Eric Clapton

Yardbirds, Cream, Bluesbreakers: Erfahre alles über das Geheimnis von Eric Claptons Gitarren-Sound, seine Wurzeln im Blues und sein Equipment!

Der Blues zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere von Eric Patrick Clapp (*30. März 1945). Bekannt wurde der Sänger & Gitarrist zu Beginn der 1960er Jahre bei den Yardbirds – und unter einem anderen Namen: Eric Clapton.

Die Vorreiter des Psychedelic Rocks waren – wie viele britische Bands dieser Zeit – vom Blues fasziniert und stark geprägt, sicherlich nicht zuletzt durch die gemeinsamen Auftritte als Backing-Band für Blues-Sänger und Harmonikaspieler Sonny Boy Williamson.

1966 stieg Clapton bei John Mayall’s Bluesbreakers ein und half hier kräftig dabei mit, den „British Blues“ als eine Alternative zur Popmusik und Bands wie den Beatles und den Rolling Stones zu etablieren. Obwohl Eric Clapton zum Ende dieses Jahrzehnts bei Cream und Blind Faith zum Rockstar avancierte, hatte er seine Blues-Wurzeln auch hier nie vergessen. Und das gilt natürlich auch für seine Solo-Karriere, die 1970 mit dem Debüt-Album ,Eric Clapton‘ begann.

 

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Claptons Beano Sound

Der Bluesbreaker-Sound

Cream!

Cream & Disraeli Gears

Cream & Wheels of Fire

Clapton & Blind Faith

Eric Clapton Diskografie

Claptons Beano Sound

Hier widmen wir uns eingehend einem (E-)Gitarren-Sound, der wie kein anderer die Vokabel „klassisch“ verdient hätte: Es geht um Eric Claptons frühe Schaffensphase, namentlich das Bluesbreakers-Album mit John Mayall.

Eric Clapton an der Gitarre

Immer dann, wenn ein Phänomen derart eindringlich und nachhaltig wirkt, der Protagonist, aus welchen Gründen auch immer, seine Erinnerung hartnäckig unterdrückt, werden reichlich Legenden gesponnen. So auch hier.

Der legendäre Beano-Ton, den Eric Clapton im Frühjahr 1966 in dieser „One-day-session“ präsentierte, geht heute noch unter die Haut. Die verführerische Kombination von Marshall und Les Paul wurde geboren und hallt bis heute nach.

Befassen wir uns also kurz mit Claptons Werdegang Anfang der Sechziger. Bei den Yardbirds, denen er sich 1963 anschloss, wurde Clapton fast ausschließlich mit seiner Telecaster und einem Vox AC30 gesichtet. Da er sich aber schon damals zum Blues-Purismus berufen fühlte und seinen ausnahmslos schwarzen Vorbildern nacheifern wollte, kaufte er sich von seinem ersten mit der Musik verdienten Geld zunächst eine cherry-rote Gibson ES-335 von 1964.

Ein absoluter Clapton-Klassiker – Tears In Heaven: 

Diese Gitarre kam allerdings zunächst wenig zum Einsatz, zumindest belegen das die zahlreichen Fotografien aus dieser Zeit, in der er praktisch nie mit dieser Gitarre gesehen wurde.

Der damals 21-jährige bezeichnet sich heute rückblickend als arroganten Snob, der kaum einen „Eindringling“ neben sich dulden wollte. Alles musste stimmen: Die persönliche Attitüde, der Haarschnitt und die herablassende „ist mir doch egal“-Haltung gegenüber irgendwelchen musikalischen Sitten und Regeln.

Nur vor diesem Hintergrund scheint man heute Claptons Leistung zu verstehen. Er wollte einfach der beste sein. In seiner Biografie nennt er sich einen „Schnorrer“, der sich stets von anderen das nahm, was ihm selbst so sehr zu fehlen schien: Ruhm, Glanz und Respekt.

Eric Clapton verlässt die Yardbirds

Nachdem er 1965 die Yardbirds, die immerhin respektable Pop-Charts-Erfolge erzielten und gleichwohl Konkurrenten wie Jeff Beck und Jimmy Page aufnahmen, verlassen hatte, schloss er sich John Mayalls Bluesbreakers an.

Eric Clapton und John Mayall’s Blues Breakers 1966:

John Mayall beschreibt er heute als väterlichen Lehrer, der aufgrund seiner seltenen Charaktereigenschaften in Form einer Mischung aus Geduld und Autorität bei ihm ankam. Außerdem war er älter und erfahrener als Clapton. Das konnte den Eifer des jungen Blues-Musikers jedoch nur kurz bremsen. Schon bald besann er sich darauf, einen eigenen Weg einzuschlagen, verließ Mayall auf eine von ihm selbst als „beschissen und link“ bezeichnete Art, um mit seiner neuen Band (The Glands) in Griechenland zu touren.

Schnell kam er dort auf den Boden der Tatsachen zurück, denn im sonnigen Griechenland waren die englischen Jungs alles andere als eine große Nummer. Er musste aufgrund turbulenter Umstände buchstäblich die Flucht ergreifen, türmte durchs Klofenster, ließ sein Equipment zurück und strandete im Herbst 65 wie ein nasser Pudel wieder in London und klopfte zunächst reumütig an der Tür seines Ziehvaters John Mayall.

Der staunte nicht schlecht und sah sich im Zwiespalt, hatte er doch kurz nach Claptons Verschwinden den aus seiner Sicht äußerst talentierten Peter Green engagiert.

Clapton blieb jedoch hartnäckig, und Peter Green musste seinen Platz wieder frei machen. Offenbar tat er das sogar gern, denn Clapton wurde trotz seines unsteten Charakters von allen Kollegen hoch geschätzt. Es war gut, ihn wieder in der Stadt zu haben und zu beobachten, was er wohl als nächstes tun würde.

Bluesbreakers „featuring Eric Clapton“

Was dann kam, entpuppte sich als Urknall für eine neue Gitarren-Generation, die bis heute besteht. Im April 1966 nahmen die Bluesbreakers, jetzt „featuring Eric Clapton“ ein Album auf, das das damalige Live-Set der Band einfing. Dieses Ereignis war in vielerlei Hinsicht bedeutend, denn der Clapton-Sound oder „Beano-Ton“ entpuppte sich innerhalb von nur wenigen Tagen zum Avatar einer neuen Musik. Vielleicht wäre Hendrix ohne Claptons Mitwirkung bei diesem Album nie nach London gekommen. Wer weiß?

John Mayalls Bluesbreakers feat. Eric Clapton ‘Have You Heard’:

Der Beano-Ton

Gleich nach seinem Wechsel von den Yardbirds zu den Bluesbreakers kaufte Clapton im Juni 1965 bei Lew Davis in der Charing Cross Road eine gebrauchte Les Paul Standard. Ein solches Modell hatte er auf dem Plattencover von Freddie Kings „Let’s Hideaway And Dance Away“ gesehen (hier war es eine Goldtop mit P-90).

Zufall oder nicht, war Claptons Les Paul eine 58er, 59er oder 60er in Cherry Sunburst mit Humbuckern. Diese Gitarre verwendete er fortan ausschließlich. Da sie nur ein Jahr später während der ersten Proben der neu formierten Supergroup „Cream“ gestohlen wurde, gibt es nur wenig Fakten zu dieser Gitarre. Nicht mal die Seriennummer ist bekannt.

Man glaubt heute jedoch, dass es sich um ein 60er Modell handelte, denn sowohl Clapton als auch Peter Green beschrieben in verschiedenen Interviews den „slinky“ Hals dieser Gitarre. Peter Green lobt den Hals als traumhaft schlank ganz im Gegensatz zu seiner eigenen 59er, die einen mächtigen und unkomfortablen Hals gehabt hätte. Diese Beschreibungen passen zu den in der Regel schlankeren „slim taper necks“ der 60er Les Pauls.

Marshall-1966-Bluesbreaker-Style2
1966er Style 2 Bluesbreaker 18-Watt-Modell

Zunächst sah man Clapton bei den zahlreichen Livegigs der Bluesbreakers noch mit einem AC30, doch schon bald wurde dieser durch einen Blocklogo Marshall JTM45 mit 4×12“-Box ersetzt. Schnell begriff der kreative Musiker die Möglichkeiten dieses Setups. Er drehte alle Regler seines Amps bis zum Anschlag auf und erzeugte so einen Ton und ein Sustain, das eher an ein Tenorsaxofon erinnerte als an eine Gitarre. Gleichzeitig begann er mit den Tonreglern der Les Paul zu arbeiten und erfand mit zugedrehtem Ton-Poti den legendären „Woman-Tone“, der fortan typisch für Clapton werden sollte.

Über diesen Amp ist nur soviel bekannt, das es sich vermutlich um ein 65er Modell mit RS Deluxe (Hifi-)Ausgangsübertrager handelte. Die Box war etwas älter. Vermutlich ein sehr frühes 4×12“-Cabinet mit Celestion Alnicos á 15 Watt.

Amp und Box musste Clapton bei seiner Flucht aus Griechenland zurücklassen. Somit brauchte er Ende 65 einen neuen Amp. Ich habe im Internet dazu reichlich Seemannsgarn entdeckt. Da stand zum Beispiel in Wikipedia, Clapton hätte Jim Marshall in seinem Laden in Hanwell zu einer Combo-Version des JTM45 überredet, damit dieser in seinen Kofferraum passt. Diese These halte ich jedoch für etwas kühn, denn den JTM45 gab es als Version 1 bereits seit Anfang 1965.

Bei Claptons Amp könnte es sich vielmehr um ein Messe-Ausstellungsstück gehandelt haben, das in Jim Marshalls Laden in Hanwell zum Verkauf stand. Ende 65 wurde vermutlich die neue Version 2 (für die Saison 66) dieses Combos vorgestellt (Model 1961 mit 4×10“ und Model 1962 mit 2×12“). Das würde auch erklären, warum Claptons Amp (höchstwahrscheinlich) noch mit Celestion 15-Watt-Alnicos und nicht mit den 20-Watt-Keramik-Greenbacks ausgestattet war. Man begibt sich schnell in das Reich der Spekulationen, denn Clapton selbst weiß nur noch wenig über diesen Amp (außer, dass er alle Regler auf 10 gedreht hatte).

