DeWolff-Frontmann Pablo van de Poel im Interview

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Hilfsbassist und van de Poels Gitarrentechniker Marty Black (Bild: Matthias Mineur)

Kommen wir auf deine Instrumente zu sprechen. Mit welchen Gitarren hast du ‚Love, Death & In Between‘ eingespielt?

Da ist zum einen meine Epiphone Olympic, die ich oft für Slides nutze und die in Open-G gestimmt ist. Die Epiphone ist meine am besten klingende Gitarre. Eigentlich habe ich sie damals nur gekauft, weil sie so günstig war. Ich nahm sie mit zu einem Konzert und wollte sie eigentlich nur spielen, weil sie halt neu für mich war. Aber sie klang auf Anhieb absolut großartig, obwohl sie unfassbar schwer zu spielen ist. Der Hals ist super dick und schmal, eine ungünstige Kombination, die einem als Spieler alles abverlangt. Aber, wie gesagt, für Slides ist sie perfekt.

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1967er Epiphone Olympic
Gibson Les Paul R9 Lemonburst, Baujahr 2014, modifiziert mit ThroBak KZ-115 MXV-PAFs, Bigsby und Grover Tuners

Darüber hinaus habe ich viel mit meiner Gibson Les Paul R9 aufgenommen, weil sie – im Unterschied zur Epiphone – absolut leicht zu spielen ist. Außerdem kann man bei ihr allein mit dem Volume-Poti die unterschiedlichsten Sounds erzeugen, von glasklar bis super verzerrt. Ich sehe es grundsätzlich pragmatisch und spiele mit so wenigen Gitarren wie möglich. Deshalb kommt bei Songs, in denen ich viel mit dem Vibrato arbeiten muss, nur meine Gibson Firebird zum Einsatz, denn die bleibt immer in tune, egal wie sehr man mit dem Vibrato herumfuhrwerkt. Also: Firebird für Vibrato-Action, Epiphone für die Slides, den Rest mit meiner Les Paul. Mit ihr zu spielen ist immer wieder das pure Abenteuer. Auch auf der Bühne! Manchmal hat man für eine Sekunde den perfekten Sound gefunden, weil man den Poti in die exakt beste Position gebracht hat. Und schon im nächsten Moment ist der Sound wieder völlig anders, weil sich der Poti minimal verstellt hat.

Gibson Firebird, Baujahr 2007, mit Lyre Vibrola und Seymour Duncan Antiquitys
Squier Bass VI mit Apollo-Jaguar-Pickups

Sind deine Gitarren modifiziert?

Bei meiner Gibson Les Paul R9 habe ich ein Bigsby verbaut, die Pickups gegen ThroBak KZ-115-MXV ausgetauscht und die originalen Tuner durch Grover Tuner ersetzt. Bei der Gibson Firebird wurde ein Lyre Vibrola eingebaut und die Pickups gegen Seymour Duncan Antiquitys ausgetauscht. Darüber hinaus besitze ich noch eine Gibson Flying V, bei der ich ein Maestro Vibrola verbaut und die originalen Pickups gegen zwei Jason-Lollar-P90s ausgetauscht habe. Und dann gibt es noch eine 1972er Gibson Les Paul Custom, die ebenfalls mit einem Bigsby modifiziert wurde.

Gibson Flying V, Baujahr 2010, mit Maestro Vibrola und Jason Lollar P90s
Gibson Les Paul Custom, Baujahr 1972, mit Bigsby modifiziert

Kann man auf ‚Love, Death & In Between‘ eigentlich Overdubs entdecken?

Nein, keinen einzigen! Mitunter hört man zwar eine zweite Gitarre, aber die hat dann entweder unser Soundmann Hector gespielt oder unser Percussionist Marnix. Es war eine eiserne Regel, keinerlei Overdubs einzusetzen. Natürlich hätte man im Rückblick so manchen Overdub hinzufügen können, zumal es vermutlich niemanden gestört hätte. Aber: Wo anfangen und wo aufhören? Wenn man mit Overdubs erst einmal anfängt, nimmt es schnell Überhand. Wir aber wollten es absolut puristisch halten.

Deshalb findet man auf dem Album auch eine Reihe kleiner Fehler, aber genau die machen die Lebendigkeit aus. Es gibt Dinge, die ich live gesungen habe und die ich in einer Gesangskabine niemals hinbekommen hätte. Denn dort hätte ich viel zu lange darüber nachgedacht, ob zum Beispiel ein Ton zu hoch für meine Stimme ist. Mitunter spielt man Dinge nur deshalb, weil sie einer spontanen Idee entspringen und weil man von seinen Mitspielern inspiriert wird. Das ist ja überhaupt der Grundgedanke des Musikmachens, nämlich das Gemeinschaftserlebnis.

Das Pedalboard mit Carl Martin Headroom Spring Reverb, Jam Pedals Harmonious Monk Tremolo, Analogman Bad Bob Booster, TC Electronic Polytune 3 Noir, Lovepedal Custom Rubber Chicken, Greer Amps Soma 63 und Isle Of Tone Haze 67 (Bild: Matthias Mineur)
Fulltone Tube Tape Echo (Bild: Matthias Mineur)

Die Frage zu ‚Tascam Tapes‘ wiederhole ich auch für das neue Album: Was hast du aus dieser Produktion gelernt?

Dass es eine völlig andere Studioerfahrung ist, wenn man komplett live und mit allen im gleichen Raum aufnimmt. Denn man verliert ein erhebliches Maß an Kontrolle, man verliert die Perfektion. Aber die Musik, die ich höre und liebe, ist ja auch nicht perfekt, sondern voller kleiner Fehler und falscher Noten. Doch das alles ist genau die menschliche Note, nach der ich suche. Es geht nicht um Perfektion, es geht um das richtige Feeling. Wir alle sind Menschen und machen Fehler, wie bei Van-Gogh-Gemälden, die ja auch – anders als Photoshop – nicht perfektioniert wurden.

Jeder will auf Instagram möglichst perfekt aussehen und wirken, aber genau das macht es schnell langweilig. Manchmal wird Musik viel zu sehr industrialisiert, aber genau das war die Musik zum Beispiel von Curtis Mayfield überhaupt nicht. Wenn ich ihn singen höre, dann möchte ich Curtis Mayfield hören und nicht eine perfekte Version von ihm. Und genau darum geht es mir: Ich möchte die menschliche Note zurück in die Musik bringen!


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)

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