu: Dein Pedalboard ist relativ ausladend, weil du diverse Sounds während einer Show einsetzt. Gab es da in letzter Zeit größere Veränderungen?

Nichts Gravierendes. Es ist eher so, dass ich verschiedene Versionen gleicher Pedaltypen ausprobiert habe. Das Setup ist grundsätzlich gleich geblieben. Ich verwende eine Variation von Boost- und Drive-Pedalen mit zunehmender Zerr-Intensität, darunter auch Fuzz, und dazu wilderes Zeug. Neu ist hier das Beetronics Zzombee, ein sehr cooles Filter-Effekt-Pedal. Ich versuche gerade herauszufinden, wie ich es möglichst praktisch in unsere Live-Show integrieren kann. Für Studio-Anwendungen und Aufnahmen ist es fantastisch.

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Verwaltet wird alles nach wie vor über das GigRig G2. Es gibt auch etwas Wah auf dem Album, auf dem Song ‚Anodyne‘. Es ist das erste Mal, dass ich eine Wah-Gitarre eingespielt habe. Ich habe es mit einem Boss DD-6 Delay gekoppelt, so dass es eine spacige Wah/Echo-Kombi ergibt. Das will ich noch in mein Live-Setup aufnehmen, im Moment ist es aber noch nicht auf dem Board.

Das erste Pedal ist ein Kompressor?

So ist es – ein Xotic SP, bei dem ich die Potis mit Klebeband fixiert habe.

Und danach?

Das Schöne am GigRig ist, dass du verschiedene Kanäle hast. Der Kompressor sitzt zwar am Anfang, aber ich kann auch ein Setting anwählen, bei dem das Signal nicht zunächst dort hinein geht. In der Reihenfolge folgt dann ein Low Drive wie ein MXR Timmy, was einer meiner Favoriten ist. Ich liebe es vor allem, weil es sich sehr gut mit höher-gainigen Pedalen stacken lässt. Auch Earthquaker Devices hat mit dem Plumes ein gutes Low Drive im Angebot, das allerdings auch recht heiß werden kann. Mein Haupt-Distortion ist immer noch, und das schon seit Jahren, ein MXR Super Badass. Ich fühle mich fast schon langweilig, das zu sagen, denn ich verwende es schon so lange. Aber es funktioniert halt richtig gut für mich.

Das Fuzz bringst du etwas unkonventionell ins Spiel …

Ich weiß zwar nicht, ob das technisch der richtige Weg ist, aber ich komprimiere das Signal vorher. Das Xotic SP ist komplett aufgedreht, so geht es in das Fuzz. Das erzeugt einen wirklich coolen Sound, denn es rundet die Kanten des Fuzz ab.

Viele Effekte für umfangreiche Sound-Experimente

 

Du spielst zwar meist Fender-Combos mit Hall, benutzt diesen aber nicht, sondern setzt dafür ebenfalls auf ein Pedal.

Richtig. Ich will den Hall nicht ständig anhaben. Und ich will auch keinen weiteren Schalter samt Kabel vor mir liegen haben. Wir haben eine Tour gespielt, bei der ich den Hall aus einem Fender Twin verwendet und ihn über den Reverb- und Tremolo-Switch geschaltet habe. Das entpuppte sich aber als mühselig. Es hat mir nicht gefallen, ein weiteres Teil bedienen zu müssen.

Was ist hier dein aktueller Favorit?

Das neue Earthquaker-Devices-Ledges-Hallpedal ist ein cooles Gerät und bietet dazu die Option, ein Expression-Pedal anzuschließen. Ich muss nur noch herausfinden, wie ich ein Wah-, ein Volume- und ein Expression-Pedal auf meinem Board unterbringe und kombiniere …

In deiner Auswahl sind mit dem Electro-Harmonix Micro POG, dem MXR EVH Phase 90 und dem Digitech Whammy einige alte Bekannte. Bei den Delays variierst du stärker.