John Mayall Bluesbreakers feat. Eric Clapton ‘All Your Love’:

Der Sound dieses Combos wurde durch das Bluesbreaker/Beano-Album derart berühmt, dass solche Amps heute zu den begehrtesten und teuersten Marshall-Modellen gehören. Zwischen 12.000 und 18.000 USD muss man derzeit für ein Exemplar hinblättern, vorausgesetzt, man kann eines finden.

Immer wieder wird über die Lautsprecherbestückung, den vermeintlichen Ausgangsü̈bertrager oder die eventuelle Verwendung eines Dallas Rangemaster Trebleboosters diskutiert. Letzteres vor allem daher, weil sich niemand vorstellen kann, dass der Combo eine derart fette Verzerrung ohne Unterstützung eines Boosters erzeugen kann.

Die Bestückung mit Celestion G12 Alnicos (vermutlich T.652) gilt heute jedoch als gesi- chert. Ich hatte kürzlich ein halbes Dutzend dieser Lautsprecher während unterschiedlicher Restaurierungsprojekte zu Hause und konnte feststellen, dass sie etwas anders als die vergleichbaren Vox(Bulldog)-Modelle klangen. Sie hatten weniger Bass und dafür einen noch knackigeren Ton, dessen Fokus mehr in den oberen Mitten zu liegen schien. Außerdem komprimierten sie früher als die recht stabilen Bulldogs und brachten eine ansprechende Eigenverzerrung, wenn man den Amp weit aufdrehte. Vermutlich waren das die Bluesbreaker-Lautsprecher.

Für Claptons Model 2 wäre ein Drake-784-103-Ausgangstrafo (8k Primär-Impedanz) historisch korrekt gewesen. Da sein Amp aber vermutlich schon im Spätsommer 1965 gebaut wurde, gibt es auch Anhänger, die glauben, den Sound eines frühen RS-Deluxe-Trafos herauszuhören. Ganz klären wird man das wohl nie. Tatsächlich klingen die Drake-Trafos etwas rauer und „zerrfreudiger“ als die RS-Modelle. Unsere Soundfiles zeigen jedoch, dass man mit beiden Trafos einen ganz guten Beano-Sound hinbekommen kann.

Entscheidend für die starke Verzerrung könnte aber auch ein Missmatching des Trafos gegenüber der Speakerbestückung gewesen sein. Die frühen Alnicos waren nur als 15-(16)-Ohm-Modelle erhältlich. Parallel verschaltet würde sich eine Last von 8 Ohm ergeben. Die RS-Deluxe- oder Drake-Trafos waren jedoch meist für den Anschluss von 16-Ohm-Boxen beschaltet (es sei denn, sie waren umschaltbar, was es auch gab).

Dann hätte Clapton an einem 16-Ohm-Ausgang eine 8-Ohm-Last betrieben, was die Speaker härter antreibt und früher in die Verzerrung bringt. Dennoch: Alles Spekulation. Auf dem Soundfile hört man eine Les Paul (Historic Collection R9 mit WCR BetSet-Pickups) über einen 1965er Marshall JTM45 sowie einer alten (optisch) modifizierten Vox-Box mit zwei frühen G12 Alnicos. Alle Regler sind natürlich auf Stellung 10 gedreht. Viel Spaß!

aus Gitarre & Bass 09/2008

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Der Bluesbreaker-Sound

Im Jahr 1966 war die Studio-Technik (quantitativ) gegenüber dem heutigen Standard limitiert. Es standen maximal vier Spuren zur Verfügung. Damit mussten sich selbst die Beatles im Abbey Road Studio begnügen. Effekte gab es so gut wie keine. Lediglich Hallplatten wurden ausgiebig genutzt.

Andererseits war das verwendete Equipment trotz seiner geringen Flexibilität von äußerst hoher Güte. Die Mikrofone – oft Neumann U47 Röhren-Mikrofone –, die Vorverstärker, die Verkabelung, die Aufnahmeräume, die Mischpult-Fader: All das hatte in diesen Tagen einen qualitativen Zenit erreicht, der seitdem kaum noch übertroffen werden konnte. Damals wurde noch nicht „track-by-track“ aufgenommen, sondern oft mono oder kurze Zeit später stereo die gesamte Band, die in einem Raum spielte.

Eric Clapton im Studio mit Gitarre

Da es dabei zu sogenannten übersprechungen bei den einzelnen im Raum verteilten Mikrofonen kam, war es üblich, die Lautstärkeverhältnisse der einzelnen Musiker bereits bei der Aufnahme durch den Abstand zum Mikrofon einzustellen. Für Solisten wurden außerdem sogenannte Stützmikrofone aufgebaut, damit man die Instrumente bei Bedarf in den Vordergrund mischen konnte. Diese Technik war solange kein Problem, wie die Musiker allesamt akustisch spielten, das heißt ohne Verstärkeranlagen.

 Rangemaster-Treble-Booster
Rangemaster Treble Booster

Nur vor diesem Hintergrund lässt sich Eric Claptons berühmter Bluesbreaker-Sound verstehen. Wie in Folge 1 beschrieben, spielte Clapton seinen JTM45-Combo voll aufgedreht. Dabei entstand eine Lautstärke, die die sämtlicher Bandmitglieder weit übertraf. Als Clapton im April 1966 ins Tonstudio kam und seinen Marshall aufdrehte, quittierten das die Toningenieure zunächst mit Fassungslosigkeit. Eine brauchbare Lautstärke-Balance schien unter diesen Bedingungen unmöglich. Claptons Sound war auf praktisch allen Mikrofonen zu hören, außerdem übersteuerte sein Stützmikrofon angesichts der enormen Lautstärke.

Clapton gab sich jedoch stur und signalisierte, dass er nur so seinen Sound hinbekommen könnte und daher nicht bereit sei, nur ein einziges dB leiser zu spielen. Produzent Mike Vernon lenkte ein und stellte das Mikrofon (vermutlich ein Neumann U47) für Claptons Verstärker einfach in die Mitte des Aufnahmeraumes, denn er wollte diesen Ton unbedingt in seiner vollen Güte aufnehmen.

In diesen Tagen war eine Gitarre immer noch ein Begleitinstrument, das meist in den Hintergrund gemischt wurde. Einzelne Riffs oder ein kurzes Solo wurden zwar hervorgehoben, blieben aber meist deutlich leiser als die Gesangsstimme, die ganz vorn stand. Clapton sah das anders. Er kreierte einen Sound, der den Gesang kontrapunktierte. Die Gitarre sollte fett und laut klingen wie ein Jazz-Saxofon.

Solcherlei Anliegen wurden damals jedoch in der Regel von den Produzenten oder Tonmeistern vereitelt. Clapton war wahrlich nicht der erste Gitarrist, der laut und fett spielen wollte. Buddy Guy oder Albert King experimentierten auf ähnlichen Pfaden. Somit war es vermutlich allein der Bereitschaft Mike Vernons zu verdanken, dass der „Beano“-Ton überhaupt aufgenommen werden konnte. Schließlich war man unter Zeitdruck, denn die Band hatte nur einen einzigen Studio-Tag gebucht. An diesem Tag sollten aber nicht weniger als zwölf Titel aufgenommen werden.

Clapton-Sound

Bei der Aufnahme des Soundfiles des Eröffnungsriffs von ,All your love’ (G&B 09/2008) habe ich gemerkt, dass man sich dem Clapton-Sound allenfalls annähern kann. Es war unglaublich schwer, diese fette und dennoch glasklare Kompression nachzustellen. Immerhin hatte ich einen 1966er JTM45, allerdings ein Topteil ohne Tremolo. Meine alte 2×12“-Box klingt vermutlich schon etwas anders, obwohl ich die gleichen alten Celestion G12 Alnicos eingebaut hatte. Außerdem hatte ich kein Neumann U47 zur Verfügung, sondern nur eine preiswertere Replik. Meine Gitarre klingt zwar exzellent, aber bei weitem nicht so wie eine alte Les Paul Sunburst. Auch hier mussten Abstriche in Kauf genommen werden.

Dann habe ich digital aufgenommen, weil mir keine 2-Zoll-Analog-Bandmaschine zur Verfügung stand. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Man begreift sehr schnell, dass dieser gesuchte und legendäre Ton von unzähligen Parametern abhängig ist. Nicht zuletzt spiele ich vermutlich ganz anders als Eric Clapton. Es gibt aber genügend Anhaltspunkte, die man als Anhänger dieser Sounds untersuchen und beleuchten kann.

Legen wir zunächst alle Legenden und Gerüchte beiseite und widmen uns den bekannten Tatsachen. Was wissen wir über das Equipment Eric Claptons während der Bluesbreakers-Session?

John Mayalls Bluesbreakers feat. Eric Clapton ‘Have You Heard’:

  • Er spielte eine 50s Gibson Les Paul Sunburst

Allein diese Feststellung bedeutet eine beinahe unendlich hohe Hürde für alle Beano-Ton-Anhänger. Der sogenannte „old-wood“-Ton dieser Instrumente ist von solcher Güte, dass diese Ikonen heute bekanntlich ein Vermögen kosten. Claptons Sound beweist auch, dass die Faktoren Zeit oder Alterung anscheinend kaum eine Rolle spielten, denn diese Gitarren klangen schon in jungen Jahren außergewöhnlich gut. Nicht zuletzt ist es dem Bluesbreakers-Album zu verdanken, dass die alten Les Pauls eine enorme Renaissance erlebten. Mike Bloomfield, Peter Green, Mick Taylor, Jeff Beck, Jimmy Page, Billy Gibbons und viele andere folgten diesem Vorbild und erwarben bald ein solches Instrument.

Neben der enormen Güte des Klangholzes spielten auch die PAF-Pickups eine große Rolle. Diese Tonabnehmer klingen eben einmalig klar und obertonreich. Auch das schlägt sich heute in den Verkaufspreisen nieder. Doch die Pickups allein genügen nicht, um einen solchen Ton nachzuformen. Auch das habe ich schon mehrfach beschrieben.

Clapton hatte die Pickup-Kappen seiner Les Paul entfernt, was seiner Meinung nach dem Ton mehr Direktheit und Punch verlieh. Ein Trend, dem viele seiner Kollegen folgten. Vermutlich wurde diese Maßnahme ursprünglich vollzogen, um sich der Feedback-Probleme zu entledigen. Meist waren es die Pickup-Kappen, die die damals ungewachsten PAFs zum Pfeifen brachten.

