Masterpiece!

Nik Huber Rietbergen Bass im Test

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Nik Huber Rietbergen Bass Front(Bild: Dieter Stork)

Dass Nik Huber Traumgitarren fürs Leben baut, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Dass sich der Mann aus Rodgau bei Frankfurt neuerdings auch mit Bässen auskennt, hingegen schon! Wer mit den sechssaitigen Meisterwerken des Herrn Huber vertraut ist, wird nicht weiter verwundert sein, dass auch sein Bass-Debüt alle Erwartungen mehr als nur erfüllt.

Eigentlich kein Wunder, Niks Expertise kommt schließlich nicht von ungefähr: Neben einer großen Portion Talent und handwerklichem Geschick stand ihm als Mentor in den frühen Jahren kein Geringerer als Paul Reed Smith zur Seite. Von ihm und durch 20 Jahre Gitarrenbauerfahrung hat Nik gelernt, dass ein gutes Instrument noch lange kein perfektes Instrument ist – ein Anspruch, den man bei seinen Kreationen sehen, hören und auch fühlen kann. Der Rietbergen Bass ist hier keine Ausnahme!

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Solid-Semihollow

Als Vorlage für den ersten Huber-Bass diente die Rietbergen-Gitarre, eine Semihollow, die sich mit ihrem recht klassischen Look, großem Body und geschmackvollen Rundungen nahtlos in jede Blues- oder Jazz-Combo einfügt. Ähnlich kultig wirkt auf den ersten Blick auch der Rietbergen Bass – man könnte fast meinen, es hier mit einem klassischen Halbakustik-Vertreter im Stile alter Gibsons, Guilds oder Hagströms zu tun zu haben. Der Schein trügt jedoch: Niks erster Bass steckt nämlich voller Raffinessen, die ihn sowohl von den Vintage-Modellen als auch von der moderneren Verwandtschaft unterscheiden.

Nik Huber Rietbergen Bass Saiten
Gestochen scharfe Farbübergänge (Bild: Dieter Stork)

Wie viele andere Semihollows auch, verfügt der Rietbergen zunächst über einen soliden Sustainblock, der auf Linie des Halses durch den ansonsten hohlen Korpus verläuft. Das eigentlich interessante ist jedoch, wie der Block dorthin kommt: Wie auch die Gitarren-Schwester ist der Bass nicht wie sonst üblich aus Ahornoder Mahagoni-Sperrholz gebaut, sondern aus einem massiven Stück Sumpfesche gefräst. Der Mittelblock bleibt beim Ausfräsen des Bodies einfach stehen und bildet – wie auch die Zargen – eine natürlich gewachsene Einheit mit dem aufwendig gewölbten Boden. In der Herstellung bedeutet das natürlich eine Menge Verschnitt, was am Ende jedoch eine Konstruktion mit optimaler SchwingungsÜbertragung ermöglicht, bei der sich über die Jahre keine verstärkenden Rahmen und Leisten lösen können. Die Massivholzbauweise soll den Bass außerdem weniger rückkopplungsanfällig machen, was bei hohen Lautstärken ein bekanntes Problem dieser Instrumentenklasse ist. Konsequent wurde die gewölbte Ahorndecke ebenfalls aus dem Vollen gefräst und mit blitzsauber geschnittenen F-Löchern verziert. Während die Zargen und der wild gemaserte Boden in einem matttransparenten Aschgrau-Ton gehalten sind, wurde die Decke zunächst hauchdünn deckend Schwarz lackiert und anschließend vorsichtig angeschliffen. Das Worn-Onyx-Black-Finish ist ein gelungener Mix aus Edel- und Used-Optik und lässt diesen Rietbergen bodenständiger und weniger exzentrisch erscheinen als die ebenfalls erhältlichen Edelholzdecken- Varianten. Beeindruckend ist, mit welch penibler Genauigkeit die Farbübergänge gearbeitet sind, besonders das Natur-Binding der Decke überzeugt mit gestochen scharfen Konturen.

