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Effektiv: Jimi Hendrix – Teil 2: Cry Baby Wah

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Cry Baby

Ursprünglich wurde das WahWah Mitte der 60er Jahre in den USA von Thomas Organ, dem damaligen Partner und US-Importeur von Vox, auf Drängen des Trompeters Clyde McCoy entwickelt. Es sollte den Trompeten-Ton bei schwenkenden Dämpfer simulieren. Die erste Version des Wah-Pedals wurde dann auch nach Clyde McCoy benannt.

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Aus dem US-Teil entstand bald das erste „Cry Baby“ (Abb. 1) und der gleiche(!) Schaltkreis wurde europaweit ab August 1967 von Vox als „Wah Wah V846“ (Abb. 2) veröffentlicht. Die kurz danach erschienene Version V847 ist als das WahWah-Pedal schlechthin in die Geschichte eingegangen.

Das WahWah-Pedal ist, mal ganz einfach betrachtet, ein Eintransistor-Siliziumverstärker, dem ein elektronisch regelbarer Parallelschwingkreis vorgeschaltet ist (Abb. 3). Das ganze stellt also ein durchstimmbares LC-Bandfilter erster Ordnung dar. Die Regelung umfasst einen weiteren Siliziumtransistor, der als gesteuerte Quelle und virtuelle Masse für den Schwingkreiskondensator wirkt. Dieser Transistor verändert, abhängig von der Pedalstellung, den Strom durch den an seinem Emitter angeschlossenen Schwingkreis-Kondensator, dessen anderer Anschluss an der Spule anliegt. Dies hat die Wirkung, als ob sich die Größe seiner Kapazität ändert und somit auch die Resonanzfrequenz. Der Eingangswiderstand ist mittelohmig (ca. 70 kΩ) und dämpft die Pickup-Resonanzspitze. Über seinen 470 Ω-Emitterwiderstand erfährt der Eingangstransistor nur eine geringe Gegenkopplung und reichert das Signal folglich mit Oberwellen an, d. h. er verzerrt. Die Resonanzfrequenz des Pedals lässt sich von 0,4–2,3 kHz variieren (Abb. 4), und gerade dort treten die meisten Verzerrungen auf. Dies ist für den entstehenden Klang nicht unwichtig! Der 33 kΩ-Widerstand parallel zur Spule bestimmt dabei die Höhe der Resonanzdämpfung.

Abb. 5 zeigt das komplette Schaltbild des Vox-WahWah V847. Unterhalb der Resonanzfrequenz verläuft der Frequenzgang keineswegs flach, wie oft gemutmaßt, sondern fällt wegen der kleinen Eingangskapazität von 10 nF (in Verbindung mit dem 70 kΩ großen Eingangswiderstand) wie bei einem Treble Booster zu tiefen Frequenzen hin mit einer Flankensteilheit von 6 dB/Okt ab (Abb. 4). Daher lässt sich das durchgetretene WahWah-Pedal auch als Treble Booster nutzen, worauf im Prospekt auch gesondert verwiesen wurde. Michael Schenker (UFO) z. B. nutzte das Pedal auch in dieser Weise. (Ein Booster, der sogar in dieser Art tatsächlich eine Spule parallel vor seinem Transistor hatte, war der recht seltene Weird Treble Booster.)

 

Der eigentliche Ton der WahWahs schwankt von Jahrgang zu Jahrgang, als Hauptursache ist dafür die Spule zu nennen. Im Laufe der Jahre wurde der Schaltkreis von unterschiedlichen Subunternehmern gefertigt, die ihrerseits wiederum verschiedene Spulenkerne mit unterschiedlichen sekundären Kenndaten benutzten. Die primäre Größe von 500 – 600 mH hatten alle Spulen gemeinsam; es existierten gut zehn verschiedene Ausführungen, eine gebräuchliche zeigt Abb. 6. Die Spule wird jedoch, und das wird in der Regel in den Diskussionen übersehen, von dem Arbeitspunkt-Gleichstrom des Basiskreises des Eingangstransistors durchflossen. Der ist nicht groß, aber er durchfließt die ca. 1000 Windungen der Spule und, korrekt aufmultilpliziert, rechnet sich das! Es entsteht folglich im Spulenkern eine nicht mehr zu vernachlässigende Gleichstrom-Vormagnetisierung und die soeben angesprochenen reinen (sekundären) Wechselstrom-Kenndaten sind nur noch eingeschränkt gültig. Jeder, der schon mal eine Siebdrossel oder einen Eintakt-Transformator von Hand berechnet hat, kennt diese Zusammenhänge und weiß, wovon ich rede! Als Stichworte nenne ich die reversible- bzw. Überlagerungspermeabilität, veränderte Hysterese-Beiwerte etc…