  • Er spielte einen alten JTM45-Combo

Schon oft habe ich in meinen Kolumnen beschrieben, dass der Sound dieser Amps auf weit komplexere Bedingungen zurückgeht als allein die Schaltung. Die Trafos, die Bauteile, die Verkabelung, die Potis und das Chassis tragen ihren Teil zu dem alten Marshall-Ton bei. Zwar gibt es heute fantastische Repliken solcher Amps (natürlich auch von Marshall selbst), aber keines dieser Produkte klingt exakt wie ein Vintage-Modell. Geht man davon aus, dass Claptons Combo Ende 1965 gebaut wurde, ist es wahrscheinlich, dass er mit damals noch frischen GEC KT66-Röhren bestückt war. Dazu in der Vorstufe Mullard ECC83.

Über den Ausgangsübertrager ist wenig bekannt. Aufgrund der Klanganalysen seines Tons könnte man allerdings vermuten, dass er noch einen RS-Deluxe HiFi-Übertrager hatte. Ich habe mehrere JTMs dieser Zeit verglichen und konnte jeweils mit RS-Übertragern den Beano-Ton besser nachstellen. Aber das ist nur eine Vermutung.

Clapton hatte nach eigener Aussage alle Potis des Amps voll aufgedreht (außer der Lautstärke, die vermutlich nur auf „9“ stand). Er steckte sein Gitarrenkabel stets in den Normal-Channel, der viel dunkler als der Lead-Kanal klingt. Dieser Klang kam seinem Ideal eines warmen Saxofon-Tons viel näher. Zusätzlich reduzierte er den Hochtonanteil der Pickups mit den Ton-Potis, was später zu dem sogenannten Woman-Tone führte, bei dem das Ton-Poti ganz zugedreht wird. Wer also einen Beano- Tone möchte, sollte die Ton-Potis seiner Gitarre nutzen.

Den gewünschten Sound regelte er ausschließlich an der Gitarre. Eine Technik, die Clapton in Perfektion beherrschte, denn auch auf dem Bluesbreakers-Album unterscheiden sich die Sounds von Titel zu Titel teils erheblich. Clapton tat dies, um dem Verstärker maximale Verzerrung zu entlocken. Das funktioniert in der Tat so gut, dass auch ich bezweifele, dass Clapton irgendein Vorschaltgerät verwendete. Dafür wäre damals praktisch nur ein Rangemaster Treblebooster in Frage gekommen.

Hört man aber das Album aufmerksam, kann man hier und da deutlich hören, wie der Amp in den Bässen schmiert und zu stark komprimiert, was gegen einen Treblebooster spricht. JTMs waren im Grunde Fender-Bassman-Kopien und nicht sehr stark entkoppelt. Daher waren die Bässe offener und fetter als bei späteren Marshall-Modellen. Claptons Amp war vermutlich mit Celestion G12 Alnico-Lautsprechern bestückt, die nur etwa 20 Watt leisteten. Bei einem voll aufgedrehten Amp wurden diese Lautsprecher in die Sättigung getrieben und haben stark komprimiert. Auch das ist ein Grund für den singenden, fetten Ton.

  • Er verwendete ein Spiralkabel

Vor einigen Monaten bekam ich ein Spiralkabel von Fender zugeschickt, das ich seither mit Begeisterung verwende. Nicht etwa, weil es so „gut“ ist, sondern weil es einen Sound erzeugt, der viel weicher und wärmer ist als der meiner anderen Kabel (Cordial, Spectraflex, Vovox). Auch hier werden aufgrund einer erhöhten Kapazität Höhen reduziert. Dabei entsteht ein Sound, der sehr cremig und singend ist. Clapton verwendete wie die meisten seiner Kollegen damals solche Kabel, was für diese Klänge offenbar ein wichtige Voraussetzung war.

  • Clapton spielte sehr dünne Saiten

Um seine virtuose Bending-Technik weiter auszubauen, suchte Clapton schon früh nach einer Möglichkeit, sehr dünne Saiten zu spielen. Solche Saiten gab es zunächst nicht zu kaufen, sodass stärkere Sätze wie folgt verwendet wurden: Man kaufte einen 11er oder 12er Satz und nutzte die A-Saite als tiefe E-Saite, die G-Saite als A-Saite usw. Als hohe E-Saite wurde dann eine dünne Banjo-Saite aufgespannt. Ab 1966 verwendete Clapton jedoch Fender Rock-‘n’-Roll-Saiten der Stärken .009 – .038, die es, soweit mir bekannt, auch heute noch gibt. Diese Saiten wurden damals auch von Hendrix, Page und Beck verwendet.

  • Studiotechnik

Wie schon anfangs erwähnt, spielte die Aufnahmetechnik eine große Rolle. Da das Mikrofon nicht direkt vor dem Verstärker stand, sondern irgendwo im Aufnahmeraum, entstand eine Art Ambient-Live-Sound, der sich von den heute üblichen „closed“-Abnahmen direkt an der Lautsprechermembrane deutlich unterscheidet. Es lohnt sich auf jeden Fall, ein guter Aufnahmeraum vorausgesetzt, mit der Mikrofon-Position zu experimentieren, denn dieses „distant-miking“ klingt oft sehr gut. Ich stelle im Studio das Mikrofon schon seit jeher mindestens 40 cm vor die Box, oft auch weiter entfernt. So hört man mehr Raumreflexionen und kommt dem Ton, den die eigenen Ohren direkt vor dem Verstärker hören, deutlich näher.

Außerdem wurde nicht mit dynamischen Mikrofonen aufgenommen, sondern mit Groß-Membran-Kondensator-Mikrofonen. Wer jemals eine Gitarrenaufnahme mit einem alten Neumann U47 gemacht hat, kann mit einem „kratzigen“ Dynamik-Mikrofon nicht mehr viel anfangen. Der Unterschied ist in der Tat enorm. Leider sind alte Röhrenmikrofone heute so teuer wie Vintage-Gitarren und daher wenig verbreitet. Für mich tut es daher ein Røde-Mikrofon, dass jedoch mit einem alten Neumann natürlich nur bedingt mithalten kann.

Wie 1966 üblich, wurde auch das Bluesbreakers-Album analog aufgenommen. Damals wurde hoch ausgesteuert, um den sogenannten Bandsättigungseffekt auszunutzen und den maximalen Rauschabstand zu erreichen. Dabei wurden die Aufnahmen leicht übersteuert und damit in eine weiche, wohlklingende Kompression gebracht.

  • Claptons Spieltechnik

Der wichtigste Aspekt kommt zum Schluss. Clapton zählte damals (wie heute) zu den besten E-Gitarristen der Welt. Vor allem seine Bending-Technik war einzigartig. Er wollte weniger „abgehackt“ spielen als seine zahlreichen Blues-Vorbilder und entwickelte einen gebundenen, singenden Stil, der sein Markenzeichen wurde. Er konzentrierte sich nicht wie die meisten seiner Kollegen auf das Rhythmus-Spiel, sondern vielmehr auf einen vokalen Solo-Ton, den er wie ein Blues-Spieler als Kontrapunkt zum Gesang einsetzte. Damit schuf er als erster E-Gitarrist einen echten Lead-Sound, der neben dem Gesang im Mittelpunkt des Arrangements stand.

Zum Zeitpunkt der Aufnahmen für dieses Album war Clapton nach eigener Aussage in einer trotzigen und gelangweilten Phase, weil die Band für ihn keine Herausforderung mehr darstellte. Das ging teilweise so weit, dass er seine missmutige Stimmung dadurch zum Ausdruck brachte, dass er bei Live-Auftritten im Schneidersitz oder sogar liegend spielte.

Im April 1966 hatte er nichts mehr zu verlieren, denn er hatte längst Pläne, die Band zu verlassen und eigene Pfade zu beschreiten (was er kurz darauf mit Jack Bruce und Ginger Baker auch tat). Die Aufnahmen dienten ihm schließlich dazu, seiner Technik und seinem Sound ein Denkmal zu setzen, was ihm auch gelang. Es ging ihm vielleicht weniger darum, John Mayall zu begleiten, als vielmehr sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Eine Form von Egozentrik, die sich zumindest für die Historie der E-Gitarre als äußerst positiv erwies. Seine nächste Schaffensphase war die mit der Band Cream, mit der wir uns ab der nächsten Folge detailliert befassen werden.

Aus Gitarre & Bass 10/2008

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Cream!

Die Veröffentlichung des Bluesbreakers-Albums war noch taufrisch, da plante Eric Clapton bereits ein neues Projekt mit Drummer Ginger Baker und Jack Bruce am Bass. Anfangs probten die drei noch heimlich und stellten gleich fest, das die Chemie absolut zu stimmen schien, obwohl sich die drei von früheren Formationen bereits kannten und da schon oft auch in der Wolle hatten. Mitte 1966 wurde die Band Cream gegründet, mit die erste sogenannte Supergroup.

Schon bei den ersten Proben gab es Missverständnisse und Unstimmigkeiten bezüglich der Song-Auswahl. Clapton wollte so puristisch wie möglich an seinem jüngst geformten Power-Blues-Approach festhalten, während Baker seine afrikanischen Roots ausleben wollte. Jack Bruce war eher Jazz- und Folk-orientiert und entwickelte experimentelle Song-Formen, die schon auf die anstehende Psychodelic-Welle hindeuteten. Man kann sich allzu gut vorstellen, dass all diese Ideen nur schwer unter einen Hut zu bekommen waren.

Andererseits sollte sich bald herausstellen, dass genau dieses „Problem“ die Musik von Cream wirklich einzigartig machte. Clapton, Baker und Bruce waren jeweils großartige Protagonisten an ihren Instrumenten und erzeugten einen Sound, der bis heute unerreicht ist. Bei der Cream-Reunion erklärten die drei Musiker in Interviews bereitwillig (und beinahe belustigt), wie schwer es gewesen sei, nach so vielen Jahren wieder nach Cream zu klingen. Sie haben hart dafür geprobt und schließlich den Plan, an ihren ursprünglichen, archaischen Sound von damals anknüpfen zu wollen, schlichtweg aufgegeben. Cream wurde dann bekanntlich ins neue Jahrtausend transferiert, mit allen Vor- und Nachteilen.

