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Test: Bassart Guitars Soulcat Big Sur

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Bassart Soulcat Big Sur(Bild: Dieter Stork)

Springt ins Auge, dieses Soulcat-Big-Sur-Modell mit seinem intensiven Indian-Green-Look. Im inzwischen doch recht großen Angebot an Boutique-Gitarren ist es so sinnvoll wie berechtigt, markante Zeichen zu setzen. Dass sich hinter der attraktiven Optik ein starkes Instrument von enormer elektrischer Aussage verbirgt, merkt man dann ja schon bald.

Matthias Meyer, von Haus aus nicht nur passionierter Handwerker, sondern auch Bassist, baut bereits seit 1996 elektrische Gitarren und Bässe, macht aber auch Reparaturen und Restaurationen. In seiner Werkstatt in Wendeburg bei Braunschweig fertigt er heute im Jahr um die 15 Instrumente komplett von Hand, mehrheitlich Gitarren. Das Soulcat-Modell, angeboten in solider oder auch semi-akustischer Ausführung, ist seine Interpretation des Single-Cutaway-Designs. Der Kunde hat aber natürlich auch weitreichenden Zugriff auf die Ausgestaltung.

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MIX IT UP

Der Entwurf der Soulcat Big Sur mutet nur auf den ersten Blick hin historisch an, geht aber bei näherer Hinsicht einen ganz eigenständigen Weg. Das Korpusformat der semiakustischen Konstruktion ist im Vergleich etwa mit einer Les Paul deutlich ausladender gestaltet (in der Weite, nicht in der Länge), die Decke überdies flach belassen und das Cutaway weicher ausgeformt.

Wie wir gleich sehen werden, mischt Matthias Meyer das veritable Design auch noch mit anderen Komponenten nach eigenem Gusto höchst interessant auf. Das alles schließt natürlich den Einsatz bewährter Materialien keineswegs aus. Der einteilige, ca. 5 cm starke Korpus aus Sipo-Mahagoni erweist sich als weitgehend hohl, ein Sustainblock reicht allerdings innen bis unter die Bridge. Schwarz-weiß unterlegte Perloid-Bindings fassen die plane Decke aus mittig gefügtem European Flame Maple ein. Eine leichte Kontur am Boden oben gewährleistet die komfortable Anlage der Gitarre am Spieler.

Der mit geschmeidig weich ins Cutaway geführtem Halsfuß eingeleimte Hals aus Sipo bekam ein Griffbrett aus Ebenholz aufgesetzt, in dem 22 mittelstarke Bünde (Wagner) und seitlich gesetzte Inlays (Celluloid) zur Lagenkennung Platz fanden. Dank gefräster Bundschlitze sind die Griffbrettseiten undurchstoßen glatt. Für meinen Geschmack könnten die Griffbrettkanten und Bundenden allerdings noch etwas weicher abgeglichen sein.

Die charaktervoll pointiert gestaltete Kopfplatte mit Tortoise-Auflage ist im Winkelübergang unterhalb des Black-Tusq-Sattels von GraphTech mit einer Volute verstärkt. Kluson-Art-déco-Tuner sorgen für verlässliche Stimmung. Der Zugang zum 2-Wege-Halsstab ist von einem mit Firmen- und Modellnamen versehenen, keilförmigen Alu-Deckel abgedeckt.

Mit langer 650-mm-Mensur laufen die Saiten am Korpus über eine Tune-o-matic Bridge zum Trapez-Halter (beides von Kluson). Harry Häussel lieferte mit seinem P-90-Vintage-Neck-Pickup mit Alnico3-Magnet für die Halsposition und dem A5-Vin+-Humbucker für die Bridge-Position leistungsstarke Pickups. Geschaltet werden die einzeln (Hals = Wolf; Steg = Bitch) oder zusammen (Mitte) mit einem oben im Horn versenkt angebrachten Toggle-Switch; für die Verwaltung stehen zwei Volume-Regler und ein genereller Tone-Regler zur Verfügung.

Bonus dieser Ausführung ist eine LED-Installation, die sich mit einem Kippschalter auf dem Deckel des E-Fachs aktivieren lässt. Beim Blick in Letzteres kann die wenig verlässliche Klettbefestigung der 9-V-Batterie am Deckel nicht wirklich gefallen, dasselbe gilt auch für die Verwendung von Heißkleber zur Fixierung der LED-Strips und elektrischer Komponenten.

Bleibt am Ende nur noch das kleine, farblich mit der Kopfplattenauflage und dem Korpus-Binding korrespondierende, tropfenförmige Pickguard aus Tortoise zu erwähnen.

Die in stolzem Indian Green eingefärbte Decke der Big Sur erhielt eine High-Gloss-Nitro-Lackierung; die Korpusrückseite ist offenporig matt versiegelt. Gun Stock Oil verschafft dem Hals seine griffige Haptik. Bei diesem Instrument sind alle Holzarbeiten besonders zu loben, die das Beste aus den eingesetzten, absolut tollen Naturmaterialien herausholen.

Bassart Soulcat Big Sur(Bild: Dieter Stork)

FEUER FREI!

Der recht große Korpus der Big Sur fügt sich lässig aufs Knie und richtet sich mit guter Griffbrettaufsicht zweckmäßig aus. Am Gurt hängt die knapp 3,8 kg schwere Gitarre ausgeglichen. Die etwas scharfe Deckenkante ist der Hollowbody-Konstruktion mit aufgesetzter Decke geschuldet. Auffällig satt füllt der kraftvoll gestaltete Hals die neugierige Hand, gefällt aber sofort mit seiner guten Schulterverrundung und griffigen Haptik.

