Revolte auf Pedalboard und Studiotisch?

Üppig ausgestattet: Two notes ReVolt Guitar im Test

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(Bild: Dieter Stork)

CABINET-SIMULATION, DYNIRS UND AM AMP

Amp-In-A-Box-Lösungen werden ja immer populärer. Kein Wunder, in der Praxis sind schnelles Setup, wenig Gewicht, Handlichkeit und eben guter und nach Möglichkeit analoger Sound gefragt. Wie schlägt sich in erster Linie die vom Hersteller hoch gepriesene analoge Cabinet-Simulation, die laut Hersteller von einer Marshall 4×12-Slash-Signature-Box inspiriert sein soll? Dazu wird das ReVolt direkt mit meinem Studio-Interface verbunden. Das geht schnell und ist maximal unkompliziert. Der Clean-Kanal wartet jetzt schon mal mit schönen klaren und warmen Sounds auf, die zu gefallen wissen. Aktiviert man den Boost im Clean-Kanal gesellt sich ein gefühltes „Mehr von allem“ dazu. Für den leichten Crunch, den „Breakup“, ist der Clean-Kanal nicht zu haben. Beim Bass-Regler sollte man eher zurückhaltend agieren, dann klingt es schön warm und es wird tatsächlich etwas Fender-Ambiente vermittelt. Insgesamt zeigt sich die Klangregelung aus Treble und Bass ausreichend zugriffsstark.

Gespannt geht es weiter in das britische Territorium. Etwas AC/DC angespielt und es schiebt und schmatzt authentisch. Da kommt ein schön rotziger, gleichzeitig harmonisch verzerrter Sound aus den Monitoren. Ein Tritt auf den Boost und man gelangt in Richtung heißgemachter, britischer Klänge, die auch für Soli schon genügend Gain mitbringen. Auch in diesem Kanal kann die Cabinet-Simulation überzeugen, es wirkt dynamisch und organisch.

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Klappt das auch im Lead-Kanal? Leider nicht so ganz. Hier kommt doch sehr viel Gain hinzu und es ist auch eine gewisse Kratzigkeit im Sound zu vernehmen. Auch bei den teilweise dann heftigen Gain-Reserven, zum Beispiel für Metal-Anwendungen, kommt die Cabinet-Simulation an ihre Grenzen und vermittelt nur in Ansätzen das organische Gefühl des Crunch-Kanals. Auch beim Lead-Kanal empfiehlt sich Sparsamkeit am Bass-Regler. Obacht: die Kanäle Crunch und Lead teilen sich ja die Klangregelung, also am besten erneut etwas Fingerspitzengefühl walten lassen. Für die Anwendung mit der integrierten Cab-Sim lässt sich festhalten: Wenn es schnell und das Rig ultrakompakt bleiben soll, kann das ReVolt den Job ordentlich erledigen, der Crunch-Kanal ist das Highlight.

Geht es mit DynIRs noch etwas besser? Dazu wird die Cab-Sim deaktiviert und das ReVolt in mein Two notes Studio und der zugehörigen Remote-Software gespielt. Alternativ wäre auch Wall Of Sound von Two notes eine Software-Option. In diesem Setup im Test muss sich das ReVolt nun als Preamp ohne analoge Cab-Sim beweisen. Das funktioniert sehr gut bis ausgezeichnet. In allen Kanälen lassen sich passende DynIRs (auch aus den zehn enthaltenen Lizenzen) ansteuern, die aus meiner Sicht authentischere Ergebnisse liefern als die integrierte Cabinet-Simulation, die im Vergleich dann eher wie ein Kompromiss anmutet. Auch der Lead-Kanal kann mit DynIRs überzeugen, wählt man beispielsweise die in den Lizenzen enthaltenen DynIRs „Fastback“ (inspiriert von einer Marshall 4×12) oder „Strongback“ (inspiriert von einer VHT 4×12), wird auch die härtere Fraktion glücklich sein.

Für anspruchsvollere Sounds im Recording also ist die Kombination mit DynIRs exzellent geeignet. Gleichzeitig ist ein um einen Hardware-IR-Loader (wie z.B. das C.A.B. M+) erweitertes Pedalboard immer noch klein und handlich. Als Fly-Rig passt so etwas immer noch ins Handgepäck.

Lassen wir jetzt mal alle Methoden des direkten Aufnehmens oder der direkten Signalverarbeitung außer Acht – nicht zu verachten ist nämlich auch die Möglichkeit, das ReVolt in den seriellen Loop eines Amps einzuschleifen und damit drei optionale Kanäle (plus Boost) zu erhalten. Das funktioniert reibungslos, brummfrei und liefert eine umfangreiche Sound-Erweiterung. Die Levels lassen sich einfach adjustieren und wenn man das ReVolt nicht nutzen will: Mit einem Tritt auf die Schalter für Clean und Crunch ist es aus dem Signalweg und man hört wieder ausschließlich den eigenen Amp. Auch hier deutet sich an, dass der Crunch-Kanal der stärkste im ReVolt ist. Dessen Dynamik und Obertonverhalten machen sofort Spaß, man fühlt sich direkt wohl und will einfach immer weiterspielen.

Clean liefert ebenfalls schöne, amerikanisch inspirierte Clean-Sounds ab. Sicher gerade ein Extra, wenn der eigene Amp keinen Clean-Kanal hat oder dieser eher im Breakup-Mode gefahren wird und man einen wirklich unverzerrten Clean-Sound ergänzend benötigt. Die Sounds des Vorbildes (Soldano SLO) bekommt der ReVolt im Lead-Kanal in diesem Setup nicht wirklich hin. Eine ordentliche und ergänzende Option für High-Gain auch im Loop eines Amps liefert er aber allemal. Darüber hinaus sei noch erwähnenswert, dass die 4-Kabel-Methode ohne Probleme funktioniert und gerade für kompakte Pedalboards ein sehr praxisorientiertes Feature darstellt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Da hat sich Two notes schon etwas Tolles ausgedacht. Das ReVolt Guitar ist ein satt ausgestattetes Tool mit drei Kanälen, Boost, FX-Loop und Midi-Steuerung. Die Anschlussperipherie lässt keine Wünsche offen. Mit der mit 200 Volt gespeisten ECC83-Röhre gelingen überwiegend authentische und dynamische Röhren-Sounds, wobei der Crunch-Kanal klar oben auf dem Treppchen steht. Lediglich die Cab-Sim kann nicht in allen Kanälen punkten. In Kombination mit DynIRs legt die Soundqualität noch eine spürbare Schippe drauf. Der Preis ist mit Blick auf den Funktionsumfang und die mannigfaltigen Anwendungsmöglichkeiten als absolut angemessen zu bezeichnen.

PLUS

  • Sounds, insbesondere im Crunch-Kanal
  • Funktionsumfang
  • Verarbeitung
  • Lizenzen für zehn DynIRs (Impluse Responses) und „Genome“-Software enthalten
  • Preis-Leistungs-Verhältnis

MINUS

  • Cab-Sim im Lead-Kanal stößt an ihre Grenzen
  • Crunch- und Lead-Kanal teilen sich EQ


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. schade
    denn 15cm breiter;
    hall und echo drin
    dannnnnnn währs perfect

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