Der ultimative Bericht aus dem Boutique-Gitarren-Eldorado

Die Holy Grail Guitar Show 2018

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5. Mai 2018. Vor ein paar Tagen wurde offiziell bekanntgegeben, dass das Traditionsunternehmen Gibson Insolvenz angemeldet hat. Ganz schnell war überall vom “Ende der E-Gitarre” die Rede. Das ist natürlich völliger Nonsens. Und wer dafür einen Beweis suchte, konnte sich an diesem Wochenende im Estrel Hotel in Berlin von der blühenden Artenvielfalt und der Vitalität der Gitarren-Szene einen guten Eindruck verschaffen. Die vierte Auflage der Holy Grail Guitar Show war ein voller Erfolg – Hochklassiges, Schönheiten, Innovationen und gerne auch mal etwas Schräges, wohin man nur schaute. Viel Spaß bei dem Gitarre & Bass Report von der Holy Grail Guitar Show 2018!

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+++ Dieser Beitrag enthält zahlreiche Fotos & Videos, gib ihm eine Minute zum Laden. +++

Thomas Harm von Cyanguitars baut wirklich besondere Instrumente und lässt sich dabei von keinem Voodoo lenken, sondern setzt auf seine eigenen Erfahrungswerte. Kein schlechtes Rezept, hat es ihm doch Kunden wie Farin Urlaub, Brent Hinds & Bill Kelliher (beide Mastodon) oder auch Tommy Victor (Ministry) beschert. Sein neustes Baby basiert auf einer Zusammenarbeit mit Metal-Producer-Legende Jens Bogren (u.a. Opeth, Arch Enemy, At the Gates, Dimmu Borgir … ). Ziel war es, die ultimative Rythmus-Gitarre für tiefe Tunings zu entwickeln. Mit “The Ultimate” liegt nun das Ergebnis vor – ein kompromissloses Heavy-Brett mit leicht verlängerter Mensur, ausgeklügelter Schaltung mit 6fach-Switch und toughem Finish. Mehr dazu demnächst in Gitarre & Bass!

 

Love Transformed Into Music – Emma Maria. Luthier Juha Ruokangas hat seiner Frau Emma (lächelnd hinten rechts im Bild) eine unheimlich aufwendige Archtop gewidmet. Ein Instrument, beeindruckend bis ins letzte Detail! Aber auch der Stand der Finnen war imposant. Sämtliche Gitarren rotierten langsam, angetrieben von lediglich einem Motor in einer Kurbelwellen-Konstruktion, was dem ganzen Stand eine Steam-Punk-Ästhetik verpasste. Chefmässig!

 

Fans schnittig zackiger Formen kamen um die wirklich einzigartigen Gitarren von Stone Wolf Guitars aus England nicht herum. Der noch relativ junge Luthier Mike Payne arbeitet mit eingefärbten Epoxidharzen, mit denen er entweder die Decken seiner Gitarren (bei einem Modell kam der Stoff einer Jeans-Hose zum Einsatz) gestaltet und stabilisiert, oder auch ganze Bodys, in denen große Maser-Holzstücke eingeschlossen sind, gießt. Und als wäre das nicht genug, löst Mike auch Details wie den Hals-Kopfplatten-Übergang auf seine ganz eigene Weise. Die durchweg gelungenen Formen gibt es mit verschiedener Saiten-Anzahl und natürlich auch als Multiscale-Design. Die Pickups kommen von Oil City Pickups aus London, sind auf durchsichtige Spulenkörpern gewickelt und speziell auf Mikes Gitarren abgestimmt. Definitv ein Show-Highlight!

 

David Jünger von Jünger Guitars ist spezialisiert auf Archtops und Steelstring-Acoustics. An seinem Stand fiel besonders die Jaacoustic ins Auge – sein Meisterstück, dass beide Arten von Gitarren beinhaltet, Jazz-Gitarre auf der einen Seite, Acoustic auf der anderen.

 

Jens Schönitz baut unglaublich gute Acoustic-Bässe. Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen. Dabei verwendet er gerne einheimische Hölzer, insbesondere von Obstbäumen. Aber auch prachtvolle Olivenhölzer aus Italien geben seinen Instrumenten ihren Charakter. Neu an seinem Tisch war auch eine Klassik-Gitarre mit wunderschönem Zwetschgen-Korpus.

 

Thomas Ochs‘ Model One beeindruckt nicht nur durch zielsicheres Design, sondern überrascht auch mit einem Korpus aus Amerikanischen Nussbaum und einem Griffbrett aus gedämpften Eukalyptus. Die Pickups kommen von Harry Häussel, “Hannes”-Steg und Mechaniken von Schaller.

