Höllenhund

Randall Satan 50 im Test

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Randall Satan 50
(Bild: Dieter Stork)

Ola Englund, der Schwede, der beim Shredden so schaurig entrückt gucken kann, wurde vor einiger Zeit von Randall mit einem fetten Signature-Topteil versorgt. Der Power-Block hat im Test krass gepunktet. Ihm folgt nun diese „halbe Portion“ hier. Ausstattung abgespeckt, dafür netter im Preis.

So geht das oft. Nicht nur bei Randall. Erst wird das große Flagschiff lanciert, dann folgen ergänzend weitere mehr oder weniger verschlankte Varianten. Beim Satan 50 blieb allerdings eher wenig auf der Strecke, soviel sei schon einmal verraten.

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Eine interessante Information dürfte sein, dass der von uns/mir in der Märzausgabe 2015 getestete große Satan keine komplette Neuschöpfung darstellte. Er war statt dessen die Neuinterpretation eines Konzepts, das schon den Modellen Trasher und Nullifier (Scott Ian) zu Grunde lag. Als erste 50-Watt-Version in diese Riege schließt der Satan 50 quasi eine Lücke zu den Amps der RD- und RG-Serie.

vollbedienung

Ja! Keine Übertreibung. Der „kleine“ Satan trumpft mit einer Ausstattung auf, die bei der Zielgruppe kaum Wünsche offen lassen dürfte. Abgesehen von den beiden eigenständigen Kanälen, über die wir gleich noch ausgiebig sprechen werden, zeichnet sich das Topteil durch eine üppige Anschlussperipherie aus. Es steht ein Einschleifweg mit regelbaren Send-Pegel zur Verfügung, der wahlweise seriellen und parallelen Betrieb erlaubt. Ein trafosymmetrierter XLR-Ausgang ermöglicht eine D.I.-Abnahme; er liegt hinter dem FX-Weg und funktioniert auch, wenn der Verstärker über den Standby-Schalter stumm gestellt ist; im Gegensatz zum Klinkenausgang „Raw“, einem Line-Ausgang, der sein Signal hinter dem Ausgangstrafo bzw. am Lautsprecherausgang abgreift.

Zwei Footswitch-Buchsen erlauben zum einen (Stereoklinke) die Fernsteuerung des Kanalwechsels und der Boost-Funktion in der Vorstufe, zum anderen (Monoklinke) kann der Status des FX-Wegs on/off geschaltet werden. Damit nicht genug, sonnt sich der Satan 50 auch noch in dem Luxus einer Bias-Sektion, die anhand von drei Test-/Messpunkten und einem Trimmpoti das Überwachen und Justieren des Ruhestroms in der Endstufe ermöglicht. Also ganz schön volle Hütte, nicht wahr? Mehr ging dann wohl auch nicht, kein Platz mehr am Backpanel.

Thema Endstufe, halbe Leistung. Der große Satan 120 nutzt einen Mix aus zwei Röhrentypen, 6L6GC und KT88. Hier bei der 50-Watt-Version hat Randall sich für die 6L6GC entschieden, die natürlich im Class-AB-Gegentaktbetrieb mit statischem Gitter-Bias arbeiten, sonst wäre die Leistung nicht zu erreichen. Die Änderungen in der Vorstufe sind wesentlicher. So ist die (Dreiband-) Klangregelung des für Low-Gain-Sounds zuständigen Channel 2 auf ein einziges „Tone“-Poti geschrumpft.

Randall Satan 50
(Bild: Dieter Stork)

Im High-Gain- /Distortion-Channel 1 wurde der Sweep-Regler, der beim Satan 120 die Ansatzfrequenz der Klangregelung stufenlos variiert, durch einen 3-Positionen-Schalter ersetzt. Das Volume-Poti entfällt völlig. Das Wesentliche, das, was speziell ist und den Satan auszeichnet, ist geblieben: die Gain-Übersteuerungen werden von drei Reglern geformt. Girth, Grind, und Gain nennen sich die Bereiche (geschrieben: 6irth, 6rind, 6ain … ).

Geht gleich so weiter. Oder schlimmer? Mit dem „Kill“- Schalter. Dahinter verbirgt sich die oben schon erwähnte Boost-Funktion. Der Vollständigkeit halber sei ansonsten noch erwähnt, dass gegenüber dem Satan 120 zwei Schaltfunktionen fehlen: Bright und Shift im Channel 2.

