The King of Bedroom Amps?

Kein bisschen leise: Tube WorkShop Single Six im Test

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(Bild: Dieter Stork)

BEDROOM AMP?

Vom Hersteller als „King of Bedroom Amps“ bezeichnet, bin ich geneigt, die Tone- und Mood-Regler zunächst mal in die Mittelposition (zwischen 5 und 6) und Volume unbedarft auf 4 zu bringen. Zu meinem Glück ist es früher Nachmittag. Viel später wären sicherlich nicht nur meine unmittelbaren Nachbarn aus ihren Betten katapultiert worden. Gute Güte ist der Kleine laut!

Zur Erinnerung: Single-Ended Class A, 6 Watt … Ich drehe auf 1 zurück, wo der Amp erste Töne von sich gibt, und sich pegelmäßig als Bedroom-kompatibel erweist. Zu meiner Überraschung klingt er dabei keineswegs ausdrucklos oder matt, sondern warm, süßlich, glasklar, vor allem aber charaktervoll und bringt die Klangeigenschaften der angeschlossenen Gitarren und deren Pickups, hier Les Paul und Strat jeweils mit vintage-style Tonabnehmern, unverfälscht ans Ohr. Das Tone-Poti agiert ähnlich einem Scoop-Klangregler und betont bei Rechtsdrehung die Höhen bei gleichzeitiger Bassabsenkung, nach links gedreht verstärkt es die Bässe, während es die Höhen absenkt. Das Ganze spielt sich über den gesamten Regelbereich präzise, feinfühlig, gleichmäßig und sinnvoll nutzbar, bei niedrigen Lautstärken jedoch eher nuanciert ab.

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Aber: Mit steigendem Volume-Setting intensiviert sich die Wirkung der Tone-Reglung. Sehr schön und schon fast musikalisch. Das Mood-Poti, eine Spezialität von Tube WorkShop, variiert das Ansprechverhalten des Single Six auf das Gitarrenspiel stufenlos von „mild“ bis „wild“, also von leiser und gutmütiger bis lauter und aggressiver. In Kombination mit Tone lassen sich Sound und Ansprechverhalten des Combos auf den persönlichen Spielstil feinfühlig abstimmen.

Die klanglichen Stärken des Kraftpakets liegen im Clean- bis leicht anzerrenden Crunch-Betrieb, beides verbunden mit bandtauglichen Ausgangspegeln. Bringt man Volume und Mood in die Vollaussteuerung, ertönt ein kraftvoller, aggressiver, komprimierender Mid-Gain-Sound mit eingeschränkten Lead-Ambitionen aber auch enormer Dynamik und extremem Durchsetzungsvermögen bei erfreulich geringen Nebengeräuschen. Der Single Six zeigt überragendes Clean- und Low/Mid-Gain-Potenzial, während High Gain und Metal quasi draußen bleiben müssen. Dies wiederum befähigt ihn als Pedal-Plattform, die in der Lage ist, selbst High-Gain-Verzerrungen adäquat zu übertragen und dem Combo fette Leadsounds zu entlocken, die der Celestion Greenback differenziert und durchsetzungsstark überträgt.

RESÜMEE

Offenbar schlagen im Tube WorkShop Single Six zwei Herzen. Zum einen präsentiert er sich als puristischer Single-Ended Class-A Combo für den Klanggourmet mit exzellenten Clean- bis gezügelten Crunchsounds und ebensolcher Dynamik. Selbst bei niedrigen Volume-Settings kann er daher seine Klangeigenschaften voll ausspielen, die sich mit den Tone- und Mood-Reglern wunderbar bearbeiten lassen. Zum anderen machen ihn gerade diese klanglichen und dynamischen Eigenschaften zur idealen Pedal-Plattform, die vorbildlich mit Stompboxes aller Art kooperiert. Die Verarbeitung zeugt von jeder Menge Erfahrung, Knowhow und handwerklichem Geschick, weshalb der Single Six problemlos in der Boutique-Liga mitspielen kann. Ein Amp fürs Leben, komplett handmade in Deutschland, weshalb der Preis völlig in Ordnung geht. Durch das Zurücksetzen des Ampchassis um einige Millimeter wird Mario Gebhardt bei künftigen Amps die vorstehenden Schalterhebel gegen Beschädigungen schützen.

PLUS

  • Clean- und Crunch-Sounds
  • Ansprechverhalten & Dynamik
  • Tone- & Mood-Regelung
  • Klang bei Bedroom-Pegeln
  • Nebengeräuscharm
  • Bedienung
  • Handverarbeitung (+++)

MINUS

  • Frontschalter stehen zu weit vor, daher Bruchgefahr (wird zukünftig aber geändert)
On/Off und Standby stehen leicht über den Gehäuserand (Bild: Dieter Stork)


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2023)

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