Vintage Guitars

Der Vintage-Virus hat die Gitarrenwelt erfasst. Hier bekommst du Experten-Tipps, Kaufratgeber, Standpunkte, Trends und Vintage-Fan-Sammlungen.

Vintage-Archtops gehen immer gut. Dazwischen auch manche Gitarren mit berühmten Vorbesitzern wie ganz rechts eine Gibson von Richie Sambora (Bild: Thomas Berg)

Das Vintage-Virus stammt aus den USA und hat viele amerikanische Gitarren befallen. Besonders heftig hat es die E-Gitarrenmodelle erwischt, bei denen die Popularität einiger weniger Gitarrenhelden am Anfang einer schier endlosen Preisspirale stand. Doch worauf sollte man beim Sammeln achten? Woran erkennt man eine gefälschte Vintage Gitarre? Und eignen sich Vintage Instrumente als stabile Wertanlage? Wir haben Vintage Experten befragt!

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Tipps von Vintage Guitars Oldenburg

Vintage-Ratgeber: Akustikgitarre kaufen

Video-Serie: Vintage-Fans & ihre Sammlungen

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Tipps von Vintage Guitars Oldenburg

Woran erkennt man eine gefälschte Vintage Gitarre? Worauf sollte man beim Sammeln setzen oder eignet sich eine Vintage Guitar als stabile Wertanlage? 2016 traf Gitarre & Bass Autor Franz Holtmann Vintage Guitars Experten Jörn Eisenhauer von Vintage Guitar Oldenburg.

Wie hat sich das Geschäft in den letzten 10, 15 Jahren gewandelt?

Da ist ja viel passiert. Es gab einen enormen Boom so um 2007/2008, die Nachfrage wurde auf einmal riesengroß, ausgelöst angeblich durch Artikel in einem amerikanischen Broker-Magazin, wo Vintage-Gitarren als eine der weltbesten und sichersten Anlagen angepriesen wurden. Daraufhin war nicht nur in Amerika die Nachfrage riesig, sondern auch bei uns. Unsere Liste wurde immer kleiner, weil wir keinen Nachschub mehr reinbekamen, die Preise sind förmlich explodiert.

Das Team des Vintage Guitar Shop Oldenburg, v.l.n.r. Steffen, Jörn, Antonio und Hartmut.
Das Team des Vintage Guitar Shop Oldenburg, v.l.n.r. Steffen, Jörn, Antonio und Hartmut.

Es war aber abzusehen, dass das so nicht weitergehen konnte und als die Preise dann stagnierten, weil keiner mehr zu diesen Kursen kaufen wollte, kam innerhalb weniger Monate alles wieder auf den Markt. Die Gitarren waren ja noch da, lagen unter den Betten oder sonst wo – ganze Sammlungen wurden wieder angeboten.

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Gewinnmitnahme würde man wohl in der Aktiensprache sagen.

Ja genau! Die Leute dachten: Mensch, ich hab zehn alte Strats, kann ich mir ein Haus von kaufen, also schmeiß ich sie auf den Markt. Angebot und Nachfrage haben sich dann wieder umgekehrt. Das Angebot war deutlich größer als die Nachfrage und genauso wie es hoch ging, ging es auch wieder runter. Wenn man sich aber die langfristige Preisentwicklung anguckt, dann ging es, von Ausreißern einmal abgesehen, konstant nach oben.

War die Finanzkrise dann nicht ein Ausreißer nach unten?

Kann ich für uns nicht bestätigen. Das hat sogar die Nachfrage auf dem Vintage-Markt noch beflügelt. Die Leute waren von Aktien enttäuscht und sind eher in Sachwerte gegangen. Das haben wir schon ein paar mal bemerkt: Wenn’s kriselt, beflügelt es unser Geschäft eher.

Du würdest also schon sagen: Insgesamt gesehen ist das eine stabile Angelegenheit?

Würde ich sagen. Dieser Ausschlag nach oben oder nach unten hat ja auch nicht alle Gitarren betroffen. In ersten Linie waren das Pre-CBS-Strats und alte Les Pauls – die sehr gefragten Instrumente. An 70er-Jahre-Gitarren z.B. ging das total vorbei, die hatten eine konstante leichte Wertsteigerung.