Ein echtes Markenzeichen der Huber-Instrumente ist über die Jahre der markante Halsfuß geworden, der ein wenig an ein klassisches Instrument erinnert. Obwohl der verleimte Riegelahornhals relativ weit in den Korpus reicht, sind die obersten Lagen bestens zugänglich – hier hilft auch das tief ausgeschnittene Cutaway. Anders als viele seiner kurzhalsigen Semihollow-Kollegen kommt der Rietbergen mit einer 32“-Medium-Scale- Mensur, die – wie schon die Korpus-Konstruktion – die tiefen, strammen Bässe eines normalen Longscale-Solidbodies mit dem twangigen und mittenstarken Charakter eines Shortscale-Halbresonanz- Basses vereinen soll. Der von Natur aus ausladende Viersaiter ist durch die leicht verkürzte Mensur außerdem deutlich handlicher und leichter zu spielen. Positiv fällt hier auch das angenehm runde C-Profil auf, das ausreichend seriöse Masse mitbringt, ohne dabei auch nur annähernd grob oder klobig rüberzukommen – „medium mit leichter Tendenz zu fett“ trifft es ganz gut. Die Sattelbreite liegt mit knapp 41 mm nur knapp unter modernen Preci-Abmessungen und fühlt sich entsprechend vertraut an, etwas schmaler als gewöhnlich ist der Hals in den höheren Lagen. Am zwölften Bund misst das Griffbrett 55 mm in der Breite – das entspricht in etwa Vintage- Gibson-Modellen wie Thunderbird und Co. Das hauchdünne Mattfinish des hellgrau gebeizten Halses fühlt sich ausgesprochen natürlich an und setzt die Maserung des edlen Ahorns kontraststark in Szene.

Nik Huber Rietbergen Bass Halsfuß
Der markante und ergonomische Nik-Huber-Halsfuß (Bild: Dieter Stork)

Zum komfortablen Spielgefühl trägt auch das Palisandergriffbrett mit seinen liebevoll verrundeten Kanten bei: Anders als gewöhnlich wurde hier beim Schneiden der Bundschlitze auch nicht die Griffbrettkante durchtrennt, was die Konstruktion nicht nur schöner, sondern auch stabiler macht. Den mittelstarken Bundstäbchen sieht man die vielen Arbeitsstunden, die in ihre Bearbeitung geflossen sind, sofort an; atemberaubend tief liegen die Saiten über den perfekt polierten Drähten – das verspricht beste Spielbarkeit bei minimalem Kraftaufwand.

Die Kopfplatte bringt mit ihrem moderaten Winkel ausreichend Druck auf den Sattel, sodass kein Sustain verloren geht und auch nichts schnarrt oder rappelt. Auf der Front wird sie durch einen tiefschwarzen Ebenholz-Aufleimer verstärkt, der hervorragend zu der angeschliffenen Onyx-Black-Lackierung passt und natürlich den stilvollen Schriftzug des Meisters trägt. Da Kopflastigkeit bei Semihollow- Bässen konstruktionsbedingt immer ein großes Thema ist, kommen für den Rietbergen nur die extrem leichten und tausendfach bewährten Ultralite-Mechaniken von Hipshot in Frage. Aus gleichem Hause kommt auch der hochwertige, in allen drei Dimensionen justierbare Aluminiumsteg, bei dem die Saiten einfach von oben eingehängt werden und der – wie auch die Mechaniken – authentisch geaged wurde, um den Used-Look der Decke zu untermalen. Nahtlos fügt sich auch der einzelne Tonabnehmer in das Konzept ein: Unter der ebenfalls gealterten Metallkappe im Stile eines 60er-Jahre-Thunderbird-Pickups schlummert ein Häussel-Splitcoil, der auf typische P-Bass-Sounds geeicht und in der klassischen P-Position verbaut ist. Beim verstärkten Ton darf man also eine gute Portion Precision-Bass erwarten – dazu passt auch die übersichtliche Elektronik mit jeweils einem Volume- und Tone- Regler.

