Workshop

Vibrato-Setup à la Jeff Beck

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Eine kleine Terz am Hebel aber ein großer Schritt für die Ausdrucksmöglichkeiten.

Wie bei den allermeisten meiner Kolleginnen und Kollegen, hat Jeff Beck meine Gitarrenwelt ebenfalls ziemlich umgekrempelt und tiefe Spuren hinterlassen. Bevor Letzteres allerdings so richtig passieren konnte, wurde ein Instrument benötigt, das einem die Vibrato-Eskapaden verzeiht, ohne einen danach mit übler Verstimmung zu bestrafen. Wie ich diesen Problemkomplex für mich persönlich gelöst habe, zeige ich euch in diesem Workshop.

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VORBEREITUNG

Hierfür habe ich mir von einem Freund eine Strat mit einem Vintage-Vibrato und Kluson-Style-Mechaniken geliehen. Uiuiui. Das sind zwar die denkbar schlechtesten Voraussetzungen aber die Erfahrung zeigt, dass das durchaus machbar ist, und wie hat mein damaliger Mitbewohner seinerzeit so schön gesagt: „Mit gutem Equipment kann ja schließlich jeder.“ Na dann …

Bevor wir nun die alten Saiten von der Gitarre nehmen, um uns nen frischen Satz zu gönnen, checken wir erst mal, wie das Tremolo geführt ist. Die alten Saiten deshalb, weil sie das Prozedere in der Regel nicht ohne Macken überstehen. Es gibt hauptsächlich zwei Baustellen, um die wir uns mit ziemlicher Akribie kümmern müssen, um später keine Ausreden mehr zu haben: zum einen das mechanische Spiel und zum anderen die mechanische Reibung im gesamten System.

Schritt eins wäre also, die sechs Montageschrauben so einzustellen, dass die Grundplatte beim Modulieren des Tons nicht auf Besagten herumwandern kann. Hierzu lockern wir die Schrauben erst mal so weit, dass die Unterseiten der Linsenköpfe etwas Abstand (ein halber Millimeter reicht) zur Grundplatte erhalten. So gehen wir sicher, dass diese sich im späteren Verlauf – im besten Falle – vollflächig auf den Body auflegen lässt.

Wichtig wäre zunächst, dass zumindest der hintere Teil der Grundplatte (dort wo die Intonationsschrauben sitzen) Kontakt hat. Falls das an dieser Stelle noch nicht der Fall ist, einfach die Federkralle auf der Rückseite gleichmäßig so lange anziehen, bis Kontakt entsteht. Jetzt wird noch mal grob durchgestimmt, um unter Realbedingungen zu justieren, und dann kann der essentielle Part auch schon starten.

Auflage optimal
Auflage suboptimal

 

ANS WERK

Ein Verrutschen des Vibratos nach unten wird sehr zuverlässig durch den Korpus verhindert aber das Spiel nach oben müssen die Schrauben bewerkstelligen. Um genau zu sein: Die äußeren beiden. Also den Blick der zugekniffenen Adleraugen an der Korpusoberseite entlangloten und auf die Unterseite der Grundplatte, Ecke Intonationsschraube der tiefen E-Saite, richten. Dreht ihr nun die Montageschraube unter der hohen e-Saite etwas tiefer in den Body, werdet ihr feststellen, dass es einen Punkt gibt, an dem sich die Grundplatte, nachdem sie sich zunächst dem Korpus angeschmiegt hat, nun an der von euch fixierten Stelle wieder etwas abhebt und sich ein Spalt bildet.

Hier haben wir den optimalen Punkt schon leicht überschritten. Also rudern wir mit dem Schraubendreher so weit zurück, bis die Grundplatte hier wieder aufliegt. Habt Geduld. Da muss man sich etwas drauf einlassen, da es hier wirklich um Zehntel-Millimeter geht. Schraubt man zu fest, hebt die Grundplatte ab, schraubt man zu lose, entsteht Spiel. Tastet euch ruhig mehrfach von beiden Richtungen heran, um ein Gefühl für die Schraube zu bekommen und den Punkt optimal zu treffen. Falls ihr euch nicht ganz sicher seid, ob ihr ihn erwischt habt: Lieber etwas zu locker, als zu fest.

