Verzerrte Gitarren-Sounds gibt es heute mindestens so viele wie Musikrichtungen, in denen dieses Instrument eine Rolle spielt. Und der ursprüngliche Fuzz- oder Distortion-Effekt ist längst ein klanglicher Standard der E-Gitarre geworden, ohne den in Rock, Blues, Metal & Co. nichts mehr geht.
Fast alle Verstärker bieten heute mindestens einen Kanal an, der für verzerrte Sounds zuständig ist. Dennoch gibt es auch noch eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Pedalen, die sich um Zerr-Sounds kümmern. Da fällt es gar nicht so leicht, ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen. Um einigermaßen den Überblick über die Vielzahl der möglichen verzerrten Sounds zu behalten, haben sich drei Kategorien herausgebildet, die im Allgemeinen mit den Begriffen Overdrive, Distortion und Fuzz bezeichnet werden.
Fuzz ist die Verzerrung eines Signals. Dem Original werden dabei harmonische Obertöne beigemischt. Der Effekt simuliert ein analoges, als Verzerrer oder Fuzz-Box bezeichnetes Bodeneffektgerät. Es handelt sich um ein klassisches Gitarren-Effektgerät, das aber auch für andere Zwecke (z.B. das Übersteuern von Drumloops) sehr gut einzusetzen ist.
Als erstes soll der Fuzz-Effekt auf Marty Robbins 1960er Single ‘Don’t Worry’ zu hören sein. Der Legende nach war dies ein Zufall, bei dem ein Langevin Tube-Amp-Modul und der Mixing-Konsole einen Transformator beschädigte und der aufgenommene Bass dadurch plötzlich angezerrt und “fuzzy” klang. Dem Aufnahmeleiter Glen Snoddy gefiel dies so gut, dass man sich dafür entschied, den Track mit dem unerwünschten Effekt so zu belassen wie er war – im Folgejahr wurde er zum Nr. 1 Hit in den US-Country-Charts.
1962 stellte Snoddy seinen selbst entwickelten Schaltkreis der Firma Gibson vor, die daraus das erste Fuzz-Pedal der Geschichte machten, den Maestro Fuzz Tone FZ-1, der auf der Aufnahme des Rolling-Stones-Titels ‘Satisfaction’ zu hören ist… Ursprünglich sollte das Gerät ein Saxophon imitieren, doch stattdessen wurde damit eine kleine Revolution für Gitarren-Sounds ausgelöst.
Um das neuartige Pedal richtig zu erklären, nahm Gibson gleich eine erklärende Radio-Werbung dafür auf:
Während die Stones maßgeblich dazu beitrugen, den Fuzz-Sound in den USA zu etablieren, hatten die europäischen Gitarristen Mitte der 60er Jahre noch keinen direkten Zugang dazu.
Fuzz-Töne (Fuzz engl. Fussel, Flaum) unterscheiden sich vom Distortion-Klang durch den kratzenden bis sägenden Beigeschmack. Ein Fuzz klingt immer etwas schmutzig und der Grundklang wird mit besonders vielen Obertönen angereichert. Eine Variante der Fuzz-Töne mit extrem vielen Obertönen ist daher der Fuzz-Oktaver, der im Fuzz-Sound eine höhere Oktave dazu gibt. Die Schaltungen auf dem Fuzz Pedal sind meist recht einfach und enthalten kaum Bauteile zum Filtern und Glätten des Sounds. Das macht das Fuzz Pedal sehr direkt und dynamisch.
Ein gutes Fuzz Pedal lässt sich mit dem Volume-Poti der Gitarre von fast unverzerrt bis Hi-Gain regeln. Fuzz-Pedale waren die ersten Verzerrerpedale überhaupt und hatten ihre goldene Zeit in den 60er- und 70er-Jahren, finden aber auch heute nach wie vor oft ihren Platz auf den Pedalboards dieser Welt.