Ein Bass – zwei Herzen

Dass ein Bass dieser Preisklasse mit einem ordentlichen Koffer und Zertifikat kommt, ist eigentlich selbstverständlich. Bei Nik Huber leistet man sich hier natürlich keine Ausfälle – ganz im Gegenteil: Der Rietbergen Bass kommt in einem edlen Luxuskoffer, der neben dem obligatorischen Einstellwerkzeug und Zertifikat auch ein paar Schaller Security Locks beherbergt. Hat man den aus dem Vollen geschnitzten Semihollow erst einmal am Gurt, ist gleich doppelte Begeisterung angesagt: 1. weil der Bass mit seinen 3,3 kg unverschämt leicht ist und 2. weil er trotz des hohlen Korpus nicht kopflastig ist. Dass der Viersaiter in der Praxis so gut ausbalanciert hängt, hat zum einen mit der besonderen Korpus-Konstruktion und zum anderen mit der leicht verkürzten Mensur zutun, wobei Letztere auch zu der fabelhaften Bespielbarkeit beiträgt. Obwohl man mit dem Rietbergen nämlich schon ein stattliches Teil vorm Bauch hat, bleiben die Wege auf dem Griffbrett kurz und der Bass kontrollierbar; die superflache Saitenlage und der nicht zu klobige Hals machen außerdem auch nach vier oder fünf Stunden Abendprogramm noch Spaß.

Nik Huber Rietbergen Bass Decke und Boden
Decke und Boden des Rietbergen sind aufwendig gewölbt. (Bild: Dieter Stork)

Einzig und allein das durch den relativ schmalen Hals etwas engere Stringspacing könnte für den ein oder anderen Spieler zunächst etwas ungewohnt sein – hier gibt es allerdings deutlich extremere Beispiele. Schon akustisch spricht der Fourstring ausgesprochen sensibel und mit hohen Dynamikreserven an, ohne dabei übertrieben hochgezüchtet oder schöngeistig zu klingen – besonders in dem twangigen Attack und den bellenden Mitten steckt eine ganze Menge Rock’n’Roll! Dass es sich hier um einen Halbresonanz-Bass handelt, hört man zu jeder Sekunde deutlich, wobei der Rietbergen im Bassbereich einen Tick fundamentaler und solider als viele seiner Semihollow-Verwandten rüberkommt. Effektiver als bei einem normalen Solidbody kann man den Sound außerdem mit der Anschlagsstärke, -technik und -position verändern, weshalb gerade Fingerstyle-Linien und dynamisches Plektrum-Spiel auf diesem Bass besonders Spaß machen.

Am Amp setzt der speziell angefertigte Häussel-Splitcoil den gediegenen Holzton bestens in Szene, ohne trotz der reichlich vorhandenen P-Bass-Wärme und -Gutmütigkeit die feinen Halbresonanz- Präsenzen zu unterschlagen. Auch die extra Schippe Dynamik vermag der Pickup darzustellen, und so ergibt sich ein facettenreicher Grundsound, der tatsächlich an eine Art Best-Of- Solid- und Semihollow-Bass erinnert. Natürlich reden wir hier von einem grundsätzlich klassischen Passiv-Sound, der nichts mit superfiligranen Breitband- Hifi-Tönen zu tun hat – beim ersten Huber-Bass geht es vielmehr um Charakter, Style, Wärme und Rock’n’Roll, was übrigens auch die schlagenden Argumente für Künstler wie Biffy Clyro, Tenacious D und Nate Mendel (Foo Fighters) gewesen sein dürften, die man alle regelmäßig mit Rietbergen- Bässen auf der Bühne sieht. Nate Mendel war übrigens eng bei der Entwicklung involviert und hat Niks Bass mit wertvollem Feedback den letzten Schliff gegeben. Ein Instrument, das auch Stadion-füllende Profis zufriedenstellen soll, darf natürlich auch bei gehobener Lautstärke nicht gleich anfangen zu hupen, so wie es bei einigen Halb- und Vollresonanz- Bässen gerne mal der Fall ist.

