Im Interview

Carl Carlton: Eine Herzensangelegenheit

Anzeige
Baron Modell 1
Weigert Broadcaster B-Bender
1960s Harmony-made Silvertone 1446 Hollowbody
Silvertone Thin Twin
Leewald Resophonic
Höfner-Mandoline
Höfner Hawaiian Lapsteel

 

Erzähl doch mal, welche Gitarren du hauptsächlich verwendet hast. Kannst du Highlights nennen?

Anzeige

Mir fällt zum Beispiel dieser knackige Tele-Sound in ‚Dreamer‘ auf. Das ist meine 64er Telecaster in Daphne Blue mit Bigsby. Ich bin Tele-Fan und die Kernstücke meiner doch recht großen und vor allem auch exotischen Sammlung sind die Klassiker: Vor allem eben Teles, Strats oder Les Paul − in meinem Fall eher der Les-Paul-Sound. Denn ich habe gar keine echte Les Paul, sondern eine Version mit größerem Korpus von Boris Dommenget.

Dazu kommen noch meine verschiedenen Duesenbergs, vor allem die CC, die ich mit Atze zusammen entwickelt habe. Die ist wie ein Thermomix (lacht), die kann so ziemlich alles. Auf dem Album sind natürlich zahlreiche Akustikgitarren zu hören: 1955 Gibson Country Western, J-45 von 1945 oder eine alte Höfner Dobro um nur einige zu nennen.

Bist du denn immer noch auf der Suche nach weiteren Exoten?

Als ich Anfang der Neunziger mit Eric Burdon And The Animals durch Amerika getourt bin, war ich überall in den Pawn-Shops. Da konnte ich alte Silvertones oder Gibson-Acoustics abgreifen. Das gibt es heutzutage nicht mehr. Mittlerweile schaue ich dann auf Ebay zum Beispiel mal nach alten Höfner-Gitarren. Ich sag dir: Die Silvertone von 1949 hier vorne auf der Couch habe ich auf einem Flohmarkt in Ischia an der Amalfi-Küste in Italien für gerade mal 50 € gefunden.

Wie suchst du dann aus deiner Sammlung die passende Mischung zusammen?

Im Studio kann ich auf vieles zurückgreifen, das ist „Playground“. Und das will ich dann auch ganz bewusst. Sehr gerne nehme ich beinahe unbespielbare Exemplare zur Hand, die mich dann auch fordern. Diese teilweise exotischen Sounds fördern den kreativen Prozess. Wenn ich hingegen auf Tour bin, gibt es ja immer einen Plan und der Kontext bestimmt die Auswahl. Auf der letzten Robert-Palmer-Tour damals lag der Schwerpunkt auf jazzigen, karibischen Kompositionen. Dafür hatte ich alte Gibson-Jazz-Gitarren dabei, Dobros und so etwas. Eine Maffay-Tour verlangte dann eher das Rockbesteck und wie ich schon sagte: Ich liebe die Telecaster dafür. Gerne spiele ich auch in Open-Tunings und das funktioniert auch mit der enormen Belastung auf die Hälse mit meinen Teles sehr, sehr gut.

Wenn das Budget da ist, dann nehme ich auch gern mal 20 Gitarren mit. Bei Peter Maffay war das so. Da konnte ich bei jedem Song eine andere Gitarre zur Hand nehmen. Und auch die vielen Teles, die ich habe, sei es jetzt eine alte oder die Diegos von Atze, die übrigens ganz hervorragend sind, klingen unterschiedlich und fühlen sich alle anders an. Dabei meine ich das nicht im Sinne von besser oder schlechter.

Heritage H-535
Guild Starfire
Gibson J-160E
Gibson J-45 von 1945
Gibson Country Western von 1955
Höfner Dobro von 1949

 

Wie sieht es mit deinen Amps aus?

Mein Lieblingsbesteck sind Vox AC30 und ein 50-Watt-Marshall, den mir Ulis Musik seinerzeit modifiziert hatte. Mann, der klingt richtig klasse. Ich muss irgendwann mal mein Lager aufräumen, das bricht bald zusammen (lacht). Ich hatte auch mal angefangen, Vox-Amps zu sammeln… Unter anderem lagert da noch mein allererster Boutique-Amp aus meiner Zeit in Holland, ein alter Mesa Boogie MKII im Edelholzgehäuse.

