Yamaha PAC-611HFM/PAC-510V im Test

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Zwei Yamaha-E-Gitarren in Strat-ähnlichem Design, rot
(Bild: Dieter Stork)

 

Die Pacifica Serie ist bereits seit 1990 am Markt, und das kann man schon eine kleine Erfolgsgeschichte nennen. Die vorliegenden Modellversionen verkörpern den Stand der Dinge in der aktuellen Pacifica-Konzeption.

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„Die find ich gut. Hab ich auch mal bei den Aufnahmen für das neue Album eingesetzt.“ Das sagte mir kürzlich erst Tim „Tinte“ Humpe, Gitarrist der H-Blockx, als ich ihn auf die PAC-611HFM, die ich im Studio vor seinem Amp stehen sah, ansprach. Na schau einmal an, da gibt es schlechtere Referenzen.

 

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Matched Headstock-Design 611, klarlackierter Kopf 510 (Bild: Dieter Stork)

 

Konstruktion von Yamaha PAC-611HFM und PAC-510V

Die schnittig gestalteten Gitarren der Pacifica-Reihe sind grob gesprochen zunächst einmal moderne Double-Cutaway-Designs mit Schraubhals. Die zum Test bereitgestellten Modellversionen verfügen jeweils über einen Korpus aus Erle, derjenige der PAC-611 bekam lediglich zur optischen Aufwertung noch ein Riegelahornfurnier als Decke aufgebügelt. Die tief geschnittenen Cutaways sorgen für freien Zugang zu den hohen Griffbrettpositionen. Modelltypisch sind die spielförderlichen Abgleichungen der rund 45 mm starken Korpusplatte im Bereich der Armauflage vorn und an der Rückseite oben zur perfekten Anlage am Spieler. Die jeweils einteiligen Hälse aus Ahorn mit parallel nach hinten versetzter Kopfplatte treffen in Höhe des 17. Bundes auf den Korpus, in den sie mit einer vierfachen Verschraubung über eine Halsplatte auf traditionelle Weise, aber klaglos fest, eingebracht sind. In die Griffbretter aus Palisander wurden 22 sauber verarbeitete Bünde mittlerer Stärke und Perl Dots zur Lagenkennung eingesetzt.

Die Kopfplatte der PAC-611 bekam im Gegensatz zur PAC-510 ein Riegelfurnier in Matched-Headstock-Manier, also in der Korpusfarbe. Beide Gitarren verfügen über Grover Locking Tuner, von deren Wickelzylindern die Saiten mit geradem Zug zum Sattel aus Kunststoff (Black Tusq von Graph Tech) geführt werden. Zwei kleine Stringtrees aus selbigem Material sorgen für den nötigen Andruck der hohen vier Saiten auf den Sattel. Zugriff auf den Halsstab ist ebenfalls vom Kopf her nach Lösen einer kleinen Abdeckung hinter dem Sattel möglich.

Die PAC-510V ist mit einem Wilkinson-VS50-6-Vibratosystem ausgestattet, das über bewegliche Gussböckchen und einen justierbaren Einsteckarm verfügt; die PAC-611 dagegen tritt mit einer Hardtail Bridge mit auf den Korpus geschraubter Grundplatte an, deren Saitenreiter aus Kunststoff (Graph Tech String Saver Saddles) einzeln in Höhe und Länge verstellbar sind. Die Saiten werden bei dieser Brücke von hinten durch den Korpus gefädelt, wo Einschlaghülsen sie kontern.

Wesentlich unterscheiden sich unsere beiden Probanden durch ihre elektrische Ausstattung. Die Modellversion PAC-510V kommt mit nur einem Pickup aus. Manch einer mag sich nun mit Recht fragen, was denn dann der 3-Weg-Schalter auf dem Schlagbrett dort soll. Nun, bei diesem Pickup handelt es sich um Seymour Duncans universellen Trembucker P-Rails, ein Tonabnehmer, der gleich drei schaltbare Klangoptionen anbietet: Humbucker, P-90 und Rails, ein Singlecoil-Sound. Diesen klangstarken Pickup gibt es übrigens in Seriengitarren exklusiv bei Yamaha. Verwaltet wird die Elektrik von jeweils generell arbeitenden Volume- und Tone-Reglern.

Die PAC-611 kommt mit einem Custom 5-Humbucker in der Stegposition und dem SP90-1n am Hals, beides ebenfalls Kreationen von Seymour Duncan. Der Blade-Switch schaltet die Pickups in der üblichen Weise einzeln oder zusammen.

Kontrolle über den elektrischen Output und die Tonfarbe geben wiederum Generalregler.

Die Gitarren sind sauber verarbeitet und lackiert, aber nanu, die PAC-510V bietet eine ziemlich unkomfortable Saitenlage. Der Blick über das Längsprofil des Halses zeigt eine zu starke Konkavbildung, da muss offenbar der Halsarzt ran. Es stellt sich heraus, dass der Halsstab nur lose in seinem Tunnel schlackert und überhaupt nicht angezogen ist. Das Problem ist schnell behoben, die Halskrümmung lässt sich einwandfrei korrigieren und nun flutschen die Finger wieder beschwerdefrei, wie zuvor schon beim Schwesterinstrument.

