Randale in der Hauptstadt

Test: Randale Pedale Smoke‘s a Blowin‘ und Supra Fuzz

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Randale Pedale

Dass aus Deutschland mittlerweile auch Boutique-Pedale kommen, welche den internationalen Vergleich keineswegs mehr scheuen müssen, dürfte sich herumgesprochen haben. Ob die Treter von Randale Pedale aus Berlin auf diesem Niveau mitspielen können?

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Nein, eine wirkliche Schönheit ist Berlin für wahr nicht. Sicher: Die vom Tourismus überfluteten Areale wurden fein herausgeputzt und der Waschbeton der 70er-Jahre musste nach und nach den Hochglanzfassaden der 2000er weichen. Schaut man aber genauer hin, sind weite Teile der Hauptstadt immer noch genau so sympathisch schmuddelig wie früher. Daher wundert es nicht, dass Randale Pedale sich nicht gerade den schöngeistigen Overdrive-Klängen verschrieben haben – hier geht es um dreckige, fette und vor allem charakterstarke Sounds in einer richtig coolen Verpackung. Im Test haben wir nun das Smoke‘s a Blowin‘ und das Supra Fuzz, beide komplett von Hand in Berlin produziert.

ätzend

Was sofort auffällt, ist der coole Look der beiden Test-Geräte. Die wirklich super hübsch gearbeiteten Gehäuse werden in einem aufwendigen Siebdruck-, Schleif- und Ätzverfahren hergestellt – das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen: Die Oberfläche unserer Test-Geräte wirkt zugleich unglaublich robust und trotzdem filigran gestaltet. Das Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz kommt in einer charmanten Retro-Optik und erinnert mit seinen kleinen Pictogrammen entfernt an die alten Orange Verstärker. Das Supra Fuzz dagegen lässt Erinnerungen an ein altes amerikanisches Muscle Car wach werden.

Im Aufbau unterscheiden sich unsere beiden Pedale deutlich. Starten wir also einfach mal mit dem Flaggschiff des Herstellers und schauen uns das Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz einmal etwas genauer an. Das geräumige Gehäuse beherbergt nicht weniger als acht Regler, sowie den Fußschalter und die Status LED. Im Inneren des Pedals finden wir eine überraschend kompakte und sehr sauber bestückte Platine, welche einen insgesamt sehr gründlich verarbeiteten Eindruck macht. Die robusten Alpha Potis sind nicht fest mit der Leiterplatte verbunden, sondern werden über kleine Litzen angeschlossen. Das macht die Konstruktion nicht nur robuster sondern auch wartungsfreundlicher.

Bei den Regelmöglichkeiten unseres Testpedals gibt es neben den üblichen Gain- (hier als Fuzz bezeichnet), Level-, Bass- und Treble-Reglern ein paar Besonderheiten. Da wäre zunächst einmal das Feed-Poti, welches einen entscheidenden Einfluss auf den Klangcharakter des Gerätes nimmt. Hier lässt sich bestimmen, ob das Fuzz einen eher fetten oder einen etwas schlankeren Klangcharakter haben soll. Das darauf folgende Drive-Poti dient dann sozusagen als Aufwärmstufe, um das Signal schon einmal etwas anzubrutzeln.

Der eigentliche Clou des Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz aber ist die zusätzliche parametrische Klangregelung. Hier lässt sich mittels Freq-Sweep-Poti ein bestimmter Frequenzbereich auswählen, welcher dann mit dem +/- Regler geboostet bzw. heruntergeregelt werden kann. Alles in allem also eine ganze Menge Möglichkeiten. Die an der Stirnseite montierten Buchsen sind farblich gekennzeichnet und packen angenehm fest zu.

Das ebenfalls zum Test vorliegende Supra Fuzz schlägt schon rein optisch einen etwas anderen Weg ein. Natürlich haben wir es hier mit einer Interpretation des klassischen Superfuzz zutun, welches nicht zuletzt durch die großartige Band Fu Manchu zu ungeahntem Ruhm gelangt ist. Beim Randale Pedal handelt es sich nun um eine deutlich vielseitigere Version dieses Klassikers. War das Original nur in der Lautstärke und der Verzerrung regelbar (OK, einen kleinen Tone-Switch gab es auch noch), finden wir beim Berliner ganze sechs Regler.

Neben Level und Gain kommt das Pedal noch mit einer Dreiband-Klangregelung sowie einem als Poti getarnten Clip-Switch, welcher vier unterschiedliche Clipping-Optionen durchschaltet. Leider ist dieser nicht ordentlich befestigt worden und sitzt etwas lose in seiner Gehäusebohrung. Auch die etwas windschief im Gehäuse sitzende LED lässt das Gesamtbild unnötig rustikal anmuten.

Ein weiterer etwas ärgerlicher Umstand ist die fehlende Beschriftung der einzelnen Regler – bei sechs Potis hätte ich mich über ein wenig mehr Orientierung gefreut. Das Pedal ist – ähnlich wie viele Fulltone-Geräte – in zwei ineinander greifende Schalen verbaut, welche mit vier Schrauben miteinander verbunden werden. Die Platine ist genau wie beim Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz akkurat bestückt und macht einen robusten Eindruck.

Randale Pedale

distortion oder fuzz?