Cream Reunion-Concert 2005:

Als damals die ersten Cream-Proben im Frühsommer 1966 begannen, spielte Eric Clapton noch seine 60er Les Paul Standard, Jack Bruce einen Fender Six-String Gitarrenbass sowie einen Danelectro Shortscale. Baker verwendete sein geliebtes Ludwig-Set, zunächst noch mit nur einer Bassdrum. Während der Proben wurde die Les Paul angeblich gestohlen. Das brachte Clapton in Nöte, denn diese Gitarre war der Dreh- und Angelpunkt seines Sounds. Er lieh sich eine 59er Standard „von einem guten Freund in London“ und verwendete diese Gitarre bei den allerersten Gigs im Sommer 66. Sie hatte eine schöne Flammung sowie ein Bigsby-Vibrato. Daher sind viele Experten der Meinung, dass Keith Richards diese Gitarre zur Verfügung stellte, denn er besaß schon seit 1964 ein identisches Modell. Auf dem Windsor Blues Festival am 31. Juli 1966 spielte Clapton diese Gitarre live.

Kurz darauf lieh sich Clapton eine 60er Les Paul Standard von dem späteren Police-Gitarristen Andy Summers, der einer der wenigen Besitzer einer solchen Gitarre in London war. Man erkennt sie auf alten Live-Fotos vor allem daran, dass der Toggle-Switch-Ring fehlte. Diese Gitarre verwendete er für die Aufnahmen des ersten Studio-Albums „Fresh Cream“, das zwischen Juli und Dezember 1966 in den Chalk Farm Studios und den Mayfair Studios in London aufgenommen wurde. Es ist also sehr wahr- scheinlich, dass man diese Gitarre auf ,I Feel Free’, ,NSU’, ,Sleepy Time Time’ und ,Spoonful’ hört.

Zeitgleich mit der Gründung von Cream rüsteten Bruce und Clapton auf große 1959 Marshall 100 Watt Superlead-Amps mit jeweils zwei 4×12“-Boxen um. Diese Amps hatten noch Aluminium-Chassis und KT66-Röhren mit einer Anoden-Spannung um etwa 440 Volt. Letzteres ist wichtig, um den frühen Cream-Sound zu verstehen. Bei den Cabinets handelte es sich um ein „slanted“ Top (1960A) mit 4 G12 20-Watt-Lautsprechern sowie um eine „extended straight“ (1960B) mit den gleichen Speakern. Im Prinzip die gleiche Ausrüstung, die Hendrix bald spielen sollte. Die Leistungsangabe auf diesen Boxen lautete damals 75 Watt, weshalb man unbedingt zwei Boxen benutzen musste, um nicht permanent Lautsprecher durchzublasen (was dennoch ständig passierte).

Es ist unklar, ob Clapton und Bruce im Studio beide Boxen angeschlossen hatten oder nur jeweils eine. Es gibt aber zahlreiche Berichte aus dem Umfeld des Aufnahme-Ingenieurs John Timperly, dass „die Jungs irrsinnig laut mit riesigen Marshall-Türmen spielten“. In den recht kleinen Aufnahmeräumen war es schwierig, diese enorme Lautstärke in den Griff zu bekommen, zumal die Aufnahmetechnik mit nur vier Spuren sie dazu zwang, alles live einzuspielen. So ist etwa ,Spoonful’ eine komplette Live-Aufnahme einschließlich Gesang. Nur die Harp von Jack Bruce wurde später overdubbed.

Für Overdubs musste man sich der so genannten Ping-Pong-Technik bedienen. Das heißt, dass die Basic-Tracks auf eine Mono-Spur zusammen gemischt und im Panorama auf eine Seite gelegt wurde. Eine Technik, die auch die Beatles anwendeten. Die Mischpulte von damals hatten noch keine stufenlosen Panorama-Regler. Es gab nur drei Stellungen für links, Mitte oder rechts. Man konnte das damals bedenkenlos machen, da ohnehin kaum Konsumenten über ein Stereo-System verfügten. In der Regel hörte man die Platten mono.

Cream ‘Wrapping Paper’:

In der frühen Cream-Phase dominierte deutlich Claptons-Blues-Approach. Daher staunten die Fans nicht schlecht, als mit ,Wrapping Paper’ eine Single erschien, in der ein Piano im Vordergrund stand. Vom Woman-Ton war indes nicht viel zu hören. Außerdem kam ,Wrapping Paper’ als eher harmlose Pop-Nummer daher, die auf nichts schließen ließ, was wir heute mit dem Cream-Sound verbinden. Erst als ,I Feel Free’ veröffentlicht wurde, startete das Erfolgs-Märchen, das Cream zur heißesten Band der damaligen Zeit machte. Zwar führten die Stones und die Beatles abwechselnd die Charts an. Beide Bands machten sich Live jedoch zunehmend rar und experimentierten eher im Studio mit weniger Gitarren-orientierten Klängen. Dennoch hielten die Startschwierigkeiten für Cream noch eine ganze Weile an. Das Live-Set war oft nur 20 Minuten lang, weil einfach Stücke fehlten, die live funktionierten.

Es gibt ein paar Bootlegs sowie die BBC-Session-Aufnahmen, die zeigen, dass der spätere Cream-Sound zu dieser Zeit einfach noch nicht stand. Es war eher eine Suche nach dem gemeinsamen Nenner. Zudem waren alle drei zu dieser Zeit noch keine begnadeten Songschreiber. Was blieb, war eben Claptons „attractive“ Sound. Der stand von Anfang an im Mittelpunkt.

Clapton spielte zu dieser Phase im Grunde genauso wie auf dem Bluesbreakers-Album. Die Trio-Besetzung gab ihm jedoch die Möglichkeit, seinen Leadsound noch mehr zu formen. Er spielte praktisch niemals puren Rhythmus, sondern vermischte die Rhythmus- und Lead-Parts zu einem völlig neuen Mix, den Hendrix, Beck und Page später in ähnlicher Weise aufgriffen und zelebrierten. Maximale Freiheit, gleichsam wie ein Jazz-Player. Dank der mächtigen Marshall-Stacks wurde Claptons Ton bei Cream größer und gewal- tiger. Der typisch singende und fette KT66-Sound geriet besonders bei ,Spoonful’ zu seinem Zenit, der sämtliche Gitarren-Kollegen mit ihren „Shredder-Sounds“ frustrieren musste. Nur Hendrix konnte da noch gegenhalten.

Clapton setzte alle Regler wieder auf „10“ und steckte sein Kabel in aller Regel in den „Normal-Channel“ für einen dunkleren Ton. Lautsprecher-Kompression, Endstufen- und Übertrager-Clipping schufen einen Sound, den man bis dato noch nicht gehört hatte. Die Kombination mit einer Les Paul Standard brachte einen Sound hervor, der sich deutlich von den Klängen des Nachfolge-Albums ,Disraeli Gears’, das vorwiegend mit einer SG aufgenommen wurde, unterscheidet. Nach der Aufnahme-Session war Clapton von der geliehenen Les Paul so begeistert, dass er Andy Summers überredete, ihm die Gitarre zu verkaufen. Da dieser ohnehin zur Stratocaster wechselte, sagte er schließlich zu. Das Glück währte jedoch nicht lange, denn schon im Frühjahr 1967 wurde auch diese Gitarre gestohlen.

Equipment At The Marquee

Auf den ersten Live-Shows von Cream (immer wieder im Londoner Marquee-Club) sorgte vor allem die enorme Lautstärke für Aufsehen. Man musste das einfach mal erlebt haben. Schnell sprach sich diese Attraktion herum und zog das Publikum an wie ein übergroßer Staubsauger. Immer noch war das Live-Set kaum länger als eine halbe Stunde.

Das Equipment sah damals wie folgt aus: Nach den ,Fresh-Cream’-Sessions bekam Jack Bruce einen Major 200 Watt Marshall Prototyp mit KT88- Röhren, den er über vier Boxen betrieb. Sein Hauptinstrument war zu dieser Zeit weiterhin ein Fender Six-String-Bass, der im Frühjahr 1967 ähnlich wie Claptons SG von der holländischen Künstler-Truppe „The Fool“ mit psychedelischen Motiven bemalt wurde. Clapton spielte über zwei 1959 Superlead Fullstacks, die entweder mit einem Kabel überbrückt wurden (daisy chained) oder mit einem Y-Splitter-Kabel gleichzeitig angesteuert wurden. Fotos aus dieser Zeit belegen beide Methoden.

Clapton spielte vorwiegend die Andy Summers Les Paul, ab Frühjahr 1967 auch eine Gibson Les Paul Custom mit drei PAFs oder seine SG, die von 1964 war und demnach Patend Number Pickups hatte. Als PA diente ein weiterer 200-Watt-Marshall mit den zugehörigen „Column-Speakern“ (jeweils mit 4×12“). Mikros vor den Amps oder am Schlagzeug gab es zunächst noch nicht.

Der Sound kam, abgesehen vom Gesang, ausschließlich von der Bühne, gleichgültig, ob Cream im winzigen Marquee auftraten oder in riesigen Hallen. Angeblich standen sie in einem permanenten Wettstreit mit The Who, wer wohl den Titel der lautesten Rockband des Planeten in Anspruch nehmen dürfe. Zeitzeugen sind meist der Ansicht, das Cream dabei stets einen Hauch vorn lagen. Das lag wohl auch an Claptons mächtiger Leadgitarre. Ginger Baker hatte zu dieser Zeit (etwa zum Jahreswechsel 1966/67) schon oft die Nase von diesem Soundgewitter voll. Er klagte über Taubheit, Hörstürze und natürlich den Umstand, dass sein Schlagzeug neben Bass und Gitarre kaum noch zu hören war. Es gibt auch zahlreiche Berichte, dass man den Gesang auf manchen Gigs kaum hören konnte, weil die vergleichsweise leistungsschwache „Gesangsanlage“ nicht mithalten konnte. Da auch die frühen Keramik-20-Watt-Speaker dieser Beanspruchung meist nicht gewachsen waren, bekamen Cream im Frühjahr 1967 neue Boxen mit jeweils vier 25-Watt-Speakern.

Dies war die Geburtsstunde der 100-Watt-Marshall-Box. Der Sound wurde etwas stabiler, stellte aber immer noch genügend Sustain für Claptons unnachahmlichen Woman-Ton zur Verfügung. Ein weiteres Geheimnis liegt wohl in der mit etwa 440 Volt relativ geringen Anodenspannung seiner Marshall-Tops. In Kombination mit KT66-Röhren erhält man so einen wesentlich dunkleren (Brown-)Sound als etwa mit späteren EL34-Modellen, die Anodenspannungen bis zu 560 Volt hatten. Spricht man heute also von einem Plexi-Ton, sollte man schon genauer unterscheiden, welchen Sound man damit meint. Ein 1966er und ein 1968er oder 1969er Marshall klingen aus diesem Grund sehr unterschiedlich, allein aufgrund der Anodenspannungen und der Röhrenbestückung. Man könnte salopp auch sagen, dass der frühe Cream-Ton von Eric Clapton noch näher am Fender-Bassman-Ton angesiedelt ist. Der Klang ist noch weniger aggressiv und brutal.

