Über Inspirationen und sein Live-Equipment

Ehre, wem Ehre gebührt: Steve Earle im Interview

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(Bild: Steve Shervin)

Bei den Amps wiederholt sich dieses Schema.

Von meinen Verstärkern habe ich inzwischen viele verkauft, was ich jedoch heute manchmal bedaure. Ich hatte etwa einen tollen Gibson Ranger, einen kleinen Class-A-Combo, den ich verkauft habe. Das habe ich sehr bereut. Einen solchen suche ich gerade. Ebenfalls verkauft habe ich einen Fender Super Reverb, den ich allerdings kürzlich durch ein 1967er-Modell ersetzen konnte. In meiner Sammlung befinden sich auch ein Original Fender Narrow Panel Deluxe sowie ein kleiner Gibson-Amp, den ich im Studio für die Mundharmonika verwende. Live spiele ich seit Jahren über Peavey-Classic-50-Combos.

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Vielleicht muss ich diese Strategie ändern, denn aktuell baut Peavey die 4×10“-Version des Classic 50 nicht. Das aber ist mein Sound, das ist, was ich mag. Ihre Verstärker kommen mittlerweile aus China. Damit habe ich nicht unbedingt ein Problem, aber wenn sie keine 4x10er mehr bauen, muss ich wohl zu Fender wechseln – was ich eigentlich hasse, denn der Peavey kostet immer noch weniger als 1.000 Dollar. Es gefällt mir sehr, einen Amp zu spielen, den sich viele Leute leisten können. Außerdem klingt er super. Allerdings wechsle ich die Lautsprecher und baue Celestions rein. Die klingen etwas fetter. Ich habe nur einmal einen Classic 50 kaputt gemacht, aber das passierte auf dem Weg zur Bühne.

Live drehst du Amps um.

Das haben wir schon immer gemacht. Der Verstärker, den du auf der Bühne siehst, ist das Ersatzmodell. Der im Einsatz steht umgedreht dahinter. Wenn du einen 50-Watt-Amp auf der Bühne spielst, strahlt er zu stark in das Gesangsmikro rein.

Auf dem Boden vor dir steht ein kleines Pedalboard, auf dem zwei MXR-Carbon-Copy-Pedale montiert sind.

Ja, das sind fast die einzigen Pedale, die ich verwende. Ich fasse sie nie an, sie sind fix eingestellt. Das eine liefert ein leichtes Slapback-Echo, das ich allerdings nur selten verwende, das andere ist auf ein längeres Delay eingestellt, das ich hin und wieder für abgedrehte Sounds einsetze, etwa für das Intro von ‚Transcendental Blues‘ oder am Ende einer Show. Dazu kommt noch ein Verzerrer von Fulltone, das Fulldrive 2 Mosfet, aber das war es dann auch schon. Der Fulltone ist in erster Linie dafür da, ein bisschen Zerre zu liefern und die Lautstärke meiner Gitarre zu kontrollieren.

Klingt also nach einem ziemlich einfachen Setup.

Absolut. Ich benutze auf der Bühne weniger Bodentreter als die allermeisten anderen Gitarristen. Im Studio verwende ich übrigens so gut wie niemals Pedale und gehe direkt in den Verstärker. Ich versuche immer wieder, die Jungs in meiner Band ebenfalls dazu zu bringen, kann mich damit aber nur selten durchsetzen. Es gibt keinen Effekt auf einem Pedalboard, von dem sich nicht eine bessere Version im Control Room findet. Die einzige Ausnahme in all den Jahren war die Aufnahme von ‚Transcendental Blues‘. Der Overdrive darauf ist ein alter Big Muff. Dieser Sound hat mir dafür extrem gut gefallen. Aber normalerweise drehe ich einfach den Amp auf, bis die Verzerrung einsetzt. Auch wenn es dann mitunter ziemlich laut werden kann … (lacht)

Welche Instrumente hast du für die Aufnahmen von ‚Jerry Jeff‘ verwendet?

Meine Go-To-Gitarre für die letzten paar Platten war meine Esquire von 1959, davor eine 55er Telecaster. Für dieses Album hingegen nahm ich eine 61er Stratocaster – denn auch Jerry Jeff spielte eine Strat, sobald es elektrisch wurde. Ich habe diese Gitarre zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder als Hauptgitarre verwendet, meist in der Position Hals- und Mittel-Pickup. In Sachen Verstärker fingen wir mit dem alten Narrow Panel Deluxe an, doch am Ende landeten wir dann doch meistens beim Peavey Classic 50. Es war tatsächlich das erste Mal, dass ich ihn auch für Aufnahmen eingesetzt habe. Als Acoustics verwendete ich meistens die erwähnten alten Martin D-28 und D-18, unter anderem auf ‚Mr. Bojangles‘. Die beiden Gitarren klingen sehr unterschiedlich. Die eine hat einen Korpus aus Mahagoni, die andere einen aus Palisander. Auf ‚Little Bird‘ und weiteren Songs, auf denen ausschließlich Fingerstyle-Picking zu hören ist, habe ich eine 1926er Martin 000-18 Slothead gespielt.

Kommen wir zum Ende noch mal auf das Thema Komponieren zu sprechen. Wer sind in Sachen Songwriting deine größten Vorbilder?

Bob Dylan, keine Frage. Wir alle kamen nach ihm – und wurden entsprechend von ihm beeinflusst. Was ich mache, wurde quasi von Bob Dylan erfunden. Bob hat die Texte auf das Niveau von Literatur gehoben. Die Messlatte lag also sehr hoch, als ich anfing, Lieder zu komponieren. Du musstest damals sehr hart arbeiten, um etwas zu kreieren, das diesen Anspruch auch nur annähernd erfüllte.


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2023)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Hallo hallo, ich bin, seit dem ich Steve Earles Titel “Guitar Town” gehört habe wahrscheinlich sein größter Fan !
    Es ist einfach für mich der absolute Wahnsinn was dieser Mensch an Musik produziert . Country Musik ist schon seit vielen vielen Jahren meine Musik. Das ich Steve Earle endeckt habe ist so wunderbar. Ich bin schon 75 Jahre, habe mein Leben mit einer kleinen Band in den Jahren 1968-1971 verbracht und später dann mich in unterschiedlichen Band,s als Gitarrist versucht !

    Wie kann ich mit Steve in Verbindung treten ? Ich möchte mich bei ihm für die wunderbare Musik persönlich bedanken . Hat jemand die Anschrift ?

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