Das ikonische National-Style-0-Modell hat wohl jeder an populärer Musik interessierte Mensch schon einmal gesehen und dafür muss er nicht einmal Gitarrist sein. Die chromglänzende Blechkiste mit ihren dekorativen Palmenmotiven ziert das Cover des wohl berühmtesten Albums der Dire Straits ‚ Brothers in Arms‘ von 1985.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts stiegen die USA zur führenden Wirtschaftsmacht auf. Durch den Siegeszug der Elektrizität und die sprunghaft wachsende Industrialisierung bildete sich in den Roaring Twenties zum ersten Mal in der Historie eine Wohlstandsgesellschaft aus, und die Welt wurde deutlich lauter. Radiosendungen gewannen an Popularität, Tanzlokale schossen aus dem Boden und die Prohibition wurde von Speakeasy Clubs unterlaufen. Das Jazz Age hatte begonnen und mit ihm kam auch das Drumset in Mode. Das erste komplette Schlagzeug brachte 1918 übrigens die Ludwig Drum Company auf den Markt, gegründet von Theobald und William F. Ludwig, Söhne des deutschen Einwanderers William F. Ludwig Senior.
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(Bild: Franz Holtmann)
Die Resonatorgitarre wurde in den 1920er-Jahren allein deshalb entwickelt, um dem akustisch unterlegenen Instrument Gitarre mithilfe von mechanischen Lautsprechern, den Resonatoren, Gehör in den immer hitziger aufspielenden Combos und Tanzorchestern zu verschaffen.
1925 gab der US-amerikanische Musiker und Konstrukteur George Beauchamp bei dem in Los Angeles ansässigen, aus der Slowakei stammenden Banjo-Hersteller John Dopyera den Bau einer Hawaii-Gitarre mit der Vorgabe in Auftrag, eine möglichst hohe Lautstärke zu erzielen. Beauchamp und Dopyera entwickelten gemeinsam eine Gitarre, deren Korpus und Hals aus Blech bestanden. Anstelle der üblichen Decke aus Holz sollten drei aus Aluminiumblech gefertigte Trichter als mechanische Resonanzverstärker die Lautstärke der Gitarre deutlich anheben. Die Konstruktionsmethode war nicht wirklich neu, sondern griff auf die Erfindung eines in London ansässigen Geigenbauers zurück.
Der deutschstämmige Johann August Stroh stellte Instrumente mit Resonatoren bereits seit 1901 seriell her, eine Methode auf die er im Jahr zuvor ein Patent erhalten hatte. Die Violinen der Marke Stroviol, auch Strohgeige genannt, kamen ganz ohne Resonanzkörper aus und übertrugen die Luftschwingungen, ähnlich wie ein Grammophon, über eine Membran an einen klangverstärkenden Metalltrichter. So konnten die traditionell leisen Streichinstrumente bei Recordings zusammen mit Holz- und Blechbläsern aufgenommen werden.
(Bild: Franz Holtmann)
Die Kooperation war vielversprechend und so gründete George Beauchamp zusammen mit John Dopyera und dessen Brüdern Rudy und Emil die National Stringed Instrument Corporation. Unterstützt wurden sie dabei durch den Millionär Ted Kleinmeyer als Kapitalgeber und den Unternehmer Adolph Rickenbacher, der eine Presse für die nötigen Metallteile bereitstellte. Die Resonatorgitarre ging in Serienproduktion, wirtschaftlicher Erfolg stellte sich umgehend ein. Beauchamp und die Dopyeras trennten sich aber schon bald darauf im Streit und die Dopyera-Brüder gründeten eine eigene Firma mit Namen Dobro (Dopyera Brothers), welche Resonatorgitarren mit Holzkorpus fertigte, aber dann bereits 1932 wieder mit National fusionierte.
Beauchamp und Rickenbacher verkauften derweil weiterhin Gitarren mit Blechkorpus, wandten sich aber ab den späten 1920er-Jahren der Entwicklung elektrisch verstärkter Saiteninstrumente zu, was zur Gründung der Firma Rickenbacker führte. Mit der Frying Pan, der ersten elektrifizierten Lapsteel, sollten sie dann im Jahr 1932 ein neues Kapitel in der Instrumentengeschichte aufschlagen. Resonatorgitarren mit ihrer mechanisch den Klang verstärkenden Übergangstechnologie wurden schnell durch elektrifizierte Instrumente abgelöst. Mit ihrem speziellen Sound konnten sie sich aber dennoch einen blei – benden Platz im Klangrepertoire der Saiteninstrumente erobern.
BROTHERS IN ARMS
Das dargestellte National-Style-0-Modell, Baujahr 1936, ist in wunderbarem Erhaltungszustand und fast identisch mit dem Knopfler-Modell aus demselben Baujahr, das übrigens zu einem „Icon of the Century“ erklärt wurde und mit stattlichen $ 300.000 versichert sein soll. Mit einem ähnlichen Modell war auch Keith Richards schon zu sehen und das Intro von ‚Lola‘ spielt Ray Davies auf einer vergleichbaren Gitarre. Die vorliegende Style 0 verfügt über einen Spanish Neck mit klassischem 30er-Jahre-‚Soft V‘-Profil.
(Bild: Franz Holtmann)
Angesichts der wirklich starken V-Ausprägung eine recht schmeichelhafte Umschreibung, aber dennoch überraschend komfortabel zu spielen. Die schlanke Bundierung im gebundenen Griffbrett aus Eben – holz zeigt kaum Verschleiß – ein Hinweis auf den Gebrauch eines ‚Raised Nut‘ für das Slide-Spiel. Den schmalen soliden Kopf ziert das eingelegte „Arched NATIONAL Logo“ (1936-1938), ergänzt um offene Strip-Mechaniken.
(Bild: Franz Holtmann)
Der Korpus aus vernickeltem Messing verfügt über „rolled-in f-Holes“ und ist mit sandgestrahlten Hawaii-Motiven verziert: Palmen und eine nächtliche Szene mit Vulkanen, Sternen und einem Kanu.
(Bild: Franz Holtmann)
Hinter der Chicken-Foot-Cover-Plate finden wir den Single-Cone aus Aluminium, darauf den „Biscuit“-Steg. Die Spuren von Korrosion im Bereich des unteren f-Lochs stammen von den ätzenden Ausdünstungen eines anfangs dort montierten Pickguards aus Celluloid, das deshalb so gut wie nie mehr auf den Instrumenten zu finden ist.
Nationals mit einem Halsansatz am 14. Bund wurden nur in der kurzen Periode von 1935 bis 1940 gebaut. Die Preise am Vintage-Markt für alte National Resophonics liegen aus uneinsichtigen Gründen zurzeit am Boden. Ein neues 14-fret-Style-0-RepliconModell (Mark-Knopfler-Replika) ist im aktuellen Katalog von National Guitars mit $ 4.400 gelistet. Einem Preis also, zu dem gelegentlich sogar auch noch eines der raren Originalinstrumente zu ergattern ist.