Hoyer Gitarren

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Gegründet wurde die Firma Hoyer 1874 in Schönbach/Egerland. Nach 1945 zog das Unternehmen nach Tennenlohe bei Erlangen, wo Arnold Hoyer sich schnell mit sehr guten Konzertgitarren, ab Ende der 40er Jahre dann vor allem mit originell designten Schlaggitarren einen Namen bei Musikern machte.

Hoyer Guitars LogoIn den 50er Jahren wurden dann auch Hoyer Gitarren Modelle mit Tonabnehmern angeboten. Ab 1967 übernahm Hoyers Sohn Walter das Unternehmen und setzte zeitgemäß auf Semiakustik- und Solidbody-E-Gitarren. Nach wirtschaftlichen Problemen wechselte das Unternehmen in den folgenden Jahren mehrfach den Besitzer; zuletzt wurden unter dem Namen Hoyer solide, überwiegend in Asien hergestellte Instrumente der mittleren Preisklasse vertrieben.

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Hoyer Telecaster

Nicht nur in Japan, auch in Deutschland wurde bekanntlich kopiert, was das Zeug hielt. Die großen Vorbilder hießen, wie überall auf der Welt, Jazz-Bass, Telecaster, Les Paul, Stratocaster, Jazzmaster und SG – und die Firmen Höfner, Framus, Klira und auch Hoyer klonten die amerikanischen Vorbilder: mal rustikal, mal ganz ordentlich und in einigen Fällen auch recht kreativ, was in Weiterentwicklungen bzw. intelligent gemachten Interpretationen des Originals endete.

Hoyers späte Version der Fender Telecaster ist einer der letzgenannten Glücksfälle und die Gitarren dieses Typs gehören mittlerweile mit zu den gesuchtesten Oldies made in Germany.

Hoyer Gitarren

Interessanterweise waren zuletzt einige der ebenfalls begehrten Hoyer Flying Vs auf eBay im Angebot und gingen zu recht moderaten Preisen um die 500 Euro über die virtuelle Theke, ebenso einige Les Pauls. Eine intakte, originale Hoyer SG habe ich schon länger nicht gesehen, ebenso wenig eine Telecaster – und daher freute ich mich wie ein Lottogewinner, als mir einer dieser schönen Teleclones von einer Händler-Website entgegenstrahlte.

Eigentlich war Hoyer immer recht schmerzfrei, was die eigenen Klassiker-Kopien anging, bevor der Hersteller ab Mitte der 70er zu ganz großartigen eigenen Designs fand, die in puncto Ästhetik mehr als originell waren und bis heute unerreicht sind, was die Verbindung von Harmonie und Funktionalität im europäischen Gitarrenbau angeht.

Schmerzfrei insofern, dass auf einer Hoyer Paula auch schon mal „Les Paul Custom“ auf dem Trussrod-Cover (der Halsspannstab-Abdeckung) zu lesen war. Aber wer sprach schon damals Deutsch bei Gibson? Und die genannte andere, kreative Hoyer-Seite brachte bereits in den 50ern mit dem Modell 25 eine Archtop-E-Gitarre mit eingebautem Verstärker (Röhre!!!) und Lautsprecher zustande (ein Verkaufsschlager im kalten Sibirien), mit der 27 und der 32 um 1962 zwei der eigenwilligsten und auch hässlichsten Solidbodies dieses Planeten, mit der Fantastik (Modell 55) auf den ersten Blick eine Gitarre für Kirchenorganisten.

Dann gab es die berühmte Foldaxe, ein Kult-Objekt, nicht nur als Instrument, auch in puncto Design: Eine Reise-Gitarre zum Zusammenklappen, und das funktionierte ohne Verstimmung! Die Foldaxe ist außerdem eine der seltensten E-Gitarren überhaupt.

Die Klappe runter fiel dann einigen Musikern, als dann Ende der 70er die Hoyer Eagle vorgestellt wurde, deren Kopfplatten-Emblem bis heute an einen Reichsadler aus der Nazi-Zeit erinnert – etwas unsensibel. Tolerablere nationalistische Tendenzen befriedigte die HG 651 mit ihrem rechteckigen Korpus (à la Bo Diddley), der mit einem Flaggenmotiv nach Wahl lackiert wurde.