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Schon erstaunlich aber, was da jetzt für 70er-Jahre-Strats schon aufgerufen wird, oder?

Das muss ich auch sagen. Weil die jetzt über 40 Jahre alt sind, werden sie zu den Vintage-Gitarren gezählt. Gerade Baujahr 70 ist so ein Knackpunkt, was die Preise betrifft. Alles davor geht schon eher in den fünfstelligen Bereich, aber Strats mit Dreilochbefestigung gehen dann doch deutlich nach unten, das können sich Musiker leisten. Bei Fender waren da ja auch immer noch gute Instrumente dabei. Die frühen 70er Fenders sind eigentlich noch gute Gitarren.

Außer dieser Vierloch- auf Dreiloch-Halsbefestigung hat sich da bis 73 nicht so viel geändert. Was Fender und Gibson dann Mitte bis Ender der 70er gebaut haben, das ist natürlich teilweise sehr zweifelhaft. War jetzt auch nicht alles Müll, aber häufig sehr schwer. Gewisse Farben wie Walnut, die 20, 30 Jahre kein Mensch haben wollte, sind übrigens inzwischen im Kommen. Liegt wohl auch am Preis. Das sind junge Musiker, die jetzt gucken: was kann ich mir denn noch leisten. Die wollen auch schon gerne was Altes haben, weil das noch individuelle Gitarren waren.

Du hast also den Eindruck, dass eine junge Generation sich zunehmend für Vintage-Gitarren interessiert?

Vor acht bis zehn Jahren hatte ich so ein bisschen die Befürchtung, die Vintage-Szene stirbt aus, da die Interessenten im Rentenalter sind. Seit ein paar Jahren kommen aber sehr viele Musiker nach, handgemachte Musik ist ja auch wieder angesagt, der Nachwuchs spielt wieder Gitarre. Wir haben inzwischen einen sehr großen Anteil an jüngerem Publikum, so zwischen 25 und 30.

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Was sind die beliebtesten Vintage Gitarren?

Es steht immer noch meistens Gibson oder Fender drauf. Ganz selten sind es andere Sachen. Die Booms werden ja meistens in den USA ausgelöst. Bis sich das dann bei uns niederschlägt, dauert es immer ein bis zwei Jahre. Vor zwei Jahren ging etwa der Run auf die frühen noch in Fullerton gebauten 80er-JahreFender-Vintage-Reissues los. Bei uns konnte man sie noch für um die € 1200 kaufen, aber drüben lagen sie auf einmal bei $ 2000 und stiegen immer weiter bis auf $ 3000 und darüber. Bei uns sind die aber nun auch deutlich im Steigflug. Wahrscheinlich wird das auch für frühe Custom-Shop-Instrumente so kommen. Vermute ich auch mal.

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Ist in Kürze eine gewisse Schwemme an Vintage-Instrumenten zu erwarten, wenn die alte Spielergeneration das Handtuch schmeißt?

Wir bemerken das schon. Wir haben im letzten Jahr vier komplette Sammlungen reinbekommen, wo der Mann gestorben ist und die Frau sich über die Mitmusiker an uns gewandt hat. Ganze Sammlungen zu verkaufen, davon rate ich aber ab, es sei denn, man will das Zeug für ‘n Appel und ‘n Ei auf den Markt schmeißen. Das wird jedenfalls sicher noch zunehmen.

Kaufst du immer oder machst du auch Kommissionsgeschäfte?

Wir machen überwiegend Kommissionsgeschäfte. Wir können unmöglich alles kaufen, was uns angeboten wird und es ist auch für beide Seiten lukrativer. Gegen bar kaufen wir auch nur gängige Sachen. Früher haben wir den Fehler gemacht, alles Mögliche zu kaufen, nur weil es billig war und da hast du den Laden irgendwann voll mit Kram. Man muss abschätzen können, dass etwas auch wieder weggeht. Du bist lange im Geschäft und hast dich entsprechend intensiv mit Authentizität auseinandergesetzt.

Wie sieht das zurzeit aus mit gefälschten Vintage Instrumenten?

