Workshop

The Art of Bass: Solo Grundlagen 3

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(Bild: Emanuel Stanley)

Wir machen nun in diesem dritten Teil meines Workshops zum Thema „Solo Grundlagen“ einen großen Sprung und gehen einfach einmal davon aus, dass wir die Skalen und Akkordstrukturen besser verinnerlicht haben. Wir haben das Singen dieser Strukturen geübt und uns gesanglich an kleinen melodischen Wendungen innerhalb dieser Strukturen versucht. Wir probieren nun einfach, alle diese kleinen Wissensschnipsel zu einem kleinen, freien Solo zusammenzufassen.

Als Vorlage dient uns eine bekannte Akkordfolge des von Jaco Pastorius interpretierten Songs ,The Chicken‘. Anstatt dass wir es nun mit verschiedenen Akkorden zu tun haben, kommen in dieser Akkordfolge nur die immer gleichen Dominantseptakkorde Bb7, Eb7, D7, G7 und C7 mit der jeweiligen mixolydischen Skala zum Einsatz.

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Da ein Solo immer eine kreative Momentaufnahme ist, unterliegen die Möglichkeiten einer genauen Analyse immer einer gewissen Einschränkung, denn das kreative, spontane Moment kann nie ganz genau beschrieben werden, trotzdem werde ich dies nun so gut wie möglich versuchen. Nachhören kannst du das Solo wie immer als Soundfile:

ANALYSE

Die erste Phrase beginnt mit dem Anspielen der großen Terz, um auf der kleinen Septime und dann auf der Quint des Bb7-Akkordes zu landen. Die Terz und die Sept eines Akkordes sind melodisch immer sichere Anspielpunkte, die eine gewisse melodische Spannung erzeugen. Die Quint dagegen ist ein etwas neutralerer Ruheton, der natürlich dennoch in genauer Opposition zum Grundton steht und damit ebenfalls eine gewisse Spannung hat.

(zum Vergrößern klicken!)

In Takt 3 wird der Akkord vertikal ausgespielt, indem der Grundton, die Quint, die Sept und die Terz nacheinander angesteuert werden. In Takt 4 endet diese Phrase über eine horizontal gespielte Wende via kleiner Septime wieder auf der Terz. In Takt 5 landet ein kleines Akkordarpeggio, eine vertikal gespielte Folge der Akkordtöne, über die kleine Sept wieder auf der Ruhe-Quint, um sich dann nochmals kurz über die None zum oktavierten Grundton zu bewegen. In Takt 7 kommt dann ein Lick (also eine kleine melodische Phrase) zum Einsatz, das sich über die kleine Sept zuerst zur Terz und dann wieder zum Grundton hinabschlängelt. Dieses Lick geht nun in eine Terzverschiebung über, in der der Grundton mit zugehöriger Terz chromatisch – also in Halbtonschritten – nach oben verschoben wird, um sich dort wiederum in einem kleinen Lick über die kleine Sept und die Quinte aufzulösen.

In Takt 11 wird auch eine Art Lick gespielt, nämlich die chromatische Annäherung an den oktavierten Grundton und die Quinte, anschließend geht es zurück zur Terz und zur Sept. In Takt 12 wird ein Riff aus dem Song selbst in das Solo integriert und unisono mitgespielt. Ab Takt 13 bis 16 kommt der Blues in Form der Moll-Pentatonik ins Spiel – also Grundton, kleine Terz, Quarte, Quinte und kleine Septime. Obwohl sich nun die beiden Akkorde Bb7 und Eb7 auf der Ersten und Vierten Stufe halbtaktig abwechseln, bezieht sich diese Skala tonal auf den Grundakkord Bb7, also auf die Erste Stufe. Der Blues spielt sich normalerweise über die drei Akkorde der ersten, vierten und fünften Stufe ab, also z. B. Bb7, Eb7 und F7.

Bei diesem Song kommen am Ende nur die erste und die vierte Stufe vor. Das Besondere ist, dass alle Töne dieser Moll-Pentatonik auf allen Stufen gut klingen, man kann im Kopf also einfach in der Grundtonart bleiben und trotzdem sicher sein, dass es harmonisch funktioniert. Bluesiges Spiel bedeutet fast immer wenige, dafür aber ausdrucksstark gespielte Töne innerhalb dieser Moll-Pentatonik, wobei vor allem die kleine Terz hier der wichtigste und am meisten eingesetzte Spannungston ist. Kein Wunder also, dass das Solo auch genau mit diesem Ton endet.

Ihr merkt natürlich, dass die genaue Beschreibung eines Solos gar nicht so einfach ist. Dennoch ist es immer einen Versuch wert, genau zu verstehen, was in einem Solo tonal passiert. Indem ihr immer besser in einen Zusammenhang bringt, was ihr hört, werdet ihr auch euer eigenes Spiel immer bewusster gestalten können. Je mehr ihr die Grundstrukturen verstanden und verinnerlicht habt, desto mehr kann sich der Geist auf den freien inneren Gesang und die freie melodische Gestaltung konzentrieren. Just do it! Viel Spaß!


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2023)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

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