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Hot Rod Mod: Schalten mit einem Relais

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Der Laney AOR 30 hat zwei fußschaltbare Kanäle.

Das letzte Mal haben wir uns bereits mit dem Problem beschäftigt, mehrere Effekte gleichzeitig zu schalten. Als Lösungsmöglichkeiten boten sich schon mal drei unterschiedliche Wege an.

Das geschickte Positionieren von Effekten auf dem Board – damit man zumindest zwei Schalter gleichzeitig treten kann – ist zwar die simpelste aber auch die im Bühnenbetrieb unpraktischste Lösung. Die Verwendung eines Looper/Switcher-Systems ist hingegen die komfortabelste, aber auch teuerste Lösung. Bleibt also noch die dritte Möglichkeit, Schalter mit mehreren Ebenen so zu belegen, dass sie mehrere Effekte gleichzeitig steuern. Blöd nur, wenn ich Effekte verwenden möchte, die nicht mit einem Schalter, sondern mit einem Taster geschaltet werden.

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KONKRETE AUFGABE

Ganz konkret stellt sich mir das Problem bei einem Lexicon MPX 100, das ich gerne in meinen Laney AOR 30 einschleifen will. Der Laney hat zwei fußschaltbare Kanäle, die jeweils unterschiedliche Lautstärken und Zerrintensitäten anbieten. Der eine Kanal bietet mir ein schönes Rhythmus-Brett, der zweite Kanal liefert ein ordentliches Pfund zum Solieren. Da ich das Echo von dem Lexicon nur für die Soli nehmen will, wäre es doch praktisch, mit dem Kanalwechsel auch gleichzeitig das MPX 100 zu schalten. Aber das Lexicon verlangt für seine Fußschalterfunktion nach einem Taster, während der Laney – wie fast alle Verstärker – mit Schaltern arbeitet. Das passt nicht gut zusammen.

Das Lexicon MPX 100 hat neben den üblichen Midi-Anschlüssen auch noch einen Fußtaster-Anschluss für den Bypass.

Die oben bereits skizzierte einfache Möglichkeit, ein Fußpedal für den Laney zu bauen, das neben dem Schalter für die Kanal-Umschaltung noch einen Taster für das Lexikon hat, sodass man beide mit einem Tritt treffen kann, will ich nicht. Mir wäre es schon wichtig, das Umschalten beider Effekte mit einem Taster/ Schalter zu erledigen. Also schauen wir mal, ob wir wieder eine Lösung finden, die mit verschiedenen Schaltebenen eines Schalters/ Tasters arbeitet. Optimal wäre ein Schalter, der auf der einen Ebene als Schalter und auf der anderen Ebene als Taster funktioniert. Aber selbst wenn es das geben sollte, habe ich solch ein Spezialteil noch nicht gefunden.

TASTER ODER SCHALTER – EINE FRAGE DES RELAIS

Taster begnügen sich in der Regel mit zwei Anschlüssen. Aber wenn man genau schaut, findet man auch Taster mit mehr Anschlüssen, die dann zwei Schaltfunktionen gleichzeitig durchführen können. Wenn man jetzt noch eine „Übersetzung“ von Taster auf Schalter findet, könnte man den Kombischalter bauen, der einmal den Impuls für das Relais im Lexicon und auf der zweiten Ebene einen Impuls für die Schaltfunktion des Laney gibt. Die „Übersetzung“ von Taster auf Schalter kann wieder mit einem Relais bewerkstelligt werden.

Am Beispiel eines Ankerrelais kann man die Arbeitsweise von Relais gut nachvollziehen. Ist der Schaltstromkreis geschlossen, wird der Anker magnetisch zur Spule gezogen und betätigt einen Schalter im Arbeitsstromkreis (Arbeitskontakte).

