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Collings D2H im Test

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Westerngitarre und Koffer von Collings
(Bild: Dieter Stork)

 

„Schatz, das ist ’ne Collings!“, begründe ich mein leicht dämliches Dauergrinsen. „Aha“, sagt sie schulterzuckend und zieht von dannen. Manchmal fühlt man sich wirklich unverstanden.

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Ja gut, auf den ersten Blick sieht die D2H auch wie eine ganz normale Dreadnought aus. Ist sie aber nicht – weshalb auch Leute wie Lyle Lovett, Emmylou Harris, Keith Urban, David Crosby, John Fogerty und viele andere Großmeister diese Marke bevorzugen. Bill Collings legt hier seine eigene Interpretation des klassischen Acoustic- Modells vor und wir haben es dem Engagement von Musik Produktiv zu verdanken, dass diese Gitarren aus Austin, Texas hierzulande endlich verfügbar sind.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Konstruktion der Collings D2H

Dass dieses Instrument wirklich aus Austin kommt, zeigt sich sofort nach dem Öffnen des Luxus-Koffers – die Kopfplatte ist mit jeder Menge zerknülltem Zeitungspapier „gesichert“, und so kann ich gleich noch aus dem „Austin American-Statesman“ erfahren, was in der Hauptstadt des Lone Star State so los ist 🙂 Die Gitarre verströmt vom ersten Moment an ihre seriöse, ureigene Aura, obwohl sie im Grunde aus ganz normalen Dreadnought-Zutaten gefertigt wurde: Da sind die Decke aus Sitka-Ficht und die Zargen und Boden aus Indian Rosewood – natürlich alles massiv. Mahagonihals, Griffbrett, Steg und Saiten-Pins aus Ebenholz.

Das H im Namen steht für die perfekt gearbeitete Deckeneinfassung im Fischgräten-Look (Herringbone). Die Kopfplatte mit ihrer Ebenholz-Auflage zeigt offene, vernickelte Waverly-Mechaniken – das ganze Instrument ist natürlich eine Hommage an alte Martin-Tradition. So ist auch die Decke mit einem Scalloped-Bracing nach Vorkriegs-Art stabilisiert und wird durch ein Tortoise-Schlagbrett vor Spielspuren geschützt.

Die D2H ist komplett und in beeindruckender Perfektion mit einem Nitrolack-Finish hochglanzversiegelt. Ja, ja, man dreht und wendet die Collings, widmet sich konzentrierter den Einzelheiten und merkt so langsam, dass besondere Qualität wohl aus der Summe der Details entsteht. Wie perfekt der Sattel und die Stegeinlage gearbeitet sind, wie der Übergang Hals/Kopfplattenrückseite geschnitten ist, wie sauber die „Diamond and Square“-Einlagen ins Ebenholzgriffbrett gesetzt wurden – das macht schon Eindruck.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Die Collings D2H in der Praxis

Wahrscheinlich sind solche Schwärmereien eines Testers unwürdig, aber egal – auf der Collings zu spielen, ist nicht weniger als eine Offenbarung. Ich kann nicht mehr aufhören. Und jetzt versteht auch die Frau Gattin. Ein kräftiges „Die klingt aber gut“, kommt aus dem Wohnzimmer. So eine Ansprache und so eine fein detaillierte Wiedergabe gepaart mit beeindruckender Lautstärke und Dynamik lässt mich staunen. Das Instrument schwingt intensiv bis in die Kopfplatte und der Klang lässt sich nur unzureichend mit Adjektiven wie seriös, erwachsen, abgehangen, sonor, strahlend, souverän usw. beschreiben.