Dieser Artikel stammt aus der Gitarre & Bass 11/2008

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Cream & Disraeli Gears

Clapton im Studio mit Cream
Cream im Studio

Das Album ,Fresh Cream’ erreichte zunächst Achtungserfolge, der ganz große Durchbruch blieb jedoch aus. Die Charts dominierten die Beatles, die Hollies oder die Bee Gees. Clapton war nun auch nicht mehr der alleinige Inventor, denn mittlerweile hatte sich ein gewisser Jimi Hendrix in London niedergelassen und zog die Aufmerksamkeit als neues Gitarrenwunder auf sich. Der Druck auf Cream stieg daher deutlich.

Während Hendrix sein Glück in Europa versuchte, zog es die neue englische Supergroup nach Amerika. Im März 1967 spielten sie auf einem US-Festival, auf dem zahlreiche Schützlinge des Atlantic-Record-Inhabers Ahmet Ertegun auftraten. Ertegun hatte Clapton schon 1966 in London gesehen und war beeindruckt von diesem weißen Blues-Player. Der Gig von Cream war zwar nicht gut, aber Ertegun wurde sich schnell mit Cream-Manager Robert Stigwood einig und buchte Cream für ein Studio-Album in seinen Atlantic-Studios in Manhattens 60. Straße. An den Reglern sollte Erteguns Stamm-Engineer Tom Dowd sitzen, als Produzenten einigte man sich auf den jungen Felix Pappalardi. Diese Crew sollte sich bald als eine Art Dream-Team erweisen.

Classic Albums Documentary Part 1/5:

Als Cream am 3. April im Studio eintrafen, hatten sie kaum Material. Seit dem Ende der ,Fresh Cream’-Sessions waren sie praktisch ununterbrochen unterwegs und hatten kaum Zeit, neue Songs zu schreiben. Ertegun wollte zunächst eine schlagkräftige Single produzieren. Für ihn war Clapton der Front-Mann, der auch singen sollte, Bruce und Baker sollten nur die Backing-Band darstellen. Dieser Anspruch führte natürlich zu Konflikten. Der eher schüchterne Clapton sah sich für diese Rolle noch keineswegs gewappnet. Außerdem wollten Baker und Bruce auch noch ein Wörtchen mitreden.

Am ersten Studiotag spielten Cream wie üblich mit großen Marshall-Stacks und enormer Lautstärke fünf oder sechs Songs ein. Dowd und Pappalardi waren begeistert, denn die drei Engländer klangen mächtig und tight. Nun galt es, Ertegun zu überzeugen, der seinen Vertragsabschluss in der Anfangsphase der Session schon fast bereut hatte. „Psychedelic Hogwash“ beschimpfte er die neuen Songs der Engländer, die überhaupt nicht mehr bluesig klangen. Cream hatten sich, beeinflusst von Jefferson Airplane, Grateful Dead und Frank Zappa, einem verspielten, psychedelischen Sound zugewandt, der gar nicht nach Erteguns Geschmack war.

Also nahmen die drei mit ,Hey Lawdy Mama’ zunächst einen Blues-Klassiker auf, der jedoch weder Dowd noch Pappalardi überzeugen konnte. Clapton war diesmal ganz nach Erteguns Wunsch der Sänger. Felix Pappalardi nahm am Abend das Band mit nach Hause und textete mit seiner Frau Gail Collins neue Lyrics und schrieb eine Gesangs-Melodie im Falsett-Stil. Am nächsten Morgen wurde ,Lawdy Mama’ zu ,Strange Brew’ umgebaut. Clapton sang mit hoher Stimme und nahm neue Woman-Tone-Licks auf, Jack Bruce wurde dabei total übergangen. Es heißt, er sei an diesem Tag nicht einmal im Studio gewesen. Eric lauschte zwischendurch ununterbrochen in den hauseigenen Albert-King-Produktionen, mit dem Ergebnis, dass er das Solo für ,Strange Brew’ 1:1 von einer King-Aufnahme kopierte. Somit schien ein erster Keil zwischen die Fronten der drei Musiker getrieben. Bruce schmollte, während Baker den Schlichter spielte.

Dennoch beschreiben die Musiker jene Zeit als den Höhepunkt einer perfekten Band- Chemie. Sie verbrachten jeden Tag miteinander und hatten sogar eine eigene Geheimsprache entwickelt, mit der sie sich verständigen konnten, ohne dass ein Außenstehender folgen konnte. Clapton hatte zudem sein Image völlig geändert. Vom smarten seitengescheitelten englischen Dandy zum Hippie mit Dauerwelle, bemalter Gitarre, Paisley-Hemden und Felljacke. Vielleicht wollte er Hendrix nacheifern. Wer weiß?

Das ,Fresh Cream’-Album war erst Tage zuvor über Atlantic-Records in den USA erschienen, und somit blieb Zeit für eine zweite Session, bei der das Album vervollständigt wurde. Und hier kam wieder Jack Bruce zum Zug, denn er war immer noch der kreativste Songschreiber des Trios. Im Mai wurden ,Tales Of Brave Ulysses’ mit Wah-Wah-Gitarre und ,Sunshine Of Your Love’ beendet. Auf ,SWLABR’ setzte Eric Clapton einen weiteren Meilenstein in Punkto Woman-Tone in Szene. Der Rest war, wie damals üblich, Füll- material, denn 1967 ging es in erster Linie um Single-Erfolge.

Immerhin schaffte das Dream-Team in nur vier Studio-Tagen ein Album, das als Klassiker in die Rockgeschichte einging. Das Riff von ,Sunshine of your love’ gilt neben Deep Purples ,Smoke on the water’ als das vielleicht markanteste Motiv der Rock-Geschichte. Drogenschwangere Texte („So many fantastic colours make me feel so good …“), ein psychedelisches Album-Cover von Martin Sharp (einem Mitbewohner in Claptons damaliger WG) sowie ein Fantasie-Titel passten genau in die Zeit des summer of love. Das Wortspiel ,Disraeli Gears’ geht auf einen Versprecher eines Cream-Roadies (Mick Turner) zurück, der Claptons neues Rennrad bestaunte und feststellte: „Wow, it’s got disraeli gears“. Er meinte jedoch „Derailleur Gears“ (Kettenschaltung). Die ganze Band lag sofort flach und lachte sich kaputt. Man beschloss, diesen Versprecher als Album-Titel zu verwenden.

Disraeli Sounds

Das Atlantic Studio galt damals als eines der modernsten Tonstudios der Welt. Hier entstanden in der Vergangenheit Aufnahmen mit Ray Charles, Aretha Franklin, John Coltrane, dem Modern Jazz Quartett und Joe Turner, um nur einige klangvolle Namen zu nennen. Es gab 1967 dort bereits eine Ampex 8-Spur-Maschine, während die Beatles im gleichen Jahr im Abbey Road noch mit vier Spuren auskommen mussten. Die Drums von Ginger Baker wurden auf zwei Spuren aufgenommen, auf je eine weitere der Bass und Claptons Gitarre. Somit blieben vier Spuren für Overdubs. Auf Zwischenmixe konnte daher verzichtet werden. Die Abmischungen der Album-Titel klangen für damalige Verhältnisse und Ansprüche herausragend klar und kraftvoll. Pappalardi etablierte sogar einen Trend, in dem er die Rhythmus-Gruppe ungewöhnlich laut abmischen ließ, Röhren-Kompressoren hielten dabei die Dynamik im Zaum.

Clapton verwendete für die Basic-Leads vorwiegend ein Marshall 1959 Superlead Halfstack mit KT66-Röhren. Außerdem entdeckte er seine Liebe zu einem Blackface Fender Twin Reverb, vermutlich aus dem Studio-Inventar. Dieser Amp sollte den Sound von ,Disraeli Gears’ entscheidend prägen. Er wechselte während der Aufnahmen beinahe ausnahmslos zwischen zwei Setups.

Nur wenige Tage vor den Sessions hatte Clapton in New York eine schwarze Les Paul Custom mit drei PAF-Pickups erstanden (vermutlich von 1959). Diese Gitarre kam bei den Backings für zum Einsatz. Hier pflegte Clapton mit seinem Marshall-Stack seinen typischen Rock-Sound, der auch an die Fresh-Cream-Sounds oder seinen Live-Ton erinnert.

Seine 64er SG kombinierte er dagegen meist mit dem voll aufgedrehten Twin Reverb, der so diesen berühmten „Kazoo“-artigen Fuzz-Ton entstehen ließ. Fast sämtliche Soli wurden so eingespielt. Besonders bei ,Strange Brew’, ,Sunshine Of Your Love’ und ,SWLABR’ stehen diese Sounds im Vordergrund. Clapton verwendete also kein Fuzz-Pedal, sondern erzeugte diesen Ton nur durch sein Spiel sowie die Kombination von SG und Twin Reverb. Tom Dowd half dem Sustain angeblich etwas nach, indem er die Mikrofon-Verstärker des Mischpults übersteuerte, was den Kazoo-Effekt untermauerte. Nicht bestätigt sind Aussagen von amerikanischen Journalisten, die behaupten, Claptons Soli seien allesamt nur über das Mischpult (also ganz ohne Amp) aufgenommen worden.

‘Sunshine Of Your Love’:

Es fällt auf, dass die SG deutlich schlanker klingt als die Les Paul. Ein Umstand, der Claptons Klangvorstellung damals offenbar stützte, denn die SG wurde bald zu seiner Hauptgitarre bei Live-Tourneen. Ihr Sound ist elektrischer und etwas rockiger als der einer Les Paul mit 50s-Wiring und superklaren PAF-Tonabnehmern. Diese neue Kombination wurde zum Markenzeichen für den Cream-Sound. Über die Speaker-Bestückung jenes Twin-Reverbs ist wenig bekannt. Vermutlich hatte er 2×12“-Keramik-Jensen oder JBLs. Letztere bringen bei Übersteuerung den „Kazoo-Sound“ jedenfalls ziemlich überzeugend.