Im technischen und mechanischen Aufbau folgt der Satan 50 den gängigen Maßstäben der Produktgruppe. Ein Blick ins Innere offenbart sauberste, solide Verarbeitung. Und die Beschriftung der Printplatten verrät: Der Amp ist ein Derivat des Modells Trasher 50 (Girth, Grind und Gain heißen bei ihm LF Gain, HF Gain, Gain). Designed in USA, Made in China, die Substanz erfüllt qualitativ alle Erwartungen. Von daher also alles gut. Mit einer Ausnahme. Das Frontgitter ist an den Enden der Streben „teuflisch“ scharfkantig. Wer nicht achtgibt, schneidet sich (wie ich) in Nullkommanix in die Finger. Leider ein blutgetränkter Minuspunkt.

Randall Satan 50
Moderne Technik – die Schaltvorgänge sind über sechs Relais realisiert. (Bild: Dieter Stork)

schonungslos

Gain, Distortion abstimmen mit drei Reglern, das ist exotisch, auf seine Art einzigartig und tatsächlich höchst effektiv. Aber schwierig in der Handhabung? Nein überhaupt nicht, denn die Aufgaben sind klar verteilt. „Girth“ bestimmt, wie voluminös, wie fett das Bassspektrum ist, „Grind“ tut desgleichen in den oberen Mitten und den Höhen, während „Gain“ wie gewohnt der primäre Parameter für die Intensität der Verzerrungen ist. Feinfühlige Dosierung ist in allen drei Regelbereichen möglich, was im Zusammenspiel mit der effizient arbeitenden Klangregelung weit überdurchschnittliche Flexibilität zur Verfügung stellt.

Typisch für hochgezüchtete Metal-Röhren-Amps: der Grundton des Channel 1 ist sehr höhenlastig. Dies allerdings auf eine geschmeidige Art und Weise, ohne harten Biss. Und der Klangregler Grind packt genau diesen Bereich, sodass man bestens Kontrolle hat. Am anderen Ende des Frequenzbandes bleibt der Kanal stets sehr kontrolliert. Das Low-End klingt mächtig und druckvoll, der Kanal produziert aber keine „abgrundtiefen“ Bässe. Ab Master-Volume-Stellungen über 12-13 Uhr serviert er aber doch einen Nachschlag. Er lebt also bei hohen Lautstärken noch mal anders auf. Lebt erst richtig auf, wird mancher vielleicht sagen, denn erst dann pumpt der Satan richtig durch. Puh, Leute, 50 Watt können ganz schön laut sein.

Der Sweep-Schalter ändert die Ansatzfrequenzen der Klangregelung, das ist deutlich wahrnehmbar, er beeinflusst aber auch grundsätzlich das Klangbild. Schalter runter heißt maximale Fülle, die Positionen Mitte und oben dünnen den Sound in zwei Stufen aus. Logisch, dass dadurch die Flexibilität im Sound noch weiter gewinnt.

Und immer noch hat der Satan 50 einen Trumpf im Ärmel. Und zwar den Kill-Schalter, der die Gain-Intensität erheblich aufstockt, während das Obertonspektrum hervortritt und die Distortion dichter wird. Schier unfassbar, welche Gain-Reserven im Channel 1 schlummern. Und die sind tatsächlich nutzbar, denn Randall, respektive dem damaligen Chefdesigner Mike Fortin, ist es gelungen, die Nebengeräusche praktikabel gering zu halten. (Hinweis an weniger erfahrene Kollegen: wenn man nicht genug Abstand zum Topteil hält, können durch extremes Gain Rückkoppelung entstehen; das ist normal, physikalisch quasi unvermeidbar.)

Randall Satan 50
(Bild: Dieter Stork)

Dass der Channel 1 klanglich den Anforderungen an einen Metal-Amp vollends gerecht wird, steht außer Frage. Er zeigt dabei nicht nur, wie erwähnt, im Klang ein eigenes Charisma, sondern er zeichnet sich auch durch eine „gnädige“ Ansprache aus. Er unterstützt den Spieler, zeigt im Attack eine gewisse Nachgiebigkeit, ohne sich schwammig oder deutlich komprimiert anzufühlen.

Eigenwilliges geschieht im Channel 2. Mit wirklich cleanen Klängen hat der nichts im Sinn. Eigentlich steigt er erst mit Crunch ins Geschehen ein. Auch wieder höhenreich, betont transparent, wie der Channel 1. Die Verzerrungen sind recht ruppig im Charakter, grob, aggressiv. Das passt ins Genre, wenn gewünscht, und ist keineswegs eigenwillig. Aber die stark interferierenden Bassanteile schon. Sie bringen die Speaker mächtig in Bewegung, die Membranen machen viel Hub. Einer 1×12-Box bestückt mit dem Vintage 30 von Celestion, der ziemlich gut zu dem Amp passt, würde ich das nicht zumuten wollen. Will man den Satan 50 artgerecht fordern, sollte es schon ein 2×12-Cab sein.

