Sieben mal Drei

Test: JHS 3 Series

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(Bild: Dieter Stork)

JHS ist für viele Pedal-Fans der Inbegriff geschmackvoll klingender, hübsch aussehender, aber auch hochpreisiger Boutique-Effektgeräte. Daher lässt das Konzept der neuen 3 Series durchaus aufhorchen. Nicht nur, dass diese Pedale überaus simpel gestaltet sind – auch der Preis lässt angesichts der Herstellung in den USA staunen. Ob sich das auf den Klang auswirkt?

7 Pedale, alle in nahezu identischer, nüchterner Optik, haben sich bei mir zum Test eingefunden. Ihren Namen verdankt die 3 Series ihrem Bedienkonzept: Jedes der Geräte ist mit drei Potis ausgestattet, die je nach Pedal unterschiedliche Parameter regeln. Dazu gesellt sich neben dem Bypass-Fußschalter noch ein kleiner Mini-Switch, der ebenfalls bei jedem Gerät eine unterschiedliche Funktion übernimmt. Mit 111x60x31 mm kommen die Pedale der 3 Series in einem kompakten Gehäuse, dessen Inneres vollständig von zwei über Kopf montierten Platinen ausgefüllt wird. Platz für eine Batterie gibt es daher nicht. Die 2,2 mm Wandstärke der Behausung macht, genau wie der Fußschalter und die Potis, einen robusten Eindruck, und auch die mattweiße Pulverbeschichtung dürfte im harten Tour-Alltag einiges wegstecken.

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Völlig unabhängig vom Klang der 3-Series-Pedale, ist die Verarbeitung, angesichts des Preises von € 119, absolut beeindruckend. Durch die maximal rationalisierte Produktion der Geräte ließ sich hier ein wirklich Budget-freundlicher Preis erzielen. Gehen wir die Pedale der Reihe nach durch.


DISTORTION

(Bild: Dieter Stork)

Neben den Reglern für Volume, Filter (eine Tone-Blende) und Distort gibt es mit dem Mini-Switch die Möglichkeit, zwischen zwei Klang-Varianten zu wählen. Mit allen Reglern in der Mittelstellung begonnen, gibt das Pedal sofort einen satten, komprimierten Zerrsound in den Verstärker, der ganz klar eine moderne Marschrichtung einschlägt. Das Klangbild ist über das gesamte Frequenzband hinweg relativ ausgewogen, wobei die Mitten ein klein wenig in den Hintergrund rücken und Platz für kristallklare Höhen schaffen.

Dreht man den Filter-Regler weiter gen Rechtsanschlag, wird der Sound zunehmend aggressiver und bissiger, keineswegs aber unangenehm. Auch bei zunehmendem Gain-Gehalt bleibt der Ton absolut brauchbar und lässt Erinnerungen an Peaveys großartigen 5150-Verstärker aufkommen. Während der Klangcharakter in der unteren Schalterposition in den Mitten etwas gezügelter ist, wird der Ton deutlich kräftiger und mittiger, wenn man den Schalter nach oben bewegt. Gerade bei einer tiefer gestimmten Gitarre macht sich dieses etwas straffere, in den oberen Mitten kräftigere Setting sehr gut.


OVERDRIVE

(Bild: Dieter Stork)

Nach dem durchaus modern ausgerichteten Distortion-Pedal könnte man vermuten, dass es beim Overdrive klassischer zugeht. Weit gefehlt. Das Overdrive der 3 Series ist klanglich ebenfalls modern geprägt und versucht gar nicht erst, an irgendeinen Klassiker vergangener Tage anzuknüpfen. Der Ton ist hier ebenso präsent wie beim Distortion-Pedal, wenn auch deutlich dynamischer in der Ansprache und mit weniger Verzerrung. Gut macht sich das Overdrive auch als Booster bzw. Low-Cut-Aufräumer vor einem High-Gain-Amp – hier dann freilich mit einem deutlich heruntergeregelten Gain-Poti. Anders als beim Distortion ist der Tone-Regler (hier als „Body“ bezeichnet) beim Overdrive etwas effizienter, sodass auch dunkel gefärbte Lead-Sounds, die vor allem mit Singlecoil-Pickups ausgesprochen geschmackvoll klingen, kein Problem sind.


