Mesa Boogie TransAtlantic TA-15 im Test

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Mesa-Amp, schwarz-silbern, im Retro-Style, mit Fußschalter
(Bild: Dieter Stork)

Hatte man gerade angenommen, dass sich Mesa zum Thema Kleinst-Amps bedeckt hält, kommen die doch noch mit ’ner Brotbüchse auf den Markt. Und was für eine: Hilton-Style, glitzer-blink-blink, auf edel getrimmt. Klar, muss ja, von Mesa, der Name verpflichtet. Davon abgesehen scheint es der TransAtlantic funktional faustdick hinter den Ohren zu haben. Der Blick auf das Panel verrät, dass hier weitaus mehr Aufwand betrieben wird als bei der Konkurrenz.

 

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Mini-Combos und -Topteile, aufgebaut in mehr oder weniger einfacher Röhrentechnik, gibt es reichlich auf dem Markt. Massiv durchgestartet sind insbesondere die kleinen 5-Watt-Chinesen. Wohl vor allem, weil der “Spaß” im Preis supergünstig ist.

Die Schwächen dieser Spezies werden/wurden aber schnell offenbar, weshalb sich im Web ein Gemeinde von Tuning-Interessierten gebildet hat. Die Grenzen des wirtschaftlich Machbaren sind hier allerdings eng gesteckt.

Mit einem ernsteren Ansatz geht es eine Klasse höher zu. Der Nightrain von Vox z. B., oder Egnaters Rebel zeigen, wie preisgünstig in kompakter Bauweise doch sehr kultivierte Wiedergabe verpackt sein kann.

Mesa dreht die Spirale noch viel weiter. Ton und klangliche Variabilität standen bei der Entwicklung offenbar an erster Stelle. Der Amp, ein Vollwert-Zweikanaler, wartet mit Leckerchen auf, die man sonst nur von den teureren Mesa- Schätzchen kennt.

 

Konstruktion des Mesa Boogie TransAtlantic TA-15

Multi Watt, Duo Class, Dyna Watt, hinter den drei knorpeligen Begriffen verbergen sich US-Patente, spezielle Schaltungen, die Mesa Engineering zur variablen Steuerung von Röhrenendstufen ersonnen hat. Duo Class steht für die Fähigkeit, eine Endstufe wahlweise in Class-A oder Class-AB zu betreiben. Dyna Watt beschreibt eine von Mesa optimierte Art des Class-AB-Betriebs, die Leistung und Dynamik anhebt. Erstmals vorgestellt schon 1986 im Studio-22-Combo. Der Name Multi Watt wurde für die Funktion gewählt, die es erlaubt, Preamp-Kanälen als Preset eine Endstufenleistung zuzuweisen, damit diese beim Channel-/Sound-Wechsel automatisch aktiv wird. All das (gemeinsam) findet sich üblicherweise nur in den hüteren Modellen, wie z. B. Mesas MK-V, wurde nun aber auch dem TransAtlantic spendiert. Gemeinsam sorgen die Schaltungen dafür, dass die mit zwei EL84 bestückte Endstufe drei Betriebsebenen bietet:

  1. Eine Endröhre aktiv mit 5 Watt (Eintakt-Class-A-Betrieb).
  2. Beide EL84 aktiv mit 15 Watt (Gegentakt-Class-A-Betrieb).
  3. Beide EL84 aktiv mit 25 Watt (Dyna-Watt-Class-AB-Betrieb).

Hmm, kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor? Logisch, nahezu identisch findet sich dieses Schaltschema am Panel des Lone Star Special. Doch arbeitet der permanent in Class-A. Mesa hat also nicht einfach ins Regal nach dem passenden Modul greifen können, sondern eine spezielle Lösung für den TA-15 erarbeitet.

Unten in der Mitte des Bedienfeldes sind die entsprechenden Schalter zu sehen, an denen man für die beiden Preamp-Kanäle den gewünschten Endstufen-Modus wählen kann. Was machen die anderen Mini-Switches? Der in der Mitte dient der manuellen Sound-/Kanalanwahl bzw. dem Aktivieren des Fußschalters. Die oberen beiden wählen unterschiedliche Soundmodes/Klangfarben in den Kanälen an.

