Harley Benton Acoustic Amplifier AC PRO 120 im Test

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Akustik-Verstärker von Harley Benton, schwarz
(Bild: Dieter Stork)

 

Unter dem eigenen Label Harley Benton bietet das Treppendorfer Musikhaus Thomann zu sehr günstigen Preisen nahezu alles an, was ambitionierte Einsteiger und Fortgeschrittene für ihr Hobby benötigen. Aber auch im Profilager wurde schon das eine oder andere HB-Produkt gesichtet.

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Zum Harley-Benton-Programm zählt auch eine Reihe von sechs Combo-Verstärkern für akustische Instrumente, die bereits ab € 39 zu haben sind. Der AC PRO 120 nimmt mit seiner gehobenen Ausstattung und 120- Watt-Endstufe die Position des Flaggschiffs ein, und das schon bei einem Preis von schlappen € 229. Das macht neugierig. Schauen wir doch mal, was der Große alles an Bord hat …

 

Konstruktion des Harley Benton Acoustic Amplifier AC PRO 120

Mit seinen exakt 16 Kilo bringt der AC PRO 120 schon mal einen respektablen Wert auf die Waage, von dem allerdings ein Großteil auf das Konto des stabilen Gehäuses aus 15 mm MDF geht. Rundum geschlossen, im Inneren an den Ecken mittels Vierkantleisten stabilisiert, die Außenkanten abgerundet, das Ganze von hartem Strukturlack überzogen, hinterlässt das Gehäuse mechanisch einen durchaus Road-tauglichen Eindruck. Bis auf ein frontseitiges Bassreflexrohr ist die ungedämmte Lautsprecherkammer, in der zwei 8″-Speaker und ein 1,5″-Hochtöner Dienst tun, auch dann von der Außenwelt isoliert, wenn man das Amp-Chassis ausbaut. Aus 1,1 mm Stahlblech gekantet und verstrebt, bewohnt dieses somit quasi sein eigenes Separee. Ein verschraubtes Lochblech mit dünner Schaumgummiauflage bietet den Lautsprechern hinreichenden Schutz.

Vier Gummifüße und ein etwas steifer Griff komplettieren die Gehäuseausstattung. Nach Lösen von zehn Schrauben und des Lautsprecherkabels lässt sich das stabile Amp-Chassis nach hinten herausziehen. Den Trafo sowie alle Baugruppen und Buchsen hat man verschraubt, Steckverbindungen verklebt, 230 Volt führende Litzen über isolierte Steckschuhe angeschlossen. Die Potis, deren Achsen von den Chassisbohrungen wackelfrei geführt werden, sitzen auf der Preamp-Platine. Mechanisch macht das Ganze einen tadellosen Eindruck.

 

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Gehobene Ausstattung auf der Front … (Bild: Dieter Stork)

 

Bedienelemente des Harley Benton Acoustic Amplifier AC PRO 120

Der Harley Benton AC PRO 120 wird von oben bedient. Mit Ausnahme der Instrumenteneingänge finden sich alle Anschlüsse auf der Rückseite. Während Channel 1 mit Klinkeneingang, Pegelanpassung High/Low, Übersteuerungs-LED, Gain-Regler, aktivem 3-Band-EQ und Contour-Schaltung (Höhenanhebung) aufwartet, kommt der für Mikrofone oder Line-Pegel vorgesehene Channel 2 mit einer symmetrischen XLR/Klinke-Kombi-Buchse, Mic/Line-Schalter, Clip-LED, Gain-Regler und aktivem 2-Band-EQ. Alle Klangregler rasten in neutraler Mittelposition ein, was die Handhabung erleichtert.

Thomann hat dem Acoustic-Combo Digitaleffekte spendiert, die per Mode-Schalter angewählt und per Balance-Poti stufenlos den Kanälen zugemischt werden können. Zum Angebot zählen Hall, Plate, Chorus oder Delay, deren FX Level sich variieren lässt. Verkraftbare Einschränkung: Beide Kanäle müssen sich stets einen der vier Effekte teilen. Master-Level-Regler und Power-LED vervollständigen die obere Bedienfläche. Für einen Verstärker dieser Preisklasse bietet der PRO 120 eine überaus luxuriöse Anschlussperipherie: Aux In L/R (Cinch), MP3 (Mini-Stereoklinke), Tuner Out, FX Loop Send und Return, D.I. Out (XLR symmetrisch), Line Out, Phones (Stereoklinke) und Footswitch. Letzterer (de)aktiviert den gewählten Effekt, zählt allerdings nicht zum Lieferumfang. Auch den Power-Schalter und die Buchse des separaten Netzkabels, in der die leicht zugängliche Hauptsicherung haust, finden wir auf der Rückseite.