Die akustischen Anlagen der Gitarre lassen sich mit stringent straffer Darstellung und rundum offenem Gestus charakterisieren. Klar und frei blättern Akkorde auf, einzeln angeschlagene Noten und Linien präsentieren sich vital und frisch. Die Ansprache ist überdies sehr direkt, ja leichtfüßig schnell und in allen Lagen sind gleichmäßig gute Tonlängen zu erzielen.

Bassart Soulcat Big Sur
Kraftvoller Hals mit Ebenholzgriffbrett (Bild: Dieter Stork)

Elektrische Kompetenz vermitteln dann die Pickups von Harry Häussel. Das gut gewählte Set bietet Bestes aus zwei Welten: Der P-90-Vintage-Neck-Pickup mit Alnico3-Magnet am Hals setzt die leicht perkussiv umrissenen Grund-Sounds der Big Sur mit vitaler Transformation ins elektrisch starke Licht. Knackig mit viel Basskontur und Draht im Ton, eher crisp als warm im Mittenbereich und offen frisch in den Höhen springen plastisch aufgelöste Akkorde aus den Speakern. Beim Solo ist damit viel Twang im Spiel, Noten verbinden sich dennoch zu elegant perlenden Linien, die aussagestark rüberkommen.

Wechseln wir in den Zerrmodus, so überrascht die leicht knochige und rundum kernig kehlige Darstellung nicht wirklich. Powerchords mit Tiefgang und doch unbedingt sauberer Definition drücken in die Kniekehlen, Leads kommen stringent, leicht schneidend mit ausgesprochen direktem Singlecoil-Flair und einem Plus an Präsenz, die ja bei Häussel nie zu kurz kommt.

Schalten wir auf den Steg-Pickup, Schaltstellung Bitch, so zeigt der frech auftrumpfende Häussel A5 Vin+ Humbucker sofort, dass ihm der Sinn weniger nach Vintage-Gelassenheit steht, ja dass er das Plus zurecht im Namen führt. Der Sound wird insgesamt kompakter und springt deutlich vor. Grundsätzlich gediegen, also nicht zu sehr auf Kompression der Mitten setzend, wartet er dennoch mit sehr fokussierten Sounds auf, die von der Hollowbody-Konstruktion noch ein Extra an Perkussion erhalten. Ergebnis sind stark umrissene Clean-Sounds mit leicht anrotzender Funk-Attitüde bei starkem Anschlag. Pointiert rhythmische Arbeit ist hier auf jeden Fall ein freudvolles Tun.

Gimme gain! Jau, Arschbacken zusammengekniffen und ab durch die Mitte: der Häussel geht mit dem perkussiv-transparenten Klangangebot der Soulcat souverän um und haut Powerchords und Riffs recht offensiv raus. Feurig und druckvoll geht es zur Sache – wer denkt denn da noch an Vintage?

Auch der Humbucker bringt satt Höhen ins Spiel, aber bitte: rausnehmen ist leicht, zufügen kaum möglich und bei aller Offenheit zeigt der Vin+ dann doch noch ein feines Mittennäschen für die entschiedene Handhabung des kundig geführten Skalpells. Starke Performance, so oder so! Gut dann aber schon, dass der Tone-Regler effektiv arbeitet und darüber hinaus mit seinem kurzen Regelweg nahezu WahWah-ähnliche Effekte möglich macht. Tja, macht Spaß und regt die Phantasie an – was willste mehr?

Ah doch, gibt noch Nachschlag, denn wo Bitch und Wolf sich treffen, da muss auch noch was passieren. Tja, der Wolf frisst die Bitch, die ihm dann schwer im Magen liegt … oh, falscher Film. Nein, hier halten die zwei natürlich friedlich Händchen und freuen sich an ihrem gemeinsamen Kind (schon klar, beim Händchenhalten ist’s wohl nicht geblieben) und das Bilflein singt mit heller und klarer, leicht kehliger Stimme und macht damit die Klang-Familie glücklich komplett. Und wenn sie nicht …

Was haben wir vergessen? Oh ja, die LED-Installation zur inneren Illuminierung der Gitarre. Leider kein Platz mehr dafür – gibt dann sicher demnächst darüber einen extra Testbericht in unserem exklusiven Sonderheft aus echtem Tonholz – Thema: „Schöner Wohnen im Instrument beginnt genau hier“. Sei’s drum!

Bassart Soulcat Big Sur
Pickups von Harry Häussel (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Das Modell Soulcat Big Sur ist ein schönes Beispiel für den individuellen, in diesem Fall speziell deutschen Gitarrenbau. Matthias Meyer von Bassart Guitars ist lang genug im Geschäft, um das richtige Gespür für die Lücke zu haben und die hat er nicht nur mit seinen Soulcat-Designs längst gefunden. Die vorgelegte Big-Sur-Ausführung steht beispielhaft für eine klischeefreie Auslegung der Gitarrenkonstruktion unter Einbeziehung bewährter Materialien und Komponenten.

Diese Soulcat-Variante bietet im Grunde nicht viel Neues, wohl aber eine stimmige Fusion klangbildender Elemente und eine geradezu animierende Spielbereitschaft. Semiakustische Bauweise, kraftvoll ausgebauter Hals, guter Saitenwiderstand dank großer Mensur, perfekt angepasste Elektrik mit Häussels P-90/Humbucker-Set münden in fabelhafte Handhabung und ein durchsetzungsstarkes, dabei klangfarblich variables Sound-Design. Kein Gemeinplatz, dafür ein Traum für den Connaisseur! Gute Adresse da in Braunschweig!

PLUS

● originäre Konstruktion/Design
● kraftvolles Schwingverhalten
● Häussel-Pickups
● variable Klanggestaltung
● kraftvolle Sounds
● kräftiger Hals
● Spieleigenschaften
● Verarbeitung

MINUS

● Befestigung von Batterie und elektrischen Komponenten

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2020)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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