 

Wirklich beeindruckend waren die Kreationen von Naoki Ihashi aus Japan. Alle IHush Guitars hatten ultra-filigran gravierte Decken aus Aluminium, wobei manches Top auch die Illusion von geflammtem Ahorn versprühte. Hingucker!

 

Jakob Poljakoff und Alexander Bua zeigten an ihren Instrumenten kunstvolle Schnitzereien und wirklich besondere Detaillösungen wie den schwebenden Halsfuß, den man in ähnlicher Form auch von Ken Parker kennt.

 

Tobias Ahlke von Essence Guitars baut E- und A-Gitarren. An seinem Stand fiel besonders eine 27-bündige Shredding-Maschine, die Viper 27 Droptop, und eine Singlecut mit der Schaller-Bridge “Hannes” (Morpheus CT) ins Auge.

 

Ralph Bonte von Arrenbieguitars aus Belgien hatte einen schönen Querschnitt seines Schaffens am Stand. Am auffälligsten war die Firecracker Mojolectric mit eingefärbten und geölten Wengehals und Padouk-Griffbrett – als eine der wenigen Lefthand-Gitarren der Show!

 

Chris Larkin aus Irland feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum als Gitarrenbauer, wofür er am Vorabend der Show geehrt wurde. Krankheitsbedingt war er leider selbst nicht vor Ort, aber zwei seiner Freunde und besten Kunden nahmen sowohl die Auszeichnung entgegen und vertraten ihn auch an seinem Stand, indem sie dort ihre liebsten Larkin-Instruemente zeigten. Herzliche Glückwünsche auch von uns und gute Besserung!

 

Feueralarm am Stand von Skytop Guitars! Aber nicht nur die ungewöhliche Decke ließ den Besucher innehalten, auch die beiden “Soundports”, zwei dem Spieler zugewandte Schalllöcher in der Zarge, ließen im wahrsten Sinne des Wortes aufhorchen.

 

Matt Proctor ist Musiker, Bildhauer und Gitarrenbauer. Und seine künstlerische Ader und Ausrichtung sieht man den komplett in Hand gebauten M-Tone Guitars auch an.

 

Die Versoul-Gitarren von Kari Nieminen aus Finnland waren schon auf den letzten Holy Grail Guitar Shows ein Hingucker – mittlerweile hat sich das auch in die Kreise von Ronnie Wood, Billy F. Gibbons oder Kenny Burrell herumgesprochen und so werden Versoul Gitarren öfter auf großen Bühnen gesichtet.

 

Das M3 auf dem Headstock steht für Maudal Musical Machines. Der sympathische Kalifornier Martin Maudal war zum ersten Mal auf der HGGS und war begeistert davon, wie gut seine eigentlich nur für den P.A.-Betrieb ausgestattete Weathered Lightning II über einen verzerrten Amp klang.

 

San Lorenzo Guitars aus Frankreich sorgten ob ihres wahnsinnig geringen Gewichts für Staunen – Sebastien Santilli baut seine Gitarren nämlich größtenteils komplett aus Carbon. Akustisch angespielt ist ihnen ein gewisser Twang nicht abzusprechen.

 

Fibenare Guitars aus Ungarn sind schon lange kein Geheimtipp mehr, zeigt Csaba Benedek schon seit Jahren hochqualitative und optisch hochklassige Instrumente. Darüber hinaus war er der einzige Aussteller, der seine Cases am Stand präsentierte. Und das völlig zurecht.

 

Die Gitarre ist tot – also doch! So sieht es zumindest am Stand des Österreichers Martin Ebner von Fant Guitars aus. Die Gehängte kostet 6800 Euro – inkl. Strick und Galgen.

 

Eine Auffälligkeit der diesjährigen HGGS war, dass es oft und gerne Aludecken und Metallaplikationen zu bewundern gab. So auch bei Onirica Guitars aus Italien. Emanuele Faggion arbeitet hier aber nicht nur mit Aluminium, sondern verpasste einer seiner Gitarren auch eine aufwendig gravierte Decke aus Messing.

 

Mete Cem Kuzu präsentierte markante Designs wie die rock’n’rollige Sultan oder die Halet, seine neueste Kreation. Aber auch die eher traditionelle Pasha gefiel mit ihrer gravierten Decke. Novacorda Guitars wird es alsbald auch hier in Deutschland geben, da der sympathische Luthier demnächst seine Werkstatt wieder in der Nähe von Berlin eröffnet.