 

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Pickup-Mix Duncan SP90-1n und Custom 5-Humbucker

 

Yamaha PAC-611HFM und PAC-510V in der Praxis

Das zweckmäßig gestaltete Pacifica-Design kann mit besten Eigenschaften aufwarten, was seine allgemeine Handhabung und Spielbereitschaft angeht. Die wohlgeformten Gitarren fügen sich mit ihren stimmigen Konturen bestens an den Spieler, hängen ausgewogen am Gurt und lassen sich zwanglos spielen. Das Griffbrett ist von den tief geschnittenen Cutaways auch im oberen Tonbereich optimal freigestellt und Schalter und Potis sind praxisgerecht platziert.

Akustisch klingen beide Modellversionen stramm, leicht drahtig und den unterschiedlichen Brücken zum Trotz prinzipiell recht ähnlich. Akkorde ertönen stimmlich ausgeglichen und die Instrumente präsentieren sich mit erfreulich lebhaften Schwingeigenschaften.

Gehen wir in den Amp, so walten die potenten Tonabnehmer mit Kompetenz und Durchsetzungsfreude ihres Amtes. Die spartanisch erscheinende PAC-510V verblüfft mit den drei schaltbaren Klangebenen ihres einzelnen Pickups, die allesamt Freude machen. Dieser Trembucker P-Rails bietet neben einem saftigen Humbucker-Sound, eine kraftvolle P-90-Alternative und oben drauf noch diesen Singlecoil-Klingen-Sound. Die angelegte Klangstaffelung gibt somit Zugriff auf differenzierte Tonfarben unterschiedlicher Dichte und Kraft. In der ersten Schaltstufe vorn erhalten wir einen klassischen Singlecoil-Ton, der aber nicht ganz so schrill ausfällt wie etwa in einer Strat. Die Klinge des Pickups liegt ja auch etwas mehr innen, nicht so nah am Steg.

Schalten wir in die Mittelposition, so klingt es nach deutlich mehr, der Ton wird satter, hat offene Höhen und ein insgesamt breit aufgeschlossenes Frequenzbild. In der dritten Position liefert der Humbucker einen gehörigen Output und drückt deutlich mehr aus der Mitte heraus. Die ordentliche Kompression sorgt aber auch für ein eher bedämpftes Höhenspektrum, welches ihn zwar in klaren Amp-Einstellungen nun nicht gerade zum King of Clean macht, aber dafür lässt er seine Muskeln in Zerrpositionen rollen und gibt dem Spieler bei Powerchords, Heavy Riffs und Leads absolut schlagende Argumente an die Hand.

Schalten wir im Zerrmodus zurück zum P-90-Sound, so hellt das Klangbild auf, der Druck lässt etwas nach, aber dafür nimmt die Glocke zu. Schön drahtig straff erscheinen nun die Bässe und die offene Transparenz lässt Akkorde auch beim Einbrechen noch glänzen. Schlank, aber mit tendenziell runden Höhen will dann die Klinge auch noch mitmischen im Programm. Das gelingt ihr auch mit einem kernigen Singlecoil-Sound, der natürlich einiges an Strat-Appeal vermittelt, aber einem Einzel-Pickup doch unterlegen bleibt. Aber bitte, ein guter Bonus ist das allemal.

Das Modell PAC-611 wartet dagegen mit dem Mix aus Humbucker am Steg und P-90-Typ in der Halsposition auf. Diese zwei nicht nur aus traditioneller Sicht so wichtigen Tonabnehmer-Typen bilden ein schlagkräftiges und effektives Team. Seymour Duncan beschreibt seinen SP90-1n als exakte Nachbildung jenes legendären Singlecoil-Pickups, den Gibson erstmals 1937 vorstellte. Der bringt nicht ganz überraschend ein lebhaftes, volltönendes Klangbild, das mit rund, warm und offen treffend beschrieben ist. Eine Bank für kraftvolles, stimmlich bestens aufgelöstes Akkordspiel bei klar eingestelltem Verstärker. Aber nicht nur da, denn besonders gut macht er sich auch in Crunch-Einstellungen und nicht zuletzt in High-Gain-Positionen, die er mit einem glasigen Knurren präsentiert. Dabei knarzt es ganz schön im Getriebe, aber dieses Grobkörnige im Zerrcharakter hat durchaus was. Sagen wir: Rau, aber herzlich.

Der Custom-5-Humbucker am Steg überrascht bei gutem Output mit recht frischen Höhen. Keine Dumpfbacke also, die nur das Eine will. Nein, er kann auch Clean. Deutlich schlanker als der SP90 drückt er mit leichter Kompression in den Mitten heraus, was ihn aber immer noch befähigt, offen strahlende Akkorde in die Welt zu lassen. Das Anschlagsverhalten ist präzise und pointiert und schon darf er von der Kette. Zerrbedingungen begrüßt er jedenfalls mit dichtem, standfestem Ton. Im Gegensatz zum SP90 tönt es schlanker, aber auch eleganter und kompakter.