Die vier Regler links gehören zum Channel-1, der mit den Bezeichungen Top-Boost und Normal eine Brücke schlägt zum vielleicht berühmtesten britischen Verstärker überhaupt, dem AC30 von Vox. Ja, Mesa bekennt sich ganz offen zum Plagiat, gibt indes an, das Thema auf eigene Weise zu interpretieren. Die Kanalausstattung jedenfalls ist identisch, mit Volume, Bass, Treble und dem unvermeidbaren Cut-Regler. Das betreffende Poti ist eine Push/Pull-Version. Beim Herausziehen wird es zum Master- Volume, die Cut-Funktion ist nun fest eingestellt auf ein Drittel des Regelwegs (wie ca. 11:00 Uhr).

Gain, Treble, Bass und Master, der Channel-2 ist fast identisch, es bieten sich aber drei andere Grund-Sounds. Tweed mit wenig Gain, eine Hommage an die klassischen Fender-Amps der 50er-Jahre, HI-1 bezieht sich auf den „anderen“ berühmten Brit-Sound und meint damit wohl in erster Linie Marshalls 2061. Der Modus HI-2 besinnt sich wiederum auf US-amerikanische Tugenden, diesmal von Mesa selbst, nämlich ganz pauschal tituliert als die Boogie-Leadsounds. Stilistisch über den großen Teich und zurück, jetzt wissen wir auch warum der TA-15 TransAlantic heißt.

Die Kanalwechsel werden von zwei LEDs optisch angezeigt. Ein hochwertiges Fußschaltpedal gehört samt ca. 4,5 Meter langem Kabel zu Lieferumfang. Wie übrigens auch eine gepolsterte (Gigbag-)Formtasche.

Wer an der Rückseite nach weiteren Features sucht wird enttäuscht. Der Amp hat keine Zusatzausstattung wie z. B. einen Einschleifweg. Hinten finden sich lediglich zwei Lautsprecherbuchsen mit vier und 8 Ohm, ein etwas weit vorstehender Sicherungshalter (tsts … Platzproblem, woll?) und der Netzanschluss. Neben den zwei EL84 macht das technische Konzept vier 12AX7-Doppeltrioden notwendig. Abzüglich des Phasentreibers sind in der Vorstufe für die Signalbearbeitung also bis zu sechs Verstärkungsstufen im Gange. Ganz schöner Aufwand, wie hat Mesa das alles in so ein kleines Chassis hineinbekommen? Mal gerade eben so, könnte man sagen, denn innen ist wirklich kein Fleckchen mehr frei. Die Schaltung ist bis auf die frei verdrahteten Alpha-Potis, die Hochvolt-Schalter und Trafos auf einer großen, den Raum fast gänzlich ausfüllenden Platine aufgebaut. Unter anderem finden sich dort zwölf (!) Relais und eine große Anzahl von Orange-Drop-Kondensatoren. Alles vom Feinsten, wie man es von Mesa eben gewohnt ist. Die Verarbeitung 1A, man darf davon ausgehen, dass der TA-15 auf lange Zeit zuverlässig arbeiten wird. Ab und an die EL84 tauschen, weil die müssen im Class-A-Modus ganz schön ackern und werden dementsprechend früh ermatten, das liegt in der Natur der Sache. Aber das kann man ja sogar selber machen, wenn man bei Mesa-Röhren bleibt (dank deren Matching-Systems). Geht auch ruckzuck. Je zwei Schrauben an den Seiten lösen, schon hat man den Deckel der Brotbox in der Hand. Vorsicht, auch den Stecker der Innenbeleuchtung abziehen!

 

Lone-Star-Classic-Compact

Dieses schnuckelige kleine Böxchen ist neu im Programm. Mesa rechnet das Modell zwar der Lone-Star-Serie zu, es wird aber ausdrücklich auch für den TransAtlantic empfohlen. Was wir hier sehen, ist natürlich keine Standard-Ausführung. Die wäre/ist komplett schwarz (Bezug und Frontbespannung: Black Taurus). Der feine Zwirn unseres Testmodells ist eine Option, bei der für einen Aufpreis von ca. 315 der Bezug und die Front aus einer großen Anzahl von Alternativen ausgewählt werden können. Technisch bestehen keine Unterschiede. Kleiner Tipp am Rande: Es gibt bei Mesa im Grunde immer eine größeres Volumen an Ausstattungsvarianten als im Katalog und dem Internet angeben sind. Wenn man eine bestimmte Vorstellung vom gewünschten Outfit hat, lohnt es sich also über den Händler eine unverbindliche Anfrage beim deutschen Vertrieb zu starten, der dann aktiv wird, mit USA Kontakt aufnimmt, und entsprechende Vorschläge unterbreiten kann. But beware, billig gibt es in dem Ressort nichts.

In der Konstruktion präsentiert sich die Box simpel und ohne Besonderheiten. An der Rückseite ist das Cabinet offen. Der 12″-Speaker, Mesas Allrounder vom Typ MC-90, hängt von hinten montiert an der Schallwand. Ein großer Tragegriff an der Oberseite, Schutzkappen an allen Ecken, dicke Gummifüße, der Rumpf natürlich aus hochwertigem Birkensperrholz: Die Box entspricht in allen Details ihren (größeren) Schwestermodellen. Heißt, sie ist zwar kleiner, erfordert aber im Prinzip den gleichen Fertigungsaufwand, weswegen sie eben auch nicht weniger kostet. Falls jemand seinen Wissensstand zum Thema auffrischen möchte: In Ausgabe 05/2009 findet sich ein Vergleichstest gängiger Mesa-1×12-Cabinets.

 

Praxis

Es wird schnell deutlich, dass der TA-15 nicht zu den Kandidaten gehört, deren Potential sich im Handumdrehen erschließt. Er bewegt sich qualitativ auf sehr hohem Niveau, das hört man auf Anhieb an der Transparenz und der Geschmeidigkeit des Klangbildes. Ob und wie vielseitig er tatsächlich ist, die Frage lässt sich erst nach tieferer Erkundung der Gegebenheiten beantworten. Sprich Interessenten sollten sich beim Ausprobieren Zeit lassen und eventuell nach dem (leider nur in Englisch vorliegenden) Handbuch fragen. Es erklärt die Zusammenhänge anschaulich, liefert konkrete Einstellvorschläge, und gibt eine Menge anderer technischer Tipps – was das angeht, ist Mesa immer vorbildlich. Was definitiv in aller Regel aussageschwach bleiben wird, ist bei gleichbleibenden Reglerstellungen wild mit den Schaltern zu spielen. So können die fünf Soundmodes der beiden Kanäle ihre Trümpfe nicht ausspielen. Zusätzlich will immer die „richtige“ Multiwatt-Einstellung gewählt sein und die passende Abstimmung der Klangregelung.

Im Channel-1 heißt das, wenn aus dem Channel-1 wirklich der AC30 rauslugen soll, muss man zum 15-Watt-Modus greifen. Super, das glitzert edel in den Höhen, die eigentümliche hohle Mittenprägung ist da, verbunden mit höheren Gain-Reserven als beim Vorbild, satt in der Dynamik und dank des Master-Volume elegant in der Handhabung. Empfehlung: Nur wenig Bass reinnehmen, der Vox hat davon nämlich auch nicht allzuviel. Die Klangregler arbeiten ebenfalls arttypisch, beweisen aber höhere Effizienz. Wechseln wir vom Top-Boost zu Normal. Weniger Gain ist die Folge, ein milderes, ausgeglicheneres Klangbild, Clean bis Overdrive mit viel Dynamik lautet die Überschrift. Die Multiwatt- Funktion leistet dabei (generell) zwei entscheidende Dienste. Zum einen lässt sich für jedwede (Live-) Situation quasi der ideale Arbeitspunkt für die Endstufe finden, zum anderen ändert sich auch die Klangfarbe. Was im übrigen erst nachhaltig erlebbar wird, wenn man dem TA-15 die Luft zum Atmen lässt. Die Schwelle an der die EL84 mehr oder weniger in die Sättigung gehen, an diesem Punkt zeigt sich das Potential des kleinen Amps in seiner besten Ausprägung. Um ihn richtig kennenzulernen, spiele man ihn also laut. Es ist im übrigen nur normal, dass die 5-Watt-Ebene in Relation ein wenig nach „Starving“-Modus klingt.

Im Channel-2 stehen die Zeichen auf Attacke. Er gibt sich grober, angriffslustiger als sein Nachbar, unter anderem wegen einer drängelnden Spitze in den oberen Mitten. Der raue Tweed-Charakter ist durchaus erkennbar, allein die bei den alten Fenders parallel präsente Wärme schlägt kaum durch. Nun, man darf halt von zwei EL84 nicht erwarten, dass sie einen Tweed- Deluxe oder gar -Bassman nachmachen. Als härtere Clean-Variante beweist das Channelpreset mit dem geringsten Gain trotzdem Qualitäten. HI-1 legt ein dickes Pegel- Brikett obendrauf. Sehr rotzig im Charakter, fett im Klangbild, ja durchaus britisch, aber mittig und zuweilen fast schon giftig, kräftig und kompakt, dabei zeigt sich wenig Kompression. Dem Spieler macht es der TA-15 mit seinem ehrlichen Benehmen nicht leicht. Guter Ton will hier schon am Instrument geformt sein, wird dann aber mit sehr schöner Interaktion, insbesondere auch hinsichtlich der Dynamik belohnt. Etwas nüchtern geht der Wechsel zu HI-2 vonstatten. Wer sich wegen Mesas Ansage „Boogie-Sounds“ z. B. den sämigen Lead-Ton eines MK-III erhofft hat, kommt nicht auf seine Kosten. Tatsächlich tut sich herzlich wenig zwischen HI-1 und HI-2. Der Schwerpunkt im Mittenspektrum verschiebt sich nach oben, zu einem etwas höheren Frequenzbereich, mehr aber auch nicht. Um das Leistungsspektrum weiter einzuordnen: High-Gain ist, wie zu vermuten war, nicht das Ding der beiden HI-Modi. Das Maximum reicht für Retro-Rock und alle Spielarten des Blues, Country usw.

Wegen seiner durchweg doch eher rüden Attitüde kann ich für den TA-15 Alnico-Speaker als Ergänzung nicht empfehlen. Ein ausgewogener, in den Höhen nicht zu bissiger Keramik-Lautsprecher ist die bessere Wahl; fällt einem sofort der Greenback ein, zu Recht. Dass Mesas MC-90 sehr gut funktioniert, ist keine Überraschung. Dieser Zwölfzöller ist halt einfach ein Allrounder wie er im Buche steht. Hier in dem sehr kleinen Lone-Star-Cabinet kann er sein präzises Low-End natürlich nicht voll ausspielen. Die Bauart lässt das nicht zu. Wenn man am Amp aber den Bassregler ein Stück weiter aufdreht, bläht sich die Wiedergabe der Box unerwartet günstig auf. Sie kann viel voluminöser und ausgewogener klingen als es die geringen Abmessungen vermuten lassen. Sie bleibt lange, bis zu hohen Pegeln transparent und ist absolut gutmütig, d. h. sie erzeugt von sich aus keine unangenehmen Frequenzspitzen, hat auch warme Höhen. Im Team geben die Box und der TA-15 ein homogenes Paar ab, wobei die Art wie sich die bei kleinen Cabinets immer vorhandene Sensibilität in den Hochmitten und der dranghafte Charakter des Amps addieren sicher nicht jedermanns Sache ist. Was soll‘s, der TA-15 bunkert solide Energiereserven und treibt damit sogar ein geschlossenes 4×12-Cab lässig an. Sprich man hat hinsichtlich der Boxen grundsätzlich freie Wahl.

Dass der Verstärker keinen Einschleifweg hat, mag den einen oder anderen irritieren, ist aber ein Umstand, der dem Konzept geschuldet ist. Da der TA-15 mit seinem Purismus explizit darauf baut, dass seine Endstufe an der Klangformung teilnimmt, macht es wenig Sinn, Effekte in den Signalweg einzubringen – oder steht hier jemand auf massiv verätzte Echos?! Einen Minuspunkt kann man dafür jedenfalls nicht vergeben. Auch der leichte Schaltknacks beim Kanalwechsel kommt dafür nicht in Frage, weil er schlicht Folge der in dieser Hinsicht sensiblen Relais-Technik ist. Eigentlich ist es sogar anders herum: Wenn man bedenkt, welch gravierende Änderungen in der Beschaltung vonstatten gehen, muss man eher darüber frohlocken, wie dezent die Nebenwirkungen bleiben. Im übrigen sind die unabhängig von der Lautstärke, nehmen weder ab noch zu.

 

Resümee

Der schnieke TA-15 ist kein Amp für alle Lebenslagen. Er bedient in erster Linie Spieler, die die ehrliche klassische Tonformung schätzen. In dieser Hinsicht zeigt sich der Amp −ohne ein Überflieger zu sein souverän, und in dem so abgesteckten Rahmen ausgesprochen variabel, wobei die unterschiedlichen Endstufenkonstellationen eine tragende Rolle spielen. Die Verarbeitung ist makellos, Mängel förderte der Test nicht zu Tage.

Das kleine Cabinet erzielt für seine unvermutet geschmeidige Wiedergabe Bestnoten. Die Box klingt bei entsprechender Anwendung größer als sie ist und macht hohe Schalldrücke frei. Die Verarbeitung ist tadellos, um nicht zu sagen mustergültig. Bleibt die Frage nach den Preisen. Na ja, Mesa halt, qualitativ das obere Ende der Fahnenstange. Da muss man dann auch einmal bereit sein, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Preis und Leistung stehen jedenfalls in einem (noch) vollkommen vertretbaren Verhältnis.

Produkt: Fender Stratocaster
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