 

Wikinger-Power aus Island! Gunnar Örn Sigurdsson von ORN Custom Guitars färbt seine Instrumente mit Schlamm isländischer Geysire, danach werden sie lediglich noch geölt. Und natürlich mit allerlei bedeutungsschwangeren Germanischen Symbolen versehen. Speziell? Ja. Klar. Aber irgendwie auch ziemlich gut!

 

Frank Hartung zählt schon lange zur Oberliga im deutschen Gitarrenbau und ist auch weit über die Grenzen hinaus bekannt und erfolgreich. Eine Auftragsarbeit für einen japanischen Kunden präsentierte er auf der diesjährigen Holy Grail Guitar Show: Der Sammler wollte seine Haustiere auf dem Gitarrenkorpus verewigt sehen – bitteschön, für Frank kein Problem! Rock’n’Roller-Herzen schlugen dann aber eher bei der geschmackvoll gealterten schwarzen Embrace höher. Schönes Teil!

 

Thomas V. Jones aka TV Jones ist, vor allem Gretsch-Fans, wegen seiner erstklassigen Pickups ein Begriff. Er baut aber auch schon seit den frühen 90er-Jahren Gitarren. Zwei davon hatte er auf der diesjährigen Holy Grail Show dabei, eine Explorer-Style mit PowerTron-Pickups und eine geschmackvolle Rock’n’Roll-Semiacoustic.

 

Zum zweiten Mal war der israelische Gitarrenbauer Omer Deutsch zu Gast auf der Berliner Show. OD Guitars sind in erster Linie moderne 6-, 7- oder 8-Strings, denen man die Expertise ihres Erbauers im Industriedesign offenkundig ansieht.

 

Frank Deimel zeigte an seinem Stand einen Querschnitt seines Schaffens, wobei er den Schwerpunkt auf experimentelle Varianten seiner Modelle legte: So kam die Doublestar mit bunten Pickup-Kappen (sehr nice!), die Firestar in der Elipse-Asuführung, und natürlich durfte auch der Firestar Bass, Frank Deimels beeindruckendes Debüt im Tieftonbereich, nicht fehlen. Der Hingucker war aber eine Kooperation von Frank und seinem Sohn, wobei ein Instrument herauskaum, das teils komplett verspiegelt ist, zum anderen aber allerlei ungwöhnlichen Kleinkram (inklusive Mini-Skateboard) unter Pexiglas präsentiert und auf Knopfdruck blinkt – yeah! Deimel Guitarworks feiern in diesem Jahr übrigens ihr 25jähriges Jubiläum – herzlichen Glückwunsch!

 

Wer etwas wirklich besonderes sucht, wird bei den Kreationen von Jersey Girl Homemade Guitars fündig. Die Instrumente der Japaner sind künstlerische Kleinode, die völlig zurecht Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Firma besteht aus zwei Gitarrenbauern und einem Gurtmacher, sodass es nur konsequent ist, wenn es zu jeder Gitarre den passenden Gurt und auch noch ein Overdrive-Pedal in abgestimmter Optik gibt.

 

Wo edle, ausgereifte Bässe ausgestellt werden, darf Gerald Marleaux von Marleaux Bass Guitars natürlich nicht fehlen! Der durch und durch sympathische Mann aus dem Harz gehört seit Jahrzehnten zur Speerspitze des internationalen Bassbaus – mehr muss man eigentlich gar nicht sagen. Bei Marleaux ist man auch immer an der richtigen Adresse, wenn es ein Bass aus regionalen Hölzern sein soll. Dass man auch ohne Tropenholz in der absoluten Spitzenklasse mitspielen kann, zeigt sein neuer Votan, dem wir in der kommenden Gitarre-&-Bass-Ausgabe auf den Zahn fühlen werden.

 

Ulrich Teuffel hat wie wahrscheinlich kein anderer Gitarrenbauer der Show die Geschichte der E-Gitarre mitgeschrieben. Sein revolutionäres, 1995 vorgestelltes Birdfish-Design sieht nach über 20 Jahren genauso futuristisch aus, wie am ersten Tag und findet sich wie kaum eine andere Gitarre eines einzelnen Gitarrenbauers in den Sammlungen prominenter Stars wieder – wir reden hier von Namen wie Billy F. Gibbons, Kirk Hammett oder Hans Zimmer. Da ist man gar nicht böse, dass es bisweilen lange dauern kann, bis Teuffel ein neues Modell vorstellt: Gut Ding will schließlich Weile haben – besonders, wenn man auf einem so hohen Niveau abliefert!

