Jim Dunlop

Es gibt wohl kaum einen Musiker, der nicht schon mindestens einmal Produkte des amerikanischen Herstellers Jim Dunlop benutzt hat. Nein, nicht die Reifenfirma Dunlop ist gemeint, sondern der Hersteller von so gebräuchlichen Zubehörteilen wie Plektren, Slides, Kapodastern, Gurten und Pflegemitteln, Bunddraht, aber auch Cry-Baby-WahWahs, Dunlop- und MXR-Effekten und auch Saiten.

 

Dunlop Logo

 

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Jim Dunlop: Ein Familienunternehmen

Die Firmengeschichte

What’s the trick? Das Geheimnis des Erfolgs

Jim Dunlop: Der Erfinder

Jim Dunlop: Ein Familienunternehmen

Wer aber nun denkt, dass diese Firma Jim Dunlop wie heute so oft üblich, ihre Produkte in Fernost fertigen lässt und nur in den USA vermarktet, hat sich getäuscht. Dunlop Manufacturing Inc. ist nach wie vor in Familienbesitz: Vater und Gründer Jim Dunlop ist immer noch aktiv, lässt es zwar heute etwas ruhiger angehen, aber Sohn Jimmy Dunlop kümmert sich um die Produkte und das Marketing, Tochter Jasmin sorgt für die Organisation und Leitung der Produktion.Dunlop Original Cry Baby Red Limited Edition wah

Alle Produkte werden nach wie vor in Benicia, Kalifornien hergestellt. Dazu Jimmy: „Wir produzieren alles hier in den USA, wir sind eine 100 Prozent amerikanische Firma. Als das mit Fernost los ging, und die ersten Effektpedale für $ 30 auf den Markt kamen, hab ich zunächst gezögert. Soll das so sein? Nein! Wir mussten also einen Weg finden, es weiter hier zu machen. Wir sind zwar etwas teurer als andere, aber viele Musiker wollen nach wie vor für diese Qualität zahlen. Und ich will weiterhin die Kontrolle über die Produktion und die Qualität behalten. Das kann ich nur hier, direkt vor Ort.“

Und seine Schwester Jasmine geht noch weiter: „Hier zu produzieren, das ist besser für die Qualität, aber auch wenn Kunden etwas Spezielles fordern, können wir spontan reagieren und es sofort produzieren und liefern. Wir müssen nicht erst Wochen auf das Boot aus China warten. Wir können unsere Produktion jederzeit an die Anforderungen anpassen.“

Einfacher hat Dunlop es bei den Plektren. Jimmy: „Plektren sind in der Herstellung überall gleich teuer auf der Welt. Es wird das gleiche Material verwendet und fast ausschließlich maschinell gefertigt. Da müssten die Chinesen schon extrem billiger werden, um uns gefährlich zu werden“. Dunlop Manufacturing hat am Firmensitz in Benicia 220 Mitarbeiter beschäftigt, die in den beiden Fabrikgebäuden und dem vor kurzem bezogenen neuen Verwaltungsgebäude arbeiten.

Letzteres ist ein umgebauter US-Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der von einer Zigaretten-Firma in den letzten Jahren aufwändig zum modernen Office umgebaut wurde. Zum Glück für Dunlop ging diese Firma in Konkurs und man konnte das wunderschön hergerichtet Gebäude mit kompletter Ausstattung erwerben; zur Freude der Mitarbeiter der Verwaltung und der Entwicklungsabteilung, die nun in modernster Umgebung arbeiten können. Drei weitere nicht ausgebaute Bunker dienen zur Zeit als Lager. Insgesamt hat die Firma 15.000 qm Arbeitsfläche zur Verfügung.

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Die Firmengeschichte

Jim Dunlop wurde in Glasgow, Schottland, geboren. Sein Vater spielte Piano, Orgel, Geige sowie Banjo und Mandoline. Im Alter von 13 durfte Jim sich zwischen einer Gitarre und einem Fahrrad entscheiden – er wählte das Rad. Mit 19 kaufte er sich dann aber doch seine erste Gitarre, eine Framus, und begann zu spielen. Jim liebte Country und Folk-Musik, und er war bei seinen Freunden bekannt für seine Version des Klassikers ,Kansas City‘.