Ist leider ein großes Thema und das auch schon ziemlich lange. Ich kann mich erinnern, dass auf einer Vintage-Show vor über 20 Jahren die ersten Fakes auftauchten, die auch damals noch so deklariert wurden. Nach dem Motto: Guck mal hier, haben wir die nicht toll hingekriegt. Einige dieser Gitarren sind mir später wieder untergekommen, da sollten sie dann angeblich original sein.

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Schwerpunkt in dieser Sache?

Strats, ganz eindeutig Strats. Jedes Teil kriegst du heute geaged und die Teile werden immer besser. Wir geben auch schon seit Jahren keine Infos mehr raus, woran wir das erkennen, denn das liest der Fälscher auch und macht es beim nächsten Mal noch besser. Wir kaufen regelmäßig solche Parts auf, nur um zu gucken, wo kann ich den Unterschied noch feststellen, aber es wird immer schwieriger. Mittlerweile sagen wir, wenn wir die Geschichte der Gitarre nicht wenigstens 10, besser 20 Jahre oder noch länger zurückverfolgen können, lassen wir die Finger davon. Speziell bei Instrumenten, wo dubiose Geschichten dahinterstehen. Die Fakes werden immer besser, viel kommt aus England, auch aus den USA und bevor wir uns die Finger verbrennen, lassen wir sie lieber ganz davon.

Wie ist denn da die Größenordnung?

Bei uns kommt das regelmäßig vor. Speziell bei Strats stellen wir etwa bei 70 % der Gitarren fest, dass da irgendwas nicht stimmt. In der Regel sagt es der Verkäufer aber dazu, wenn er es weiß.

Wir reden jetzt nicht davon, dass mal ein Poti ausgetauscht wurde, oder?

Neenee, wir haben das mindestens jedes zweite Mal, dass Leute reinkommen, haben die Gitarre vielleicht sogar schon zwanzig Jahre, sind der Meinung es ist alles original, weil die die so gekauft haben und wir stellen fest, nee, die ist mal refinished worden, vielleicht schon vor 30 Jahren.

Woran erkennt man eine Fälschung?

Man muss unter UV-Licht gucken, man muss teilweise auch Proben entnehmen, Lackanalysen machen. Ohne Lupe und Mikroskop sagt unser Repair-Mann Hartmut gar nichts mehr.

Der Wertverlust ist aber zum Teil auch schon krass bei kleineren Veränderungen.

Das ist leider so. Eine pre-CBS Strat mit einem Fünfweg-Schalter drin, das setzt den Wert schon deutlich nach unten.

Was natürlich ziemlich lächerlich ist.

Ja, ist lächerlich. Der Punkt ist aber: An dieser Gitarre ist was gemacht worden. Man muss dann schauen, ist da vielleicht noch mehr gemacht worden. Waren da mal neue Potis drin und sind dann vielleicht alte wieder reingekommen? Eine wirkliche Untouched-Gitarre hat eine ganz andere Wertigkeit.

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Das ist dann leider auch der Sammleraspekt. Das ist nur der Sammleraspekt!

Klar, für den Player ist ein Fünfwegschalter von Vorteil. Auch wenn wir Sachen in Kommission verkaufen, bekommt der Käufer von uns ein Gutachten dazu, wo genau drinsteht was original ist und was nicht. Darauf kann er sich später auch berufen. Der Verkäufer kann sagen, hab ich nicht gewusst, ich bin Laie, aber wir stehen dafür gerade.

Da bringst du sicher auch manchmal jemanden zum Weinen, oder?

Wir hatten kürzlich mal den Fall. Da kamen zwei ältere Herren um die 70 mit einer schönen weißen Strat. Der Besitzer war der Meinung, er hätte die vor 40 Jahren komplett original gekauft. Wir haben sofort gesehen, so ein strahlendes Weiß, das kann nicht sein und beim Aufmachen kamen auch noch Fräsungen zum Vorschein. Sein Kollege wusste dann: Du hast doch damals dieses und jenes gemacht. Er konnte sich nicht erinnern, hat dann aber alte Fotos gefunden, wo man einen dicken Schalter sah, wo keiner hingehörte. Eine schöne weiße „near mint“ Strat von 1963 läge um die € 20.000; wir sind am Ende mit allen Modifikationen und getauschten Parts bei € 5000 gelandet. Das war natürlich recht enttäuschend.

