DeWolff-Frontmann Pablo van de Poel im Interview

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(Bild: Matthias Mineur)

Eine Art Deja-Vu, aber irgendwie dann doch nicht: Als ich vor vier Jahren im Groninger Club De Oosterport die holländische Band DeWolff zum ersten Mal live sah, standen dort drei junge Musiker auf der Bühne, die mich mit ihrem souligen Retro-Rock total begeisterten. Vier Jahre später, gleicher Ort, gleiche Band, treffe ich eine neunköpfige Formation an, mit den drei festen Mitgliedern Pablo und Luka van de Poel (Gitarre/Gesang & Schlagzeug) sowie Keyboarder Robin Piso, plus drei Bläser, zwei Background-Sängerinnen sowie einem festen Bassisten. Später im Set kam dann kurzzeitig sogar noch ein zweiter Bassist und damit der zehnte Musiker auf die Bühne.

Der Sound: ein wenig vergleichbar mit dem von Little Feat auf ihrem 1978er Live-Klassiker ‚Waiting For Columbus‘. Der Grund für diese überraschende DeWolff-Metamorphose: ihr neues Album ‚Love, Death & In Between‘, das die Band in exakt dieser Besetzung (plus zusätzlichen Percussionisten) in einem französischen Studio aufgenommen hat, komplett live, komplett analog sprich: no overdubs, no digital gear!

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Es gab also viel zu besprechen, als ich mich direkt nach einem intensiven Soundcheck der Band mit Gitarrist und Hauptkomponist Pablo van de Poel in seiner Garderobe zu einem interessanten Gespräch traf. Natürlich nicht, ohne vorher sein sehenswertes Equipment fotografiert zu haben, um mit ihm auch darüber zu sprechen. Aber lest selbst!

INTERVIEW

Pablo, gab es für euer fantastisches neues Album eigentlich einen Masterplan?

Es ist so: Wenn wir früher an einem neuen Album gearbeitet haben, sollte dies möglichst besser als sein Vorgänger werden, mit noch stärkeren Songs, einer noch professionelleren Produktion. Mit ‚Thrust‘ im Jahr 2018 hatten wir für unser Gefühl das Optimum erreicht, es waren die bis dato besten Songs mit der gelungensten Produktion, übrigens auch mit der längsten Aufnahmedauer. Anschließend gingen wir auf Tournee, machten uns aber trotzdem sofort wieder Gedanken über die kommende Scheibe. Jedes Mal überlegt man, was beim letzten Mal gefehlt haben könnte, etwa ein perfekter Opener oder so. Diesmal aber überlegten wir: Wie wäre es mit einem kleinen Experiment, etwas Cooles, mit Spaß aber auch ein wenig Risiko?

Deshalb ist 2020 zunächst ‚Tascam Tapes‘ entstanden, dann in völliger Isolation – wegen Corona – die Scheibe ‚Wolffpack‘. Und bei ‚Love, Death & In Between‘ wollten wir eigentlich ein Album mit ausschließlich neuen Songs live einspielen. Das erschien uns wegen Corona aber zu risikoreich, denn wir wussten nicht, ob überhaupt Publikum anwesend sein darf. Also entstand die Idee, die neuen Songs live im Studio einzuspielen, mit einer um Sängerinnen und Bläser erweiterten Besetzung. Bei meiner Recherche nach einem geeigneten Studio entdeckte ich auf Instagram das Kerwax Studio in Frankreich, das auf den Bildern großartig aussah. Der französische Countrysänger Theo Lawrence ist ein guter Freund von mir, er hatte dort eines seiner Alben aufgenommen. Ich fragte ihn: „Ist das Studio cool?“ und er antwortete: „Ja, sehr cool, ihr solltet unbedingt dort aufnehmen!“

Marshall Bluesbreaker und Marshall 1973X, beide mit 60s und 70s Greenbacks (Bild: Matthias Mineur)

Wie habt ihr gearbeitet?

Wir haben zehn Tage lang aufgenommen und vier Tage lang gemischt. Jeden Tag wurden ein bis zwei Nummern eingespielt, meistens waren es zwischen zwei und vier Takes pro Song, lediglich der Track ‚Gilded (Run Of Love)‘ brauchte sieben Durchläufe. Der siebte war dann endlich so, wie wir ihn haben wollte. Doch leider schrottete der Studioengineer abends das Tape, sodass wir den Song am nächsten Tag noch drei weitere Male spielen mussten, bis wir zufrieden waren.

Diese Arbeitsweise bedeutet aber auch, dass ihr im Unterschied zu früher weniger spontan agieren konntet, sondern sehr gut vorbereitet ins Studio gehen musstet.

Ja, das ist richtig. Als die Songs fertig waren, hatten wir zwei lange Proben mit der gesamten Band und eine weitere Probe nur mit den Chorsängerinnen. ‚Wolffpack‘ war sehr spontan entstanden, diesmal gab es dagegen sogar richtige Demos, aus denen dann in Frankreich die finalen Versionen gemacht wurden.

Du hast eben die ‚Tascam Tapes‘ erwähnt, die auf einem 4-Spur-Recorder in eurem Tourvan entstanden sind. Was hast du von dieser Erfahrung gelernt?

Dass ich mir, meiner Kunst und meiner Intuition trauen kann. Der Song ‚It Ain’t Easy‘ ist tatsächlich in nur zehn Minuten entstanden. Wir saßen mit unserem kleinen Tascam-Recorder auf dem Rücksitz unseres Vans, wo es unfassbar eng war. Luka startete irgendein Sample und Robin und ich spielten einfach E-Moll, D und A-Moll. Marty, unser Roadie und Busfahrer, drehte sich plötzlich um und rief: „That’s great, man!“ Wir waren gerade einmal zehn Minuten vom nächsten Venue entfernt, wo wir abends spielen sollten, und als wir ankamen, war der Song fertig. Wir hatten das Gefühl: Der Song ist perfekt, so wie er ist. Das hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben, denn ich wusste: Wenn mir etwas gefällt, dann ist es gut genug, um aufgenommen zu werden.

Sind die Songs von ‚Love, Death & In Between‘ in ihrer Grundstruktur ähnlich simpel wie das Material auf ‚Tascam Tapes‘?

Ja, absolut. Hör dir nur einmal unsere erste Single ‚Heart Stopping Kinda Show‘ an, auch die habe ich in ein paar Minuten geschrieben. Ich hatte diese Gesangsidee im Kopf, wusste ohne Schlagzeug und Orgel aber nicht, ob sie etwas taugt. Also setzte ich mich ans Klavier – ich kann eigentlich nur drei Akkorde – und spielte C, F und G und sang dazu. Es fühlte sich absolut großartig an. Also nahm ich schnell die erste Strophe und den ersten Refrain auf und präsentierte dies meinen zwei Bandkollegen. Bei der nächsten Probe spielten wir mit der Idee herum und machten daraus den finalen Song. Ich dachte zunächst: „Er ist zwar absolut großartig, aber ist er nicht zu simpel?“ Doch dieser Zweifel verflog, als wir ihn fertig hatten.

Ausgiebiger Guitar-Talk auf Seite 2

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