Ein Relais ist ein durch elektrischen Strom betriebener fernbetätigter Schalter mit in der Regel zwei Schaltstellungen. Ein mechanisches Relais arbeitet meist nach dem Prinzip des Elektromagneten. Am Beispiel des Klappanker-Relais wird die Arbeitsweise gut sichtbar. Ohne Spannung auf der Spule ist der Arbeitskontakt geöffnet. Bei anliegender Spannung wird der Anker magnetisch angezogen und der Arbeitskontakt wird geschlossen. Das An- und Abschalten der Spannung für den sogenannten Steuerstromkreis kann gut fernbedient werden und z. B. über einen externen Fußschalter oder -taster erfolgen.

In dem Bestückungsplan des Relaisbausatz sind die Anschlussmöglichkeiten gut ersichtlich. Nur der Schalteranschluss versteckt sich in der Mitte (SW).

Relais werden in der Musikelektronik häufig verwendet und sind auch in unseren Verstärkern verbaut, damit Kanaloder Reverb-Umschaltungen auch mit Fußschaltern vorgenommen werden können. Unter den Relais gibt es eine sehr große Anzahl von Bauformen und Ausführungen. Auch im Lexicon und im Laney wurden zwei verschiedene Relaistypen verbaut. Dem Relais im Lexicon genügt für den Wechsel des Schaltzustands jeweils ein elektrischer Impuls, der mit einem Taster erfolgt. Das Relais im Laney bleibt in seinem Schaltzustand solange, bis der Strom für den Steuerstromkreis durch den Schalter wieder abgeschaltet wird. Um beide in gleicher Art zu schalten, könnte man natürlich einen der beiden Relaistypen tauschen. Das würde aber eine tieferen Eingriff in eines der beiden tadellos funktionierenden Systeme bedingen. Sinnvoller scheint es mir daher, ein weiteres Relais zu nehmen, das mit einem Taster gesteuert werden kann, um das Relais im Laney zu schalten.

An den kleinen Bausatz passen sowohl einfache SPST-Taster mit zwei Anschlüssen als auch ein DPST-Taster mit sechs Anschlüssen.

KONKRETE LÖSUNG

Auf der Suche nach einer passenden Relaisschaltung bin ich schnell bei UK-electronic fündig geworden. Auch wenn Firmengründer und Namensgeber Uwe Kämmerich sich mittlerweile zur Ruhe gesetzt hat, ist der Onlineshop – nun unter Leitung von Jonas Lauer – noch bestens mit Elektronikbauteilen und Bausätzen für Musikeffektgeräte bestückt. Auf der Seite „Bausätze für Effekte“ finde ich für unter 10 Euro in den Rubriken UK-electronic und „Bypass, Switch & Looper“ den Bausatz „AVR Relais Bypass Standalone“. Der ist sicher etwas überdimensioniert, weil er eine komplette Signalumschaltung als Ersatz für einen 3PDT-Schalter vornehmen kann, bzw. auch als Herzstück einer True-Bypass-Box dienen soll. Aber ich nehme ihn trotzdem gerne, weil ich eh noch mit Relaisschaltungen experimentieren will und dann schon mal eine umfassende Lösung parat habe.

Das Verlöten des Bausatzes ist dank der professionellen Platine und der online verfügbaren Bestückungsanleitung schnell und problemlos erledigt. Wie üblich beginnt man mit den niedrigsten Bauteilen und lötet sich dann stückweise zu den hohen Bauteilen vor. Aufpassen muss man, dass man den IC und das Relais richtig herum verbaut. Das Relais ist mit einer weißen Strichmarkierung versehen. Der IC hat an Pin 1 eine kleine Vertiefung. Die war bei meinem IC kaum sichtbar, weil sie durch den Aufkleber weitgehend verdeckt war. Gut, dass der IC in einem Sockel sitzt. Ich hatte ihn nämlich prompt erst mal falsch herum eingesetzt. Ein Schaden entstand aber nicht und nach dem Umdrehen funktionierte auch alles einwandfrei.