Im Alter von 23 Jahren wanderte Jim nach Toronto, Kanada aus, wo er seine Frau Bernice kennenlernte. Doch schon kurze Zeit später, während eines sehr kalten Win ters, packte er seine Sachen und siedelte um nach Muscle Beach in Kalifornien, dem Land der unendlichen Möglichkeiten und des warmen Wetters. Zuerst arbeitet Jim bei der Firma Nuclear Research Instruments, wo er sich mit seinem ebenfalls Gitarre spielenden Chef anfreundete. Später arbeite er als Design-Ingenieur für Dymo Industries. Während seiner Zeit dort tüftelte er abends nach der Arbeit mit seinem Freund von Nuclear Research an der Entwicklung eines Stimmgeräts für Gitarren: der VU-Tuner, der aber leider kein Erfolg wurde.

Am 5. Juli 1964 gründete Jim dann aber doch seine erste eigene Firma, die Jim Dunlop Company. Sein erstes Produkt war der „Vibra-Tuner“, ein kleines Gerät, das mit einem Saugnapf an der Gitarrendecke klebt, und das anzeigt, ob eine angeschlagenen Saite in Gleichklang mit einer internen kleinen schwingenden Zungenpfeife ist. Als Jim mal wieder unterwegs war zu den Musicshops, um seine Erfindung zu verkaufen, hörte er, wie jemand sagte: „Das was Musiker wirklich bräuchten, wäre mal ein gutes Kapodaster.“

Man sagte ihm, wenn jemand ein Kapo herstellen könnte, das auch die Saiten einer 12string sicher halten könnte, dann würde derjenige sicherlich viel Geld verdienen. Diese Motivation genügte Jim. Sein Background als Ingenieur ermöglichte es ihm, ein sogenanntes Knebel-Kapo zu entwickeln. Er lies sich eine Gussform machen und fing an, zu Hause in seinem Wohnzimmer die ersten Kapos zu produzieren. Der Beginn eines großen Erfolges … Heute werden die gleichen Modelle unter der Bezeichnung „1100 Series Kapo“ noch immer gefertigt.

Die Nachfrage wurde bald so groß, dass die Garage, dann weitere Räumlichkeiten herhalten mussten. Am 19. März 1972 stellte Jim die ersten Plektren her. Zuvor hatte er jede Ausgabe des Magazins „Guitar Player“ studiert und die Kommentare von Gitarristen zu Picks analysiert; bald wusste er was sie mochten – und was nicht. Das erste Dunlop-Plektrum war das Nylon Standard Pick, was auch heute noch eines der beliebtesten in der sehr umfangreichen Produktlinie ist.

Billy Duffy Signature-Cry-Baby-Wah mit zwei Modi

Bis dahin hatte Jim die Firma in seiner Freizeit aufgezogen, 1972 hörte er dann aber endgültig bei Dymo Industrie auf und konzentrierte sich ganz auf seine eigene Produktion. Mit seiner Familie zog er nach Benicia nördlich von San Francisco, wo sie eine Fabrik im Benicia Industrial Park bezogen. Aber auch die war schon kurze Zeit später zu klein, und man zog um in den Industrial Way, wo die Firma auch heute noch zu Hause ist. Und von da an ging es voran:

  • 1982 kauft Dunlop von der Whirlpool Corporation die Rechte am Crybaby-Wah-Pedal, und startet mit elektronischen Produkten.
  • 1986 kommt das erste Hendrix-Wah auf den Markt.
  • 1987 erwirbt Jim die Lizenz, um MXR-Effekte unter dem originalen Label zu produzieren. Sohn Jimmy steigt in die Firma ein. Er treibt die Entwicklung der Dunlop-Effekte, wie z.B. das Univibe, voran.
  • 1991 bringt Dunlop das Fuzz Face auf den Markt.
  • 1995 erweiterte der Hersteller seine Elektronik-Produkte um das Label Rockman, das von Scholz Research and Developement erworben wurde.
  • 1997 entwickelte Dunlop das neue Trigger Capo, eines der erfolgreichsten weltweit.
  • 2001 kauft Dunlop von der Firma ART die Rechte an MXR, und kann nun das Programm endlich auch um neue Produkte erweitern.
  • 2005 erwirbt Dunlop die Lizenz, Harley-Davidson-Gitarrenzubehör, wie z. B. Gurte, herzustellen.
  • 2006 Dunlop arbeitet mit Bob Bradshaw zusammen, der einen Booster und einen Overdrive entwickelt.