Gibt es Schläfer, bisher unbeachtete Instrumente, die heute in der Wertschätzung steigen?

Was jetzt so ein bisschen im Kommen ist, sind Jaguar und Jazzmaster. Einerseits gibt es die Sammler, die sagen: Alte Pre-CBS-Strats kann und will ich mir nicht mehr leisten, die gehen dann eher auf Jazzmaster oder Jaguar. Aber auch die Player und wieder die jüngeren Leute gucken nach diesen Gitarren.

Spielt gelegentlich der Gedanke fehlender Altersvorsorge bei Musikern eine Rolle?

So ist es. Fast jedes Mal wenn Profis solche Gitarren kaufen, tun sie das auch unter diesem Aspekt.

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Was kann man ausgeben, wie hoch sind die Spitzenpreise bei dir?

Wir haben schon ein paar Strats zwischen € 20.000 und € 30.000 da. Sind noch andere Tends im Vintage-Bereich zu beobachten? Da ich selber Bassist bin, hab ich natürlich auch eine ganz schöne Sammlung an Bässen da und da gibt es eine Tendenz vom Fender Jazz Bass zum Precision Bass. Der Preci ist wieder der absolut angesagte Bass, nicht nur im Blues-Rock, fast in allen anderen Bereichen auch. Er holt den Jazz Bass gerade preislich ein und ich vermute, dass er ihn sogar noch überholen wird. Ich verkaufe im Moment wohl drei Precis, bevor ich einen Jazz Bass loswerde.

Wie sieht es bei Vintage-Amps aus?

In den letzten fünf Jahren gibt es ganz klar einen Trend zu kleinen Röhren-Combos mit Hall. Alles wo Fender und Reverb draufsteht, auch aus der Silverface-Serie, die ja nicht soviel anders sind als die Blackface-Modelle, aber vom Preis her deutlich drunter liegen. Bei Marshall gibt es den eindeutigen Trend zu alten Modellen, so frühe 70er-Jahre, 50- und 100-Watt-Tops.

Kommt dir schon noch mal ein 60er-Jahre-Marshall-Amp unter?

Kommt schon mal rein, die sind in der Regel aber sofort an vorgemerkte Kunden weg, wenn der Preis stimmt. Die schaffen es manchmal nicht mal auf die Website. Wir haben Gesuche-Listen, wie auch Angebotslisten. Wenn jemand das möchte, dann kommt er bei uns in die Gesuche-Kartei und dann bekommt er Bescheid.

Wie steht es um die Vernetzung mit anderen Vintage-Händlern?

Wir stehen in Kontakt und tauschen uns auch mit anderen Händlern regelmäßig aus in ganz Deutschland aber auch in Europa. Wir haben untereinander ein entspanntes Verhältnis, denn die Konkurrenz ist eher gering. Interview: Franz Holtmann

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Vintage-Ratgeber: Akustikgitarre kaufen

Sicher wird die persönliche Gitarre eines berühmten Akustikgitarristen auch wertvoll, das betrifft aber dann nur diese eine Gitarre und nicht ihre tausend Schwestern, wie das etwa bei bestimmten Gibson Les Pauls der Fall ist. Wer sich ausschließlich eine Akustik umhängt, ist nun mal weniger Gitarrero, als viel wahrscheinlicher ein singender Poet. Da wird es also eng, in diesem Lager jemanden zu finden, der als Gitarrist den Kultstatus eines Eric Clapton besitzt. Ich versuche es mal mit Django Reinhardt.

Eine originale Selmer Gitarre im berühmten Gypsy-Style aus seiner Zeit ist zwar alles andere als billig, kostet aber immer noch weniger als eine D-28 aus der Golden Era, das Arbeitstier der Bluegrass-Musiker. Eine J-200 aus den 50ern spielt wohl kaum jemand aus dieser Zunft. Obwohl kein Geringerer als Elvis sie spielte, wird sie zu einem Preis gehandelt, der irgendwie noch von dieser Welt ist, während die oben genannte Martin längst eine Außerirdische geworden ist.