Das stimmt. Ich nehme zum Beispiel das Earthquaker Devices Space Spiral immer wieder drauf und runter. Das ist ein sehr cooles Delay mit Modulationen auf dem Effektsound. Das Disaster Transport der gleichen Company ist ebenfalls ein tolles Teil. Ich habe also eine Delay-Abteilung, wo ich die Dinge an- und abschalten kann, etwa diese Earthquaker-Pedale oder das Boss DD-3 oder DD-6, und dann gibt es einen Platz für das Strymon Timeline. Ich habe noch keinen ebenbürtigen Ersatz dafür gefunden. Es hat so viele tolle Sounds in sich. Ich mag auch seine MIDI-Optionen. Es ist sehr einfach zu nutzen, ich habe es im GigRig-Looper-System, wo ich via MIDI verschiedene Sounds abrufen kann und nicht in einem Live-Setting durchscrollen muss.

Gibt es für die Tour zum Album schon ein Amp-Setup?

Ich habe mich da noch nicht entschieden. Ich habe vor Kurzem eine Band namens Strand of Oaks gesehen. Ihr Gitarrist hatte einen dieser Fender-Bassman-Reissue-Combos. Der klang super, richtig gut. Ich wollte sofort auch einen haben. Vielleicht kaufe mich mir noch einen, bevor wir auf Tour gehen. Das steht allerdings noch nicht fest. Aber ein Princeton ist immer dabei. Dazu könnte ein Twin kommen, mal sehen. Wenn wir in Europa spielen, mieten wir Equipment. Das kann ein Hot Rod sein oder ein Deluxe. Der Twin ist cool, denn er hat viel Headroom. Aber dieser Bassman …

Der Baroness-Proberaum (Bild: Gina Gleason)

Zum Ende hin noch etwas anderes: Wie und was übst du heutzutage? Hast du in dieser Hinsicht etwas verändert?

Ich denke, bei meiner Übungsroutine hat es die größten Veränderungen gegeben. Ich nehme Stunden bei dem gleichen Lehrer, den ich habe, seitdem ich 15 Jahre alt bin. Sein Name ist Yanni Papadopoulos, er spielt in einer Band namens Stinking Lizaveta. Ungefähr einmal im Monat spielen wir zusammen in einem äthiopischen Restaurant, immer rund drei bis vier Stunden. Das ist absolut wegweisend, was meinen Ansatz auf dem Griffbrett angeht.

Ich habe viele Jazz-Standards gelernt und dabei erfahren, wie man darüber soliert. Die andere Sache, die mir viel geholfen hat, war, mir die ganzen Akkord-Voicings drauf zu schaffen und ein breiteres Verständnis vom „CAGED“- System zu bekommen. Ich versuche generell, ein größeres und robusteres Verständnis von der Dur-Tonleiter zu bekommen.

Du hast dir aber noch keine Jazz-Gitarre gekauft …

Ich würde mich definitiv nicht als Jazzgitarristin bezeichnen – ich versuche vielmehr herauszufinden, wie ich diesen Ansatz in mein Spiel einbauen kann. Es hat mir jedenfalls sehr geholfen, mich darauf zu konzentrieren, die Akkordwechsel zu umspielen, anstatt starr über eine Progression zu solieren. Das ist aktuell mein Übungsansatz. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Baroness-Song oder eine Rock- oder Popnummer handelt.

Kannst du uns zum Abschluss noch eine Anekdote zum neuen Album mitgeben?

Bei ‚Magnolia‘ gibt es eine Art Akustik-Intro, aber vieles davon ist anders eingespielt, als man vielleicht denken mag. John hat diese alte ES-335 aus den 1970ern. Sie klang akustisch im leeren Raum einfach richtig gut. Diesen Sound wollten wir haben. Die Gitarre war hierfür nicht eingesteckt, wir haben lediglich ein Mikro über den Saiten platziert. Das haben wir dann mit der eigentlichen Akustikgitarrenspur zusammengemischt. Hör da mal genau hin.

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2023)

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