Neben ganz frühen Telecaster-Kopien mit Schraubhals, die bereits Ende der 60er hergestellt wurden, produzierte Hoyer von ca. 1980 bis ’85 dann wie gesagt eine eigene Interpretation des Themas: Es gab die „Telecaster“, die „Black Lady“ (schwarz und mit auffälligem Binding) die u.a. Peter Maffay lange spielte, und später war noch eine „Telecaster Black Star“ im Programm. Bei der hier abgebildeten Gitarre handelt es sich um das Modell „Telecaster“, vermutlich gebaut um 1980.

Hoyer Gitarren

Die Gitarre wird bestimmt von ihrem durchgehenden, aus drei längs verleimten Ahornteilen bestehenden Hals, der relativ schlank und rund ist und auf dem ein schwach gewölbtes, von einfachem Binding eingefasstes Palisandergriffbrett mit 21 flachen Medium-Bundstäbchen sitzt.

Die Saite schwingt ausgehend von geschlossenen Schaller-Tunern auf der passend zum Korpus cherry-burst lackierten Kopfplatte, zwischen einem Messingsattel und den wuchtigen Rollen-Saitenreitern des ansonsten Teletypischen Stegs. Ebenfalls in Chrom-Finish gehalten ist die Reglerplatte mit zwei geriffelten Poti-Kappen und einem Drei-Positions-Wahlschalter vom Les-Paul-Typ. Alles nicht so ganz Tele, könnte man da denken. Richtig!

An den durchgehenden Hals hat man als Korpus zwei schwere Seitenteile aus Mahagoni geleimt, die zweiteilige Decke besteht aus ca. 5 mm dickem Riegelahorn, das mit dreilagigem Binding eingefasst ist. Die Gitarre wirkt sehr edel und sieht aus wie die aufgetakelte schlanke Country-Schwester einer Cherry-Sunburst-Les-Paul-Standard.

Und vom Sound her würde sie mit Humbucker-Bestückung dieses charakterliche Vorurteil sicherlich bestätigen; mit den beiden, sehr kräftigen Singlecoils geht sie allerdings in Richtung P90 und bietet alles andere als den typischen Tele-Twang. Zwar hat sie eine Menge Brillanz im Angebot, aber sie klingt weder glockig noch knackig noch frech wie eine Gitarre in echter Tele-Bauweise.

Ende der 1970er Jahre waren Attribute wie straight-thru-neck, brass-hardware und active-controls, vor allem durch die Ibanez-Artist- und -Musician-Revolution hoch angesehen und Synonyme für Modernität. Aber Hosen mit weiten Beinen haben eben immer wieder Hosen mit engen Beinen abgelöst, und umgekehrt, und wahrscheinlich hat sich sogar der ein oder andere Leser dieses Artikel mal mit Minipli und Bundfalten-Karotten-Jeans ganz cool gefühlt.

Was ist gut? Was ist cool und angesagt? Was ist vintage? Ist vintage gut? Ist vintage angesagt? Ist angesagt angesagt oder abgefahren abgemeldet? In meinem Fall ist es so: Die Hoyer-Tele war neben Nastassja Kinski ein Traum meiner späten Kindheit – und endlich habe ich nach knapp 300 Jahren das Objekt meiner Begierde mal in den Armen, da klingt sie ganz anders als erwartet. Mmh. Ich finde die Gitarre aber trotzdem noch toll, und werde sehen, was sich für mich damit anfangen lässt.

Und vielleicht liegt es ja auch an dem inzwischen ganz dünnen Hals-PU-Sound; da hat sich direkt in der ersten Testphase gezeigt, dass die Wicklung nicht mehr intakt ist und dann werden ganz normale Singlecoils im wörtlichen Sinne zu High-End-Tonabnehmern.

Da kann man also was machen, und genau das werde ich tun. Denn diese ganz besondere Tele-Schauspielerin hat ihre Qualitäten und fühlt sich einfach gut an. Und darum geht’s ja erst mal! Den Rest des Sounds regeln wir im Mix … (Witz ;-))

Einige der hier zu sehenden Abbildungen stammen aus Norbert Schnepel & Helmuth Lemmes Buch „Elektro-Gitarren Made In Germany“ (zu beziehen über www.musikkeller.com); vielen Dank außerdem an www.rareguitar.de und www.wutzdog-guitars.de für fachliche Unterstützung.

Autor: Josef Urbanek