Wenn ihr den Eindruck habt, dass es an der aktuellen Stelle besser nicht wird, könnt ihr euch nun um den Kompagnon unter der tiefen E-Saite kümmern. Hier gilt dasselbe Prinzip: Schraube anziehen und schauen, wann die Grundplatte an der diagonal gegenüberliegenden Ecke (Intonationsschraube hohe e-Saite) gerade eben anliegt. Wenn es hier auch gut aussieht, geht ihr wieder zurück und schaut euch das erste Gespann nochmal an. Mit Anschauen meine ich tatsächlich, noch mal den Schraubendreher anzusetzen und den optimalen Punkt noch mal zu suchen. Denn wir haben es hier mit einem System zu tun, dass durchaus wechselwirken kann, so dass Veränderungen auf der einen Seite manchmal ungewollt in Veränderungen auf der anderen Seite resultieren.

Habt ihr diese Runde hinter euch gebracht und noch mal einen prüfenden Blick in die andere Ecke geworfen, liegt das Vibrato in einer idealen Welt nun optimal und mit minimalstem Spiel gesamtflächig auf dem Korpus auf. In der realen Welt kann es allerdings passieren, dass der Korpus beispielsweise nicht plan lackiert ist, sodass ihr euch an den bestmöglichen Kompromiss werdet heranschrauben müssen. Ich in dem Falle auch. Dies kann beinhalten, dass beispielsweise nur der hintere Teil des Vibratos aufliegt oder nur die Ecken oder nur der Mitte. Nicht verzagen. Hier hilft nur entspannt bleiben und stochern, bis es nicht mehr besser wird.

Ich mache zum Überprüfen noch ganz gerne einen akustischen Test, indem ich abwechselnd auf die Vibratokante und den Body klopfe. Mal abgesehen davon, dass hier nichts klappern oder rappeln sollte, vergleiche ich den auf Holz geklopften mit dem auf Metall geklopften Ton. Wenn diese, bei unterschiedlichen Frequenzverläufen, die gleiche Tonhöhe aufweisen, weiß ich, dass beides als Einheit schwingt und so die bestmögliche Ankopplung hat. Ist das noch nicht der Fall, justiere ich mit minimalsten Drehungen noch etwas nach, bis sich die Töne gleichen. Da geht es dann maximal um 16tel-Umdrehungen.

Nun kümmern wir uns noch schnell um die verbleibenden vier inneren Schrauben, die soweit angezogen werden, dass die Unterseiten der Schraubköpfe die Grundplatte gerade eben nicht berühren. Diese brauchen wir lediglich, um dem Saitenzug etwas entgegenzusetzen. Bis hierhin ist es übrigens das gleiche Prozedere, das ich anwende, wenn es darum geht, das Vibrato aufliegend einzustellen, um die maximale akustische Ankopplung zu erzielen (egal ob 6- oder 2-Punkt Vibrato).

In der Überschrift hab ich euch allerdings eine Terz versprochen – nach oben, um genau zu sein. Das heißt, wir müssen das Vibrato nun entsprechend anwinkeln, oder? Da man in der Werkstatt ja irgendwann ungewollt einen Stapel Tremolofachabdeckungen rumliegen hat, habe ich per Zufall rausgefunden, dass die dreischichtigen Versionen einen erstaunlich nah um die Terzgrenze führen, wenn man sie als Keil zwischen Tremolo und Body platziert. Blöde ist nur, dass 6-Punkt-Vibrato und dreischichtiges Pickguard eher die seltener anzutreffende Kombination ist, daher schaut mal ob ihr irgendetwas findet, was etwa 2,2 mm stark ist. Jetzt könnt ihr endlich die alten Drähte von der Gitarre zuppeln und neue Saiten aufziehen.

DER SATTEL

In unserem Falle hab ich mich für 10er entschieden, weil das mit Abstand die meist verbreitetste Saitenstärke ist. Doch bevor ihr die Saiten durch die Mechaniken fädelt, checkt doch eben erst, ob diese ohne zu haken durch die Sattelkerben rutschen. Denn hier ist der zweite neuralgische Punkt unseres Setups. Wenn’s hier nicht flutscht, wird’s nach dem Vibratoieren Tränen geben. Praktischerweise kann man bei Bedarf die Kerben der umsponnenen Saiten mit den jeweiligen Saiten auf die passende Breite „feilen“. Bei den Diskantseiten bräuchte man dann doch passendes Werkzeug. Wie auch bei zu breiten Kerben, in die man dann zumindest einen Führungskanal feilen sollte. Falls Werkzeug und/oder Erfahrung fehlen, bin ich mir sicher, dass der/die Techniker:in vor Ort euch gerne unterstützt.

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