Und nachdem der Hersteller jahrelang immer wieder die Kommentare gehört hatte: „Oh, Dunlop macht keine Gitarrensaiten?“, ist es 2006 dann soweit. Man erwirbt neue Maschinen aus Italien, stellte den Saitenspezialisten Les O’Connor und 40 neue Mitarbeiter ein, und beginnt die Produktion der langersehnten Gitarren- und Bass-Saiten. Heute verkauft Dunlop in 80 verschiedene Länder, das Programm wächst quasi täglich.

Zur Zeit sind es 2700 unterschiedliche Produkte, von den beiden Stützpfeilern Kapos und Plektren über Slides, Bunddraht, Straplocks, Herco-Zubehör, Gitarrengurte, Taschen bis zu jeder Menge Elektronik-Produkte wie das Original Cry Baby, das Univibe, die Heil-Talkbox, der Rockman und die MXR-Effekte. Dunlop Manufacturing wurde das Lebensziel von Jim und seiner Frau, die leider 2001 verstorben ist. Jims Wunsch, die besten Zubehörteile für Musik instrumente für Musiker auf der ganzen Welt zu schaffen, wird von allen, die bei Dunlop arbeiten, unterstützt. Er selbst liebt immer noch Country & Folk, und weiterhin singt niemand ,Kansas City‘ so wie Jim.

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What’s the trick? Das Geheimnis des Erfolgs

In den letzten Jahren hat Dunlop verstärkt, direkt mit verschiedensten bekannten Musikern zusammen spezielle Geräte entwickelt.

Wie kommt es zu den Kontakten?

Jimmy: „Mein Mitarbeiter Scott wohnt in L.A., er ist der erste Kontakt zu den Musikern, denn er ist vor Ort und in den Studios unterwegs. Er kannte auch z. B. Bob Bradshaw schon seit Jahren, und als wir ein neues Netzgerät brauchten, haben wir ihn kontaktet. Und das wiederum führte zu den neuen Pedalen, dem Booster und dem Overdrive, die Bradshaw schon lange für seine Kunden baut, die aber für den Normalverbraucher unerschwinglich sind.

Danach kommen Bob Cedro (der übrigens ca. zehn Jahre lang für Tom Scholz gearbeitet hat) und ich ins Spiel, denn wir arbeiten hier vor Ort an den Schaltungen“. Jimmy weiter: „Verantwortlich für die Produkte sind dann Bob, Scott, Sam McRae – mit dem mein Vater schon zusammen bei Dymo gearbeitet hat und der seit 1987 bei Dunlop ist – und neuerdings auch George Tripps, der unser neues Büro in L.A. leitet. George war Designer bei Line6, vorher hatte er eine Firma für Boutique-Pedals, mit dem Namen Way-Huge-Electronics.“

2004 wurde die gesamte Hendrix-Effekt-Linie überarbeitet, Außerdem sind seitdem auch Dunlop-Custom-Shop-Pedale im Programm. Ursprünglich nur für den amerikanischen Markt konzipiert, um den normalen Musikgeschäften abseits der großen Ketten auch hochwertige, interessante Produkte bieten zu können, haben sie weltweit und vor allem in Japan extreme Popularität erreicht.

Bob Cedro: „Wir produzieren kleine Serien. Es sind modifizierte Seriengeräte wie der Overdrive oder der Phase 90. Es fing an mit einem Kundenwunsch, der ein Netzgerät für einen Rockman brauchte, oder Santana, der einen VierfachFußschalter bestellte. Die CustomShop-Pedale sind zwar etwas teuerer als die normalen, aber die Kunden lieben sie.“

Wie steht Dunlop eigentlich zum Thema Modeling?

