Effektiv!

Redson Analog Delay 12 – Teil 2

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In der vergangenen Folge haben wir einen Blick geworfen auf den Eingangs-Impedanzwandler, die pre-emphasis-Stufe sowie den 5-poligen Filterblock des Redson Analog Delay 12, 1st Edition.

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Das so vorbereitete Signal gelangt jetzt auf den Kompressor. Diese Maßnahme dient der Dynamikerhaltung des Signals, während es durch das rauschbehaftete BBD läuft. Grob gesprochen, werden die leisen Stellen im Kompressor angehoben und die sehr lauten Stellen etwas abgesenkt – die Dynamik wird also verringert (Abb. 1).

Abb. 1 Compander-Dynamik

Diese leisen Stellen liegen jetzt oberhalb des normalerweise gut wahrnehmbaren Rauschpegels des 4k (4k = 4096 Speicherplätze) großen BBDs. Im Anschluss an das BBD wird das Signal „spiegelbildlich“ in seiner Dynamik im sogenannten Expander wieder auseinandergezogen. Durch diese Prozedur liegt der Systemrauschpegel jetzt unterhalb der leisen Musikpassagen. So genial dieses „Rauschunterdrückungs-System“ auch erscheinen mag, beinhaltet es aber auch eine Regelung, die eine (endliche) Stellzeit benötigt, um die aktuelle Dynamik zu detektieren und weitere Schritte einzuleiten. Dadurch sind Kompander-Einheiten (die Kombination aus Kompressor und Expander) nicht ganz frei von Nebenwirkungen – nebenbei bemerkt.

Als reine diskrete Schaltung aufgebaut wäre diese Arbeit nur mit größerem Schaltungsbedarf zu lösen – man braucht also verhältnismäßig viel Platz. Dafür gibt es seit Ende der 70er-Jahre den Chip NE570 (Abb. 2), der diese Aufgabe stemmt – die externen Bauelemente werden an diesen angeschlossen. Er beinhaltet zwei identische Schaltungsteile, die je nach externer Beschaltung entweder als Kompressor oder als Expander arbeiten – klasse praxisnahes Design! Daher auch seine Bezeichnung „Kompander“.

Abb. 2 Kompander Blockbild

kompressor

Vom 5-poligen Tiefpassfilter her kommend (siehe letzte Folge), gelangt das Signal über ein RC-Glied auf Pin#6 des Kompanders, das ist der Eingang des „OP“ innerhalb des Kompressors. Der (Signal-) Ausgang ist Pin#7. Von dort verzweigt es sich rückwirkend zum einen auf die Steuereinrichtung mit Pin#2 & #3 und zum anderen über das RC-Sieb-Netzwerk, das in Pin#5 mündet und dort den Arbeitspunkt des OP generiert.

Die an den Kompressor angedockten Kondensatoren bedienen nicht näher bezeichnete systeminterne Parameter. Über einen dann verhältnismäßig kleinen Auskoppel-C von 47nF und einem R von 15kOhm wird das zusammengestauchte Signal direkt in das BBD eingespeist.

clock generator

Das 4k lange BBD wird über seine Pins#6 & #2 getaktet. Die benötigte Gegentakt-Rechteck-Frequenz erzeugt der kompakte MN3101 Clock Generator, der über das angeschlossene Delay-Poti eingestellt wird. Damit wird das Signal – je nach Höhe der Taktfrequenz – verschieden schnell durch das BBD geleitet, die Signal-Werks-Verzögerung wird so eingestellt. Mit einem auf der Platine liegenden Trimm-Poti kann jedoch die Grundfrequenz des Generators eingestellt werden. Hiermit kann man die Delaytime hochziehen bis etwa 600ms – eine beliebte Mod bei alten Analog Delays.

das bbd

Gleichzeitig wird am Eingang des BBD (Pin#7) über den 220kOhm-R die wichtige – durch ein Poti einstellbare – Bias für den Arbeitspunkt des BBD´s eingekoppelt. Durch eine raffinierte Art des Auskoppelns des zerhackstückten Musiksignals am Ende der Delay Line über die Pins #3 & #4 wird eine recht gute Taktfrequenzunterdrückung realisiert. Hier beim Redson lässt sich sogar die Balance zwischen den beiden Ausgängen via Poti feinabgleichen – das hat nicht jedes Analog-Delay. Feine Entwurfsarbeit!

Trotz allem bleiben dennoch Taktfrequenzreste oberhalb der Signalfrequenzen im Frequenzband übrig, die durch ein steilflankiges Filter – hier wieder ein mit zwei Transistoren gebildetes Tiefpass 5ter Ordnung – realisiert wird. Bis jetzt können wir eigentlich über dieses preiswerte japanische Noname-Produkt nicht meckern. Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, denn jetzt hagelt es Designfehler.

der fet-schalter

Das verzögerte und Tiefpass-korrigierte Signal wird jetzt mittels des üblichen FET-Schalters T6 zu- oder abgeschaltet. Wir wissen aber jetzt durch meine bereits zitierte Kolumne, dass der Emitterfolger für eine gute Großsignal-Aussteuerung eine Last von mindestens dem dreifachen des Emitter-Rs haben sollte. Ist der FET durchgeschaltet, sieht der Emitter des T5 als Wechselstrom-Last mindestens die beiden links und rechts vom FET liegenden 22kOhm-Bias-Rs, die dafür sorgen, dass dieses Schalt-FET-Arrangement auch funktioniert – also 11kOhm.