Noch mehr Tipps & Tricks zum Kauf einer Vintage Gitarre kannst du dir beim Guitar Summit persönlich von den Experten abholen. Mehr Info’s zu den Ausstellern und Artists vor Ort bekommst du hier!

Was ist Vintage?

Als Freund eines guten Tropfens denke ich da natürlich an Weintrauben, die jedes Jahr anders werden und damit einmalig sind. Auch ein Instrument sollte in diesem Sinn für das Prädikat Vintage, abgesehen vom Alter, in seiner Form neu nicht mehr zu haben sein. Das gilt ganz besonders für Merkmale, die den Klang beeinflussen.

 

Abb.1: Eine frühe Gitarre von D'Angelico
Abb.1: Eine frühe Gitarre von D’Angelico

Nach dieser strengen Vorgabe wäre eine Martin D-18 von 1971 eben nur eine alte Gitarre, weil sich an ihrer Konstruktion bis heute nichts weltbewegendes geändert hat. Eine D-18 von 1969 ist dagegen mit Griffbrett und Steg aus Rio-Palisander ein echtes Vintage-Schätzchen, weil dieses Holz legal nicht mehr zu haben ist, ein erfahrenes Ohr aber seinen Einfluss auf den Klang deutlich heraushört.

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Je älter je besser?

Falsch gedacht! Die gesuchtesten Instrumente stammen fast immer aus einer bestimmten Epoche. Bei Martin begann die Golden Era 1934, als die Gitarren mit dem Halsansatz am 14. Bund aufkamen, und endete 1944 mit dem Wegfall des Scalloped Bracings. Die Martins vor 1934 waren natürlich in nichts schlechter, nur liegt eben diese Halskonstruktion schon seit langer Zeit einfach stärker im Trend. Betrachten wir mit den Gitarren von D’Angelico noch einen weiteren Fall. Wie die Abb. 1 zeigt, orientierte sich der Meister am Anfang stark an der L5 von Gibson, bis er ziemlich bald eigene Wege ging. Erst diese späteren Instrumente trafen mehr und mehr den Nerv vieler Jazz-Gitarristen, und sie werden deshalb heute viel höher als seine frühen Instrumente gehandelt. Schauen wir noch auf die L-12 von Gibson auf der Abb. 2.

Abb. 2: Gibson vom Feinsten
Abb. 2: Gibson vom Feinsten

Dieses Modell von 1937 hat einen 17 Zoll breiten Body und eine kreuzbeleistete Decke aus Adirondack-Fichte. Spätere Modelle mit parallel beleisteter Decke aus Sitka-Fichte sind für rein akustisches Spiel weniger gesucht. Wenn diese L-12 allerdings gegen eine spätere L-12 mit Cutaway antreten müsste, würde sich der Spieß gerade umdrehen, weil Gitarren mit Cutaway aus dieser Zeit sehr selten sind. Diese Gitarre wäre eher für Spieler interessant, die eine moderne Gitarre für den Live-Einsatz haben wollen. Wenn dann noch am Ende des Griffbrettes zwischen Decke und Saiten genug Platz für einen Pickup ist, wird sie für gut das Doppelte als die ältere Schwester ohne den Cutaway gehandelt. Zurück zur Übersicht

Vintage schon im Kindesalter?

Wir wollen diese Frage nach der Betrachtung des folgenden Beispiels offen lassen. Links auf der Abb. 3 grüßt eine Guild F-30 NT HG, Made in USA, 1998. Fender besaß zwar damals schon die Rechte für Guild, ließ die Crew in Westerly im alten Guild-Werk aber nach wie vor waschechte Guilds bauen.

Abb. 3: Guild Ost trifft Guild West
Abb. 3: Guild Ost trifft Guild West

Da ist die Schönheit mit der Bezeichnung GAD30 NAT rechts im Bild deutlich anders gestrickt. Sie kommt aus China, wo seit einiger Zeit auch Guild-Gitarren nach Vorgaben aus USA auf hohem Qualitätsniveau gebaut werden. Die hübsche Chinesin singt ziemlich anders als die Amerikanerin, eher ein Stück in Richtung Martin und zwar in der gleichen Liga, damit keine Missverständnisse aufkommen.

