Ewig grau und tief gelegt

Test: Solar Guitars AB1.4JN

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(Bild: Dieter Stork)

Bezahlbare Instrumente für die harten Gangarten – das hat Ola Englund seiner Firma Solar Guitars auf die Fahne geschrieben. Das Signature-Modell von Evergrey-Basser Johan Niemann kostet nun ein „paar“ Euro mehr. Lohnt sich der Aufpreis?

Dass die Instrumente aus dem Hause Solar vor allem an die härtere Fraktion gerichtet sind, dürfte klar sein. Ola Englund selbst ist Gitarrist der Metal-Band The Haunted und unterhält einen erfolgreichen YouTube-Kanal rund um die Themen Metal und Gitarre. In Ausgabe 01/2022 hatte ich bereits einige Zeilen zum eher preiswerten AB2.4 geschrieben und war recht angetan von dem Instrument. Für den neuen AB1.4JN werden im Vergleich nicht weniger als € 1100 Aufpreis fällig. Insofern bin ich sehr gespannt, was diese Bass-Variante einer Powerstrat so zu bieten hat.

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VORSTELLUNG

Entstanden ist der Bass in Zusammenarbeit mit Evergrey-Basser Johan Niemann. Evergrey machen, im weitesten Sinne, härteren Progressive-Metal. Dementsprechend soll dieser Bass ein auf tiefe Klänge abgestimmtes Arbeitsgerät sein. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn ab Werk ist bereits ein Satz .130- auf .060-Saiten in HEAD-Stimmung aufgezogen. Im Heavy-Bereich ergibt ein tiefgestimmter Viersaiter durchaus Sinn, weshalb ein entsprechender Umbau „normaler“ Bässe keine Seltenheit darstellt.

Oftmals notwendige Anpassungen von Brücke oder Sattel entfallen beim AB1.4 dank der Konzeption des Instrumentes also. Auch optisch zeigt sich ein schlüssiges Konzept. Die zackige Kopfplatte des Herstellers passt wunderbar zum an Powerstrat erinnernden Korpus mit seinen spitzen Hörnern. Blickfang ist dabei die geflammte Ahorndecke in Blackburst-Optik. Je nach Lichteinfall zeigt sich unter dem tadellos aufgetragenen Mattlack auch die dunkel gebeizte Erle des Korpuskerns.

Für etwas hellen Kontrast auf der Vorderseite sorgen die Block-Inlays mit markentypischem Logo auf Höhe des zwölften Bundes. Schwarze Hardware gehört in dieser Instrumentenklasse zum guten Ton und rundet das Gesamtpaket ab. Hipshot-Ultralite-Mechaniken versprechen, trotz des angenehmen Gewichtes, eine gute Ausbalancierung des Basses am Gurt.

THEORIE & PRAXIS

Was in der Theorie nach einer guten Sache klingt, erweist sich in der Praxis erfreulicherweise auch als zutreffend. Sowohl im Sitzen als auch im Stehen macht der Bass eine gute Figur und ermöglicht ein müheloses Spiel. Der schlanke Hals trägt mit seiner angenehm matten Oberfläche zur vorbildlichen Ergonomie bei. Zwar würde ich mir, ähnlich wie schon zuvor beim AB2.4, ein etwas weicheres Abschlussprofil der Bünde wünschen, als wirklich störend empfinde ich die Bundkanten jedoch nicht.

Davon abgesehen ist die Bundierung sauber ausgeführt und verspricht dank der Verwendung von Edelstahlbünden langanhaltendes Spielvergnügen. Und davon gibt es reichlich. Man könnte sogar fast sagen, die Riffs spielen sich wie von selbst, wobei auch Ausflügen in die hohen Lagen nichts im Wege steht. Tatsächlich finden die Finger bei diesem Bass erstaunlich oft ihren Weg oberhalb des zwölften Bundes. Wir erinnern uns: Diesem Bass fehlt eine hohe G-Saite und dementsprechend muss der Fingersatz nicht nur für gelegentliche Soli, sondern vor allem auch für typische Leersaitenriffs angepasst werden.

Für die Übertragung der tiefen Klänge sorgt im AB1.4 das Zusammenspiel aus einem Splitcoil-Tonabnehmer sowie eines J-Style-Singlecoils, beide aus dem Hause EMG. Bei vielen modernen Bässen ist es üblich, den Splitcoil spiegelverkehrt einzusetzen. Das sorgt für etwas schwächer ausgeprägte Bassfrequenzen auf den tiefen Saiten und somit für einen aufgeräumteren Sound. Auch Solar macht davon Gebrauch und so tönt bereits ohne großartige Anpassungen ein artikulierter, druckvoller Sound aus den Lautsprechern.

Dabei fällt mir insbesondere der Bridge-PU mit einem vollen und zwar mittigen aber weniger näselnden Sound auf. Knurrig und artikuliert kommen dabei vor allem die beiden tiefen Saiten rüber und setzen sich präsent, aber nicht dominant in den Bandkontext. Deutlich weniger mittig, dafür umso fetter, geht der Splitcoil zugange. Klanglich haben wir es hier mit einem modernen Preci zu tun. Kein ausgeprägter Buckel in „dengeligen“ Mitten, dafür eine ordentliche Portion Klarheit in den hohen Registern und ein insgesamt drahtigeres Klangbild.

