Vintage Edel-Tuning:

52er Gibson Les Paul Goldtop wird zu einem 59er Modell (Teil4)

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Mit dieser Folge schließen wir die vierteilige Artikelreihe ab, in der der Umbau einer originalen Gibson Les Paul Goldtop von 1952 beschrieben wird. Ziel war das Erreichen des Heiligen Grals, denn die von mir „behandelte“ Goldtop sollte am Ende des Weges so klingen wie eine 1959er Les Paul.

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Trotz „Pimping“ eine stimmige Optik

In der letzten Ausgabe hatten wir das Bett für die etwas breiteren Humbucker bereitet. So, dann nur noch die Pickups rein! Normale, hohe Pickup-Rähmchen sind wegen des flacheren Halswinkels der ersten Les-Paul-Baujahre tabu. Für den Steg-Humbucker passt zwar das übliche Halspickup-Rähmchen, für den Hals-Pickup muss ein selbiges unten abgeschliffen werden. Für ein vernünftiges Ergebnis geht das am besten mit der großen Kantenschleifmaschine, was aber trickreich (auf ein Holzbrett geklebt) und nicht ganz ungefährlich ist: Das Ding läuft dafür eigentlich zu schnell. Also bitte auf keinen Fall nachmachen!

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Übrigens: Vielleicht könnte die mir bitte auch jemand pimpen? Eine Geschwindigkeitsregelung für diese Drehstrommaschine wäre etwas Feines … also her mit den Vorschlägen!

Jetzt noch die Humbucker eingebaut und angelötet sowie die Schraubenlöcher für die Befestigungsschrauben der Rähmchen bohren und vorsichtig festschrauben. Fertig! Ja, nein, halt! Beim Löten von derart alten Kabeln bitte unbedingt vorher den Gleichstromwiderstand messen. Das isolierende Stoffgewebe wird gerne genau an der Stelle, an welcher das Pickup-Kabel früher angelötet war, brüchig. Da kann sich also unbeabsichtigt ein Kurzschluss – oder schlimmer noch – ein Klang beeinträchtigender Fast-Kurzschluss einschleichen. Von daher bitte auch nicht zu lange mit dem Lötkolben braten.

So jetzt aber: Habe fertig! Die Spannung steigt – neue Saiten drauf – an den Amp – und los.

Erster Eindruck, Steg-Humbucker: Das rockt!!! Der alte Pat-Number-Pickup, den der Kunde mitgeliefert hatte, passt hier wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Fettes Pfund, genau die richtigen Mitten für die verzerrten Sounds, nicht zu dünn in den Höhen und genügend Wumms unten rum. Keine Frage: Das ist ein Referenz-Sound!

Zweiter Eindruck, Pickup-Schalter auf Mittelstellung: Sehr schöne, durchsichtige Rhythmus-Sounds, die sich mit den beiden Volume-Potis gut variieren lassen. Auch hier gibt es nichts hinzuzufügen.

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Und fertig – die Spannung steigt

Dritter Eindruck, Hals-Pickup: Überraschung … der legendäre PAF, der hier eingebaut werden sollte, macht einen etwas zu weichen Sound – da fehlt das Timbre „oben rum“, irgendwie zu brav – mir jedenfalls. Möglicherweise ist der Magnet im Laufe der Jahre schon zu schwach geworden. Na ja – ist irgendwie alles Geschmacksache und auch eine Frage, wie das alles mit dem Amp-Setup (und nicht zuletzt den Sound-Vorstellungen) des Besitzers harmonieren wird.

Außerdem handelt es sich bei diesem PAF um eine „Short Magnet“-Version. Die „richtigen“ und vermeintlich „ganz guten“ PAFs hatten bis Baujahr 1961 einen etwas längeren Magneten. Leider wurden damals allerhand verschiedene Alnico-Mischungen (2er/3er/5er) verbaut, was die Suche nach dem „richtigen“ Exemplar weiter erschwert. Ab 1961 wurde dann standardmäßig Alnico 5 verwendet, aber in der bis heute aktuellen Version mit kürzeren Magneten verbaut.

Ach ja – vierter Eindruck, der Wichtigste: Diese Gitarre klingt wie ein Gong! Nach dem Anschlag der Saiten steht der Ton im Raum und entwickelt sich – und entwickelt sich – und entwickelt sich – die Gitarre will gar nicht mehr aufhören zu schwingen! Die Obertöne mischen sich Zug um Zug wie ein ganzes Orchester zum Grundton dazu. Ganz großes Kino! Egal ob schwacher oder starker Anschlag, das Instrument zelebriert eine derart feine Tonansprache, dass sich jeder gespielte Ton voll entwickelt. Nur wenige Instrumente haben eine hiermit auch nur im Ansatz vergleichbare Klangqualität.