 

Der Harley Benton Acoustic Amplifier AC PRO 120 in der Praxis

Selbst bei voll aufgedrehtem Master-Volume bekundet der Amp seine Betriebsbereitschaft nur mit einem dezenten Schaltgeräusch und meldet sich ebenso rücksichtsvoll wieder ab. Ohnehin gibt sich der AC PRO 120 im Leerlauf als ausgemachter Leisetreter. Schließt man eine Akustik-Gitarre an Kanal 1 an, kann die Eingangsempfindlichkeit mit dem High/Low-Schalter angepasst werden. Für passive Pickups ist in der Regel High, für aktive Low vorgesehen. Hier empfiehlt es sich jedoch, den Schalter in jedem Fall auf High zu stellen, da andernfalls der erreichbare Gesamtpegel zu wünschen übrig lässt. Sollte die Clip-LED bei hartem Strumming aktiv werden, kann immer noch der Gain-Regler bemüht werden.

Auf einen Limiter hat der Hersteller verzichtet, allerdings würde dieser auch die gesunde Dynamik des Verstärkers einschränken. Mit jeweils +/-10 dB greift der aktive 3-Band-EQ eher nuanciert ins Geschehen ein, reicht für Korrekturen jedoch allemal aus.

Da Amp und Gehäuse ohnehin recht stramme Bässe liefern, wird das Bass-Poti wahrscheinlich eher für Absenkungen zum Einsatz kommen. In diesem Zuge verweist es gleichzeitig die ausschließlich beim F# entstehenden Feedbacks (E-Saite 2. und 14. Bund, A-Saite 9. Bund, D-Saite 4. Bund) einigermaßen in die Schranken. Als sehr effizient erweist sich die Contour-Schaltung, die die Höhen oberhalb des Treble-Bereichs anhebt und sich vor allem fürs Fingerpicking empfiehlt. Middle und Treble liefern bereits in ihrer Mittelstellung gute Klangergebnisse und leisten bei Nylon-Strings oder Ukulelen (Treble ein wenig anheben) und Mandolinen (Mitten leicht boosten, Treble etwas cutten) praktische Korrekturhilfe. Obgleich Channel 2 eher für Vokalmikrofone und Line-Pegel konzipiert wurde, können selbstverständlich auch die oben genannten Instrumente angeschlossen werden. Trotz fehlender Contour-Schaltung und Mittenreglung lassen sich dem zweiten Kanal nahezu identische Sounds entlocken. Um Instrumente anzuschließen, empfiehlt sich die Line-Position des Input-Schalters, bei schwächeren Pickups kann sich dennoch die Mic-Position als vorteilhafter erweisen. Einfach ausprobieren.

Da ich gerade dabei bin: Mangels Phantom Power akzeptiert der AC PRO 120 ausschließlich dynamische Mikrofone. Während der 2-Band-EQ für das klassische SM-58 völlig ausreicht, kann ich sowohl Channel-Gain als auch Master-Volume voll aufdrehen ohne Rückkopplungen zu provozieren – zumindest solange ich das Mikro nicht auf die Lautsprecher richte. Angesichts des erreichten Gesamtpegels kommen mir jedoch erhebliche Zweifel an der mit 120 Watt angegebenen Endstufenleistung. Ungeachtet dessen klingt die Stimme rund, klar und natürlich.

Die Aux- und mp3-Anschlüsse sind für Wiedergabegeräte vorgesehen, von denen auch die Input-Level kontrolliert werden. Eingehende Stereosignale werden Amp-intern auf Mono summiert. Während der Tuner-Ausgang sein Signal vor der FX-Sektion abzweigt, werden Line Out und Kopfhöreranschluss hinter dem Master-Volume abgegriffen. Somit beinhalten diese sowohl die Bordeffekte als auch das Master-Volume-Setting. Der symmetrische D.I.-Ausgang bezieht sein Signal post Effects, sodass Master-Volume keinen Einfluss auf dessen Pegel nimmt. Da freut sich der Techniker am FOH-Pult.

Das digitale FX-Modul bietet respektabel klingenden Hall, Plate, Chorus und Delay mit variablem Effektpegel. Während der Chorus stets von einem Room- oder Ambience-Effekt begleitet wird, nervt beim Delay ein kurzes Pre-Delay, das die festgelegte Delay Time zunächst etwas aus dem Groove bringt. Mittels Effects-Pan-Regler kann der aktive Effekt stufenlos Channel 1 oder 2 zugemischt werden. Die einrastende Mittelstellung verteilt das Effektsignal gleichmäßig auf beide Kanäle. Ist jedoch ein externes Gerät an die FX Loop angeschlossen, kann man per Pan-Regler wählen, ob das Signal simultan zum Bordeffekt beiden Kanälen gleichzeitig oder die Loop auf Channel 1 und Onboard-FX auf Channel 2 oder umgekehrt gemischt werden soll. Klasse, eine echte Neuheit und in dieser Preisklasse wirklich sensationell.