Nik Huber Rietbergen Bass im Koffer mit Zertifikat
Alles drin, alles dran: Der Rietbergen
kommt mit einem edlen Koffer,
Zertifikat und diversem Zubehör.
(Bild: Dieter Stork)

Mit seiner besonderen Vollholz-Konstruktion zeigt sich unser Viersaiter erstaunlich unempfindlich gegen Feedback, wobei die Physik natürlich auch hier ab einem gewissen Punkt Grenzen setzt – richtig laut geht trotzdem, solange man nicht zu nah an der Box steht. Im dichten Bandgefüge machen sich die kürzere Mensur und der hohle Korpus des Rietbergen durch ein aufgeräumtes, durchsichtiges Low-End bemerkbar, das auch in akustisch schwierigen Umgebungen angenehm dröhnfrei bleibt. Der Druckpunkt sitzt ein wenig höher als bei einem Preci und lässt somit etwas mehr Raum für perkussive Finessen, von denen dieser Bass reichlich auf Lager hat. Ungewöhnlich klar bleibt der Ton auch bei voll zugedrehter Höhenblende, was vielleicht nicht das richtige für kellertiefe Dub- und Reggae-Sounds sein mag, dafür jedoch einen extrem fein abgestuften Nutzungsbereich für so ziemlich jeden anderen Stil schafft. Unterm Strich ist es wirklich verblüffend: Rock, Indie, Blues, Jazz, Punk, Funk, Soul, R’n’B, Country, Folk, Pop – all das kann man sich mit dem Rietbergen problemlos vorstellen, ohne irgendwelche Abstriche machen zu müssen. Ein starkes Statement – nicht nur für einen Semihollow!

Resümee

Übersetzt man den letzten Satz des beiliegenden Zertifikats, stößt man auf ein vollmundiges Versprechen: „Mit meiner Unterschrift versichere ich, dass ich alles in meiner Macht stehende unternommen habe, die bestmögliche Gitarre/Bass zu bauen – Nik Huber“ Ganz schön dick aufgetragen und doch absolut glaubwürdig angesichts der Qualität, die hier geboten wird. Wo andere Halbresonanz-Bässe häufig in Richtung One Trick Pony gehen – also nur eine Sache richtig gut können – kann man sich Niks ersten Bass in so ziemlich jedem Fahrwasser vorstellen, wo nicht gerade sterile Slap-Sounds oder absurd tiefe Metal-Tunings gefragt sind. Und das ist das eigentlich Besondere an diesem Masterpiece: Flexibilität, Style und handwerkliche Perfektion wurden hier in einem Semihollow vereint, der etliche Solidbody- Qualitäten mitbringt, in unzählig viele Settings passt und den Band-Mix immer mit einer gehörigen Portion eigenem Charakter bereichert. Der Preis ist sicher nicht ohne, aber dafür bekommt man hier neben meisterlicher Qualität auch einen Bass fürs Leben …

Nik Huber Rietbergen Bass Übersicht

Plus

  • absolut perfekte Verarbeitung
  • Konzept & Konstruktion
  • Ansprache & Dynamik
  • eigener Klang mit Allround-Qualitäten
  • Spielbarkeit
  • Hardware & Pickup
  • Optik, Spaßfaktor
  • niedriges Gewicht ohne Kopflastigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2017)

Produkt: Gitarre & Bass 5/2022 Digital
Gitarre & Bass 5/2022 Digital
IM TEST: Zoom B6 +++ Framus Wolf Hoffmann WH-1+++ Valco FX KGB Fuzz, Bloodbuzz und Five-O +++ Sandberg California Central +++ Origin Effects Bassrig +++ Lava ME 2 Freeboost & ME 3 +++ One Control Strawberry Red +++ Fender Player Plus Meteora HH & Active Meteora Bass +++ Marshall 2525H & JVMC212 Black Snakeskin LTD

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