Der Stromverstärkungsfaktor (und folglich der Basisstrom) des ersten Transistors beeinflusst daher auch etwas die Lage und Form der Resonanzspitze, und damit also auch den Klang. Die Spule produziert in der Tat unter den realen Einsatzbedingungen (zusammen mit dem Transistor) einen gewissen hörbaren Eigenklang. Die verbleibenden Bauelemente gehen mit ihren üblichen Toleranzen natürlich ebenfalls (leicht) mit in die Sound-Bildung ein. Bei einem nicht zufriedenstellendem Klang kann zu guter Letzt auch noch der Zahnstangen-Antrieb zur Verantwortung gezogen werden, der, sei es durch schlampige Werksmontage oder durch allzu massiven Fußbetrieb, dejustiert sein könnte.

Der WahWah-Schaltkreis wurde damals schnell von jedem Effektgeräte-Hersteller mit leichten Modifikationen angeboten und es entstanden gut klingende Clones von z. B. Colorsound, Maestro oder Tycobrahe. Häufig wurde auch das Wah in Verbindung mit einem Fuzz oder Volume im gleichen Pedalgehäuse angeboten. Das Mitte der 70er in Deutschland verbreitete Ibanez-Fuzz-Wah, hergestellt von Maxon, kombinierte das Superfuzz des US-Produzenten Univox/Unicord mit dem Vox-Wah und klang abenteuerlich. Das dagegen großartig klingende Pedal von Colorsound mixte den Wah-Effekt mit einer Vox-ToneBender-Variante.

Auch aus deutscher Produktion, und zwar aus dem Hause Schaller, erschien gut Klingendes, wie z. B. das Schweller-WahWah mit Umschaltung zum Yoy-Yoy-Effekt. Dieses Pedal war eine Kopie des Kent-Bow-Wow/Yoy-Yoy-Pedals. Hier konnte ein zusätzlicher Saugkreis (LC-Reihenschwingkreis) zugeschaltet werden, der ein Frequenzloch zwischen 2,5 und 3,5 kHz produzierte und dieses dann zwischen zwei Peaks einbettete (s. Abb. 7).

Wah

Durch einen unüblich großen Eingangs-Elko von 10 μF werden die Bässe unter 400 Hz, im Gegensatz zum Orginal, nicht herausgefiltert; dort befindet sich ja an dieser Stelle ein Kondensator von 10 nF (s. Abb. 5). Deshalb produziert das Schaller einen voluminösen Bass, der z. B. einer Stratocaster gut zu Gesicht steht. Ein zusätzlicher dritter Transistor bildet einen kleinen, aber feinen Booster, der das Ausgangssignal noch subtil nachwürzt. Er verstärkt nicht viel, so um die 6 dB, die jedoch durch einen nachfolgenden Spannungsteiler wieder auf 1dB zurückgenommen werden. Dieser Transistor reichert das Signal zudem leicht mit silbrigen Oberwellen an. Resultat: Das Schaller-Pedal klingt fett, druckvoll und produziert im besten Sinne jede Menge Sound.

Im Laufe der Zeit wurde auch von einigen Produzenten viel an der Wah-Schaltung „verschlimmbessert“. Hier ein zusätzlicher Transistorpuffer im Eingang, dort Transistoren mit absurd hohen Stromverstärkungen oder gar ICs sowie weitere Verwirrtheiten, die dem Ton schlussendlich den Garaus bereiteten und nicht selten in einem akustischen Fiasko endeten. Das Original, meine ich jedenfalls, ist einfach gut, auch ohne Multi-Rotary-Switch oder „Mäuseklavier“ zur tausendfachen Güte- und Resonanzfrequenz-Umschaltung.

Schlussendlich einige bewährte Modifikationen: Zum Variieren der Grundresonanzfrequenz wird der 10 nF-Schwing-Kreiskondensator, zwischen Spule und Emitter von T2 gelegen, umschaltbar realisiert; größere Werte verschieben die Resonanzfrequenz nach unten. Zum Variieren der Resonanzhöhe muss der 33 kΩ-Widerstand parallel zur Spule verändert werden. Weitere Ansatzpunkte: der 1,5 kΩ- vor der Spule, der 68 kΩ-Eingangswiderstand (beide beeinflussen Eingangslautstärke und Verzerrung) sowie die 10 nF-Eingangskapazität zur Bass-Feinabstimmung können variiert werden. ■

Aus Gitarre & Bass 02/2006

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