Weitere bekannte Vertreter, die auch heute noch gerne nachgebaut oder die Grundlage für moderne Fuzz-Pedale liefern, sind das optisch markante Dallas Arbiter Fuzz-Face (welches vor allem Jimi Hendrix sowie der ungewohnten Form seine Berühmtheit verdankt), der Vox Tonebender oder der Electro-Harmonix Big Muff.
Ganz neu in der Electro Harmonix FX-Familie ist der Electro-Harmonix Triangle Big Muff Pi:
Gerade die einfache Konstruktion mit wenigen Bauteilen lässt je nach Schaltung und Komponenten ein Fuzz ganz anders klingen. Zwischen den mit Germanium-Transistoren bestückten Geräten und den mit Silizium-Transistoren arbeitenden liegen nicht nur für Spitzohren Welten. Die Spannbreite reicht von summend fett bis sägend schrill, von kaputtem Lautsprecher bis zu glatten, Distortion-ähnlichen Klängen.
Wer es ganz genau wissen möchte: Hier geht es zu unserem Artikel über die Geschichte des Big Muff!
Distortion meint die Verzerrung eines Signals. Dem Original werden dabei harmonische Obertöne beigemischt. Der Effekt simuliert ein analoges, als Verzerrer oder Fuzz-Box bezeichnetes Bodeneffektgerät. Es handelt sich um ein klassisches Gitarren-Effektgerät, das aber auch für andere Zwecke (z.B. das Übersteuern von Drumloops) sehr gut einzusetzen ist.
Die Übergänge sind fließend und manch ein Hersteller nennt ein Gerät Distortion, das andere als Overdrive bezeichnen würden. Aber im Großen und Ganzen kann man den Unterschied im Sound wohl schon trennscharf beschreiben. Ein Overdrive (engl. Übersteuerung) soll den Klang eines übersteuerten Röhrenverstärkers imitieren. Er liefert durch die Verwendung von Soft-Clipping weniger Verzerrung (Gain) als die beiden anderen, klingt dafür aber transparenter und dynamischer.
Bekanntester Vertreter der Gattung ist ohne Zweifel der Ibanez Tube Screamer. Auch der Marshall BB-1 Bluesbreaker ist ein typischer Vertreter der dezenten Übersteuerung. Overdrives werden sowohl als alleiniger Soundgenerator (Stand-Alone-Betrieb) als auch als Booster für bereits verzerrte Verstärker eingesetzt. Im Stand-Alone-Betrieb reicht ihr Gain-Potential meist für Rhythmussounds und Musikrichtungen, die traditionell mit weniger Verzerrung in den Gitarrensounds arbeiten (z. B. Blues) kommen aber auch für Soli gut mit dem geringen Gain-Potential zurecht.
Hier hilft es dann auch, den Overdrive mit einem linearen Booster oder mit einem zweiten Overdrive stärker in die Sättigung zu bringen. Dies machte z. B. Stevie Ray Vaughan mit zwei hintereinandergeschalteten Tube Screamern so. Ist noch mehr Tragfähigkeit für den Sound gefragt, kommt die Stunde der beiden anderen, die mehr Gain und damit mehr Sustain anbieten.
Wie bekommst du die besten Fuzz Töne aus deiner E-Gitarre? Dieser Frage geht Thomann auf Youtube nach und stellt 5 moderne Fuzz-Sounds für deine E-Gitarre vor:
Das Distortion-Pedal (engl. Verzerrung) erweitert den Grund-Sound des Overdrives mit mehr Verzerrung. Die ursprüngliche Sinuswelle wird je nach Zerrgrad rechteckig abgeflacht (Hard Clipping). Es klingt aber nicht nur verzerrter und dichter, sondern meist auch bissiger und aggressiver.
