Jazz Lady

Ibanez Joe Pass JP20 Signature made in Japan

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Ibanez & Jazz-Gitarren – das Thema hieß ganz lange George Benson. Und mit dem singenden BeBop-, R&B- und Soul-Spezialisten hatte man schließlich einen echten Popstar an der Angel, der einfach allgemein bekannt und beliebt war – das auch unter Nicht-Jazzern.

Ibanez Joe Pass_010
(Bild: Archiv)

Alte GB10-, und vor allem die großen GB20-Modelle, sind heute teure Sammlerobjekte, und Ibanez hat auch momentan noch vier verschiedene George-Benson-Signatures im Programm; insgesamt waren es bisher mindestens zehn Modelle seit 1978. John Scofield ist der zweite Ibanez-Endorser aus dem Jazz-Bereich, der sich schon lange in diesem Geschäft hält (mit zwei JSM-Modellen), ebenso natürlich Pat Metheny, von dem insgesamt bereits fünf Ibanez-Signature-Modelle im Handel waren.

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Alles bekannte Namen, und umsatzstarke, seit Jahrzehnten sehr aktive Musiker. Eigentlich war auch Joe Pass (*1929 †1994), um den es in diesem Beitrag geht, einer dieser ganz großen Jazz-Gitarristen: im öffentlichen Bewusstsein eher ein Mainstream-Virtuose, aber auch ein einfühlsamer Sideman (z.B. von Ella Fitzgerald oder Oscar Peterson), auch wenn er eine Menge eigener Platten und vor allem sogar etliche unbegleitete Solo-Alben veröffentlicht hat. Berühmt war Pass für seinen virtuosen Picking-Style, mit einem sehr akkordischen Ansatz plus unglaublichen Walking-Bass-Lines und einem Ton, der immer akustische Anteile durchschimmern ließ.

Pass spielte Standards und BeBop wie ein Pianist, mit einer unglaublichen Technik, die aber immer als Musikalität strahlte und nie in der Misson Selbstzweck oder Kollegen-beeindrucken unterwegs war. Und klar: Solche Musiker wie Joe Pass werden zwar Legenden des Genres, aber bei Weitem nicht so populär und reich wie der großartige Pop-Jazzer George Benson – und sie verkaufen naturgemäß auch nicht so viele Signature-Modelle, sofern sie überhaupt mal eins bekommen. Die Ibanez Joe Pass JP20 Archtop wurde zwischen Ende 1980 und 1990 produziert. Über die in Deutschland verkaufte Stückzahl dieses Modells ist nichts bekannt.

Die relativ bescheidene Marktpräsenz lässt allerdings auf eine überschaubare Produktion schließen. Vom deutschen Ibanez-Vertrieb Meinl erfuhr ich, dass für den Weltmarkt insgesamt 2400 JP20-Gitarren hergestellt wurden; also in der betreffenden Dekade ca. 20 pro Monat. Die Gitarre ist eine typische moderne Archtop, dezent angelehnt an manche Modelle von D’Aquisto (die Pass spielte) und D’Angelico, auch die Epiphone Emperor II (ebenfalls ein Joe-Pass-Signature-Modell) passt in diese Reihe. Ibanez stellte die JP20-Modelle zumindest zeitweise bei Terada Plant her, die auch für Epiphone, Fender Japan, Burny u.a. produzierten. Die 16-Inch-Archtop mit dem fast 7 cm tiefen Body verfügt über eine laminierte Fichtendecke, auch der ebenfalls gewölbte Boden besteht aus Fichten- Laminat, die Zargen aus laminiertem Ahorn.

Der Hals aus massivem Ahorn verfügt über eine 25,5 Inch-Mensur und ein von Binding eingefasstes Ebenholzgriffbrett mit Perlmutt/Abalone-Einlagen und 22 Bünden. Auch der Saitenhalter und der verstellbare Steg bestehen aus Ebenholz. Die Kopfplatte im Ibanez-Post-Lawsuit-Design (sprich: anders als Gibson) ist ebenfalls von dreifachem Binding eingefasst, und auf ihr stehen unter dem Ibanez-Logo die Initialen JP; in die Trussrod-Abdeckung ist die Modellbezeichnung JP20 eingraviert. Angeblich nur bei den ersten 1000 Modellen ist der Name auch nochmal im Perlmutt-Inlay am 21. Bund zu lesen, und als handschriftliche Signatur auf dem Etikett im Inneren der Gitarre.

Two-Tone Sunburst-Finish, ein ebenfalls an D’Aquisto-Jazz-Modelle angelehntes, etwas in die Länge gezogenes, gebundenes Tortoise-Schlagbrett, zwei F-Löcher und zwei Regler – das wirkt alles trotzdem noch sehr klassisch. Auffällig und eigentlich auch das einzige Alleinstellungsmerkmal dieser Jazz-Gitarre ist der Hals-Tonabnehmer, bzw. die Position dieses IbanezSuper-58-Humbuckers: Sitzt der bei diesem Gitarrentyp normalerweise ungefähr am 22. Bund (bei der ES-175 ca. am 23. Bund), wurde er bei der JP20 noch etwas weiter in Richtung Steg verschoben, ca. zum gedachten 26. Bund also. Das verändert den Sound, klar – allerdings nicht so dramatisch, wie viele aufgeregte Jazz-Archtop-Dogmatiker dieser deswegen oft ungeliebten Gitarre unterstellen.