FUZZ

(Bild: Dieter Stork)

Als drittes Zerrpedal darf sich das Fuzz beweisen. Neben dem Volume- und dem Fuzz-Regler findet man bei diesem Pedal ein Bias-Poti, welches die Stromzufuhr für die letzte Gain-Stufe des Pedals regelt. Ich starte den Test mit dem Regler auf Linksanschlag, sodass das Gerät zunächst im Normalbetrieb läuft. Hier ist ein erstaunlich klarer und fast schon Overdrive-ähnlicher Sound zu hören, der in den Höhen überaus harmonisch klingt, aber genau die richtige Portion Schmutz mitbringt, um noch als Fuzz zu gelten. Dreht man nun den Bias-Regler auf, hört man sofort eine deutliche Veränderung. Der Ton wird dreckiger und bissiger – Hendrix, Clapton und Page hätten hier ihre helle Freude. Je weiter man das Bias-Poti aufdreht, desto Klettverschlussartiger klingt das Signal, bis der Ton auf dem letzten Viertel des Regelwegs letztendlich einem starken Gate-Effekt unterliegt. Bei meiner Hagström Swede, mit ihren relativ schwachen Humbuckern, trat dieser Effekt sogar schon etwas früher ein. Hier hätte ich eine etwas bessere Abstimmung des Potis gut gefunden, um den ganzen Regelweg nutzbar zu machen. Insgesamt bietet das Fuzz eine beachtliche Bandbreite von harmonischen Overdrive-Sounds bis hin zu extremen Gate-Fuzz-Orgien.


DELAY

(Bild: Dieter Stork)

Mix, Time, Repeats und ein „Type“-Schalter – mehr braucht das 3-Series-Delay nicht. Die Wiederholungszeit lässt sich zwischen sehr kurz-schepperigen 80 ms bis hin zu mittellangen 800 ms regeln, was eine ausreichende Spannweite abdeckt. Sicher: Manch modernes Digitalwunderpedal verfügt über deutlich längere Zeiten; dann hat man es aber eher mit einem spezialisierten Gerät zu tun. Während die Wiederholungen im Digital-Echo-Modus ohne hörbare klangliche Verfärbung wiedergegeben werden, ist im Analog-Delay-Mode sofort ein deutlicher Höhenverlust hörbar, der mit jeder Wiederholung stärker wird. Der Ton ist durchaus vergleichbar mit den wunderbaren Bucket-Brigade-Sounds eines MXR Carbon Copy, wenn auch nicht ganz so plastisch. Natürlich lassen sich in diesem Setting auch die üblichen Oszillationseffekte bei voll aufgedrehtem Repeats-Poti erzielen, die sich mit dem Time-Regler schön manipulieren lassen.

Interessant ist der gleiche Effekt im Digital-Echo-Modus: Spielt man beispielsweise einen Akkord mit einer langen Wiederholungszeit und bewegt das Time-Poti danach minimal nach rechts oder links, entsteht ein merkwürdiger Glitch-Sound, der aber durchaus seinen Reiz hat und ein wenig so klingt, als hätte das Pedal einen (digitalen) Schluckauf.


COMPRESSOR

(Bild: Dieter Stork)

„Der beste Compressor ist der, den man nicht hört“ lautet eine weitläufig verbreitete Meinung zu dieser Art von Effektgeräten. Nun, diese Auffassung mag ihre Berechtigung haben, ist aber sicher nicht allgemeingültig (wo bliebe denn dann der Spaß?). Der 3-SeriesCompressor ist einer der eher auffälligen Vertreter seiner Art. Während zwar auch subtile Kompression kein Problem darstellt, liegt die Stärke des Gerätes eindeutig in stark komprimierten Squash-Sounds, wie wir sie beispielsweise von den frühen Dire-Straits-Alben kennen und lieben.

Mit drei Reglern für Volume, Attack und Sustain, ist dieses Pedal denkbar standardmäßig ausgerüstet, vermag aber besonders bei schnellen Attack-Settings und weit aufgedrehtem Sustain-Regler zu punkten. Als sehr wirksam entpuppt sich der Bright-Schalter: Da mir der Ton bei meiner mit Humbuckern bestückten Testgitarre ein klein wenig zu dumpf war, konnte das Pedal dem Sound auf diesem Wege zu deutlich mehr Strahlkraft und Klarheit in den Höhen verhelfen. Die Lautstärkereserven des Geräts sind übrigens so groß, dass der Compressor auch ganz problemlos als Booster eingesetzt werden kann, um einem etwas träge verzerrenden Amp auf die Sprünge zu helfen. Besonders im Bright-Modus kommen hier, je nach verwendeter Gitarre, einem Treblebooster ähnliche Sounds zustande.


CHORUS

(Bild: Dieter Stork)

Zugegeben: der klassische Chorus-Sound der 80er-Jahre ist mit der Zeit etwas aus der Mode gekommen, erfreut sich aber dank toller Pedale wie beispielsweise dem Julia (bzw. dem neuen Julianna) von Walrus Audio wieder wachsender Beliebtheit. JHS hat seine 3 Series auch mit einem Chorus-Pedal versehen, das neben einem Laustärke-Poti noch mit den beiden üblichen Verdächtigen „Rate“ und „Depth“ ausgestattet wurde. Der Mini-Switch trägt bei diesem Pedal die Bezeichnung „Vibe“ und lässt aus dem Chorus ein klassisches Vibrato-Pedal werden. Ein schönes Feature ist, dass die Status-LED hier durch regelmäßiges Pulsieren die Modulationsgeschwindigkeit des Effekts anzeigt.