Unterm Strich liefert der große Harley Benton Acoustic Amp erstaunlich natürliche, transparente und dynamische Sounds, die von ordentlichen Digitaleffekten unterstützt werden. Seine Bass-Dominanz lässt sich ebenso problemlos durch Absenken des unteren Frequenzbereichs in den Griff bekommen wie die Feedback-Anfälligkeit bei tieffrequentem F#. Das einzige Manko zeigt sich in der recht leistungsschwachen Endstufe, deren Herstellerangabe von 120 Watt offenbar mitnichten erreicht wird.

 

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… und auf der Rückseite. (Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Das Topmodell der Harley-Benton-Acoustic-Amplifier-Reihe punktet angesichts seiner imposanten Erscheinung, luxuriösen Ausstattung und soliden Verarbeitung zunächst mit einem sensationellen Preis. Seine Klangqualitäten werden deutlich, nachdem man die leichte Bassdominanz mit dem Aktiv-EQ beseitigt und das Instrument bzw. Mikrofon hinsichtlich Eingangspegel und Klang abgestimmt hat. Das Ergebnis ist eine natürliche, offene, dynamische und vor allem nebengeräuscharme Wiedergabe sowohl von Instrument und Stimme als auch von angeschlossenen Abspielgeräten. Die Onboard-Effekte können sich mit Ausnahme des etwas nervigen Pre-Delays des Delay-Effekts hören lassen. Highlights sind sicherlich die Routing- und Kombinationsmöglichkeiten von FX-Sektion und FX-Loop sowie die umfangreichen Anschlussmöglichkeiten. Wenngleich wir uns in dieser Preisklasse an spärliche und zudem englische Bedienanleitungen mehr übel als wohl gewöhnen müssen, halte ich mich mit Kritik an der sehr gut klingenden aber leistungsschwachen Endstufe keineswegs zurück. Unter 120 Watt verstehe ich etwas ganz anderes. Nichtsdestotrotz bietet der AC PRO 120 eine Menge fürs Geld.

 

Übersicht

Fabrikat: Harley Benton

Modell: Acoustic Amplifier AC PRO 120

Gerätetyp: Verstärker für akustische Instrumente mit Tonabnehmern, zwei Kanäle

Herkunftsland: China

Technik: Halbleiterbauweise

Leistung: 120 Watt/4 Ohm (Herstellerangabe)

Lautsprecher: 2× 8″ Mitten-/Tieftöner, 1× 1,5″ Hochtöner

Gehäuse: 15 mm MDF, geschlossen, ungedämmt, Strukturlackierung, Bassreflexrohr vorne, Lochblechfront mit Schaumgummiauflage, vierfach verschraubt, 4 Gummifüße, Tragegriff oben

Chassis: 1,1 mm Stahlblech, U-förmig gebogen und verstrebt, 10-fach verschraubt, Kühlschlitze auf Rück- und Unterseite, großes Alukühlprofil, Baugruppen, Trafo und alle Buchsen verschraubt

Anschlüsse: Oben: Input CH1 (Klinke), Input CH2 (XLR sym./Klinke); Rückseite: Aux In (Cinch L/R), MP3 (3,5 m Stereoklinke), Tuner Out (Klinke), FX Send und Return (Klinke), D.I. Out (XLR sym.), Line Out (Klinke), Phones (Stereoklinke), Footswitch (Effect On/Off ), Netzkabel

Regler: CH1 (Acoustic): Gain, Bass, Middle, Treble (je +/-10dB); CH2 (Mic/Line): Gain, Bass, Treble; Master: Level, Effects Pan, Effects Level

Schalter: CH1: Input High/Low, Contour On/Off; CH2: Mic/Line; Effects Mode, Power

LEDs: 2× Clip, Contour, Power

Effekte: Hall, Plate, Chorus, Delay

Einschleifweg: seriell

Gewicht: 16,0 kg

Maße: 440 × 443 × 280 BHT/mm

Vertrieb: Musikhaus Thomann

96138 Burgebrach

www.thomann.de

Zubehör: Netzkabel, engl. Manual

Preis: ca. 229

 

Plus

  • Klang
  • natürliche Wiedergabe
  • Ausstattung
  • Effects-Pan-Schaltung
  • Handhabung
  • geringe Nebengeräusche
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

 

Minus

  • Endstufenleistung
  • spärliche englische Bedienungsanleitung
Produkt: 30 Jahre Gitarre & Bass – Mark Knopfler
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