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Prinzipien des Pickup-Baus – Teil 1: Ausgangslage & Gleichstromwiderstände

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(Bild: Franz Holtmann)

Wolfgang Damm von AmberPickups erzählt, wie er zum Pickup-Hersteller wurde und gibt Klang- und Material-Tipps rund um den Magnettonabnehmer.

Als ich anfing, Gitarre zu lernen, habe ich mir zunächst Instrumente von Freunden geliehen. Später habe ich defekte Gitarren preiswert ergattert, die dann natürlich aufgearbeitet werden mussten, damit sie überhaupt spielbar wurden. Das waren zunächst mal Holzarbeiten und Einstellarbeiten, doch es dauerte nicht lange, bis auch die Gitarrenelektronik untersucht, repariert und verbessert wurde. Was die Pickups betrifft, war ich zum einen sehr neugierig, was sich da unter den Kappen verstecken könnte und zum anderen war es einfach eine Notwendigkeit, diese mysteriösen Teile zu untersuchen, um sie reparieren zu können.

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Selbstgebaute Wickelmaschine aus einem Pearl Vibraphone (Bild: Franz Holtmann)

Die erste Neuwicklung eines Tonabnehmers habe ich für einen Freund gemacht, der einen defekten Ibanez-Humbucker anschleppte. Für diese Reparatur – es war nur eine Spule defekt – habe ich dann meine erste Wickelmaschine gebaut und den ersten Kupferlackdraht gekauft. Ich darf dieses Wickelgerät eigentlich gar nicht als Maschine bezeichnen, denn das war eine abenteuerliche Konstruktion, die ich aus einem alten Fleischwolf gebaut habe und die tatsächlich mit der Kurbel bedient werden musste. Die Anzahl der Windungen habe ich bis Hundert laut vor mich hin gezählt, einen Strich aufs Papier gemacht und wieder bei Eins angefangen zu zählen…

Wolfgang Damm in seiner Werkstatt (Bild: Franz Holtmann)

Es war auch nicht einfach, an brauchbare Infos zum Thema Pickup-Bau zu kommen. Mitte der 80er-Jahre, als ich anfing, mich für Gitarren und Gitarrenelektronik zu interessieren, steckte das Internet noch in den Kinderschuhen und war praktisch nicht verfügbar. Informationen gab es nur aus Büchern, von Freunden und durch Learning-by-Doing. Anfang der 80er-Jahre kamen zwei Bücher auf den Markt, aus denen ich sehr viele nützliche Detailinformationen über Pickups gewinnen konnte: Das eine ist André Duchossoirs Buch „Gibson Electrics“, das die Entwicklung der elektrischen Gitarre bei Gibson dokumentiert und sehr viele technische Details enthält. Das andere ist die deutsche Übersetzung von Donald Brosnacs „Guitar Electronics“, in dem Tonabnehmer, Potis, Schalter u.v.m. in allen Einzelheiten beschrieben werden. Und später natürlich auch noch die Bücher von Duchossoir über Strat und Tele.

Matritze für Strat-Pickup (Bild: Franz Holtmann)

Heute ist es wesentlich leichter, an Informationen zu kommen. Die heutige Informationsdichte, die das Internet als Quelle bietet, ist fantastisch; man wird praktisch zu allen Themen fündig und ich möchte das heute nicht mehr missen. OK, bis auf den kleinen Wermutstropfen, dass zu schnell mal zu einem Thema Stellung bezogen wird, von dem der Schreiber nicht genug versteht und so Falschinformationen entstehen, die sich hartnäckig halten, weil sie immer weiter verbreitet werden. Ein Magnettonabnehmer ist vom Grunddesign ein recht einfaches Konstrukt: Eine Spule um einen Permanentmagneten – das ist alles! Und wenn man klassische Pickups nachbauen oder bei diesen Bautypen seine eigenen Sound-Ideen verwirklichen möchte, dann ist das heute so einfach wie nie, denn es gibt bereits eine Menge Lieferanten, die alle benötigten Einzelteile oder sogar ganze Bausätze im Internet-Versandhandel anbieten. Da muss man im Suchfenster nur mal Begriffe wie „guitar pickup parts“ oder „gitarrenparts“ eingeben und wird ganz schnell fündig.