 

Immer wieder für eine Überraschung gut: Peter Malinoski baut auch durchaus klassisch anmutende Instrumente, wobei sein Hang zum Künstlerischen nie zu übersehen ist. Auf der Holy Grail haut er aber immer wieder einen raus. Sein Thema das Jahres: Bambi!

 

Robert Elrick ist schon lange dabei und ein versierter amerikanischer Bassbauer. Vielen bekannt ist er durch seine Zusammenarbeit mit Cort, mit denen er vor einigen Jahren ein erschwingliches Modell seiner Custom Shop Bässe designed hat. Die Instrumente auf der HGGS sind aber Custom durch und durch und beeindrucken mit spektakulären Hölzern und Inlays.

 

Matthias Meyer von Bassart Guitars zeigte auf der Holy Grail Guitar Show 2018 eine neue Reihe unter dem Label “Meyer”. Hier widmet er sich dem Thema Hollowbody und Jazzgitarre. Natürlich gab es am Stand aber auch die hauseigenen Klassiker wie D Cat und Roaddog, jeweils mit  beeindruckenden Decken.

 

Der Finne Saku Vuori macht es seinen Kunden leicht: Es gibt eine Bodyform, alle anderen Specs kann man in einer Art Speisekarte dazuwählen. Unter anderem auch ein direkt in der Gitarren montiertes Fuzz, entwickelt von FX-Guru Björn Juhl. Vuorensaku Guitars sind grob, kantig und haben Charme und Spirit!

 

Zwar findet man auch gemäßigtere Designs bei Jacco Stuitje und Ferdinand Rikkers, aber bekannt sind Rikkers Guitars aus den Niederlanden für Instrumente, die nur noch aus einem filigranen Skelett bestehen. Absolute Hingucker.

 

Neu bei Claas Guitars: Eine Headless-Hollow-Variante, die es auch nur mit einem Hals-PU gibt und die laut Alexander Claas bei Jazz-Sound die Sonne aufgehen lässt. Weiterhin neu ist, dass bei Claas Guitars die Bünde jetzt bereits vor dem Einsetzten an den Enden verrundet werden.

 

(Tuli) Bässe sind eigen in Design und Material: Aron Bach setzt beim Holz bevorzugt auf thermobehandelte Eisbirke. Besonderer Hingucker bei den auf der Holy Grail ausgestellten Exemplaren waren die kunstvollen Inlays, die teilweise um den Hals herum (!) liefen.

 

Klassich anmutende Double-Cut-Designs gab es am Stand von James Collins aus England.

 

Paul und Alec Hamer (ja, der Paul Hamer von Hamer Guitars) zeigten an ihrem Stand ihre H Guitars, für deren Bau sie nur Jahrhunderte altes Holz verwenden. Hals und Korpus der Solidbodys werden aus dem selben Stück Holz gefertigt, das Griffbrett ist aus künstlichem, elfenbeinartigen Material. Für Hamer Fans: In der Rosette der weißen Gitarre sieht man am Rand das klassische Hamer-Checkerboard.

 

Hans Guitars: Neben einer reduced-to-the-max-Variante seines Modells Reggatta stellte Thorsten Hans mit The Bishop sein neues Modell, eine eigenständig gestaltete Hollowbody, vor.

 

Simon Padalka aus Russland legt den Fokus auf moderne Designs und wählt bei jedem Instrument einen sehr individuellen und auf den Kunden zugeschnittenen Ansatz. Vorallem seine Headless- oder Fanned-Fret-Instrumente waren am Stand von Padalka Guitars der Hingucker.

 

Andrea Ballarin von Manne Guitars aus Italien ist schon  lange im Geschäft – und diese Erfahrung merkt man seinen Instrumenten an. Kein Wunder, dass er schon knapp 3000 Instrumente in alle Welt verkauft hat. Überwiegend hat Andrea einheimische Holzsorten verwendet, sodass er auch Teil der “Local Wood Challenge” der EGB ist, bei der nur Instrumente gezeigt werden, die aus einheimischen Hölzern gebaut wurden.

 

Bogart Basses – ein echter 80er-Design-Klassiker, made in Germany, revitalisiert und auf der Höhe der Zeit.

 

Sehr schicke Acoustics mit viel Liebe zum Detail bei Oroborus Custom von Tobias Traub.