Wer den Hersteller Ibanez und seine Historie kennt, und auch dessen hochkarätige Endorser und Signature-Model-User aller Genres, dem dürfte klar sein, dass diese Gitarre so konzipiert wurde, wie Joe Pass das wollte. Er besaß den Prototyp und spielte ihn auch – siehe YouTube. Und wenn man ihn in Solo-Performances sieht, ist zu sehen, dass seine rechte Hand mit Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger, mehr oder weniger in der Aussparung zwischen Griffbrettende und Pickup arbeitet. Der Künstler hatte sich also wohl etwas dabei gedacht. Auch wenn Joe Pass immer etwas wie der gemütliche Oldschool-Jazzer von nebenan wirkte, war er ein sehr eigenwilliger, vielseitiger und offener Musiker.

Kurz vor seinem Tod – Pass starb 1994 in Los Angeles an Leberkrebs – hatte er noch ein Album mit Instrumental-Versionen bekannter Country-Tracks von Hank Williams & Roy Clark aufgenommen. Und auf manchen ganz alten Fotos sieht man den Gitarristen auch mal mit einer Fender Telecaster, oder der Jazzmaster, die ihm während eines Drogenentzugs bei Synanon zur Verfügung stand – dort hielt er sich über ein Jahr auf. Später, ca. 1963, wechselte er dann zu einer Gibson ES-175, ab 1970 war er meist mit einem für ihn gebauten Modell von D’Aquisto zu sehen und zu hören. Ja, und dann war Joe Pass ab 1980/81 Ibanez-Endorser und spielte neben der D’Aquisto seinen JP20-Prototypen, meist übrigens über einen Polytone-Mini-Brute-Combo mit 12″-Speaker.

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(Bild: Archiv)

Mit genau diesem habe ich die Gitarre noch mal genauer unter die Lupe genommen; aufgezogen waren .012er-D’Addario-Chromes, also Flatwound-Saiten. Und was rein spielerisch als erstes auffällt, ist das geringe Gewicht dieser Jazz-Gitarre – ca. 2,8 kg bringt sie auf die Waage. Und wenn man sie blind spielen würde – ich bin mir sicher, dass die für dieses Modell charakteristische vom Archtop-Standard abweichende Pickup-Position, was das klangliche Resultat angeht, kaum jemandem auffallen würde. Die Pickup-Impedanz des Ibanez-Super-58-Humbuckers fällt mit ca. 7,3 kOhm vergleichsweise niedrig aus; das ist so ca. der untere PAF-Wert. Resultat sind jedenfalls wunderbar warme und trotzdem konturierte Bässe, und Mitten/Höhen, die voll und rund rüberkommen, dabei aber so ein feines Schimmern im Obertonbereich durchlassen, auch wenn man die JP20 mit dicken Fingern bearbeitet. Und das dürfte eben exakt im Sinne des Namensgebers gewesen sein.

Somit ist die Ibanez JP20 ein mindestens so schlüssiges gitarristisches Meisterwerk im doppelten Sinne, wie die Ende der 70er-Jahre innovative GB10 es für Ibanez und George Benson war. Als ich dann zum Fototermin mit meiner JP20 noch ein paar Vinyl-LPs von Joe Pass als Arbeits-Soundtrack raussuchte, entdeckte ich auf dem Cover der deutschen Pressung des Albums ,Virtuoso/Solo Guitar‘ obenstehendes Foto, das Joe Pass mit einer Gibson ES-175 zeigt, bei der der Hals-Humbucker noch etwas weiter in Richtung Steg verschoben zu sein scheint als üblich – also in die Position wie bei seinem späteren Ibanez-Signature-Modell. Oder täuscht da das verzerrte Bild? Ist das etwa Klebeband über dem Pickup? Ein Tragegurt kann es nicht sein, den würde man kaum über das Schlagbrett spannen. Also eine dilettantische Bastelarbeit oder ein Gag? Fragen über Fragen – und niemand mehr da, der antworten kann.

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Spätestens Ende 1973, als sein Album ,Virtuoso‘ erschien, hatte Joe Pass bereits die Idee, den Pickup zu verschieben. Oder war das ein Gag?
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo zusammen, danke fü die sehr kompetente Beschreibung des Instruments. Ich bin glücklicher Besitzer einer JP 20 – anscheinend aus den ersten 1.000 Stück, denn die Merkmale treffen zu – mit einer Seriennummer vom November 1980. Ich habe mir das Teil für das Studium angeschafft, es leider nie groß auf der Bühne eingesetzt, aber diese Gitarre ist wirklich ein absolut wundervolles Instrument! Inzwischen habe ich Gebrauchtpreise von gut über 2.000,- EUR gesehen, die auch einer attraktiven Wertsteigeurng gemessen am damaligen Listenpreis (ich meine, das waren so ca. 2.000,- DM) entsprechen. Nein, ich will meine nicht verkaufen…

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  2. Diese Aufnahme von Joe Pass mit einer ES-175 wurde trocken (ohne Verstärker) aufgenommen. Man wollte Anfang der Siebziger Jahre darauf aufmerksam machen, was für ein grosser, unglaublich musikalischer Gitarrist die europäische Jazzwelt betreten hatte. Die frühen Gibson hatten oft unangenehme Geräusche, die von den
    blechernen Addeckungen der Humbucker-Pickups stammten. Das Band zeigt ganz deutlich den Zweck bei dieser Aufnahme, man kann sich als Gitarrist klar werden, welche Sorgfalt es brauchte um rein und sauber zu spielen. Joe Pass war erfinderisch. Sein Talent macht ihn unvergesslich. Hören Sie sich doch wieder mal ein Stück von dieser Aufnahme an. Es lohnt sich alleweil.

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