Na, dann wollen wir doch mal schauen, was unsere beiden Berliner klanglich so zu bieten haben. Wenden wir uns zunächst wieder dem großen Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz zu. Wo ich brutzelnde und alles vernichtende Fuzz-Eskalation erwartet habe, höre ich einen zwar recht dreckigen aber dennoch transparent und natürlich klingenden Distortion-Sound.

Als erstes Feature möchte ich die Kombination der Feed- und Drive-Potis erwähnen. Hier hat man die Möglichkeit, die grundsätzliche Fahrtrichtung des Sounds schon mal ein wenig in die Spur zu bringen, ohne aber den Charakter der jeweiligen Gitarre zu massiv zu verbiegen. Meine recht drahtig klingende Baritone-Tele konnte ich beispielsweise mittels des Feed-Potis klanglich ein wenig aufbocken, während meine dicke Mahagoni-Strat – welche tendenziell immer zu fett klingt – ein wenig auf Diät gesetzt werden konnte. Der Driver-Regler fungiert dann im Grunde als erste Anheizstufe, um der darauf folgenden Fuzz- und Level-Sektion ein wenig Arbeit abzunehmen und einen etwas anderen Zerrcharakter hinzuzufügen.

Gerade das Zusammenspiel dieser oberen vier Potis macht das Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz schon wahnsinnig vielseitig, da feinste Schattierungen zwischen schlanken Distortion-Sounds und fetter Doom-Wand eingestellt werden können. Nun haben wir aber noch zusätzlich die wirklich sehr musikalisch arbeitende Klangregelung sowie den Freq-Sweep. Spätestens hier sollten dann eigentlich keine Wünsche mehr offen bleiben.

Ich konnte mir im Test einen wirklich sauberen, ja fast schon modernen Metal-Sound einstellen, indem ich die Bässen zunächst neutral eingestellt und mittels des Freq-Sweep ein wenig herausgefiltert habe. Auch hier ist wieder ein tolles Zusammenspiel mit dem Feed-Regler zu erwähnen, welcher einen wirklich großen Einfluss auf das Pedal hat. Die Gain-Reserven sind dank des Drive- und des Fuzz-Potis wirklich enorm, wobei das Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz über den gesamten Regelweg absolut nutzbar bleibt.

Wo wir gerade beim Thema Fuzz sind: ich bin mir gar nicht sicher, ob ich unser Test-Gerät als solches einstufen würde. Im Großen und Ganzen würde ich sagen, dass wir uns hier irgendwo zwischen den fließenden Grenzen eines dreckigen Distortion-Pedals und einer etwas differenzierter klingenden Fuzz-Box bewegen.

Das Supra Fuzz macht einem die Einordnung da schon merklich leichter. Hier ist drin was drauf steht! Das Superfuzz hat ja an sich schon einen recht speziellen Sound und Randale Pedale haben es meisterhaft verstanden, diesen klanglichen Querkopf einzufangen und entscheidend zu verbessern. Da wäre zunächst die Dreibandklangregelung, welche nicht nur sehr effizient arbeitet, sondern – dank des Mitten-Potis – den Charakter des Pedals entscheidend beeinflusst.

Der Clip-Switch ermöglicht dann einen entscheidenden Feinschliff, welcher das Pedal im Linksanschlag etwas feinfühliger agieren lässt und auf der ganz rechten Position den totalen Fuzz-Overkill inklusive Selbstoszillation bietet. Selten habe ich so viel Gain in einem einzigen Fuzz-Pedal gehört – herrlich ist das. Ganz wie beim Original mischt sich eine hohe Oktave bei, die dem Sound eine schneidende und aggressive Note verleiht. Obwohl unsere beiden Test-Geräte wirklich grundverschieden klingen, ließ sich eine interessante Gemeinsamkeit ausmachen: im Test haben mir beide Pedale mit einer etwas tieferen Stimmung noch besser gefallen – sogar mit einer auf Drop-G gestimmten Baritone-Gitarre klangen beide Geräte wirklich richtig gut.

Randale Pedale

resümee

Keine Frage, Randale Pedale haben es auf jeden Fall geschafft, sich am heiß umkämpften Boutique-Pedal-Markt eine Nische zu sichern. Die wirklich wunderschönen Geräte haben einen absolut eigenständigen Look und sind darüber hinaus haptisch ein echtes Erlebnis. Auch klanglich müssen sich die Berliner keinesfalls verstecken – wer auf dreckige aber vielseitige Sounds steht, wird hier auf jeden Fall fündig.

Vor allem das Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz hat mir im Test ausgesprochen gut gefallen, da es eine bemerkenswerte Bandbreite an Sounds mühelos abdeckt, dabei aber sehr natürlich klingt. Wer auf den kultigen Superfuzz-Sound steht, sich aber etwas mehr Flexibilität wünscht, sollte das Supra Fuzz auf jeden Fall in Betracht ziehen. Bedenkt man den wahnsinnig aufwendigen Herstellungsprozess, erscheint mir die Preisgestaltung der beiden Pedale als vollkommen in Ordnung. Antesten sage ich!

www.randalepedale.jimdo.com

Preis (Street):
Smoke‘s a Blowin‘ Fuzz ca. € 240
Supra Fuzz ca. € 199

Randale Pedale

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(erschienen in Gitarre & Bass 08/2018)

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