 

Stefan Sonntag baut Instrumente für Musiker. Hier ist er ausgewiesener Chef im Archtop-Ring. Sehr klasse ist aber auch seine Interpretation einer Rock- und Blues-Gitarre, die Weltklang.

 

Denny Männel ist Gitarrenbauer in Berlin. Er setzt komplett auf Handarbeit und zeigt an seinem Stand einen Querschnitt seiner Arbeiten.

 

Musik ist Kunst ist Handwerk ist Kunst ist Musik – Michael Spalt komponiert aus den wildesten Gegenständen mit spezieller Epoxidharz-Technik atemberaubende, einmalige Instrumente. Das sind sie nämlich – trotz allen künstlerischen Anspruchs und Ausdrucks sind die Werke von Michael Spalt Musikinstrumente durch und durch. Muss man gesehen haben.

 

Sold out! Schon Samstagmittag stecken diese Schilder an fast allen Gitarren am Stand von  Schorr Guitars. Ob es daran lag, dass Gitarrenbauer Nicolai Schorr ein Heimspiel hatte? Schließlich hat er seine Werkstatt fast direkt um die Ecke. Aber es liegt wohl viel mehr an den klaren, eigenständigen Designs und vielleicht auch an seiner Überzeugung, überwiegend lokale Hölzer und gesundheitlich unbedenkliche Lacke zu verwenden.

 

Lukas Brunner von Brunner Guitars ist eigentlich mehr für seine Travel-Gitarren bekannt, bei denen man zum Transport den Hals abnehmen kann. Dass der Schweizer auch ein Händchen für “normale” Acoustics hat, bewiesen seine ausgesprochen geschmackvoll designten A-Gitarren und -Bässe. Ein besonderes Highlight war die 20-Saite Harp-Guitar – eine Spezies, von der man gleich mehrere Instrumente auf der Show entdecken konnte.

 

Acoustic-Veteran Martin Seeliger von Lakewood zeigte, wie harmonisch sich kunstvolles Handwerk und modernste Maschinen-Technik in erstklassigen Instrumenten vereinen lassen. Besonders aufgefallen ist uns eine M-48 Custom aus Macassar-Ebenholz und europäischer  Fichte mit filigranen Wasserspeier-Einlagen im Ebenholzgriffbrett.

 

Zeal Guitars bauen jetzt auch Bässe! Der Hydra-Lowrider-Bass kam mit seiner dicken Poplar-Burl-Decke ziemlich gediegen rüber, für den tiefen 5-Saiter-Growl soll ein Set Delano-Humbucker sorgen. Sehr gelungen auch die 7-saitige Hydra-Multiscale mit einem hippen, fließenden Farbverlauf von grau nach schwarz.

 

Adrien Lucas aus England ist eher für seine Acoustic-Gitarren bekannt, hatte diesmal jedoch auch eine spannende E-Gitarre im Gepäck: Die Obelisk ist eine Semihollow-Gitarre, deren Korpus komplett aus Eibe gebaut ist; für das Griffbrett und die E-Fach-Abdeckung kommt in England geborgene, mehrere tausend Jahre alte Mooreiche zum Einsatz.

 

Stevens Custom Guitars kennt man eigentlich als deutsche Highend-Acoustic-Marke. Auf der Holy Grail Guitar Show 2018 überraschten uns Werner Kozllik und Stefan Zirnbauer jedoch mit einer gleichermaßen rustikalen wie edlen (geht das eigentlich?) E-Gitarre, die auf den schönen Namen OSB hört. Warum OSB? Weil die Decke tatsächlich aus einer dünnen Schicht OSB-Platte gefertigt ist, die zuvor kunstvoll mit Gold und anderen Farbpartikeln eingefärbt wurde. Das Ergebnis ist ein einzigartiger Look mit einer unglaublichen Farbtiefe.

 

Vadim Stankevicius  von Stankevicius  Guitars aus Litauen war bereits ein professioneller gypsy jazz player  bevor er anfing, Gitarren zu bauen. Auf seinem Stand präsentierte sich Vadim mit maximaler Vielfalt: Von einem imposanten 6-String-Bass über eine klassische Gyps-Gitarre bis hin zur Sixties-Perloid-Archtop.

 

Ganz schön retro: Die schwedischen Resonator-Kreationen von Vilhelm Engström Guitars aus dem hohen Norden, verbinden klassische Resonator-Sounds mit einem geschmackvoll geagedtem Look – mit oder ohne Pickup, aber immer steelsicher. 😉

 

Die äußerst kompakten und transportfreundlichen Gitarren von Frameworks Guitars gibt es für Freunde von Steel-String-Sounds auch mit dynamischen Hals-Pickup, der den bewährten Piezo-Sound des Avantgarde-Designs mit glockig-jazzigen Klängen bereichert.