Sehr attraktiv ist auch der Kombiklang beider Pickups. Eine effektive Melange mit schönem Glockenton und mit etwas mehr Licht als beim SP90 allein. Auch dieses Ton-Derivat eignet sich, neben der wirkungsvollen Darstellung perlender Arpeggien und aufgeräumt frei erscheinender Akkorde, auch für das verzerrte Spiel. Der Ausdruck hat im Overdrive etwas rund Perlendes mit leicht kristallinem Charakter. Die Mittenase des Steg-Pickups fehlt hier jedenfalls völlig. Das Wilkinson-Vibrato auf der PAC-510 funktioniert letztlich auch noch gut. Dem doppelten Saitenniederhaltern zum Trotz, bügelt er die anfängliche Skepsis schlicht weg, denn die Black Tusq-Komponenten erzeugen offenbar keine Reibungsverluste. Mit weicher Einstellung lässt sich das Gerät bestens handhaben und kehrt bei moderatem Gebrauch auch schön brav und ohne nennenswerten Verzug in seine Ausgangsposition zurück.

 

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Hardtail Bridge mit Stringsaver Saddles von Graph Tech (Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Ja Mensch: diese Pacifica-Modelle sehen nicht nur rassig aus, sie können auch eine ganze Menge. Die angenehm schlicht gehaltene PAC-510V überrascht mit einer Wandlungsfähigkeit, die man von einem Ein-Pickup-Design nicht erwartet hätte. Möglich macht das der Trembucker P-Rails von Seymour Duncan, ein Pickup mit drei Sounds, allesamt gut nutzbar, auch wenn man vielleicht besser von einem starken Humbucker mit zwei zusätzlichen Bonus-Sounds reden sollte. Die PAC-611HFM macht das mit ihren höchst achtbar arbeitenden Pickups unterschiedlicher Couleur von Seymour Duncan deutlich. Sie ist mit dem Mix aus Humbucker und P90-Typ das elektrisch stärkere und in ihren Einzel-Sounds authentischere Instrument – keine Frage. Dennoch gilt es hier auf die persönliche Anwendung zu prüfen, denn mit beiden Pacifica-Versionen ist richtig gut arbeiten. Die recht ähnlich geschnittenen Hälse sind bestens zu bespielen, die allgemeine Handhabung ist vorzüglich und die kleine PAC-510V hat ja auch noch ein gutes Vibratosystem an Bord. Auf jeden Fall muss man diesen Gitarren ein richtig gutes Preis-/Leistungsverhältniss zusprechen. Probier’s aus!

 

Übersicht

Fabrikat: Yamaha

Modelle: Pacifica PAC-611HFM;Pacifica PAC-510V

Typ: Solidbody-E-Gitarre

Herkunftsland: Indonesien

Mechaniken: Grover Locking Tuner, gekapselt

Hals: Ahorn, einteilig, aufgeschraubt

Sattel: Black Tusq (Graph Tech)

Griffbrett: Palisander, nicht eingefasst, Punkt-Einlagen

Radius: 350 mm

Halsform: D-Profil

Halsbreite PAC-611: Sattel 42,0 mm; XII. 52,4 mm;

Halsbreite PAC-510: Sattel 41,6 XII. 52,2

Halsdicke PAC-611: I. 20,9 mm; V. 21,8 mm; XII. 23,5 mm

Halsdicke PAC-510: I. 20,9 mm; V. 21,8 mm; XII. 23,2 mm

Bünde: 22, Medium Jumbo

Mensur: 648 mm

Korpus: jeweils Erle, bei der PAC-611 mit Deckenfurnier aus Riegelahorn

Oberflächen: Root Beer (PAC611); Candy Apple Red (PAC510)

Schlagbrett: dreilagig

Tonabnehmer PAC-611: Seymour Duncan SP90-1n, (Hals 7,6 kOhm); Custom 5 Humbucker (Steg 14,4 kOhm)

Tonabnehmer PAC-510: Seymour Duncan Trembucker P-Rails (Steg, 3 Schaltstufen: Humbucker 18,2 kOhm, P-90 10,4 kOhm, Rails 8,0 kOhm)

Bedienfeld: 1x Master-Volume, 1x Master-Tone, 1x Dreiweg-Pickup-Schalter

Steg PAC-611: Hardtail Bridge mit String Saver Saddles (Graph Tech)

Steg PAC-510: Wilkinson VS50-6 Vibrato

Hardware: verchromt

Gewicht: 3,4 kg (PAC-611); 3,7 kg (PAC-510)

Lefthand-Option: nein

Vertrieb: Yamaha Deutschland

25463 Rellingen

www.yamaha.de

Zubehör:

Preis: ca. 708 (PAC-611)

ca. 589 (PAC-510V)

 

Plus

  • Design/Optik
  • Seymour Duncan Tonabnehmer
  • kompetente Sounds
  • beste Spieleigenschaften
  • Locking-Mechaniken
  • Hardtail Bridge/Wilkinson Vibrato
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung
Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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