Zusammen mit ein bisschen Zerre kommt hier ohne großes Zutun ein astreiner Sound für modernen Post-Rock oder Hardcore-/Punk zustande. Soll der Sound kerniger, fokussierter und bissiger sein, bieten sich die Einstellungen rund um die Mittenraste des Balance-Reglers an. Hier steht der Ton massiv im Raum und liefert das Fundament für so ziemlich jede erdenkliche Heavy-Spielart. Anschläge mit Plektrum erklingen drahtig und artikuliert, Slaps und aggressiver Fingerstyle kommen direkt und punchy rüber. So lob ich mir das! Die H-Saite liefert dabei ein ordentliches Sustain und kommt vor allem auch mit moderner Verzerrung richtig gut und böse, im besten Sinne. Genau das Richtige also für den angedachten Einsatzzweck.

Hipshot-Brücke und EMG-Pickups (Bild: Dieter Stork)

KOMPLETTPAKET

Eigentlich könnte ich an dieser Stelle aufhören, allerdings soll der verbaute 2-Band-EQ nicht unter den Tisch fallen. Genau wie die Tonabnehmer auch, ist die Elektronik ein Produkt der Firma EMG. Konkret verbaut ist hier das BTS-System mit vier Potis: Volume, Balance, Bass und Treble. Wie so oft stelle ich den Einsatz eines aktiven Bassreglers infrage, der hier eher homöopathisch dosiert. Gerade auch, weil der Bridge-PU allein bereits ganz ordentlich drückt, ist ein Boosten, vor allem im Metal-Kontext meist eher kontraproduktiv.

Gänzlich anders verhält es sich mit dem Höhenregler. Für die Extraportion „Zing“ und Brillanz macht sich eine leichte Anhebung sehr gut. Gerade unverzerrte, perkussive Sounds profitieren davon. Das Schöne am BTS-System ist die Einstellbarkeit des Höhenreglers. Über zwei intern erreichbare DIP-Schalter kann der Frequenzgang der Höhenregelung beeinflusst werden. Zur Auswahl stehen dabei je zwei verschiedene Glockencharakteristiken sowie Kuhschwanzfilter. Unterschiede liegen jeweils in der Einsatzfrequenz des Filters. Durch diesen unkomplizierten Eingriff deckt die Elektronik ein recht weites Feld an Möglichkeiten ab.

Mit dem Einsatzzweck des Basses im Hinterkopf, würde ich dazu raten, es bei einer der Glockenkurven zu belassen. Hierdurch wird Rauschen nicht weiter verstärkt und hauptsächlich das Attack des Sounds geformt, ohne dass es bei großzügiger Anhebung zu starkem Klirren kommt. Allzu oft werden die Schalter wohl eh nicht bemüht werden, ist doch das Elektronikfach mit einem verschraubten Deckel verschlossen.

Steckverbindungen im E-Fach (Bild: Dieter Stork)

Hier findet sich übrigens der größte Fauxpas in der Verarbeitung: eine der Schrauben ist leicht schräg eingeschraubt. Keine wilde Sache, aber bei knapp 2000 Euro darf so etwas auch Erwähnung finden, denke ich. Wie für EMG typisch, sind die Verbindungen im Elektronikfach mit Steckverbindern ausgeführt und können bei Bedarf entsprechend unkompliziert gegen kompatible Drop-ins getauscht werden. Die zur Versorgung notwendige 9V-Batterie befindet sich im benachbarten Batteriefach mit Klappverschluss.

Da sich der Preamp nicht bypassen lässt und auch die Pickups selbst aktiver Natur sind, sollte sich auch jederzeit eine Ersatzbatterie im Gepäck befinden. EMG-typisch hält sich die gesamte Stromaufnahme mit ca. 1mA zwar eher in Grenzen, aber sicher ist sicher.

 

RESÜMEE

Insgesamt ist das Konzept eines tiefer gestimmten Viersaiters schlüssig und hochwertig umgesetzt. Die Ausstattung ist dabei auf ein sinnvolles und praxistaugliches Minimum, oder eher ein Optimum, reduziert. Wenn ich Wünsche äußern dürfte, wären dies ein Mittenregler anstelle des Bassreglers oder wenigstens eine Glockencharakteristik für letzteren. Das würde in meinen Augen die Praxistauglichkeit noch einmal erhöhen, aber letztendlich ist das nur meine Ansicht und meine Initialen stehe nun einmal nicht in der Typenbezeichnung. Für das angedachte Einsatzfeld im großen Feld des Metal bietet der AB1.4JN ein solides Maß an klanglicher Flexibilität sowie unterm Strich eine hochwertige Verarbeitung.

PLUS

● Bespielbarkeit/Ergonomie
● Sound
● Verarbeitung

MINUS

● minimale Verarbeitungsmängel (E-Fach-Schraube)

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2023)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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