In den letzten Jahren hat sich der THC Sunset zu meinem Haupt-Amp entwickelt. Der basiert auf Vox-Genen, klingt super und Thomas Eich hat damit einen hervorragenden, puristischen Röhren-Amp entwickelt. Wenn ich mit den Songdogs auf Tour gehe, habe ich zudem noch den Buddy von Captains Guitar Lounge aus München in meinem Arsenal. Der bedient Sounds in Richtung Tom Petty, The Band, Little Feat – ebenfalls ein toller Amp.

Wie wichtig sind Pedals für dich?

Ich habe immer einen alten MXR Dynacomp dabei, der ist für mich essenziell − vor allem für Slides. Zudem nutze ich sehr gerne ein Tremolo. Das gibt immer etwas Spezielles und Romantisches. Zudem stehe ich auf gute Echos und einen schönen Hall, sofern der Amp keinen eigenen Spring-Reverb hat. Ab und an kommt für mich als Kind der Siebziger auch ein Phase 90 zum Einsatz.

Wenn du über dieses Album hinaus in die Zukunft blickst, was steht noch an?

Zunächst werden Melanie und ich mit den Songdogs auf Tour gehen. Da freue ich mich sehr, im November wird es losgehen. Nach der Corona-Pandemie ist die Zeit bekanntermaßen nicht die beste für Musiker. Das gute ist aber, es gibt viele Nischen und alle kämpfen. Wenn ich an unsere Nische – also Rock, Blues, Singer/ Songwriter – denke, da geht es um Livemusik. Man muss eben spielen, wo man kann. Da entwickelt sich dann auch „dein“ Sound, eine Schreibkultur. Man lernt ständig dazu. Vielleicht nimmt der ein oder andere sein Geld und sein Herz in die Hand und macht mal wieder einen Club auf. Ich will da positiv denken.

Und aus genau diesem Geist ist ja auch ‚Glory Of Love‘ entstanden – mit ganz viel Herzblut und ohne ein originäres Ziel. Und so denke ich jetzt auch weiter in die Zukunft. Wie du weißt, lebe ich ja nicht in einer Stadt mit festem Musikerstamm, sondern ich bin immer unterwegs und reise viel. Darum heißen die Songdogs nicht nur Songdogs sondern eben Carl Carlton und die Songdogs. Das hat nichts mit Ego zu tun, sondern mit der Tatsache, dass die Songdogs eine ständig wechselnde Besetzung haben. Das hängt immer davon ab, wer gerade kann. Jetzt konnte Jerry „Wyzard“ Seay halt nicht, weil er mit Keb Mo unterwegs war. Dann kam eben Trevor Hutchinson dazu. Songdogs kommt eigentlich aus dem indigenen und stellt eine Wolke mit singenden Coyoten dar.

Ich wünsche euch alles Gute und danke für das Gespräch!

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Der Mann ist ein absolute sympathischer Mensch, Musiker von denen es nicht mehr all zu viele gibt.
    Egoismus ist leider bei vielen aktuellen Akteuren in der Branche angesagt.

    Obwohl ich ein Hard-Rock- Blues- Fan bin hat mir das aktuelle Album der beiden sehr zugesagt.
    Was für mich wiederum die Bestätigung dafür ist, dass gute Musik, gutes Song-Writing keine Schubladen braucht, nur offenen Ohren.

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Drummer 860…, den Carl verfolge ich schon seit der ersten “New Legend” Platte und auch mit den “Song Dogs”! Neben Inga Rumpf der für mich beste deutsche Musiker. Sehr gute Songs, super Klampfer mit sehr geiler Stimme, ein Original halt! Muss man heute echt suchen. Ein echter Handwerker auf seinem Instrument. Danke für die gute Musik…, Carl😎👍!

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. Tja. Ich mochte den schon immer.
    Großartiger Handwerker auf Gottes Stahlsaiten.
    Bin auf die Tour gespannt 🙂
    Wünsche Euch alles Liebe und Gesundheit und noch vieleviele Songs und glückliche Jahre 🙂
    eddie

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren