Auf den Schultern der Legenden

Joint Venture: Ampeg Venture V3, VB112 und VB115 im Test

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(Bild: Dieter Stork)

AUF DEN SCHULTERN DER LEGENDEN

Angeschaltet glänzt das V3-Top mit absoluter Ruhe. Der Lüfter bleibt aus, und auch wenn er irgendwann anspringt, ist das Lauf- und Luftgeräusch vernachlässigbar. Mit dem EQ in gefühlter Neutralstellung – eine Mittenrastung gibt es nicht – geht es aus dem Mute-Modus, was die mittige Leuchte von Rot zu Blau wechseln lässt. Der Übergang ist wie alle Schaltvorgänge am Top sanft und geschieht mit ganz leichter Verzögerung. Jetzt kann ich den Bass am Gain-Regler korrekt einpegeln und den Master aufdrehen … und den Master gleich noch weiter aufdrehen. Der Regelweg darf ruhig weiter ausgefahren werden, in der Probe war ich bei drei Uhr. Dann hatte ich aber auch ordentlich Druck hinter mir – und keine Aussetzer.

Die alte PF-Reihe hat mich seinerzeit insgesamt überzeugen können, mit Ausnahme des kleinsten Topteils, des PF350. Das klang für mich zwar gut, reagierte aber schon bei moderaten Lautstärken allergisch auf gar nicht mal so intensive Impulse und ging in die Abschaltung. Auch wenn das V3-Top mit diversen Schutzschaltungen ausgestattet ist, macht das Endstufendesign hier keine Probleme. Der Preamp reagiert sauber und erlaubt gutes Soundshaping. Für luftige Höhen sorgt eher Ultra Hi als der tiefere Treble-Regler, der Bassbereich kann mit Ultra Lo und dem Bassregler sowohl im Plus- als auch Minus-Bereich im Zusammenspiel zupackend eingerichtet werden.

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Auch der semiparametrische Mittenregler arbeitet zu meiner vollen Zufriedenheit, so weit also alles fein. Für mehr Farbe harrt ja noch Super Grit auf seine Aktivierung. Wird der V3 damit zum B15 oder SVT? Nein, schon deshalb nicht, weil zu den Amps auch jeweils sehr unterschiedliche Boxensounds gehören. Die grundsätzliche Richtung passt jedenfalls: mittig-kompakt beim B15, mit extra bulligem Bassschub und Höhen-Boost beim SVT. Mit mehr Grit wird es angenehm kratzig, was klassische Rock/Pop/Soul-Sounds befördert. Richtig aufgerissen wird es mir persönlich zu furzig und zu weich im Bass, im Low-Gain hab ich dagegen richtig Spaß. Die entsprechenden Charaktere neutral/B15/SVT kommen im Post-Modus auch über DI gut zur Geltung, auch wenn das Sahnehäubchen des SGT-DI Pedals fehlt, noch IRs nutzen zu können.

Die Boxen setzen das Klanggeschehen adäquat, aber sehr unterschiedlich um. Während die VB112 mit Tiefbass erst mal geizt und vor allem bei geringer bis mittlerer Lautstärke von einem Plus an Ultra Lo profitiert, ist die VB115 auf Anhieb erwachsener. Auch ohne Boost geht es ganz souverän tiefer in den Keller, bei gleicher Amp-Einstellung wirkt sie ausgewogener und lauter. Dafür klingt die 112 kompakter und auch in akustisch schwierigen Situationen ortbar und trocken, der schlankere Bassbereich stellt die Mitten deutlicher heraus. Beiden Boxen kann mit dem Hochtonhorn feine Brillanz obendrauf gesetzt werden, die leicht gedämpfte Stellung reicht mir meistens schon. Bei deftiger Höhenzugabe rauscht es zwar, aber auch nicht mehr, als bei vergleichbaren Anlagen.

Für maximale Flexibilität kann ich mir eine Kombination aus beiden Cabs sehr gut vorstellen. Klanglich ergänzen sie sich bestens, legen durch mehr Membranfläche und vier Ohm Gesamtimpedanz an klanglichem Volumen ordentlich zu, und wo weniger Druck und Bühnenlautstärke gefragt ist, kann man nach Gusto die eine oder andere mitnehmen – je nachdem, wie viel Platz auf der Bühne ist und welchen Grundsound man möchte.

RESÜMEE

Die erste Neuentwicklung im Verstärkerbereich unter Federführung von Yamaha kann sich absolut hören und sehen lassen! Als neutraler Verstärker macht der gut durchdachte und mit allen üblichen Anschlüssen versehene Venture V3 schon eine gute Figur, die beiden Voicings der Super-Grit-Schaltung sind gut gewählt und umgesetzt. Die Leistung ist glaubwürdig und ohne Aussetzer abrufbar, tragbar sind alle Testkandidaten, der Amp wie die Boxen. Welcher Box man den Vorzug gibt, ist abhängig vom vorhandenen Platz und dem gewünschten Klangcharakter. Die VB112 ist in beiden Disziplinen die kleinere und kompaktere, während die große VB115 lässiger und erwachsener ist. Beide haben ihren Reiz und ihre Berechtigung, und alles zusammen ergibt eine kräftige Anlage für Proberaum und Bühne mit unzweifelhaften Ampeg-Vibes. Zum persönlichen Antesten empfohlen, auch das übrige Venture-Programm!

PLUS

  • Sounds
  • Leistung
  • Lüfter
  • Anschlüsse
  • Tragbarkeit

MINUS

  • Platzierung der Peak-LED wenig logisch

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2024)

Produkt: Marshall Sonderausgabe
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