Claptons Stil wurde zu dieser Zeit auch deutlich melodiöser. Die Soli scheinen weniger willkürlich oder improvisiert, sondern folgen einer durchdachten Architektur, als hätte Clapton seine Licks vorher regelrecht komponiert. Ganz anders war sein Live-Sound. Hier dominierte ein viel dunklerer und fetterer Sound, und oft ließ er sich zu endlosen Soli hinreißen, die nicht immer so gelungen rüberkamen wie die auf der ,Crossroads’-Aufnahme von 1968. Diese Wildheit legte er ab Sommer 1968 jedoch zunehmend ab, klang etwa mit Blind Faith 1969 schon deutlich zahmer und endete schließlich Anfang der Siebziger bei einer völlig clean und bewusst reduziert gespielten Stratocaster.

Jack Bruce benutzte für „Gears“ seinen Major 200-Watt-Marshall mit einem Danelectro-Bass. Es ist immer wieder ein Phänomen, welche Klänge dieser Mann mit dünnen Saiten seinen Shortscale-Instrumenten entlockte. Baker hatte in New York sein neues Ludwig-Set mit Double-Bassdrum dabei. Es spricht für Tom Dowds Kunst, dass er mit meist nur drei Mikrofonen (Neumann U47) Bakers Sound so druckvoll einfangen konnte. Der Drum-Sound war seit „Gears“ nicht mehr nur Background, sondern ein fester Bestandteil der Komposition. Etwa zur gleichen Zeit setzten auch die Beatles bei ,Sgt. Pepper’ immer wieder Akzente mit Drumfills, die oft mit Vari-Speed fetter gemacht wurden (mit erhöhter Bandgeschwindigkeit eingespielt).

Jack Bruce beklagt seine fatale Situation in New York in einem aktuellen Interview immer noch mit Nachdruck: „Ich sollte nicht mehr komponieren und sollte nicht mehr singen. Man wollte mich auf den Sideman reduzieren. Dabei hatte ich Songs wie ,Sunshine Of Your Love’ oder ,White Room’ im Gepäck. Ohne Jack Bruce’ psychedelischen „Hogwash“ wäre Cream vermutlich ganz nach Erteguns Wunsch ein weißer Blues-Act geworden, der nicht einen solch wichtigen Einfluss auf die Rockmusik genommen hätte. ,Disraeli Gears’ erschien erst im November 1967. Man wollte während des Sommers vor allem dem neuen Hendrix-Album (,Are you experienced’) nicht in die Quere kommen. Es wurde wie geplant in mehreren Ländern ein Top-10-Erfolg. Die Bestenliste des Rolling Stone platziert das Album auf Position 127 der besten 500 Rockalben aller Zeiten. Immerhin!

1968 wurde für Cream ein großes Jahr. Vor allem die Live-Mitschnitte im Winterland- Theater in San Francisco markieren einen Zenit der drei Engländer.

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Cream & Wheels of Fire

Eric-Clapton-Live
Eric Clapton Live

Nachdem ,Disraeli Gears’ der noch jungen Band Cream zu einem enormen Erfolgszuwachs verhalf, wurde das Musiker-Leben der drei Briten geradezu stressig. Ab Herbst 1967 waren Clapton, Bruce und Baker pausenlos unterwegs. Für weitere Studioaufnahmen blieb zwischen den ausgedehnten Tourneen nur wenig Zeit. Bereits im Juli 1967 hatten sie drei weitere Meilensteine in den Londoner IBC-Studios aufgenommen: ,White Room’, ,Sitting On Top Of The World’ und ,Born Under A Bad Sign’.

Die dort entstandenen Basic-Tracks sollten später in den New Yorker Atlantic Studios weiter bearbeitet werden. Der Grundstein für das nächste Album ,Wheels of Fire’ war damit gelegt. Das Doppelalbum sollte die erfolgreichste Veröffentlichung von Cream werden. Im Februar 1968 probte die Band bei einigen Warm-Up-Gigs für die anstehenden Live-Aufnahmen, die zwischen dem 7. und 10. Februar in San Francisco stattfinden sollten. Ende der Sechziger wurden zahlreiche Sport- und Stadthallen zu Live-Arenen umfunktioniert, die mehr Zuschauer fassen konnten, denn Live-Konzerte waren gefragt. The Who, Grateful Dead, die Rolling Stones und Janis Joplin zog es in größere Hallen.

Veranstalter Bill Graham war ein Vorreiter dieser Entwicklung. In San Francisco und New York leitete er ehemalige Theater (Fillmore West und Fillmore East), die bald das Publikum wie ein Magnet anzogen. Vor allem die britischen Musiker, die in Clubs wie dem Londoner Marquee Club groß wurden, waren einen solchen Andrang nicht gewohnt. 1968 stieg etwa Jeff Beck vor dem Fillmore West in San Francisco aus dem Bandbus und glaubte zunächst, vor dem „Club“ sei ein Unfall oder ähnliches passiert. „Was zum Teufel ist denn hier los?“ fragte er einen der in einer langen Schlange anstehenden Fans. „Ich gehe zum Konzert“, gab er zurück. Beck konnte kaum glauben, dass er an diesem Abend statt vor 200 vor 2000 Leuten spielen würde.

Ahmet Ertegun und Cream wollten diese neue Entwicklung nutzen, um das Live-Potential der Band auf Platte zu bringen. Tom Dowd steuerte wie gewohnt die Regler und musste angesichts der enormen Lautstärke auch eine Menge dazulernen. Ihm standen zwei Achtspur-Recorder zur Verfügung, denn die Bänder liefen damals nur etwa 20 Minuten, gerade genug, um vielleicht einen oder zwei Songs der ausladend improvisierenden Musiker aufzuzeichnen. Die Aufnahmen begannen am 7. März 1968 im Fillmore West-Theater.

Bei diesem ersten Gig spielten Clapton und Bruce noch Double-Stacks, dass heißt jeweils zwei Marshall-Türme mit je zwei aufeinander gestapelten 4×12-Boxen. Das war jedoch derart laut, dass Tom Dowd über sogenannte „Bleeding-Effekte“ klagte. Bass und Gitarre waren auch sehr laut auf den Schlagzeug-Mikrofonen zu hören, so dass er Clapton und Bruce überreden musste, am nächsten Abend nur noch jeweils ein Stack zu verwenden. Das änderte natürlich auch den Sound. Vom ersten Abend wurden nur die Stücke ,Rollin’ And Tumblin’’ (erschienen auf ,Live Cream Vol. 1’) und ,Toad’ (erschienen auf ,Wheels Of Fire’) übernommen.

Am 8. März zog die Band in die wesentlich größere Winterland-Arena um. Die Halle fasste insgesamt 5400 Zuschauer und wurde eigentlich als Eis-Stadion genutzt. Bill Graham mietete sich hier regelmäßig ein, deckte das Eis mit Holzplatten ab und installierte eine der ersten P.A.(Public Address)-Anlagen der Rock-Geschichte. Die Halle wird von Zeitzeugen als kühler und eher abweisender Ort beschrieben. (Auf Fotos der Cream-Gigs trägt Clapton stets eine warme Jacke und Jack Bruce bisweilen eine dicke Pelzmütze).

Ein weiterer Clapton-Klassiker: Layla

Dennoch waren die Gigs sehr gut besucht, denn die Musik-Metropole San Francisco bot ein unglaubliches Fan-Potential. Cream spielten zwei Sets mit je fünf Stücken. Vermutlich waren sie nur ein Teil des abendlichen Line Ups, bei dem in der Regel mehrere Bands auftraten. Die erste Hallen-Konzerte waren demnach schon kleine Festivals. Am 8. März mussten sich Bruce, Baker und Clapton erst noch an den neuen Sound mit reduzierter Backline in einer richtig großen Halle gewöhnen. Vom Mitschnitt wurde nur ,Traintime’ (erschienen auf ,Wheels Of Fire’) verwendet. Am 9. März gelangen mit ,Sleepy Time Time’ (erschienen auf ,Live Cream Vol. 1’) und ,Sunshine Of Your Love’ (erschienen auf ,Live Cream Vol. 2’) immerhin zwei Titel.

10. März 1968

Dieser Tag wurde nicht für Cream ein Meilenstein, sondern für die gesamte Rock-Geschichte. Cream hatten den Sound endlich im Griff. Außerdem war bereits genug Material auf Band, sodass man frei und mit vollem Risiko spielen konnte. Vor allem Eric Clapton hatte an diesem Abend einen perfekten Sound.

Aus dem ersten Set wurden ,Tales Of Brave Ulysses’ (erschienen auf ,Live Cream Vol. 2’) und ,Spoonful’ (erschienen auf ,Wheels Of Fire’) verwendet. Das zweite Set bot dagegen eine wesentlich ergiebigere Ausbeute. Hier erscheinen sogar vier Titel: ,NSU’ (,Live Cream Vol. 1’), ,Steppin Out’ (,Live Cream Vol. 2’), ,Sweetine’ (,Live Cream Vol. 1’) und natürlich das weltberühmte ,Crossroads’ (,Wheels Of Fire’). Schon bei ,Steppin Out’ pusht sich Clapton in einer fast zwanzig-minütigen Improvisation auf und ist gleich danach in der richtigen Stimmung für ,Crossroads’, eine der wichtigsten Live-Aufnahmen der Rock-Geschichte. Daher möchte ich mich vor allem mit diesem Titel ausgiebig befassen.

Cream ‘Crossroads’ Live 10.3.1968:

Als Clapton vor einigen Jahren auf einer Auktion seine rote 1964er Gibson ES-335 versteigerte, beschrieb er diese Gitarre angeblich per Video-Botschaft für die anwesenden Interessenten als „die Crossroads-Gitarre“. Seither werden in Musiker-Foren ausgiebige Diskussionen betrieben, welche Gitarre er wirklich für diese Aufnahme verwendete. Dabei melden sich immer wieder Zeitzeugen, die beteuern, Clapton habe bei den Gigs zwischen dem 7. und 10. März fast ausschließlich seine bunt bemalte 1964er SG gespielt. Das belegen auch Fotos von diesen Gigs sowie ein BBC-Fernseh-Mitschnitt, aus dem vermutlich auch die Interview-Szenen aus dem Cream-Farewell-Film stammen. Dort sitzt Clapton mit seiner SG vor seinen Marshalls und demonstriert die Funktion seines Wah-Wahs sowie den Woman-Tone. Vermutlich wurde diese Szene vor einem der Konzerte aufgezeichnet.

