The Israelites:

GH Greenhouse Effects Pedale im Test

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Handmade Boutique-Pedale aus dem Nahen Osten? Eine Klang-Oase aus der Wüste? So viel schon vorab: Die in einem nord-israelischen Kibbuz entwickelten und gebauten Boutique-Pedale brauchen sich keineswegs im Wüstensand zu verstecken, ganz im Gegenteil!

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Gemeinhin verbinden wir mit Israel nicht unbedingt Effektpedale, es drängen sich eher andere Assoziationen auf. So war auch meine erste spontane Reaktion eher Erstaunen und Skepsis, aber auch starke Neugier …

Konstruktion

Bereits in der Ausgabe 05/2015 hat Kollege Heinz Rebellius das Self Titled von Greenhouse getestet – ein Pedal mit austauschbarem Effektmodul. Bei den hier vorliegenden Pedalen handelt es sich jedoch um Geräte der üblichen Konstruktion: Ein Pedal = ein Effekt. Die Pedale werden im obligatorischen Pappschächtelchen ausgeliefert, äußerlich ist auf den ersten Blick kaum ein Unterschied auszumachen.

Aber halt: An der Stirnseite der Schachtel ist die Grafik eines Fingerabdrucks auszumachen, per Hand wurde hier die Modell- und Seriennummer vermerkt, die eine Identifizierung der verschiedenen Typen ermöglicht. In der Schachtel ist das Pedal zusätzlich in einem kleinen Stoffsäckchen untergebracht, dazu ein Faltblatt mit Kurzbeschreibung der verschiedenen Greenhouse-Effekte und – bei manchen – ein feines, edel bedrucktes, kräftiges Plektrum. Ich mag solche liebevollen Details. Eine Bedienungsanleitung mit Datenblatt suche ich allerdings vergeblich … Nach Rücksprache mit dem neuen deutschen Vertrieb werden die Pedale künftig aber mit Manual ausgeliefert.

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Die Pedale machen einen robusten Eindruck: Gefaltetes Blech mit schwarzer Beschichtung, die Potis sind mit dem Gehäuse verschraubt. Allein eine nette Frontgrafik sorgt für eine Identifizierungsmöglichkeit, genauso wie eine weitere „Fingerabdruck“-Grafik mit Modellund Seriennummer auf der Unterseite. Der Name des Pedals fehlt entweder gänzlich oder ist nur sehr klein aufgedruckt. Hier hätte ich mir eine gut lesbare und ausreichend große Beschriftung gewünscht.

Gummifüße/Moosgummimatte und ein Batterie-Clip im Innern sucht man vergeblich, was darauf schließen lässt, dass das Pedal ausschließlich für die Pedalboard-Montage und den Netzteil-Betrieb vorgesehen ist. Regler, Buchsen und True-Bypass-Schalter machen einen vernünftigen Eindruck, die Buchsen fassen gut und der Schalter verrichtet seinen Dienst tadellos. Ein Blick ins Innere offenbart ein sauberes und übersichtliches PCB-Layout mit sauberst handverlöteten Verbindungen, True-Bypass-Schaltung sowie optimale Kabellängen. Schön!

Praxis

Roadkiller

Ein Overdrive/Distortion/ Booster mit simplem 3-Regler Layout, das es aber in sich hat. Volume, Tone und Gain – mehr braucht es nicht, um hier eine breite Palette an Sounds zur Verfügung zu haben. Der Sound ist groß, kraftvoll, natürlich und sehr verstärkerähnlich. Die Dynamik des Pedals lässt mich bei 1-Uhr-Stellung des Gains und gezügeltem Anschlag klare Akkorde spielen und klingt fein aufgelöst, während ich bei kräftigem Anschlag Einzeltönen einen umwerfend tragfähigen und durchsetzungsstarken Solosound entlocken kann.

Das Akkordspiel geht sehr dynamisch von der Hand, bei zurückgeregeltem Gain arbeitet das Pedal als Booster, wobei schon die 9-Uhr-Position des Volume-Potis „Unity Gain“ erreicht hat (Bypass und Effekt haben die gleiche Lautstärke). Bei höheren Gainsettings tritt ein fetter und ausgewogener Rocksound zutage, im Vergleich zu einem Ibanez Tube Screamer kompakter und dynamischer. Außerdem klingt und reagiert das Pedal je nach Gain-Stellung unterschiedlich. Es ist alles andere als ein „One trick pony“.

Beim Herunterregeln des Volume-Potis der Gitarre bleibt der PedalSound durchsichtig, bei einem bereits verzerrenden Verstärker leidet auch bei höheren Gain-Stellungen des Pedals nicht die Durchsetzungsfähigkeit, es entsteht kein Matsch. Klasse! Auch wenn sich in diesem Becken sich so manche Konkurrenz wie z. B. Fulltone Plimsoul, Ibanez Tubescreamer und seine Verwandten tummeln, macht der Road Killer auf Grund seiner Vielseitigkeit und der Güte seiner Sounds hier eine richtig gute Figur.

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Gold Drive

Das zweite Pedal in dieser Runde ist ein Overdrive mit einer etwas höher angelegten Mittenstruktur. Nicht nur die goldene Farbe erinnert an den Klon Centaur, oder ist es doch nur reiner Zufall? Wieder wird die sehr dynamische, luftige und transparente Wiedergabe augenscheinlich (bzw. ohrenscheinlich … ). Trotz des identischen Regler-Layouts, bei dem die Tone-Funktion hier allerdings mit Gold bezeichnet ist, haben wir es eher mit einem Pedal zu tun, das einen Röhrenverstärker in die Sättigung fahren soll. Es stehen dafür enorme Boost-Reserven zur Verfügung, wobei der Gold-Regler dunklen Humbuckern zu mehr Transparenz und Durchsetzungsfähigkeit (Trebleboost) verhilft, während mit Singlecoils bestückte Gitarren ein deutliches Mehr an Stringenz wegen tragender hoher Mitten vermelden.

Höhere Einstellungen des Drive-Reglers erhöhen nicht nur die Verzerrung, sondern reichern den Klang mit harmonischen Obertönen an und verdichten den Sound, ohne jedoch die Dynamik negativ zu beeinflussen. Über einen cleanen Verstärker gespielt, kann dieses Pedal sowohl als Solo-Boost oder Low-Gain-Verzerrer zum transparenten Anzerren punkten. Besonders hervorheben möchte ich die sensible Interaktionsfähigkeit mit dem Volume-Poti, womit sich der Gold Drive auch zum Standalone-Pedal qualifiziert.

Middle Man

Middle Man: Ein weiteres Boost-Pedal, das – wie der Name schon vermuten lässt – für die wichtigen Mittenfrequenzen der E-Gitarre zuständig sein will. Die Potis für Volume, Mid und Gain lassen eine Vielzahl von Klangvariationen zu. Das Besondere ist allerdings, dass in der Mittelstellung (12 Uhr) des Mid-Reglers praktisch keine Klangbeeinflussung stattfindet und hier unter Zuhilfenahme des VolumeReglers ein nahezu klangneutraler Cleanboost erzielt wird.

Bewegt man den Mid-Regler gegen den Uhrzeigersinn, werden die Mitten abgesenkt. Durch Erhöhung des Gains erhält man quasi einen gleichzeitigen Bass- und Trebleboost. Dreht man den Mid-Regler in die umgekehrte Richtung, entsteht dagegen ein Midboost, bei dem die Mittenfrequenzen ähnlich wie bei einem Wah-Pedal verändert und durch den Gain-Regler angehoben werden können und obendrein ein Quäntchen an Verzerrung addiert wird. In Verbindung mit dem Volume-Regler kann so ein enormer Boost realisiert werden, um zum Beispiel ein Solo wie bei einem festgestellten WahWah à la Michael Schenker oder Jimi Hendrix Prägnanz und Durchsetzungsfähigkeit zu bescheren. In der Minus-Stellung des MidReglers lassen sich hingegen auf Schalterdruck ausgedünnte LoFi-Sounds à la Beck u. a. realisieren.

Alle diese Varianten klingen stets sehr musikalisch und brauchbar. Der Middle Man ist nach eingehender Betrachtung weitaus flexibler, als es der erste Eindruck vermuten lässt, und das richtige Tool für Sound-Spezialisten. Die spezielle Verschaltung des Mid Potis und das „dreckige“ Gain-Poti machen den Middle Man zu einem flexiblen Weggefährten, der flexibler ist als reine Treble-Boost-Pedale oder Standard-Overdrives es sein könnten. Mitbewerber in dieser Liga sind z. B. Lovepedal Eternity und Klon (KTR) Centaur.

Nobrainer

Dieses Pedal ist so flexibel, dass alles nur noch ein Klacks (= no brainer) ist. Crunch, Distortion, bis High Gain unterschiedlichster Couleur, ja sogar Metal ist drin − Jahrzehnte RocksoundGeschichte sind in diesem Pedal vereint. Neben Gain und Volume sind zwei sich gegenseitig beeinflussende Regler am Start, welche die Klangmöglichkeiten multiplizieren. Während der Mid-Regler (dem Namen entsprechend) Mitten heraushaut, kümmert sich der Tone-Regler um das „Scoopen“, sodass der klassische V-Tone mit seinen ausgehöhlten Mitten in verschiedensten Facetten reproduzierbar ist. Dieses Pedal schlägt vieles um Längen, es ist wahrlich ein Hammer! Bei dem Nobrainer fällt es mir nicht leicht, die vielen klanglichen Nuancen in allgemein verständliche Begrifflichkeiten umzusetzen! Deswegen ist ein individuelles und ausführliches Antesten sehr empfohlen!

Sludge Hammer

Dieses Pedal legt noch mal eine Schippe an Boshaftigkeit drauf, wenn auch hier eine andere Klangästhetik zu Grunde liegt. Nach Overdrive und Distortion haben wir es hier mit einem Fuzz zu tun! Laut Herstellerangabe hatte man die Stilistiken Stoner Metal, Doom und Sludge bei der Konzeption im Hinterkopf, was aber der eigentlichen Bandbreite dieses Gerätes kaum gerecht wird. Ich konnte auch problemlos Sounds von Black Sabbath, Muse, Led Zeppelin, Metallica usw. emulieren.

Neben Volume und Gain befinden sich auch hier zwei Klangregler an Bord, die mit Body und Tone gekennzeichnet sind. Ein MiniSchalter wählt zwischen Modern und Vintage, Modi, die sich vernehmlich durch die Struktur der Mitten unterscheiden und die Durchsetzungsfähigkeit im BandKontext bestimmen. Während der Vintage-Modus mit einem ausgedünnten Mittenbereich aufwartet, lässt Modern die Gitarre durchsetzungsfähiger und präsenter erscheinen. Erstaunlich ist, dass niedrige Gain-Einstellungen ein durchaus dynamisches Spiel ermöglichen. Damit habe ich nicht gerechnet! Höhere Gain-Stufen klingen fett, und je nach Stellung der Klang- und Gain-Regler verändert sich die Ansprache. Fazit: Mit dem Sludge Hammer kann sich jeder seinen persönlichen Fuzz-Sound zurechtbasteln.

Stone Fish

Dieses Pedal ist ein Mono-Chorus und es macht richtig Spaß! Konfektionierte Chorus-Sounds waren gestern, dieses Pedal wartet nämlich mit interessanten Extras von heute auf. Neben den Standard-Reglern für Rate (Geschwindigkeit der Modulation) und Depth (Effekttiefe) finden sich außerdem Regelmöglichkeiten für Width (Verzögerungszeit des Effekts) und Tone (eine Höhenblende) sowie ein Mini-Schalter zum Wechsel zwischen Chorus- und Vibrato-Sounds an Bord.

Eine Vielzahl verschiedener Effekte sind möglich, von dezenter Modulation bis zu Leslie-artigen Rotorklängen, von psychedelischen UnterwasserSounds bis hin zu abgedrehten „Ich fühl‘ mich seekrank“-Leier-Eskapaden. Durch den Tone-Regler, der lediglich auf das Effektsignal wirkt, kann ein weicherer Klang eingestellt werden, der gerade in Verbindung mit Verzerrern (und sogar Fuzzes!) aufgeräumter, wärmer und organischer als Pedale ohne eine Höhenblende ist. Wenn Rate und Depth auf Null gesetzt sind, kann man manuell mit dem Width-Regler eine fixe Resonanzfrequenz einstellen, eine nette Dreingabe, die an den Matrix-Effekt bei Electro-Harmonix-Chorus/Flanger-Pedalen erinnert, aber milder ausfällt. Der Stone Fish ist ein klasse Chorus, in seiner Güte vergleichbar mit dem hoch gelobten Earthquaker Devices Sea Machine.

Retro Sky

Nomen est omen! Denn das Retro Sky ist ein Vintage-Delay mit himmlischen Fähigkeiten. Es ist zwar digital aufgebaut, klingt aber recht warm und dunkel – ergo retro – und kommt dadurch dem Originalsignal tonal nicht in die Quere. Das Pedal beherbergt vier Regler für Delay, Mix, Repeat und Phaser-Speed. Ein Mini-Schalter aktiviert den nur auf das Effektsignal einwirkenden Phaser, der durch den Speed-Regler in der Geschwindigkeit variiert werden kann. Mix verändert das Verhältnis zwischen dem direkten und dem Effektsignal, wobei das Gitarrensignal direkt und somit unverändert durchgeschliffen wird und keinerlei Klang- und Lautstärkebeeinflussung unterliegt.

Mit Repeat lassen sich die Echowiederholungen steuern, Selbst-Oszillation sowie alle Analog-Delay-spezifischen Effekte wie Slapback, Solo-Delay, Doubling sind selbstverständlich auch möglich. Der Phasing-Sound wirkt niemals aufdringlich, sondern stets organisch. Er belebt die Repeats ohne merkliche Tonhöhenverschiebung, wie man es bei den meisten anderen Delays mit Modulation leider beobachten kann. Interessant! Die Delay-Zeit erreicht 1000 ms, was gerade für Ambient-Sounds und Shoegazing interessant ist. Ich sehe genau da auch den bevorzugten Anwendungsbereich des Retro Sky.

Allerdings hätte ich mir noch ein kontinuierliches Dumpferwerden der Echo-Repeats gewünscht, oder einen Tonregler, der ein individuelles Anpassen an die jeweilige musikalische Situation erlaubt. Auch eine Tap-Tempo-Funktion wäre sicherlich hilfreich. So erscheint das Retro Sky ein wenig unflexibel und antiquiert. Retro halt. Man mag diesen Sound, so wie er ist, oder eben nicht. Mitbewerber mit einer vergleichbaren Attitüde wären das Servus! Yodelmaster delay&echo, TC Alter Ego und EHX Memory Toy/Boy.

Resümee

GH Greenhouse-Effects bieten zu einem vergleichsweise günstigen Preis hohe Qualität in Sound, verwendeter Bauteile und Verarbeitung. Die Erfahrung eines jahrelangen Dialogs mit Musikern und im Bereich Customizing ist deutlich spürbar, hier wird man den Anforderungen der Gitarristen verschiedener Genre nach Dynamik und Frische des Signals mehr als gerecht. Nie klingt es undifferenziert oder unbrauchbar. Der Charakter der verwendeten Gitarre bleibt erhalten, sowohl mit Humbuckern als auch mit Singlecoils bestückte Gitarren konnten an die Pedale mühelos angepasst werden. Besonders konnten sich die Zerrpedale in puncto Vielseitigkeit, Praxistauglichkeit, Dynamik und Signalqualität behaupten. Und das, obwohl dieser Markt hart umkämpft ist. Fazit: Diese Pedale machen Spaß und fördern die Spielfreude.

 

Plus

  • Sounds
  • Dynamik
  • Optik
  • Musikalität
  • Herstellungsqualität
  • Vielseitigkeit von Verzerrer & Chorus

 Minus

  • kein Delay-Tap-Tempo

 

Vertrieb: go4-music.de

Preis: jeweils ca. € 179

Produkt: Treble Booster im Test
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