 

MGH-Guitars aus dem Berliner-Umland bewiesen, dass eine sauber gearbeitete Gitarre kein kleines Vermögen kosten muss. Die relativ erschwinglichen, tendenziell eher zackigen Modelle gibt es von schlicht bis aufwändig, wobei der Erbauer Mathias Pozorski auch den Einsatz von Nieten und Totenschädeln nicht scheut.

 

Offset-Relic-Beauty! Sliwa Guitars aus Polen waren mit einem rustikal geagten Melange aus diversen sixties-Klassikern am Start.

 

Kaum ein anderer Gitarrenbauer brachte den “Million-Dollar-Look” so gekonnt auf den Punkt, wie Doug Kauer von Kauer Guitars. Schon lange hatte sich der gut gelaunte Amerikaner vorgenommen, eine Konzept-Modellreihe zu bauen, die unter einem einheitlichen Thema steht – ein Traum, den sich Kauer auf der diesjährigen Holy Grail Guitar Show endlich erfüllte.

 

Der Aufwand, den Ivan Mulia von iVee Guitars aus Indonesien in seine Gitarren steckt, hat viele Besucher – und so auch uns – sprachlos da stehenlassen. Die Decken der Holz-Aluminium-Hybriden sind mit derart filigranen, detailverliebten und teilweise farbenfrohen Gravuren übersäht, das man Stunden damit verbringen konnte, die einzelnen Modelle kennen zu lernen. Jedes Instrument kommt außerdem mit einem kleinen Büchlein, dessen liebevoll gestaltetes Cover aus graviertem Aluminium die Specs festhält, während im Buch-Inneren der Bauprozess mit zahlreichen Bildern dokumentiert ist. Wahnsinn!

 

Ein echter Hingucker ist Koen Van der Meij von Vandermeij Guitars aus den Niederlanden gelungen: Seine Magistra 7 lässt mit ihrer Multiscale-Mensur Extended-Range-Herzen höher schlagen und beeindruckte zudem mit einer wilden Maserpappeldecke, die mit ihrem Outer-Space-Design einem Foto der Milchstraße zum Verwechseln ähnlich sieht. Da ist es nur konsequent, als Inlays Sternzeichen abzubilden, die dann auch noch im Dunkeln leuchten.

 

Diego Vila von Diego Vila Custom Guitars aus Spanien gehört mittlerweile zu den vertrauteren Gesichtern der Holy Grail Guitar Show. Seine starken Offset-Designs wirken stimmig bis ins letzte Detail und bringen das Retro-Konzept gekonnt auf den Punkt.

 

Bei Vice Guitars aus München konnte man die neuen Kreationen des professionellen Designers Vice Brekalo begutachten. Dabei fiel besonders ein Modell ins Auge, bei dem der durchgehende Hals in gebogene Aluminiumbleche eingesetzt war.

 

Unter Extended-Range-Gitarren-Fans längst kein Geheimtip mehr: Skervesen Guitars. Die überaus schnittigen Formen der Edel-Shredder aus Polen haben besonders durch die starke Social-Media Präsenz der Marke viele internationale Fans gewonnen. Auch auf der Holy Grail Guitar Show war der Stand von Mastermind Jaroslaw Konkol stets gut besucht, wobei sich mutige Djent-Aficionados auch von einem 10-Saiter-Headless-Modell nicht einschüchtern ließen.

 

Wreck Guitars aus Kroatien haben schon im Gitarre-&-Bass-Testbericht (09/2017) bewiesen, dass sie trotz der fairen Preise auf einem wirklich hohen Niveau mitspielen. Die Gitarren und Bässe des Kroaten Danijel Kopjar verbinden ein modernes Handling mit einer guten Ton-Balance und sorgen bei den Semihollow-Modellen mit pyramidenförmigen Fräsungen im Korpus-Inneren für Aufsehen.

 

Rapolas Grazys von Lava Guitars  aus Litauen macht keine Halben Sachen: Seine oft tropfen-artigen Formen sind extrem und polarisieren. Die Instrumente streben regelrecht danach, aufzufallen und dafür ist ihnen jedes Mittel recht: Ob Gitarren aus einem einzigen Stück Mahagoni oder einem eingeschmolzenen 2-kg-Bernstein-Block – Hauptsache, es fällt auf. Grazys will mit seinen hochpreisigen Instrumenten (Die Top-Modelle liegen zwischen 20.000 und 80.000 Euro) Design-Unikate anbieten, die auch betuchte Sammler ansprechen.

