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Hot Rod Mod: Boss ODB-3 – Teil 1

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Der ODB-3: Der Verzerrer-Standard für Bassisten – aber eher Distortion als Overdrive.

In dieser Folge wollen wir nun endlich auch mal an die Bassisten denken – ganz konkret widmen wir uns dem Boss ODB-3. Hier also noch eine Boss-Mod – aber diesmal extra für die Kollegen der tiefen Fraktion. Oder? … Naja, schauen wir mal, ob nicht auch Gitarristen Spaß mit dem ODB-3 haben könnten.

FRÜHER WAR ALLES … ETWAS ANDERS

Zu meiner Entschuldigung, die Bassisten bisher nicht ausreichend berücksichtigt zu haben, kann ich nur anführen, dass ich das einfach nicht im Blick hatte. Meine bisherigen Bandkollegen an den dicken Saiten benutzen nämlich außer einem Stimmgerät in der Regel keine Effekte und erst recht keine Bass-Verzerrer. Das mag am Alter liegen. Unsere Jugend war in den 80er-Jahren – also genau in der Zeit als die kräftigen Transistorverstärker à la Trace Elliot das Maß der Dinge wurden, weil sie einen knackigen, lauten Clean-Sound ohne (!) Verzerrungen ermöglichten.

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Vorher gehörte ein bisschen Zerre meist ungewollt zum Basssound dazu. Denn leistungsstarke Bassverstärker gab es einfach nicht an jeder Ecke. Oft nutzten Gitarristen und Bassisten sogar die gleichen Verstärkertypen. Alte Marshall-Bassverstärker oder der gute alte Fender Bassman unterschieden sich kaum von den Modellen für Gitarren. Da die tiefen Frequenzen aber für eine entsprechende Lautstärke mehr Leistung benötigen, als hohe Frequenzen, kam das Equipment der Bassisten in der Regel recht schnell an die Grenzen, was sich dann in einem leicht verzerrten Ton widerspiegelte. Während bei Gitarristen die Röhrenverzerrung durchaus erwünscht war, und dann auch noch mit Effektgeräten wie den Treble-Boostern oder Overdrive-Pedalen unterstützt wurde, war die Verzerrung bei Bassisten meist eher unerwünscht.

Aber mangels Alternativen, nahm man halt, was man bekam und drückte sich gleichzeitig die Nase an den Schaufenstern platt, in denen die neuen Verstärker standen, die den damals modernen Sound ermöglichten. Die Achtziger waren noch vor dem Vintage-Boom und und gerade bei Bassisten herrschte in dieser Zeit Aufbruchsstimmung. Mit den damals neuen Bass-Helden wie z. B. Mark King trat der Bass aus dem Schatten des Bühnenhintergrundes nach vorne. Und die extrem angesagte Slap-Technik erforderte auch einen neuen Sound, den das alte Equipment nicht liefern konnte.

Als dann endlich passgenaues Equipment für Bassisten zur Verfügung stand, kam niemand auf die Idee, einen Verzerrer davorzuschalten. Und wenn man dann wirklich mal einen Song mit Bassverzerrung im Programm hatte, nutzte man hemmungslos das Pedal der Gitarristen-Kollegen. Solange man nicht gerade einen Tube Screamer erwischte, der für seine Bassschwäche bekannt ist, ging das problemlos. Das funktioniert übrigens heute noch – die meisten Gitarreneffekte passen m. E. auch für Bass.

DAS BASS-KONZEPT

Aber was macht denn nun einen Bassverzerrer aus? Der Frage versuche ich auf den Grund zu gehen, indem ich mir einen ODB-3 auf dem Gebrauchtmarkt besorge. Da das Pedal auch heute noch angeboten wird, achte ich darauf, ein möglichst altes Exemplar zu erwischen, um sicherzugehen, dass Boss nicht hier auch schon die Umstellung auf SMD-Bauteile vollzogen hat, die alle Modding-Versuche verhindert. Gut, dass das Angebot ein Bild der Originalverpackung enthält, auf der noch der Preis von 185 Mark prangt. Ein Pedal von vor 2001 also – da bin ich hier schon mal auf der sicheren Seite.

Der ODB-3 hebt sich schon äußerlich durch die Zweiband-Klangregelung und den Balance-Poti von einfachen Gitarrenverzerrern ab.

