Spirit of ‘68

Test: Schindehütte Zeitgeist Bass (Blue Flower/ Pink Paisley)

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Schindehuette Guitars Zeitgeist Bass(Bild: Dieter Stork)

Der Zeitgeist – schon als Begriff so stark, dass er seinen Eingang in die englische Sprache gefunden hat – zieht gelegentlich große Kreise. Ende der 60er stand der Zeitgeist klar auf Hippie. Selbst eine nicht allzu hippe, alteingesessene Firma aus dem sonnigen Kalifornien brachte Gitarren und Bässe in bunten Farben und mit psychedelisch angehauchten Mustern auf den Markt.

Heute sind die Blue-Flower- und Pink-Paisley-Telecaster-Bässe gesuchte Sammlerstücke, selbst spätere Reissues werden teuer gehandelt. Von diesen schicken Geräten hat sich Mathias Schindehütte inspirieren lassen, ganz im musikalischen Geist von 1968, wie er ein Foto der beiden auf seiner Facebook-Seite betitelte.

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BLAUE BLUMEN, PINKE PAISLEYS

Der Korpus des Blue-Flower-Basses ist zweiteilig aus US-Roterle zusammengesetzt, der Pink Paisley ist ebenso zweiteilig aus amerikanischer Sumpfesche. Dass dem so ist, glaube ich Mathias einfach mal, sehen kann man es unter dem Lack nicht. Der ist perfekt aufgetragen, der Verlauf von den namensgebenden „Tapeten“ zu den Rändern und dem Rest der Bodies ist herrlich gleichmäßig. Zarte Risse ziehen sich durch die Nitrolackierung, den ein oder anderen Detscher gibt es auch – light aged in Perfektion. Durch vier Hülsen können die Saiten wie beim Original durch den Korpus gezogen werden. Auch die sind, wie die restliche Hardware, leicht geaget. Man kann die Saiten aber ebenso durch die Brücke fädeln, die Fender Deluxe Bridge lässt auch das zu. Wie sich das für moderne Bässe gehört, muss man auch keine Kompromisse in der Oktaveinstellung eingehen, jede Saite hat ihren eigenen Reiter. Der wird gegen seitliches Verrutschen in Nuten in der massiven Grundplatte geführt, der Saitenabstand kann mithilfe von drei resp. vier Rillen gewählt werden.

Fender Deluxe Bridge
Fender Deluxe Bridge (Bild: Dieter Stork)

Der Hals ist mit vier Schrauben in individuellen Pitten befestigt, was zusammen mit dem abgeschrägten Halsfuß für gute Zugänglichkeit auch der hohen Lagen sorgt. Gefertigt sind die Hälse aus Ahorn und, wie es Ende der 60er bei Fender üblich war, mit aufgeleimten Ahorngriffbrettern. Hier hält sich das Aging sehr in Grenzen und betrifft nur Vorder- und Rückseite der sehr schön geformten Kopfplatte, die sich artig vor dem Vorbild verneigt, trotzdem eigen ist, und eine feine Abschrägung im Bereich des Logos hat. Die Mechaniken sind moderner Standard, Hipshot Ultralite verrichten hier ihren Dienst.

Über akkurat gearbeitete Knochensättel geht es ganz traditionell über 20 Bünde zur Brücke. Schwarze Dots in der Flanke und der Front sorgen für Orientierung. Am Halsende sitzt – ganz oldschool – die Kreuzschlitzmutter des traditionellen Rundstabs im Hals, die nur nach Abschrauben des Halses zu erreichen ist. Gut, dass die Hälse sich über die Dauer des Tests als sehr stabil erwiesen haben, da wird man nicht oft ran müssen. Mathias denkt aber darüber nach, bei künftigen Bässen ein kleine Fräsung in den Korpus zu machen.

In der korrekten Ur-Preci- oder Telecaster-Bass-Position sitzt der Tonabnehmer, ein Nordstrand in der klassischen Bauform mit den vier Polepieces. Als modernes Update hat sich Schindehütte aber für 51P4S entschieden, der als Humbucker gebaut ist. Die Verlötung der schlichten, bewährten Schaltung mit CTS-Volume- und -Tonpoti sowie der Switchcraft-Rohrbuchse ist, wie nicht anders erwartet, absolut akkurat. Das E-Fach liegt auf der Korpusrückseite, sodass auf ein Montageblech verzichtet werden kann, was mit dem Verzicht auf ein Pickguard das Frontmuster in voller Pracht sichtbar macht.