 

Ein handwerklicher Knaller wartete auf die Besucher am Stand von Stradi, wo der polnische Bassbauer Marek Dabek eine ganze Batterie außergewöhnlicher Instrumente ausstellte. Seine großen, meist violinenförmigen Bässe  spiegeln Mareks Erfahrungen als Geigenbauer wieder und sind mit ungewöhnlichen Features ausgestattet: Schalllöcher auf der Rückseite, gewölbte Decken aus Stein oder Kupfer, bis zur Brücke durchgehende Fretless-Griffbretter oder Bodys aus mehrerer tausend Jahre alter Mooreiche – man weiß gar nicht, wo man zuerst hingucken soll…

 

Ralf Boerjes von Boerjes Bass & Guitar Design kann man zweifellos zu den absoluten Bass-Veteranen in Deutschland zählen. Seine Instrumente sind extrem variabel, einfach im Handling und blitzsauber gebaut – in letzter Zeit auch häufiger aus lokalen Hölzern.

 

Bass-Designer Andreas Kristall fuhr ein beachtliches Aufgebot an ausgesprochen variablen Bässen, die besonders in Sachen Hardware und Pickup voll dem Puls der Zeit Folgen. Das beste Beispiel hierfür war ein pechschwarzer 6-String mit einem Set Nordstrand Big Blade Singlecoils.

 

Xaver Tremel von Franz Bassguitars zeigte, dass wie man mit mehrheitsfähigen Formen jede noch so spezifische Niesche bedienen kann: vom Multiscale Wega (33,6″- 36″) bis zum beinahe klassischen Merak 4 mit P/J-Bestückung.

 

Ergonomisch und durchdacht: Nikola Adamovic von Adamovic Basses (NL) hat in seiner Karriere als Bassbauer viel Zeit damit verbracht, möglichst leichte Instrumente mit einem komfortablen Handling zu entwickeln – eine Qualität, die man bei seinen Instrumenten sofort fühlen kann. Dass die häufig aus exotischen Edelhölzern gebauten Bässe dabei auch noch kerngesund klingen, ist für Nikola eine Selbstverständlichkeit.

 

Kompromissloses Design mit starken 70er-Retro-Futurismus-Einschlägen gab es an dem Stand von Florian Schneider von Millimetric aus Kanada zu sehen. Die ausgeschnittene Kopfplatte, die ungewöhnliche Halsbefestigung und auch die einspuligen Pickups tragen starke Travis-Bean-Gene in sich –  mit dem Unterschied, dass hier nicht mit Aluminium sondern mit Holz gearbeitet wird.

 

Alan Cringean hat sich mit seiner Firma AC Guitars vor allem durch seine bunten, mit Epoxidharz behandelten Decken und Griffbrettern einen Ruf gemacht. Er ist außerdem der Co-Entwickler der John East ACG-EQ1-Filterelektronik, die Fans von Wal- und Alembic-Sounds, die Möglichkeit gibt, Aktiv-Sounds jenseits des Standard 3-Band-EQs zu erkunden. Alan baut seit einigen Jahren auch futuristische Headless-Gitarren – auf der Show stellte er ein neues Singlecut-Modell vor.

 

Modern, schnittig, elegant mit einer Kopfplatte, die etwas an die Firma Blackmachine erinnert und Extended-Range-Nerds gefallen dürfte: Druzkowski Guitars aus UK. Egal wie viele Saiten und egal wie extrem die Mensur – Mastermind Przemek Druzkowski macht es möglich!

 

Urs Kuratle von Saitenkraft aus der Schweiz hat vor einigen Jahren beschlossen, sich von Tropenhölzern zu verabschieden und baut nun radikale Gitarren aus heimischen Gewächsen. Unübersehbar: Zwei Modelle, gefertigt aus grob abgebrochenen Walnuss-Blöcken, bei denen die untere Zargen aus filigranen Räuchereiche-Rähmen geformt wurden.

 

Gitarren-Designer und Buch-Autor: Leo Lospennato von Lospennato Guitars präsentierte stylische Off-Set-Retro-Designs mit viel Liebe zum Detail. Besonders ins Auge stach eine Relic-Variante mit geschmackvollen Steam-Punk-Elementen, wie z.B. dem Uhrwerk in der Nähe der Regler.

