Die Perlen des Gebrauchtmarkts

Kleinanzeigen Heroes: Fender Blues Junior III 1×12 Combo

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Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.

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Dieser Fender ist wahrlich kein Geheimtipp mehr, wird aber gerne übersehen. Ist er zu klein? Fällt das schöne Tweed nicht genug auf? Sollte die Pilot Lamp lieber blau leuchten?

Oder hat Fender es versäumt, im Marketing dieser Modelle explizit darauf hinzuweisen, dass die Varianten mit Jensen-Lautsprecher nicht nur teurer, sondern auch besser sind, als die regulären Blues-Junior-III- und dann später auch Blues-Junior-IV-Modelle?

Der Fender Blues-Junior-III-Combo mit dem Jensen C12N-Lautsprecher und einem Laquered-Tweed- oder später auch reichlich wenig lackiertem Tweed-Gehäuse, ist bereits seit 2006 erhältlich und war ursprünglich im Rahmen der FSR-Produkte („Fender Special Run“) als strikt limitierte Sonderedition neben zahlreichen anderen FSR Blues Junior III in unterschiedlichsten Farben mit alternativen Lautsprechern (vorrangig von Eminence und Celestion) erhältlich.

Diese, damals mit einem Neupreis von 749 bis 799 Euro sehr viel teurere, erste Produktionsreihe mit lackierten Tweed Gehäusen, war so erfolgreich, dass die Produktmanager bei Fender sehr schnell dazu übergegangen sind, den Amp in die reguläre Produktlinie aufzunehmen.

Mit signifikant weniger Lack auf dem Bezugsstoff und ohne den Namenszusatz „LTD“, dafür aber mit einem spürbar kleineren Preisschild, ist der Verstärker bis zum heutigen Tage als Neuware erhältlich und selbstverständlich findet man eben genau diese Variante des Blues Junior III, die so lange produziert und in großen Mengen in den Markt geflossen ist, sehr häufig auch auf dem Gebrauchtmarkt.

TON DURCH TECHNIK

Der Blues Junior III ist ein einfacher Verstärker – die Arbeiterklasse, quasi – und hat lediglich einen Kanal mit optional fußschaltbarem Fat-Boost, Dreiband-EQ, echtem Federhall und Master Volume. Das reicht allerdings schon aus, um mit allen traditionellen E-Gitarren-Modellen zweckdienlich alle denkbaren Stile spielen zu können – mal abgesehen von modernen Metal-Spielarten. Was kann denn nun der Jensen C12N besser im Vergleich zu nahezu allen anderen Lautsprechern, die jemals in den Produktionslinien der diversen Blues-Junior-Varianten verbaut worden sind?

Die Antwort ist ganz simpel: Er klingt besser bei den leisesten und auch bei den lautesten Anwendungen. Die Erklärung ist nicht ganz so simpel: Zunächst ist der C12N ein 12-Zoll-Lautsprecher mit Keramik-Magnet und einer Belastbarkeit von 50 Watt augenscheinlich ein durchschnittlicher Gitarrenlautsprecher.

Er bietet allerdings sehr offensive, laute, fast schon nervige Höhen an und schneidet sich somit – trotz der kleinen Endstufe des Blues Junior III, mit ihren 15 Watt aus zwei EL84 – im Proberaum und auf der Bühne förmlich durch die Becken des Schlagzeugs. Bei der anderen, extremen Anwendung, nämlich als Bedroom Amp für kleinste Lautstärken, ist dieses offensive Timbre ebenfalls hilfreich, denn es ermöglicht dem Gitarristen, den Dreiband-Equalizer des Blues Junior sehr unkonventionell und defensiv einzustellen.

Bei der nächsten Gelegenheit empfehle ich einfach mal den Gain Regler dieses Verstärkers auf 13 bis 14 Uhr einzustellen, alle drei Regler des Equalizers auf eine Position zwischen 8 und 10 Uhr und das Mastervolume ganz langsam aufzudrehen, bis die ersten Höhen vom Lautsprecher frei werden. Ab dem zweiten Millimeter des Regelwegs ist das Signal nutzbar und klingt brauchbar. Vollröhre zuhause ohne Powersoak? Ja, bitte!

AUGEN AUF

Beim Gebrauchtkauf eines Blues Junior empfiehlt es sich, immer damit zu rechnen, dass die beiden EL84 der Endstufe direkt getauscht werden müssen. Die Lebensdauer dieser beiden Röhren ist bei einer durchschnittlichen Nutzung von zwei lauten Probeabenden in der Woche und 15 bis 20 Shows im Jahr bei unter zwölf Monaten.

Wer den Amp also wirklich als einzigen Verstärker im Arsenal besitzt, Gigs damit spielt und die Leistung der Endstufe ausschöpft, wird einmal im Jahr ca. 60 Euro für zwei EL84 ausgeben müssen, die dann allerdings ohne, dass man einen Techniker bemühen müsste, direkt ausgetauscht werden können. Kleinere, altersbedingte Probleme, wie ein klemmender Fat-Boost Taster, kratzende oder wackelige Potis oder eine wackelige Eingangsklinkenbuchse, lassen sich bei diesem Verstärker oftmals mit wenigen Handgriffen beheben.

PREISE

Wer den Fender Blues Junior III in Laquered Tweed mit Jensen C12N noch nicht ausprobiert hat, sollte diesem Verstärker definitiv eine Chance geben, egal ob als Neuware im Laden oder als Second-Hand-Schnäppchen im Preisrahmen von 450 bis 550 Euro.

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2021)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich habe den Lacquered Tweed.

    “…Jensen C12N … Er bietet allerdings sehr offensive, laute, fast schon nervige Höhen an…”

    Tja: ich habe den Jensen C12N aus gutem Grund ausgetauscht gegen den C12Q. Warum? Der C12N mit seinen 50 Watt Belastbarkeit ist aus meiner Sicht für diese kleine Hasenkiste überdimensioniert. Er will gefüttert werden und da hat der Amp zuwenig Reserve. Der Speaker wird unterfordert, was er mit einer Strat dran zwar bassig, aber mit zuvielen Höhen quittiert (OK, eine Gitarre hat auch einen Tone-Regler). Man muss hier zu sehr den Tonestack des Amps bemühen. Den schwierigen Bereich Clean-Crunch bringt er nicht überzeugend rüber, bei größeren Inputs kommt schnell ein Bröseln.

    Ganz anders der C12Q mit seiner Belastbarkeit von nur 35 Watt. Er spricht feiner an, ist “lebendiger”, weil nicht unterfordert. Er meistert Clean mittiger und fast schon “3D-strahlend” mit etwas (!) weniger dieser Höhen. Ebenso meistert er den kritischen Anzerrbereich, wo hier leistungsbedingt ein früheres Einbrechen kommt, was sich durch ein herrliches, leichtes “Fauchen” im Ton (je nach Pickups!) äußert mit weniger Bröseln, da der Bass nicht so künstlich aufgeblasen ist.

    Generell “passt” auch der Tonestack des Amps mit seinen Regelmöglichkeiten viel besser zu diesem Speaker, der eine größere Bandbreite bedient. Offenbar kommt der kleinere Speaker mit dem MDF-Gehäuse besser klar.

    Der Amp klingt mit dem C12Q viel dynamischer und mehr nach “Fender”, als mit dem zu großen C12N. Vermutlich wollte Fender einer befürchteten Topfigkeit begegnen, die aber auch mit dem C12Q nicht auftritt.

    Jensen C12R mit 25 Watt Belastbarkeit? Nein. Der kann zwar den Crunch-Bereich noch besser, weil er noch schneller einbricht, ist clean aber hoffnungslos zu dünn.

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