Es ist sogar zu bezweifeln, dass Clapton die ES-335 auf der USA-Tour im Frühjahr 1968 überhaupt dabei hatte. Seine Ersatz-Gitarre war damals eine 1958-60 Gibson Les Paul Custom „Black Beauty“, die nur zum Einsatz kam, wenn eine Saite gerissen war. Vermutlich hatte er also nur die SG und die Les Paul im Gepäck. Daher ist es eher unwahrscheinlich, dass die ES die Crossroads-Gitarre gewesen ist, es sei denn, Clapton bezieht seine Aussage auf den Farewell-Film, auf dem er tatsächlich die ES-335 für Crossroads verwendete. Wie dem auch sei – ich kann es nicht mit absoluter Sicherheit behaupten (schließlich war ich nicht dabei).

Das wichtigste Indiz für die SG ist sicherlich der Sound, den Clapton an diesem Abend hatte. Zwar klingen die Aufnahmen alle etwas unterschiedlich, was vermutlich an der Abmischung lag, doch der tonale Charakter der Gitarre spricht wohl eher für die SG. Die ES-335 war erst ab Sommer 1968 Claptons Hauptgitarre bei Live-Auftritten. Das belegen jedenfalls Fotos aus dieser Zeit. Vergleicht man den Gitarren-Sound der Frühjahrs-Tour mit dem Live-Sound der Herbst-Gigs vom 18. und 19. Oktober, fallen deutliche Unterschiede auf. Der Sound ist nicht mehr so hölzern und rockig, sondern wird etwas dünner und cleaner.

Am 10. März spielte Clapton über einen Marshall Superlead Tremolo 100 Watt-Amp mit KT66-Röhren sowie vermutlich einem Drake-Ausgangsübertrager. Bei dem Amp standen wie immer alle Regler auf 10, und Clapton verwendete den Normal-Channel, der einen dunkleren und fetteren Sound bot. Für ,Crossroads’ waren angeblich beide Pickups eingeschaltet (Mittelstellung des Toggle-Switchs), wobei das Volume des Bridge-Pickups auf 10, das Volume des Rhythm-Pickups auf 7 gestanden haben soll. Stellt man das heute nach, erreicht man tatsächlich einen sehr ähnlichen Sound.

Unklar ist jedoch, welche Speaker in den Marshall-Boxen eingebaut waren, denn die Lautsprecher-Bestückung wechselte aufgrund von häufigen Speaker-Ausfällen permanent. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass es sich um G12 M 25-Watt Greenbacks handelte. Die Heavy Duty G12H 30-Watt-Speaker soll Clapton erst im April 1968 unmittelbar nach der USA-Tour bekommen haben. Dafür spricht auch, dass bei ,Steppin Out’ und ,Crossroads’ (diese Stücke folgten an diesem Abend direkt aufeinander) das Aufnahme-Mikrofon angeblich vor einem defekten Speaker gestanden haben soll. Daher erscheint Claptons Gitarre so räumlich und indirekt. Beide Stücke klingen in der Tat so, als sei Claptons Gitarre nur mit einem Raummikrofon aufgenommen worden. Aber genau das macht den Reiz dieser Aufnahmen aus.

Auch für mich gehört diese Aufnahme neben Hendrix’ ,Little Wing’ und ,Star Spangled Banner’ sowie dem ,Stormy Monday Blues’ der Allman Brothers Band zu den besten Live-Aufnahmen überhaupt. Ich könnte sogar behaupten, dass ,Crossroads’ die Initial-Zündung war, um überhaupt das Gitarre-Spielen zu erlernen, denn es war die erste Live-Aufnahme, die ich überhaupt hörte. Das Riff ist ähnlich eingängig wie ,Sunshine Of Your Love’, ,Whole Lotta Love’ oder ,Smoke On The Water’.

Natürlich wurden um den 10. März reichlich Legenden gesponnen. Danach hätte Claptons Gitarre an diesem Abend vor allem daher so gut geklungen, da sich der Amp in einem „letzten Aufbäumen“ kurz vor seinem Exitus befand. Da ist sogar ein Fünkchen Wahrheit dran, denn Clapton verwendete diesen Amp aufgrund von starken Verschleißerscheinungen an diesem Abend zum letzten Mal. Auch die Boxen und die berühmte SG wurden nach der Rückkehr aus San Francisco angeblich ausrangiert. Vermutlich ist sie noch auf einigen Aufnahmen während der Overdub-Sessions von ,Wheels Of Fire’ zu hören. Aber live wurde sie nach dem 10. März angeblich nicht mehr eingesetzt. Clapton hatte seitdem vier Gitarren mit auf Tour. Dabei handelte es sich um die bereits erwähnte ES-335, die schwarze Les Paul Custom, eine neu erworbene Firebird I mit nur einem Mini-Humbucker sowie eine 1958-60 Les Paul Standard in einem dunklen Tobacco- Sunburst. Diese Gitarren verwendete er auch später für die Aufnahmen und Live-Gigs mit Blind Faith.

Im April 1968 erhielt Clapton neue Marshall- Amps. Dabei handelte es sich um nagelneue Superlead-Modelle mit EL-34-Röhren und einer etwas höheren Anodenspannung. Diese Amps mochte Clapton zunächst nicht. Er verwendete daher vornehmlich den Low-Input, um die Aggressivität dieser Amps etwas zu zähmen und begann gleichzeitig mit Fender-Amps zu experimentieren. Bei manchen Konzerten steht nur noch ein Marshall auf der Bühne. Der zweite Amp war ein Fender Dual Showman. Ein Trend, der bei Clapton schließlich dazu führte, dass er sich etwa ab 1970 ganz von den großen Marshall-Amps verabschiedete und zunächst auf einen Fender Champ (8 Watt) wechselte (sehr zur Verwunderung von Tom Dowd, der nun endlich „leise“ aufnehmen konnte).

Clapton vermisste bei den neuen Marshalls angeblich die typisch tiefen Mitten und das Sustain, das seinen Woman-Tone unterstützte, denn diese Option verschwand praktisch mit den KT66-Marshalls. Zwar klang Clapton im Herbst 1968 und bei Blind Faith auch noch sehr gut, der klassische „Saxofon“-, „Cello“- oder „Kazoo“-Sound war jedoch Geschichte. Es gab kaum einen Gitarristen, der an diesen fetten, singenden Live-Ton anknüpfen konnte. Der Marshall-Sound hatte sich in eine aggressivere, rockigere Richtung entwickelt.

Dieser Artikel stammt aus der Gitarre & Bass 01/2009

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Clapton & Blind Faith

Nach den legendären Winterland-Aufnahmen vom 10. März 1968 wurde das stark beschädigte Equipment von Eric Clapton und seiner Band Cream komplett ausgetauscht. Die neuen Marshalls hatten jetzt EL34-Röhren und Metall-Chassis. Der Sound wurde somit etwas heller und aggressiver.

Auch die berühmte 64er-SG blieb seitdem meist im Koffer. Im Sommer 68 soll Clapton sie angeblich verliehen oder verschenkt haben. Jedenfalls landete sie irgendwann bei Todd Rundgren, der sie später restaurieren ließ. Vermutlich hatte diese Veränderung auch mit einem Image-Wechsel zu tun, der sich ab Sommer 1968 beobachten ließ.

Blind Faith 1969
Blind Faith Ende der 60er

Der Summer Of Love, welcher ab 1967 sämtliche Musiker in bunte Blumenkinder verwandelt hatte, war nun endgültig vorbei. Reichlich verzierte Brokat-Gewänder, mit Federn geschmückte Schlapphüte oder ein manierierter Piraten-Look gehörten der Vergangenheit an. Clapton ließ sich die Haare schneiden und trug wieder Jeans, T- Shirts und Holzfäller-Hemden. Gleichzeitig veränderte sich auch die Musikszene. Die Brit-Blues-Welle neigte sich dem Ende zu. Die Charts wurden jetzt von kurzen Pop-Songs mit eingängigen Refrains dominiert. Das sorgte für reichlich Konkurrenz. Hendrix war mittlerweile weltberühmt, die Beatles brachten ihr ,White Album’ heraus, The Who begannen komplex arrangierte Rockopern zu schreiben und die Rolling Stones feilten an ,Beggars Banquet’, das vor allem durch seine hervorragenden Songs hervorstach. Überall revoltierten die Studenten für eine bessere Welt. Der Blumenfrieden war damit restlos dahin.

Cream gerieten immer mehr unter Druck. Es mussten neue Stücke her, möglichst genug für ein Doppelalbum. Der Konflikt mit Ahmet Ertegün, der Cream immer noch als weiße Blues-Band mit einem Wundergitarristen vermarkten wollte, spitzte sich zu. Clapton wollte einfach nicht mehr God spielen und mit Hendrix, Page und Beck konkurrieren, geschweige denn seine Gitarre zertrümmern, mit den Zähnen spielen oder wie ein Clown verkleidet auftreten. Außerdem begannen die ewigen Improvisationen zu nerven. Die Streitereien zwischen Bruce und Baker wurden auch immer intensiver. Baker wurde zunehmend zum heimlichen Chef und versuchte das Ruder in die Hand zu nehmen. Der schüchterne und konfliktscheue Clapton konnte damit immer weniger umgehen. Stattdessen vertiefte er seine Freundschaft mit George Harrison, spielte ein Solo auf ,While My Guitar Gently Wheeps’ für die Beatles und nahm mit Harrison den Song ,Badge’ auf, der eindeutig die Beatles-Handschrift trägt.

George Harrison & Eric Clapton ‘While My Guitar Gently Weeps’ live 1987:

https://www.youtube.com/watch?v=oDs2Bkq6UU4

Harrison war zu dieser Zeit bei den Beatles in einer ähnlichen Situation. Er stand eher am Rande, obwohl er sich als Songschreiber enorm entwickelt hatte. Es hätte gut sein können, dass die beiden 1968 eine eigene Supergroup gegründet hätten. Aber es sollte ganz anders kommen. Clapton suchte auch die Nähe des Traffic-Frontmanns Stevie Winwood, der durch seine markante Soulstimme bekannt geworden war. Die in Amerika längst angesagte Vermischung von Blues, Folk und Rock reizte auch Clapton, und Winwood schien dafür genau der richtige Partner. Im Herbst tourte Cream nach der Veröffentlichung von ,Wheels Of Fire’ noch einmal durch die USA, wobei auch wieder sehr gute Live-Mitschnitte gemacht wurden (erschienen auf ,Cream Live Vol. 2’ und ,Goodbye Cream’). Claptons Sound wurde hier schon deutlich klarer und zurückhaltender.