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Da wollen wir natürlich auch etwas über das Innenleben der beiden erfahren. Wir sehen auf der Abb. 4, dass das Mädchen mit den Mandelaugen eine leichte und dazu noch sehr kunstvoll gearbeitete Corsage mit einem eigenständigen Scalloping trägt. Dagegen wirkt das, was das Mädel aus Westerly zu bieten hat, doch eher propper und gediegen, siehe Abb. 5. Genauso kann ich auch ihren Klang beschreiben, positiv gemeint, versteht sich.

Fragt mich nicht, welche der beiden Gitarren die bessere ist, ich kann nur soviel sagen, dass die Neue meine Hochachtung vor den Guilds aus USA nicht erschüttern kann. Guild beschert uns ohne Frage eine tolle Gitarre für kleines Klimpergeld, aber wir haben einen von vielen geschätzten Klang nun wohl endgültig verloren. Damit trägt die kleine Amerikanerin bereits im jugendlichen Alter schon einen Hauch von Vintage mit sich.

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Vintage muss noch nicht teuer sein

Hier dürfen die Namen Kay und Harmony nicht fehlen, schließlich haben sie Unmengen von Instrumenten an Spieler gebracht. Die Palette reichte vom billigen bis zu profitauglichen Instrumenten.

Abb.6: Harmony, Kay & Co.
Abb.6: Harmony, Kay & Co.

Die auf Abb. 6 gezeigten Instrumente sind im mittleren Bereich anzusiedeln. Links zeigt sich eine Dreadnought von Kay, vermutlich aus den frühen Sechzigern, rechts posiert eine Harmony, Modell 162, etwa aus der gleichen Zeit. Das kleine Baby in ihrer Mitte heißt ganz groß Orpheum Leader und stammt mit Sicherheit auch aus dem Hause Kay.

Abb. 7: Harmony, profitauglich
Abb. 7: Harmony, profitauglich

Wir sehen auf der Abb. 7 Altmeister Mance Lipscomb, der seine Aufnahmen aus den 60ern mit einer Harmony Souvereign einspielte. Beim Blick in das Innere der Harmony auf Abb. 8 taucht die gute Frage auf, ob bei den Nobelmarken vielleicht mit Leim gespart wird, um damit das gewohnte klinisch saubere Innenleben möglich zu machen. Dieser Harmony mangelt es jedenfalls nachweislich nicht an Leim und die übrige bauliche Qualität garantiert, dass sie bei richtiger Behandlung ein Menschenleben überdauern kann.

Abb. 8: Am Leim wurde nicht gespart
Abb. 8: Am Leim wurde nicht gespart

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Die neue Golden Era

Viele Gitarrenbauer haben mittlerweile die alten Instrumente genau studiert und konnten daraufhin bessere Gitarren bauen, egal ob das nun Kopien waren oder ob sie das Know-how in ihre eigenen Konstruktionen einbrachten. Damit begann schon vor über 30 Jahren eine neue Golden Era des Gitarrenbaus, von der allerdings viele bis heute noch nichts mitbekommen haben, weil sie die ganze Zeit dem Charakter eines ganz bestimmten Instruments hinterhergelaufen sind.

Abb. 9: Ohne Worte
Abb. 9: Ohne Worte

Ich will ja keinem auf die Zehen treten, aber das, was der Spruch auf der Abb. 9 absondert, ist nicht nur armselig, sondern es wird auch den vielen Facetten, die diese Musik heute besitzt, definitiv nicht gerecht. Es braucht doch wirklich nur winzige Abstriche beim Klangcharakter und natürlich die Abkehr von Marken, deren Vintage-Instrumente heute wie Aktien benutzt werden, um eine Gitarre aus unserer Zeit zu finden, die sich hinter den unbezahlbaren Oldies absolut nicht zu verstecken braucht, nur weil sie anders ist.

In dem Sinne: Augen und vor allem Ohren immer schön offenhalten!

Text: Helmut Grahl

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Video-Serie: Vintage-Fans & ihre Sammlungen

Es gibt eine Reihe vom Vintage Virus befallener Musiker – darunter auch  bekannte Schauspieler. Hier kommen einige bemerkenswerte private Vintage-Sammlungen! Viel Spaß beim Schmachten…