Als das Pedal ankommt, probiere ich es auch gleich mit der Gitarre aus und stelle fest, dass auch die Verwendung mit dem „falschen“ Instrument grundsätzlich funktioniert. Auch mit der extra für den Bass angepassten Frequenzabstimmung verhält sich der ODB-3 wie ein Gitarrenverzerrer. Auf der Habenseite des Bass-Overdrives stehen eine effektive Zweibandklangregelung und ein schönes, kräftiges Bassfundament. Eine sinnvolle Besonderheit des Basspedals ist der Balance-Regler, mit dem man das Originalsignal zum Effektsignal stufenlos zumischen kann. Das ist nicht nur für Basssondern auch für Gitarrensounds gut einsetzbar, um den Anschlagspunch und den Attack auch bei Verzerrung zu erhalten. Darüber hinaus gefällt mir der ODB-3 klanglich aber nicht: fizzelige, grelle Höhen und recht wenig Druck bei übertrieben viel Gain würden dem ODB-3 den Weg auf mein Pedalboard verwehren.

Nun gut, vielleicht muss das ja so klingen, wenn er extra für Bass konzipiert wurde? Aber auch der Test an einem Stingray und einem Warwick Corvette am Ashdown Bassverstärker können mich nicht so recht überzeugen. Ich finde den ODB-3 ziemlich kraftlos und auch am Bass stören die grellen Höhen immer noch. Dafür ist die Verzerrung jedoch ziemlich aggressiv. Die Frage, warum der ODB-3 als Overdrive bezeichnet wird, kann wohl nur die Marketing-Abteilung von Roland beantworten. Meines Erachtens müsste er gemäß des Farbcodes von Boss orange sein, denn sowohl Gain-Struktur als auch Gain-Potential manövrieren das Pedal eher in die Distortion-Ecke. Nur bei sehr feinfühliger und subtiler Einstellung – mit wenig Gain und viel Dry-Anteil – kann man einen Vintage-Sound hinbekommen, den man mit dem Begriff „Overdrive“ in Verbindung bringen kann.

DA MUSS ES DOCH ETWAS GEBEN?

Viel Material wird nicht benötigt: Zwei Kondensatoren und ein Widerstand. Wer die Mods schaltbar machen will, braucht zusätzlich noch Minischalter und Litze.

Nun, wenn der Sound nicht passt, hilft manchmal Modding. Und bei Pedalen, die schon länger am Markt sind, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass im Internet schon die entsprechenden Hinweise zu finden sind. Bereits nach einer kurzen Recherche in den einschlägigen Foren stelle ich fest, dass ich mit meiner Einschätzung in guter Gesellschaft bin. Niemand geringerer als Brian Wampler hat bereits 2010 eine einfache Mod-Empfehlung für das ODB-3 veröffentlicht. Durch den Austausch von einem Widerstand und zwei Kondensatoren sollen mehr Druck und weniger grelle Höhen ermöglicht werden und durch einen Eingriff in den Clipping-Dioden kann die Zerr-Struktur geändert werden. Na also! Das ist doch genau das, was ich suche.

In der Nähe des ICs finden sich mit R31 und C10 zwei Bauteile, an denen der Wampler-Mod ansetzt.

Also ran ans Werk: Der Wechsel von C10- auf einen 1uF-(Folien-)Kondensator soll den Sound fetter machen. In Kombination mit der Änderung des Widerstandes R31 auf 1K wird darüber hinaus mehr Druck versprochen und die Änderung von C8 auf 1nF soll den fizzeligen und grellen Anteil in der Hochtonstruktur entfernen. Über diese Basis-Modifikation hinaus weist Brian Wampler auch noch auf eine Dioden-Mod hin.

Gut zu sehen sind die beiden LEDs, die für das Clipping zuständig sind. Direkt daneben der Keramikkondensator C8.

Als Clipping-Dioden sind in dem ODB-3 zwei rote LEDs verbaut. Brian Wampler empfiehlt hier den Austausch zu 1N4148-Kleinsignaldioden, wenn man die Zerrstruktur weniger kräftig haben möchte. Das könnte den ODB-3 dann vielleicht klanglich tatsächlich zu dem machen, was seine Farbe bereits verspricht: einen dezenten Overdrive.

Nun, in der kommenden Ausgabe wollen wir dann mal schauen, wie sich die verschiedenen Mods realisieren lassen und natürlich auch überprüfen, wie sie klingen! Bis dann – haltet den Lötkolben schon mal bereit.

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2020)

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