Und schon haben wir wieder eine ohne wirkliche Not generierte Dynamikeinschränkung durch schlampiges Design. In die Position des rechten 22kOhm-Rs löten wir an seiner Stelle 220kOhm ein. Um ein mögliches „durchsingen“ des abgeschalteten Signals zu verhindern, wählen wir den linken 22kOhm großen FET-Bias-R nicht ganz so groß – 47kOhm reichen.

expander

Es bleibt jetzt nur noch, die originalen Dynamikverhältnisse wieder herzustellen. Dafür ist der zweite Schaltkreis innerhalb des NE570 gedacht, der demzufolge als Expander beschaltet ist. Die beiden zusammengeschalteten Eingänge wären da Pin#14 (variable gain cell) und Pin#15 (rectifier). Der Ausgang ist Pin#10. Daran ist im Anschluss die de-emphasis mit 22kOhm + 10nF vor der Basis des T7 gelegen. Ihre „spiegelbildliche“ Dimensionierung zum vorgegebenen pre-emphasis Frequenzgang ist nicht ganz korrekt.

In Reihe mit den 10nF müsste noch ein R verschaltet werden – bedeutet, dass die oberen Höhen bei jedem neuen Delay-Durchlauf immer etwas weicher klingen, als im vorherigen, sozusagen ein Old-school-Tapesound, der hier generiert wird. Der Emitterfolger T7 koppelt jetzt das fertige wet-Signal niederohmig an die beiden 100kOhm Potis an, damit der Echoeffekt vom Anwender eingestellt werden kann. Im Ausgangs IC1b wird final das dry & wet Signal zusammengemischt.

fehlersuche

Die Stromaufnahme dieses AD12, 1st Edition entspricht der eines intakten vergleichbaren Geräts, der Redson saugte also die Batterie nicht übermäßig schnell leer. Es lag also kein Kurz-/Feinschluss vor, wie G. vermutete. Der sich mit anscheinend „halbleerer“ Batterie einstellende Fehler war formal mittels Oszilloskop schnell eingekreist. Der Ausgang des Expanders (Pin#10) zeigte dann eine starke einseitige Signalbegrenzung auf. Hmm, wohl Kompander Baustein defekt.

Aber nicht so schnell, bei 9,5V (volle Batteriespannung) arbeitet er ja offensichtlich noch korrekt. Eine DC-Messung an Pin#10 bestätigte meine Vermutung, dass der Arbeitspunkt dort mächtig daneben lag… also doch Chip kaputt. Ein Blick in die Applikationsschrift bestätigte jedoch, dass eben der dortige Arbeitspunkt durch äußere Beschaltung eingestellt werden muss. Dann die Vermutung …. nee, das kann nicht sein!

Aber dann zu Ende gedacht: Alles ist möglich… Also schnell mal den Arbeitspunkt der Ausgangsstufe des Expanders auf Basis meines reversed-engineering-Schaltplanes via Taschenrechner durchgerechnet… tip, tip, tip … Nicht zu fassen! Da hat doch der Designer in der Annahme, dass sich der Arbeitspunkt mit Abändern der Betriebsspannung auch automatisch anpasst – wie eben bei sehr vielen OP Schaltungen üblich – völlig daneben gelegen! Hier geht´s nämlich manuell vonstatten.

Der Entwickler hat dann tatsächlich die publizierten Applikationswerte für 15V Betriebsspannung für die pedalüblichen 9V übernommen – böse Falle. Entsprechend hing der Arbeitspunkt bei 9V Betrieb dann sehr daneben. Wer Applikationsschriften lesen & interpretieren kann, ist klar im Vorteil. Also schnell wieder an den Taschenrechner und die neu berechneten Werte, die für 9V-Betriebsspannung zu wählen sind, eingebaut. Der korrigierte Arbeitspunkt lag jetzt endlich dort, wo er hingehörte. Der Fehler war beseitigt, das Gerät arbeitete erstmals auch bei halbleerer Batterie störungsfrei.

Zusammen mit den bereits im Text beschriebenen schlampigen Arbeitspunkten, die ich neu einstellte, war mein „neues“ Redson Analog Delay 12 jetzt der Brüller, der den Vergleich zu den großen Marken keinesfalls scheuen brauchte – mehr noch, er war ihnen sogar überlegen. Dieses Analog-Delay war dann für viele Jahre klar mein Favorit… ich will noch anfügen, dass der AD12 mit leichten Variationen und mit anderen Handelsnamen (zB. Solec oder Laser) auf dem Markt Mitte der 80er-Jahre verfügbar war.

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2019)

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