Schindehuette Guitars Zeitgeist Bass(Bild: Dieter Stork)

FRÜHER WAR ALLES MOJO

Am Gurt hängen beide mit einer Tendenz in die Waagerechte. Zwar sind ultraleichte Mechaniken verbaut und die Kopfplatte von der eher kleinen und leichten Sorte, die Bässe sind aber auch beide sehr leicht und der vordere Gurtpin weiter zu den hohen Lagen versetzt. Das ist aber unproblematisch, ein rauer Gurt hilft schon. Die Korpusform, die Mathias selbst mit ein bisschen eckig, ein bisschen schräg, und immer wiedererkennbar gut beschreibt, ist stimmig und erstaunlich bequem. Ein wenig unbequem ist dagegen immer die Daumenstütze direkt auf dem kappenlosen Pickup, das ist aber ein kurzer Gewöhnungsprozess. So gut wie gar nicht muss ich mich auf die Hälse einstellen. Die sind mit 43 mm am Sattel zwar nicht eben schmal, aber bei weitem nicht so fett wie die Baseballschläger-ähnlich Urahnen. Da geht alles flott von der Hand.

Was nun die Ansprache und den Sound angeht … Ich habe lange in einem Laden gearbeitet, der einen hohen Durchsatz an Vintage-Bässen hatte. Manche waren ganz okay, die meisten waren gut, und manchmal waren sie richtig herausragend. Letztere verströmten das, was man gemeinhin Mojo nennt, das gewisse Etwas, das einen alten Bass besonders macht. Was für mich persönlich Mojo ausmacht, ist auf der einen Seite eine coole, gerne schon etwas abgerockte Optik, eine Haptik wie schon ewig eingespielt, und eine trockene, resonante Ansprache.

Das alles gibt es bei diesen beiden Blumenkindern. Bei mir stellt sich sofort das Gefühl ein, gut abgehangene Instrumente zu spielen, bei denen jeder Ton knackig anspricht und frei schwingt. Das Sustain ist beim Blue Flower länger als beim Pink Paisley, das liegt aber nicht am Holz, sondern an den Saiten, die bei Pinky dicke Flats sind. Am Verstärker zeigen beide Bässe sofort den Signature-Ton seiner Inspirationsquellen: etwas ruppig und rau, aber mit klarer Definition in den Höhen und Mitten, mit einem fetten Thump im Fundament, den der Nordstrand-Pickup kongenial raushaut.

Nordstrand 51P4S
Nordstrand 51P4S (Bild: Dieter Stork)

Das geht ausgewogen über alle Saiten und durch alle Lagen, was ich bei alten Precis und Tele-Bässen auch schon ganz anders erlebt habe. Gerade bei härterem Anschlag komprimiert der Sound, womit sich schön spielen lässt. Für volle Dynamik muss eventuell der Amp etwas weiter aufgedreht und der Anschlag etwas zurückgenommen werden.

Das erste Album, auf dem ich diesen Bass-Typ das erste Mal bewusst gehört habe, war ‚Tres Hombres‘ von ZZ Top, und genau diesen knorrigen Ton, den der jüngst zu den Pearly Gates entschwundene Dusty Hill da hingezaubert hat, können diese beiden aus dem FF. Beide Regler arbeiten feinfühlig, die Tonblende ist gut abgestimmt. Beim Roundwound-besaiteten Blue Flower macht das den Ton schön kompakt, dreht man sie beim Flats-bestückten Pink Paisley komplett zu, wird man daran erinnert, dass Leo Fender mit diesem Bass eigentlich Kontrabassisten eine tragbare Alternative bieten wollte …

Schindehuette Guitars Zeitgeist Bass(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Inspirierte und inspirierende Bässe sind diese Zeitgeister! Man merkt beiden die jahrelange Erfahrung und die Beschäftigung mit den Originalen in der Werkstatt an, die in liebevolle Hommagen geflossen sind. Mit eigener, origineller Handschrift in der Korpusform, perfekter Verarbeitung und dem besten Aging, das ich seit langem gesehen habe, dazu modernen Details bei Mechaniken, Brücke, und Tonabnehmer, fühlt sich das Ergebnis an wie ein wirklich exzellenter Vintage-Bass, und bringt zudem den Vintage-Ton mit Macht auf den Punkt. Ob man ein Faible für Oldies hat oder eins für originelle Bässe oder gar beides: Die zudem noch sehr fair bepreisten Zeitgeist-Bässe von Schindehütte sollte man mal angetestet haben!

PLUS

  • inspirierte Optik
  • Sound
  • Gewicht
  • Optik
  • Bespielbarkeit
  • Verarbeitung

MINUS

  • Zugang Stahlstab (wird ggf. geändert)


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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