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Noch ein letzter wehmütiger Blick auf die alte P-90er-Bestückung

Jeder noch so kleine Dreh am Tone-Poti ändert die Stimme von diesem Instrument. Erst gehen fast gar keine Höhen weg – eher Mitten. Der Sound wird leicht durchsichtiger, insgesamt etwas weniger „knackig“ von unten her. Ein Stückchen weitergedreht, wird er dann im Höhenbereich weicher, dicker im Mittenbereich und das ohne zu Mulmen. Mir sind bislang nur wenige Tonregler/Pickup-Kombinationen untergekommen, die solche Klangerlebnisse ermöglicht und bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Kein Wunder, dass die Gibson Les Paul Gitarren aus den Fünfzigerjahren einen derart legendären Ruf haben – das ist schlicht und ergreifend der heilige Gral!

Nicht auszudenken, was so ein Instrument in den Händen eines fähigen Gitarristen alles zu leisten vermag. Aus meiner Sicht war es also im Nachhinein eine gute Entscheidung, eine eigene, bekannt gute und ans Herz gewachsene Gitarre zu pimpen und nicht etwa das Risiko einzugehen, sich ein unbekanntes Instrument zu kaufen und dort unter Umständen viel Geld zu versenken.

Kosten

Würde man eine noch jungfräuliche und nicht modifizierte Les Paul von 1952/1953 auf die 59er Spezifikationen umbauen, also inkl. Steg, Saitenhalter, Bünde, CTS Potis, Bumble Bee Repliken und Arbeitszeit, wäre der finanzielle Aufwand dafür sicherlich gerade noch knapp dreistellig. Dazu müssten aber noch zwei alte, originale PAF Humbucker her (Stückpreis ca. € 1000) sowie natürlich noch das Instrument selbst, das ca. € 15.000 kosten kann.

Je nach Zustand findet man derzeit in den USA auch schon mal Exemplare für unter 10.000 Dollar. Beim Umrechnen bitte Transportkosten (ca. 200 Dollar), Zoll (ca. 4,5 %) und Einfuhrumsatzsteuer (19 %) nicht vergessen. Unter dem Strich bekäme man also für deutlich unter € 20.000 den Heiligen Gral. Was günstig ist, denn dann hätte man bei gleichem klanglichen Ergebnis nicht weniger als ca. € 120.000 am Preis einer 1957er Humbucker-Goldtop und über € 200.000 am Preis einer 1958er – 1960er Standard gespart.

Außerdem hat man das unvergleichliche Gefühl und die Gewissheit, ein wirklich altes Instrument zu spielen und zu besitzen. Also keine neue Les Paul, wie gut die auch immer umgebaut und gepimpt sein mag. Ganz zu schweigen von der Exklusivität, die solch ein Instrument quasi eingebaut hat. Schade, dass dieses Instrument schon wieder die Werkstatt verlassen hat.

Ich hoffe, die kleine Serie, die erfolgreich einen Weg auf der Suche zum Heiligen Gral beschrieben hat, fand Gefallen!


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2010)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ein Hammer dieser Gitarrensound. Schade, dass man für dafür derart viel Geld investieren muss.

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  2. Ich hatte an Ostern eine 1956er Les Paul neu bundiert. Das ist die Version, bei welcher schon TOM Steg und Stoptail-Saitenhalter serienmäßig verbaut sind, aber noch P-90 Pickups. Auch diese hatte ein ähnliches Klangverhalten, wie die oben beschriebene Gitarre. Der Ton entwickelt sich einfach “dreidimensional” und baut Obertöne über Obertöne auf.

    Aber ich kann Dich beruhigen: Bei weitem nicht alle dieser alten Les Pauls aus den 1950er Jahre haben den “Helligen Gral -Sound”. Nicht wenige hatte ich schon auf dem Tisch, bei welchen ich nicht in’s Schwärmen geraten bin. Andererseits gibt es auch unter den neuen Gitarren Ausnahmeinstrumente, welche den Alten durchaus das Wasser reichen können – ganz ohne teure Paf’s und ohne teure, “angeblich” echt alte Hardware. Hier gibt man zwar auch ein paar Euro-Tausender aus, aber man muß nicht gleich fürchten, überfallen zu werden oder bei einem Sturz eine fünfstellige Summen zu vernichten.

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  3. Feine Serie, genau mein Ding!
    PS Für den Maschinenpimp muß mal ein Foto insbesondere vom Typenschild her… (Mail@weitz-elektro.de) LG

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  4. Was für ein blödsinniges Unternehmen, ein Original so zu verunglimpfen und viele tausender als Wert zu vernichten.
    Für einen angeblich besseren Klang.
    Ich habe schon hunderte Gibsons umgebaut oder gepimmt, wie man es auch nennen möchte. Auch schon gut ein Dutzend Originale aus der ’57 bis ’60 Ära.
    Aus jeder Gibson kann man ein spitze klingendes Instrument machen!!! Dazu braucht man nicht ein originales zu verhunzen.
    Und auch bei den Originalen gibt es Exemplare, die nur Sammlerwert besitzen und klanglich nicht überzeugen.
    Das selbe gilt auch für die Pickups, insbesondere auch die Humbucker.
    Und was man mit einem Tonpoti erreichen kann entscheidet ein billiger Kondensator, das ist keine Zauberei.
    Man kann sich aber so einiges einbilden.
    Aus meiner Sicht als langjähriger Luthier ist hier mutwillig ein wertvolles Instrument zerstört worden.

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    1. Jepp, dem schließe ich mich an.
      Die Fotos tun echt weh.

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