 

Ein Highlight für Queen- und Brian-May-Fans wohnte auf dem Stand von Torsten und Friederike Preuss von Preussguitars aus der Instrumentenbau-Region Markneukirchen: Als Kundenauftrag baute das talentierte Luthier-Team eine Red Special Brain-May-Gitarre – und zwar eine erstaunlich authentische. Keine leichte Aufgabe, wenn man die obskuren Bedingungen bedenkt, unter denen das Original in den 60er-Jahren das Licht der Welt erblickte!

 

Kompromisslos: Jort Heijen von Red Layer Guitars aus den Niederlanden hat sich auf exotische Extended-Range-Modelle spezialisiert und baut nur ein einziges Modell (dieses dafür jedoch in etlichen Varianten): Die Juggernaut! Spektakulär die knallige Burl-Decke mit Rissen, der den Blick auf das mit Epoxidharz gefüllte Innere preisgibt. Ein handwerkliches Stück Fleißarbeit auch die “einstürzende” Decke bei dem Modell am anderen Ende des Stands.

 

Christian Stoll ist einer der dienstältesten deutschen Akustikgitarrenbauer, der besonders für seinen imposanten Akustikbass bekannt ist. Auf der Holy Grail Guitar Show feierte er sein 35-jähriges Jubiläum – herzlichen Glückwunsch!

 

Wer ein wirklich auffälliges Show-Instrument für die Bühne sucht, ist vielleicht bei Norbert Rischke von Rischke Guitars an der richtigen Adresse. Zwar erinnern seine Gitarren entfernt an Klassiker der 60er-Jahre, es vereint sie jedoch eine markante Design-Sprache, die garantiert auffällt.

 

Laetsch Guitars

 

Daniel Zucali

 

Galasso Guitars

 

 

Schön war’s – bis zur nächsten Holy Grail Guitar Show!

Produkt: Gitarre & Bass 6/2022 Digital
Gitarre & Bass 6/2022 Digital
IM TEST: Eastman Romeo LA +++ ESP/LTD Mike Schleibaum Signature +++ Mayones Caledonius Classic 5 +++ Hughes & Kettner StompMan +++ Darkglass Exponent 500 +++ Line 6 Catalyst 100 +++ D'Addario XS Nickel Plated Steel Electric Strings +++ JHS Preamp Overdrive +++ Mooer Preamp Model X & Cab X2

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich kann auf die Schnelle zwar keine Zahlen zum “Niedergang der E-Gitarre” finden, aber schaut Euch doch mal die Bilder ganz genau an. Ich glaube, auf keinem einzigen Bild findet sich eine Person unter 30. Und ganz vorsichtig geschätzt sind die meisten Besucher DEUTLICH über 40. Abgesehen davon, dass die meisten Schüler und Studenten sich kaum eines der ausgestellten Instrumente werden leisten können, kommen die anscheinend nicht einmal zum gucken. ich denke auch, dass die wenigsten dieser “custom-shop” Instrumente je eine Bühne sehen werden. Irgendwann sieht man die dann vielleicht mal eine auf Ebay wieder, dann unter dem Label “Wohnzimmergepflegt, aus veganem, tierhaarfreiem Nichtraucherhaushalt”. 😉

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    1. Vandermeij und Skervesen sind sicherlich schon mehrmals auf die Bühne gewesen. Aber das Muster ist in der Tat nicht vostellend : es gibt doch noch Junge Gitarrenspieler, die einfach nicht Künstwerke kaufen können.

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    2. Natürlich sind solche Instrumente was für Leute mit entsprechendem Geldbeutel, ganz klar. Bei E-Gitarren kriegt man aber alles, was man zu Spielen braucht, auch für nicht so das ganz grosse Geld, besonders wenn es um das eigentliche Instrument geht. Im Klassik-Bereich kann ich aber schon seit Jahren beobachten, dass Musikstudentinnen und ambitionierte junge Spieler gerne mal in Preisklassen jenseits der 3k und höher einkaufen.

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    3. Auf einer “American Muscle Car” Veranstaltung fragt auch keiner nach ‘nem Golf oder einem Kia. 😉

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  2. Ich war da, bin 21 und fand es super !! Es geht ja auch gar nicht darum, dass man sich direkt ein so ein teures Instrument kauft. Vielmehr ist es ein ausprobieren und austauschen von Gitarrenverrückten und vor allem von den Erbauern. Im übrigen gibt es die Gitarren schon auf den Bühnen der Welt.

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