Zylindermagnete ...
... auf Grundplatte montiert

Sobald mehr als ein Pickup gebaut werden soll, gehört die Wickelmaschine zu den obligatorischen Anschaffungen. Darüber hinaus wird man Hilfswerkzeuge wie Halterungen, Bohrschablonen o. Ä. selbst entwickeln, die die Arbeit am Produkt erleichtern. Eine Schwierigkeit, wenn man seine eigenen Produkte entwickeln möchte, ist die Herstellung von speziellen Bauteilen. Jedes Bauteil des Pickups muss gezeichnet und hergestellt werden. Die Herstellung erfordert oft ein extrem teures Spritzgusswerkzeug, ein Stanzwerkzeug oder eine Biegemaschine; oder es sind Fräs- und Bohrschablonen nötig. Eine Grundausstattung an feinmechanischen Werkzeugen ist auf alle Fälle sehr hilfreich bei der Arbeit.

Auch Löten ist vonnöten (Bild: Franz Holtmann)

Ist man dann erst mal in das Thema Pickup-Bau tiefer eingestiegen, treten ganz schnell die tiefgründigen Detailfragen auf, die sich mit der Anzahl der Windungen, der Stärke des Wickeldrahtes, der Wickeltechnik und dem Einfluss des Magnetmaterials beschäftigen.

Unterschiedliche Gleichstromwiderstände bei baugleichen Pickups

Die beliebteste Frage ist übrigens immer die Frage nach dem „Output“ des Pickups. Das ist ein sehr leidiges Thema und die Fachpresse hat es bis heute nicht geschafft, die Fehlinformation aus der Welt zu schaffen, dass ein hoher Gleichstromwiderstand (in Ohm gemessen) gleichzusetzen ist mit einer hohen Lautstärke oder „Output“ eines Pickups, den man eher in Millivolt angeben würde, wenn man denn vorher die Frequenz, die Anschlagsintensität und den Abstand zur Saite definiert hätte. Aber was bedeutet es dann, wenn der Gleichstromwiderstand eines Pickups höher ist, als der eines anderen, wenn beide Pickups sonst baugleich sind? Einer der beiden Pickups hat entweder mehr Windungen des gleichen Drahtes (und ist dann lauter als der Vergleichs-Pickup) oder er wurde mit einem dünneren Draht gewickelt. Wenn dünnerer Draht verwendet wurde, dann kann, trotz höheren Widerstands, die Windungszahl sogar niedriger sein, als beim Vergleichs-Pickup. In diesem Fall wäre der Pickup mit dem höheren Widerstandswert sogar leiser als der Vergleichs-Pickup!

Messen der Magnetfeldstärke (Bild: Franz Holtmann)

Klanglich passiert Folgendes: Eine höhere Windungszahl erhöht die Induktivität der Spule, woraus tatsächlich eine höhere Spannung resultiert. Aber: die höhere Induktivität hat auch eine niedrigere Resonanzfrequenz zur Folge und der Pickup überträgt weniger Höhen. Die Höhen steuern aber einen erheblichen Teil zum Dynamikverhalten und zur Transparenz bei.

Hier gibt es natürlich irgendwo einen guten oder optimalen Mittelweg, den es zu finden gilt, denn uns gefällt der Klang nicht, wenn er stumpf und undynamisch ist, aber wir sind auch nicht zufrieden, wenn die Höhen zu stark, zu hart und zu steril daherkommen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Bitte nicht versuchen, alleine vom Gleichstromwiderstand eines Pickups auf seine Lautstärke oder sein Klangverhalten zu schließen.

In der nächsten Folge geht es dann um den Einfluss von Wickeldraht, Wickeltechnik und Magnetmaterial auf den Klang des Pickups.

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2019)

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