Dies ist auch notwendig, um sich trotz des hohen Zerrgrades im Gesamtklang durchzusetzen. Das Gain-Potential eines Distortion ist bereits so hoch, dass er meist allein für einen tragenden Zerr-Sound verantwortlich gemacht werden kann. Dementsprechend wird er auch kaum als Booster eingesetzt.
Frühe und bekannte Vertreter des Distortion-Sounds sind z. B. das Proco The Rat oder der Boss DS-1. Aber die Liste könnte nahezu endlos fortgesetzt werden, da die meisten Verzerrerpedale wohl dem Distortion-Genre zuzurechnen sind. Auch die Spezialisten für Metal-Sounds wie z. B. der populäre Boss MT-2 Metal Zone passen natürlich in die Distortion-Schublade.
In den ersten Arbiter Fuzz-Faces waren ursprünglich zwei Mullard-NKT275-Germanium-Transistoren verbaut, die für einen fetten, geschmeidigen, aber leicht bissigen Ton sorgten.
Autor: Marc Oliver Richter
Hier kommen Tipps für dein Fuzz Pedal von einem, der sich auskennt: Paul Gilbert! Der Gitarrist gibt Tipps, wie man beim „fuzzen“ Fehler vermeiden kann:
Ein Verzerrer macht deine Gitarre sehr, sehr sensibel. Du kannst versuchen sie so leise wie möglich zu spielen und es wird trotzdem immer irgendwie laut klingen. Durch einen Verzerrer wird deine Gitarre zum Tier! (lacht) Und damit hast du ein Problem. Wenn ein Klavier im Raum steht und du nicht drauf spielst, ist das OK. Wenn ein Schlagzeug im Raum steht und du nicht drauf spielst – auch OK. Aber wenn du eine Gitarre, einen Amp und einen Verzerrer hast und nicht drauf spielst, ist die Hölle los! Feedback! Dröhnen! Krach! Bevor du also anfängst Verzerrung zu nutzen, musst du lernen Nebengeräusche zu kontrollieren. Du solltest dir folgende Schritte angewöhnen:
Diese Schritte in- und auswendig zu lernen ist ganz einfach: Dreh deinen Amp voll auf und deinen Verzerrer dazu. Du wirst sofort beginnen, diese Schritte zu verinnerlichen, damit du nicht von Feedbacks wahnsinnig, taub oder schlimmeres wirst! (lacht) Der nächste Schritt ist, einen einzelnen Ton zu spielen, sagen wir auf der D-Seite. Dafür musst du einen Weg finden, die anderen fünf Saiten abzudämpfen, damit sie kein Feedback erzeugen.
Klassische Gitarristen werden jetzt den Kopf schütteln, aber Rock-Gitarristen die mit Verzerrung spielen, haben nun mal ein hochsensibles Instrument in der Hand, dessen nicht angeschlagene Saiten sie jederzeit unter Kontrolle haben müssen.
Bei Jazz-Gitarristen merkst du oft, wenn sie mal ein verzerrtes Solo spielen, dass sie es nicht gewohnt sind, weil die anderen Saiten mitklingen. Wie gesagt, es braucht ein bisschen Übung, aber es ist wichtig. Denn wenn du es nicht machst, hast du ein Problem. Aber es hat auch einen positiven Aspekt, dass die Gitarre so empfindlich ist. Du kannst mit einem relativ leichten Anschlag gigantische Noten fabrizieren.
Aus Gitarre & Bass 11/2010
Bekannt für den Fuzz-Sound war auch Jimi Hendrix. Erfahre hier mehr über sein Fuzz-Setup! MXR hat 2017 auch ein Jimi Hendrix 2017 Limited Edition Pedal rausgebracht, das die Jungs von Andertons in nachfolgendem Video vorstellen:
Auf Youtube gibt es eine interessante Dokumentation über das Fuzz Pedal – mit berühmten Protagonisten wie z. B. Billy F. Gibbons oder Jon Spencer:
https://www.youtube.com/watch?v=Y43fE0Iwslc
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