Am längsten dauert das Abisolieren, Verzinnen und Verlöten der Litzen am Schluss. Wer will, kann sich hier zwei Litzen einsparen. Für unseren Bedarf brauchen wir nämlich nur die Input- und Output-Anschlüsse, auf die Send-/Return-Anschlüsse können wir verzichten. Und so funktioniert es: Im Bypass-Modus sind Ein- und Ausgang miteinander verbunden und haben Kontakt, während im Effektmodus das Signal über die Send-/Return-Schleife geleitet wird.

Sobald das Relais dann in den Effektweg geschaltet wird, ist das Signal unterbrochen, wenn die Anschlüsse nicht miteinander verbunden sind. Und das ist genau das, was mein Laney von seinem Fußschalter erwartet: entweder ein geschlossener Kreislauf oder eben keinen Kontakt. Da, wie oben schon gesagt, das Schalten des Relais mit Hilfe einer Schaltspannung vorgenommen wird, braucht der Relais-Bausatz aber noch einen Stromanschluss. Also kommen an den Ground (GND) und den 9-Volt-Anschluss noch Litzen für eine Strombuchse. Auch die LED-Litze verbauen wir gerne, damit auch eine optische Schaltkontrolle möglich ist … und bitte nicht vergessen, die etwas versteckte Litze für den Schalteranschluss (SW) zu bestücken!

Als nächstes kann der Footswitch gebaut werden. Ich nehme dazu ein altes Pedalgehäuse, das noch in der Schublade liegt und auf sein zweites Leben wartet. Das ehemalige Booster-Pedal bekommt in das alte Potiloch eine dicke LED-Halterung und statt der vormals vorgesehenen Schalter zwei LED-Halterungen seitlich davon. Das hat natürlich nur optische Gründe, tatsächlich brauche ich nur eine LED, aber zwei weitere Löcher sähen halt blöd aus. Die restlichen Bohrungen waren schon vorhanden: zwei Klinkenanschlüsse am Kopfende, ein Strom-Anschluss an der Seite und das zentrale Loch für den Schalter/Taster. Da kommt nun der neue Zweifachtaster rein. Die eine Ebene des Tasters wird direkt mit der Klinkenbuchse verbunden, an die der Fußschalteranschluss des Lexicons soll. An die zweite Ebene des Tasters kommen Masse und Schalteranschluss (SW) von der Platine.

Der Footswitch mit Doppelfunktion. Die drei LEDs sind Rückstände einer vorherigen Nutzung des Gehäuses, benötigt wird nur eine LED.

Die In- und Output-Anschlüsse des Relais-Bausatzes kommen an die Masse- und Tip-Anschlüsse der Klinkenbuchse. Vom LED-Anschluss der Platine geht eine Litze direkt an die Anode der LED (langes Beinchen). Der Vorwiderstand ist bereits auf der Platine. Die Kathode wird mit Masse verbunden. Der 9-V-Anschluss und Masse kommen jeweils an ihre Anschlüsse der DC-Buchse. Die Litzen für die Send- und Return-Funktion habe ich zwar verlötet, aber nicht verbunden, sondern abisoliert. Beim Betätigen des Tasters schaltet nun das Relais entweder in den Bypass oder in den Effektmodus – also in unserem Fall in das Nichts. In der Bypass-Stellung ist der Stromkreis geschlossen und der Laney vollzieht den Kanalwechsel, in der Effekt-Stellung ist der Kreis unterbrochen und der Verstärker schaltet in den anderen Kanal. Wegen der zweiten Ebene des Schalters, wird das Lexicon jetzt mitgeschaltet.

Die kleine Relaisplatine kann im Fußschalter z. B. mit doppelseitigen Klebeband befestigt werden.

Je nachdem, ob man den vorderen oder hinteren Anschluss des Zweifachtasters belegt, kann man dann entscheiden, ob das Lexicon in dem einen oder dem anderen Kanal des Verstärkers aktiv gehen soll. Natürlich passt der neue Schalter nicht nur für die Kombination Laney und Lexicon, sondern schaltet auch beliebig andere Kombinationen, die einmal einen Taster und das andere Mal einen Schalter erwarten.

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2022)

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