Bob: „Wir haben (damals bei Tom Scholz) doch den allerersten Modeler produziert, den Rockman, der Distortion, Chorus, Echo, Hall mit einer Speaker/Mikro-Simulation gekoppelt hat. Zwar analog, aber diese Konstellation findet man heute in jedem Modeling Amp.“ Jimmy ergänzt: „Ich denke Modeling-Gerät sind großartige Tools und sehr komfortabel. Und sie bringen Musiker auch dazu, über Sounds nachzudenken. Und über lang oder kurz wollen sie dann auch mit einem Verzerrer und/oder einem Chorus experimentieren und so kommen sie dann zu unseren Geräten. Das ist doch toll.“

Die Materialbeschaffung für die Herstellung klassischer Effektgeräte ist im Digitalzeitalter nicht immer einfach. Wie schwer ist es heute, gute Teile zur Produktion von Effektgeräten zu bekommen?

Sam McRay: „Das ist ein Riesenproblem. Viele diskrete Bauteile gibt es nicht mehr, sie werden mehr und mehr durch DSP ersetzt, andere haben so extreme Toleranzen, dass wir sie nahezu wie Röhren handselektieren müssen. Oft müssen wir auch auf Reproduktionen zurückgreifen, und das ist schwer, denn viele alte Teile sind eben einfach Teil des Sounds. Aber es gibt noch eine andere Sache: Viele Musiker hören sich alte Effekte an und sind begeistert.

Deren Bauteile, bzw. ihre Werte, haben sich aber im Laufe der Zeit um bis zu 30% verändert, d.h. die Geräte klingen heute anders als früher. Wir haben jetzt die Wahl: Bauen wir die Geräte so nach, wie sie früher waren oder wie sie heute klingen? Ein weiteres großes Problem ist die neue R.O.S.-Verordnung, die nicht nur das Löten mit bleihaltigem Lötzinn untersagt (das neue Material erfordert höhere Löt-Temparaturen und daher auch z. T. andere Bauteile), sondern uns auch dazu zwingt viele Bauteile komplett auszutauschen. Einige Produkte können wir tatsächlich nicht mehr herstellen, da die vorgeschlagenen Alternativen nicht funktionieren.“

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Schnittstelle von Künstler und Techniker. Wie kann ein Techniker die Ideen eines Musikers umsetzen?

Sam: „Es ist nun mal extrem schwer, einen Sound zu beschreiben. Die Übersetzung vom Musiker zum Techniker ist das Geheimnis. Man muss zuhören, was sie sagen, manchmal auch berücksichtigen was sie glauben, was den gesuchten Sound ausmacht. Man muss also raushören, was sie wirklich wollen und analysieren, wie die Vorgaben sind. Bei manchen Geräten oder Sounds kann das alles Mögliche sein, manchmal auch ein technischer Fehler im System, ein aber relevantes kleines Detail im Hintergrund.

Der Trick ist es, auch solche Dinge zu erkennen und zu berücksichtigen. Und da hilft nur Geduld.“ Jimmy Dunlop: „Viele der Musiker mit denen wir arbeiten sind mittlerweile gute Freunde. Und es macht richtig Spaß, für seine Freunde zu arbeiten.“

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Jim Dunlop: Der Erfinder

Obwohl Jim Dunlop schon lange im Ruhestand sein könnte, ist er nach wie vor aktiv und ständig an neuen Produkten interessiert. Seine neueste Erfindung ist ein Notenhalter, der per Power-Saugnapf an der Decke der Gitarre befestigt wird. Wie so oft ist er durch eigene Erfahrungen darauf gekommen: Beim Aufnehmen zu Hause ärgerte er sich, dass er immer wieder die Haltung der Gitarre veränderte, wenn er nach den Texten schaute, oder es einfach unbequem wurde.

Jetzt sind die Noten immer da wo sie hingehören. So einfach und simpel kann eine effektive Problemlösung aussehen – aber gerade das ist es was Dunlop-Produkte schon seit über 40 Jahren ausmachen. Mal sehen, wann der neue „Sheet Music Hold“ auf den Markt kommt …

Text: Dieter Roesberg, Firmenbesuch von 2004