Die Zielsetzung von Mastermind Bill Collings, eine Dreadnought zu bauen, die nicht nur die allseits bekannte Bass-Power liefert, sondern in allen Registern zündet, ist voll und ganz aufgegangen. Er wollte den Solisten die Dynamik geben um sich mit Singlenotes durchsetzten zu können, den Fingerstylern die Lautstärke und Ansprache um in einer Bluegrass-Combo gegen Banjo und Mandoline zu bestehen und dem Singer/Songwriter den vollen Klangteppich, den er braucht um seine eigene Band zu sein. Ziel erreicht, und zwar mit einer Gitarre, denn die D2H kann das alles. Die unglaubliche Präzision mit der die Collings jeglichen Input umsetzt ist natürlich auch entsprechend unnachsichtig bei spielerischen Schwächen – aber als Einsteiger-Instrument ist sie wohl auch nicht gedacht. Nur ein Beispiel zum Thema Ansprache: Ich hatte wirklich noch nie eine Acoustic auf dem Schoß, bei der sich Parameter wie Plektrumstärke, Fingerpick- oder Slide-Material, Anschlagstärke und -position derart deutlich im Klang niederschlagen.

 

Resümee

Der springende Punkt ist schnell benannt: Man muss sich eine Collings leisten können und wollen. Die D2H ist superb, da gibt es aber auch gar nichts zu kriteln, kostet aber auch eben mal das Doppelte einer Martin HD-28! Andererseits – wenn man dann die Klampfe fürs Leben gefunden hat … Ich habe bestimmt schon weit mehr als € 4000 für Gitarren ausgegeben, die es dann hinterher doch nicht wirklich gebracht haben. Sieh es doch mal von der Seite – und teste eine Collings-Gitarre! Z. B. diese traumhafte D2H.

 

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Collings-Player Lyle Lovett mit seiner CJ SB (Bild: Michael Wilson)

EXTRA: Collings Guitars

Der Werdegang von Bill Collings ist irgendwie typisch für diese Art Selfmade-Luthiers: In den Siebzigerjahren in Houston Gitarren repariert, auf dem Weg nach Kalifornien gerade mal bis Austin gekommen, erste eigene kleine Werkstatt in einer Garage, eine Großbestellung von Georg Gruhn (Gruhn Guitars, Nashville, TN) stellt ihn richtig aufs Gleis, dann schrittweise Vergrößerung bis zum heutigen Status Quo mit 50 Angestellten, CNC-Fräsen, weltweitem Ansehen und einem Sortiment mit nicht nur Acoustics, sondern auch hochgeschätzten Mandolinen, Ukulelen und E-Gitarren.

 

Übersicht

Fabrikat: Collings

Modell: D2H

Typ: Dreadnought Steelstring

Herkunftsland: USA

Mechaniken: Waverly, offen vernickelt, Butterbean-Stimmwirbel

Hals: Mahagoni, justierbarer Halsstab

Sattel: Knochen

Griffbrett: Ebenholz, Diamond and Square-Inlays

Radius: 16″

Halsform: V-Profil, kräftig

Halsbreite: Sattel 43 mm; XII. 53,5 mm

Halsdicke: I. 22,1 mm; V. 23,2 mm; X. 24,2 mm

Bünde: 20

Mensur: 650 mm

Korpus: Ostindischer Palisander, massiv

Decke: selektierte Sitka-Fichte, massiv

Oberflächen: Nitrolack Hochglanz-Finish

Schlagbrett: Tortoise

Steg: Ebenholz

Stegeinlage: Knochen, kompensiert

Saitenbefestigung: Steg-Pins, Ebenholz, Pearl-Dot

Saitenlage: perfekt

Saitenabstand Steg: E-1st – E-6th 57 mm

Gewicht: 2,16 kg

Lefthand-Option: auf Anfrage

Verkauf: Musik Produktiv

49479 Ibbenbüren

www.musik-produktiv.de

Zubehör: sehr guter Formkoffer von TKL mit Humidipak (Luftfeuchtigkeit)

Preis: ca. 4130

 

Plus

  • beste Materialien und Hölzer
  • makellose Verarbeitung
  • Sound: Steelstring-Heaven

Minus

  • Prüfung des Konto-Überziehungsrahmens unerlässlich
Produkt: Fender Sonderausgabe
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