Es zeigt sich hier mal wieder – wie bei vielen anderen Amps dieser Bauart – dass es letzten Endes eben doch ein nur bedingt gesunder Kompromiss ist, wenn der Clean- bzw. Low-Gain-Channel nur ein einziges Ton-Poti zur Verfügung hat. Mitten und Höhen können so durchaus zweckmäßig austariert werden, aber der mindestens ebenso wichtige Bassbereich bleibt außen vor. Indes, die Grundabstimmung des Channel 2 ist durchaus ausgewogen, wird aber sicher nicht zu jedem Instrument passen. Schließlich reden wir von der Welt der Dropped Tunings.

Ausschließlich Positives gibt es von der Anschlussperipherie zu berichten: Beides anzubieten – seriellen und parallelen Betrieb – ist zweifellos die ideale Lösung bei FX-Wegen. Optimal wäre allerdings gewesen, wenn Randall auch einen Wet/Dry-Balanceregler vorgesehen hätte. So wie sich die Funktion hier darstellt, ist das Signalverhältnis fest eingestellt, man muss beachten bzw. dafür sorgen, dass die externen Geräte genug Pegel liefern, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Einen ganz dicken Pluspunkt verbucht der Satan 50 schlussendlich für seinen XLR-D.I.-Out. Weil die Frequenzgangkompensation sehr gelungen ist, ausgewogen, und im Bass und der Dynamik kraftvoll präsente Signale liefert. Steht einer guten Mikrofonierung nicht viel nach.

alternativen

…gibt es keine. Der Mix aus Leistungsfähigkeit und speziellem Charakter des Channel 1 ist derzeit auf dem Markt einzigartig. Wer es etwas milder möchte, kann allerdings das Schwestermodell, den Trasher 50 in Erwägung ziehen (im Handel ca. € 1250).

resümee

Wer sich mit dem kleinen Satan verbündet, muss im Vergleich zu Ola Englunds großem Modell keine unangenehmen Kompromisse eingehen. Besonders der Channel 1 setzt sich auch bei ihm glänzend in Szene. Das spezielle Charisma im Ton und die sehr hohe Flexibilität setzen Zeichen. Das trifft auf die grobe Natur des Channel 2 ebenfalls zu, nur wird die nicht jedes Metal-Players Sache sein. Ein nicht zu unterschätzendes Plus des Satan 50 ist, dass er schon bei moderaten Lautstärken mächtig klingt. Aus der luxuriösen Ausstattung sticht vor allem der XLR-D.I.-Out hervor, weil er ein überdurchschnittlich homogenes und präsentes Klangbild liefert.

In der Summe stellt der Satan 50 eine Funktionalität auf höchstem Niveau bereit. Und er gibt sich auch hinsichtlich der Verarbeitung keine Blöße. So fällt das Fazit natürlich positiv aus: Preis und Leistung stehen in einem gesunden Verhältnis, zumal der Satan 50 (derzeit) zu den kostengünstigeren Amps seiner Kategorie gehört.

Randall Satan 50

Randall Satan 50


Hinweise zu den Soundfiles

Für die Aufnahmen kamen zwei Kondensatormikrofone mit Großflächen-membran zum Einsatz, ein AM11 von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, beide nahe platziert vor einer konventionellen 4×12-Box bestückt mit Celestion Vintage 30.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und abgemischt. Die Plug-Ins „Platinum-Reverb“ und „Stereo Delay“ steuern die Raumsimulationen bei.

Die Instrumente sind eine Steinberger GL4T und eine 1957-Signature-Les-Paul „Lee Roy Parnell“ aus dem Gibson-Custom-Shop.

Anmerkung: der Channel 2 (CH 2) ist beim Satan der mit dem niedrigeren Gain-Niveau – quasi der Clean Channel, wenn es auch nicht wirklich einer ist.

Clip 9 präsentiert mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter (die Verzerrungen selbst sind hier gemeint, nicht die Frequenzkurve) der von uns getesteten Produkte quasi auf einer neutralen Ebene vergleichen kann. Erst ist der Clean-Channel zu hören, dann der Overdrive-Channel.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…, wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

Fragen, Anregungen und ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de. Es klappt nicht immer, aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

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(erschienen in Gitarre & Bass 09/2018)

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