Zurück in England verabschiedeten sich Cream mit zwei Konzerten in der Royal Albert Hall von ihren Fans. Diese Konzerte wurden mitgeschnitten und als ,Farewell-Concert’ in einem Film zusammengefasst. Zwar spielten die drei immer noch gut, sie wirken aber teils nicht mehr so unbekümmert und wild wie noch im Frühjahr des gleichen Jahres. Jack Bruce wirkte gar müde und abwesend. Die ursprüngliche Power war einfach raus. Clapton trug jetzt die gleiche Frisur wie George Harrison, hatte sich wie Lennon, Jagger und Harrison einen Ferrari gekauft und zog auf einen edlen Surrey-Landsitz außerhalb Londons. Im Dezember wurde er von John Lennon als Gitarrist zu einem Auftritt im Great Rock & Roll Circus geladen, eine etwas misslungene Veranstaltung der Rolling Stones, die seit 1968 praktisch jede Aktivität auf Film abdrehen ließen und damit irgendwie nach einer neuen Kunstform suchten, die uns später auch in Form von gespielten Musikvideos noch reichlich heimsuchte.

Nach dem Jahreswechsel 68/69 widmete sich Clapton endlich der Einrichtung seines neuen Heims und beschrieb diesen für ihn erlösenden Vorgang in einem Song. ,I’ve Finally Found A Way To Live In The Presence Of The Lord’. Zu dieser Zeit hatte er zu Hause hauptsächlich die Akustik-Gitarre auf dem Schoß, komponierte und verfeinerte sein Spiel. Schon bald traf er sich mit Stevie Winwood und Ginger Baker zu Jam-Sessions, die vermutlich von reichlich Drogenkonsum begleitet waren. Die dabei entstandenen Songs waren irgendwo zwischen den Beatles, Traffic und Cream angesiedelt. Letzteres vor allem wegen der immer noch langen und markanten Gitarrensoli.

Was ursprünglich als Spaß oder Zeitvertreib begann, wurde schnell zu einer von Plattenbossen und Managern ausgeschlachteten Super-Group, die unter dem Namen Blind Faith im Juni 1969 im Londoner Hyde Park ihr Open-Air-Debut gab. Clapton war wieder da, wo er eigentlich gar nicht hinwollte: der Wunder-Gitarrist, von dem alle fette Blues-Soli erwarteten. So überraschte es, dass sich Clapton bei dem Hyde-Park-Konzert im Hintergrund hält, fast nur clean spielt und seine Soli auch recht kurz gestaltet. In seiner Biographie erinnert er sich ungern an diesen Gig, denn er sei vor Lampenfieber beinahe in den Boden versunken. Der Druck war einfach zu groß.

Blind Faith Hyde Park 1969:

Man sieht ihm diesen Zustand in dem Film-Mittschnitt dieses Konzerts auch deutlich an. Clapton wirkt, als hätte er überhaupt keine Lust zu spielen, und steht mit versteinerter Miene im Hintergrund. Außerdem spielte er auf diesem Gig auch keine rote Gibson ES- 335 oder Les Paul, sondern eine Fender Telecaster, auf die er einen Stratocaster-Hals geschraubt hatte. Ein deutliches Indiz für seine Experimentierfreude zu dieser Zeit. Er begann zahlreiche Gitarren zu kaufen, darunter auch einige Stratocasters, die er bald hauptsächlich verwenden sollte. Bei den Aufnahmen zum Blind-Faith-Album zwischen Frühjahr und Sommer 1969 benutzte er jedoch hauptsächlich seine rote ES-335, seine Les Paul Black Beauty sowie die Firebird mit Mini-Humbucker. Auch blieb er seiner schon bei Cream gepflegten Gewohnheit treu und benutzte im Studio häufiger Fender-Amps. Darunter vor allem einen blonden Bandmaster mit 2×12“-Box. Die Aufnahmen auf dem Album lassen jedoch nur selten wirklich erkennen, welcher Amp oder welche Gitarre verwendet wurden.

Die Studio-Sessions zogen sich über ein halbes Jahr hin. Zunächst trafen sich im Februar 1969 nur Clapton, Winwood und Baker im Studio. Winwood spielte die tiefen Töne auf den Basspedalen seiner Vox-Orgel. Da er aber auch gleichzeitig singen musste und bei einigen Songs auch als zweiter Gitarrist wirkte, wurde diese Notlösung bald zu anstrengend. Somit wurde der Family-Bassist Rick Grech engagiert und gleich ins Studio geladen. Da noch niemand ein konkrete Idee über die angestrebte Musikrichtung hatte, holten die vier Musiker den Produzenten Jimmy Miller ins Studio, der sich bereits mit den Rolling Stones einen Namen gemacht hatte. Erst jetzt nahmen die Aufnahmen Form an. Im Zentrum stand jedoch die Experimentierfreude. Bei ,Had To Cry Today’ entstand eine Double-Lead-Gitarre, die Bands wie die Allman Borthers oder Wishbone Ash prägten. Clapton und Winwood spielen beide das Lead-Riff und abwechselnd Soli, vermutlich über Marshall-Amps. Der ganze Rest des Albums könnte mit Fender-Amps eingespielt worden sein.

Denn Claptons Ton ist viel zarter und lyrischer als etwa bei Cream. Bei ,Presence Of The Lord’ kommt wie schon vorher bei Creams ,Badge’ ein Leslie-Cabinet zum Einsatz und bei ,Can’t Find My Way Home’ entschied sich Miller für eine Akustik-Aufnahme, die angeblich mit nur drei Mikrofonen gemacht wurde. Ginger Baker, der bei dieser Aufnahme nur leise mit Besen auf seiner Snare rührt, bezeichnet diesen Song noch heute als das Beste, was er je in einem Studio zustande gebracht habe.

Blind Faith ‘Can’t Find My Way Home’ Live:

Claptons Ton auf diesem Album hat vor allem viele der späteren Fusion-Gitarristen beeinflusst. Egal, ob die Eagles, Larry Carlton oder Steve Lukather: Die lyrische Melodieführung in Verbindung mit einem leicht angezerrten Ton war damals wirklich neu und wegweisend. Während sich Hendrix und Townshend archaischen Rückkopplungs-Orgien hingaben, wurde Clapton leiser und melodiöser.

Im Juli 1969 begann eine ausverkaufte USA-Tour, die für die Band jedoch zu einem Desaster wurde. Die von Jimmy Miller in bester Beatles-Manier ausgefeilte Studio-Technik konnte live kaum transportiert werden. Von Clapton wurden wiederum längere Gitarrensoli gefordert, denen er sich jedoch zunehmend verweigerte. Er wollte wie sein Freund Harrison Sideman sein, ab und zu etwas Gesang und eine markante Melodie hinzufügen. Weiter nichts!

Während der Tour schloss er sich immer mehr der Vorgruppe Delaney & Bonnie an und ließ sich von deren seltsamer Mischung aus Drogen-Konsum und Christus-Gefolgschaft vereinnahmen, kam schließlich völlig vom Weg ab und kündigte noch während der Tour seine Mitgliedschaft bei Blind Faith. Aus heutiger Sicht ist diese Entwicklung wirklich zu bedauern, denn das erste Album der Band war ein echter Meilenstein, vielleicht sogar die beste Arbeit Claptons überhaupt.

Das Songwriting bot eine Qualität und Geschlossenheit, wie sie damals selbst die Beatles nicht mehr erreichten. Es gab keine eindeutige Single, die mit Füllern zu einem Album aufgebauscht wurde. Auch in dieser Hinsicht war das Album vielleicht auf gleicher Höhe wie ,Sergeant Pepper’ oder ,Beggars Banquet’.

Trotz neuem Zuhause, reichlich Zuwachs in der Gitarrensammlung und vor allem einem üppigen finanziellen Segen freundete sich Clapton mit zwei neuen Kameraden an, die fortan sein Leben mehr als alles andere prägten: Heroin und Alkohol! Er stieg hinab in ein tiefes Tal der Orientierungslosigkeit, aus dem schließlich irgendwann ein ganz neuer Eric Clapton hervorging.

Text: Udo Pipper aus Gitarre & Bass 02/2009

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Eric Clapton Diskografie

Studioalben

Jahr Titel
1970 Eric Clapton
1974 461 Ocean Boulevard
1975 There’s One in Every Crowd
1976 No Reason to Cry
1977 Slowhand
1978 Backless
1981 Another Ticket
1983 Money and Cigarettes
1985 Behind the Sun
1986 August
1989 Journeyman
1994 From the Cradle
1998 Pilgrim
2001 Reptile
2004 Me and Mr. Johnson
2005 Back Home
2010 Clapton
2013 Old Sock
2016 I Still Do

EPs

Jahr Titel
1995 It Hurts Me Too
2004 Sessions for Robert J

Livealben

Jahr Titel
1973 Eric Clapton’s Rainbow Concert
1975 E. C. Was Here
1980 Just One Night
1991 24 Nights
1992 Unplugged
2002 One More Car, One More Rider
2005 Legends: Live at Montreux 1997
2007 Live 1986
2009 Live from Madison Square Garden
2011 Play the Blues: Live from Jazz at Lincoln Center
2015 Slowhand at 70 – Live at the Royal Albert Hall
2016 Crossroads Revisited: Selections from the Crossroads Guitar Festival
2016 Live in San Diego (with Special Guest JJ Cale)

Kompilationen

Jahr Titel
1972 The History of Eric Clapton
1972 Eric Clapton at His Best
1973 Clapton
1981 Steppin’ Out
1982 Timepieces: The Best of Eric Clapton
1983 Time Pieces Vol. II Live in the Seventies
1984 Backtrackin’
1987 The Cream of Eric Clapton
1988 Crossroads
1991 Eric Clapton Story 1967-1980
1993 Stages
1995 The Cream of Clapton
1996 Strictly the Blues
1996 Crossroads 2: Live in the Seventies
1999 The Blues Years
1999 Blues
1999 Clapton Chronicles: The Best of Eric Clapton
2003 Martin Scorsese Presents the Blues: Eric Clapton
2003 Ballads
2004 20th Century Masters – The Millennium Collection: The Best of Eric Clapton
2007 Complete Clapton
2011 Icon
2013 Give Me Strengh – The ‘74/’75 Studio Recording
2015 Forever Man

 

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