Klanglich wildert der JHS Chorus im Territorium bekannter Vertreter wie beispielsweise dem Boss Super Chorus oder auch dem MXR Analog Chorus. Mit der Klangtiefe des oben erwähnten Walrus-Audio-Pedals kann das Testgerät zwar nicht ganz mithalten – trotzdem bekommt man hier einen richtig gut klingenden Chorus, der nahezu allen Anforderungen gerecht wird. Auch bei diesem Pedal sind die Laustärkereserven hoch genug, um die Vorstufe meines Verstärkers zum Kochen zu bringen. Das sorgt für einen schön schwebenden, an Andy Summers von The Police erinnernden Sound, der durchaus einen eigenen Charme hat. Wer lieber etwas retromäßiger klingen möchte, kann mit der Vibe-Funktion und dem Rate-Poti auf dem letzten Viertel des Regelwegs tolle Woodstock-Sounds erzeugen.


REVERB

(Bild: Dieter Stork)

Den krönenden Abschluss meiner Testreihe macht das 3-SeriesReverb. Dieses ist neben einem Poti für die Effektlaustärke (Verb) und einem Regler für die Länge des Reverbs (Decay) noch mit der Möglichkeit versehen worden, die Klangfarbe mittels EQ-Poti verändern zu können. Ich starte wie fast immer mit allen Reglern in der Mittelstellung und staune nicht schlecht darüber, dass hier bereits ein wirklich ausgeprägter Reverb-Effekt zu hören ist. Also drehe ich den Decay-Regler ein ganzes Stück zurück und staune abermals, als das Pedale einen sehr guten, natürlich klingenden Room-Reverb abliefert. Auf dem letzten Viertel des Regelweges entstehen sehr große Hallräume, die je nach Stellung des Verb-Potis durchaus Ambient-Qualität aufweisen.

Spannend ist bei diesem Pedal der Mini-Switch: Hier verbirgt sich eine simple aber äußerst wirksame Pre-Delay-Funktion, die den Einsatz des Effekts minimal verzögert. Das hat zur Folge, dass gerade bei langen Reverbs mit einem hohen Wet-Anteil im Signal, das Attack des Plektrums etwas besser erhalten bleibt. Bei sehr kurzen Decay-Settings entsteht dagegen eine Art Slap-Back-Echo-Effekt, der ebenfalls richtig gut klingt. Der EQ-Regler greift dezent aber wirksam ins Klanggeschehen ein und lässt eine gute Anpassung des Sounds auf die jeweilige Gitarre zu. Das Verb-Poti ermöglicht eine schöne Abstimmung des Effektanteils, wobei ein reines Wet-Signal auch bei Rechtsanschlag des Reglers leider nicht möglich ist.

ALTERNATIVEN

Würde man den Preis außer Acht lassen, ließen sich an dieser Stelle mit Sicherheit zahllose Alternativen zu den getesteten Pedalen aufführen. Der Clou liegt aber nun einmal darin, dass hier eine ganze Serie angeboten wird, die alles mitbringt, was man von einem US-Edel-Hersteller erwartet, allerdings zu einem Preis, der schon eher auf den Budget-Bereich abzielt. Daher sehe ich derzeit keinerlei Alternativen in diesem Preisgefüge, die ebenfalls aus dem Boutique-Segment stammen.

RESÜMEE

Nein, JHS hat das oft gerühmte Rad mit der 3 Series nicht neu erfunden. Ja, die Pedale haben trotzdem zweifelsohne ihre Daseinsberechtigung und besetzen eine interessante Nische am umkämpften Markt der Effektpedale. Hier bekommt man die Qualität, den Sound und letztendlich auch das Renommee eines der wichtigsten US-Boutique-Pedal-Hersteller zu einem Preis, den sonst kaum ein amerikanischer Kleinhersteller mitgehen kann.

Keines der Pedale hat sich als One-Trick-Pony entpuppt – alle Geräte der Serie decken eine große Bandbreite unterschiedlicher Sounds ab. Vor allem das Reverb konnte in dieser Disziplin besonders punkten. Bedenkt man den wirklich guten Preis, in Verbindung mit der durchweg sehr hohen Klang- und Verarbeitungsqualität, 100% Made in USA, ist die JHS 3 Series schon ein ziemlicher Hammer!

PLUS

  • universelles Klangverhalten
  • Verarbeitung
  • Konzept
  • Preis/Leistung

MINUS

  • Abstimmung Bias-Poti (Fuzz)

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2020)

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