Der Wikinger

Zakk Wylde: Ozzy hat mir die Türen zur Welt geöffnet

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Zakk Wylde
(Bild: Justin Reich)

Aus Ozzys langjährigem Sidekick ist nicht nur einer der besten, sondern auch geschäftstüchtigsten und vor allem aktivsten Gitarristen der Gegenwart geworden. Neben Black Label Society, mit denen er dieser Tage sein zehntes Studio-Album ,Grimmest Hits‘ veröffentlicht, ist er noch Frontmann der Coverband Zakk Sabbath, spielt mit allerlei Prominenz und leitet ein Imperium aus erlesenem Equipment und ausgefallenem Merchandise. Grund genug, den 51-Jährigen zum Gespräch zu bitten.

Das findet Anfang Dezember im K-West Hotel in London statt. Eine berühmtberüchtigte Musikerabsteige, in der Zakk eine gemütliche Suite bewohnt. Ehefrau Barbaranne ist auf vorweihnachtlicher Shoppingtour („sie kauft neue Netzstrumpfhosen und Tutus für mich“), während der Mann, der eigentlich Jeffrey Phillip Wielandt heißt, sich auf einer Ledercouch lümmelt, Mineralwasser schlürft und genauso aussieht, wie man sich ihn vorstellt: Ein großer, bulliger, langhaariger Typ, der Jeans-Kutte zu T-Shirt, schweren Boots, wildwucherndem Rauschebart und Kreuzhalskette trägt, seine Gesprächspartner mit einer brüderlichen Umarmung empfängt und sich als Mischung aus Scherzkeks, Rock-Animal und Überzeugungstäter erweist.

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Eben ein bodenständiger, erdiger Typ, der etwas von einer Mischung aus Biker und Wikinger hat. Der lebt, was er spielt, der voll in seiner Musik bzw. seinen Engagements aufgeht und sich gar nichts besseres vorstellen könnte. Für Politik und Zeitgeist interessiert er sich wenig, für Gitarren, Gear und geschickte Selbstvermarktung (etwa mit eigenem Kaffee und Saucen) umso mehr. Der Stoff für eine kurzweilige Konversation …

Zakk Wylde
(Bild: Mascot)

interview

Zakk, dein neues Album heißt ,Grimmest Hits‘. Führt das nicht zu Missverständnissen? Nach dem Motto: „Sind das deine Greatest Hits“?

Zakk Wylde: (lacht) Doch, das kommt immer wieder vor. Die Leute fragen: „Ach, ist das so eine Best-Of-Compilation?“ Ich entgegne dann: „Nein, es sind meine düstersten Hits“. Nicht meine größten, sondern meine finstersten. Obwohl: Letztlich ist es einfach ein neues Album – mit den besten Songs, die mir in der Zeit, in der ich daran gearbeitet habe, eingefallen sind. Das ist meine Arbeitsweise, und das sind meine neuesten Stücke. Zum Schreiben habe ich etwa drei Wochen gebraucht. Dann habe ich die Songs mit der Band aufgenommen. Das ist alles. Nicht mehr und nicht weniger.

Grimmest Hits

,Grimmest Hits‘ ist nicht nur hart und heavy, es weist auch zahlreiche Classic-Rock-Elemente auf – also Anleihen bei Bob Seger und Greg Allman. Wie kommt‘s?

Zakk Wylde: Das war schon immer Teil meiner Musik. Kann sein, dass es nie so offensichtlich war, also dass es mittlerweile ein bisschen mehr ist als früher … (überlegt)

Eine Altersfrage?

Zakk Wylde: Vielleicht. Aber wenn, dann eher unterbewusst. Ich meine, ich stand schon immer auf Mellow-Sachen, von daher ist das keine große Überraschung. Das Album ist einfach nur mein neuester Kram, der auch wieder ein paar ruhigere Sachen enthält. Die mag ich so, dass ich ihnen auch schon zwei Alben unter dem Titel ‚Book Of Shadows‘ gewidmet habe. Denn: Ich liebe Elton John, Bob Seger, Neil Young, die Eagles, The Band, die Allman Brothers, Lynyrd Skynyrd, Bad Company und wie sie alle heißen. Und ich betrachte das als Ausgleich zu dem heftigen Scheiß, den wir hauptsächlich machen. Es ist ein nettes Gegengewicht. Sprich: So gerne ich etwas richtig Derbes der Marke Black Sabbath höre, so sehr mag ich es, mich mit einer akustischen Gitarre hinzusetzen oder Klavier zu spielen. Das sind einfach verschiedene Seiten von mir – und ich mag beide.

Könntest du dir ein komplettes Piano-Album vorstellen? Schließlich hast du eine klassische Ausbildung …

Zakk Wylde: Das stimmt. Ich war so ein pickeliger Teenager, der Klavierunterricht hatte – genau wie James Hetfield. Und zwar so lange, bis ich anfing, dagegen zu rebellieren und zuerst Baseball und dann Gitarre spielte. Und klar, ich könnte auch Songs am Klavier spielen, aber im Grunde ist das nicht notwendig: Ich habe bereits genug Möglichkeiten und Ventile, um mich auszuleben. Wenn ich wollte, könnte ich jederzeit ein ruhiges Album mit Black Label Society machen. Aber ich finde es viel spannender, auf etwas Langsames ein ‚Room Of Nightmares‘ folgen zu lassen. Das ist cooler. Eben diese Gegensätzlichkeit.

Hand aufs Herz: Wie schwierig ist es, für jeden einzelnen Song mit einem unterschiedlichen Solo aufzuwarten?

Zakk Wylde: Das ist wirklich nicht ganz einfach. Aber: Ich mag es, sie zu entwickeln. Ich setze mich mit einer Aufnahme des Backingtracks hin und arbeite etwas dafür aus. Denn jedes einzelne dieser Soli ist komponiert. Es ist nicht einfach improvisiert und hingerotzt, sondern exakt ausgearbeitet. Und ich sitze da wirklich, bis ich etwas Ansprechendes habe. Ich folge der Randy-Rhoads-, Neil-Schon- oder auch Jimmy-Page-Schule für Gitarrensoli. Im Sinne von: Sie haben einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Sie bestehen aus mehreren Teilen, die du erst zusammenfügst, wenn du mit jedem einzelnen von ihnen glücklich bist. Von daher nudelst du erst einmal herum, bis du denkst: „OK, ich habe den ersten Teil, mal schauen, was mir für den zweiten einfällt.“ Dabei ist es immer so, dass ich zuerst den Song aufnehme und meist auch schon den Gesang einsinge. Auf diese Weise bekommt man ein besseres Gefühl dafür, was der Song braucht und was gut zu ihm passen würde.

Zakk Wylde
(Bild: Thomas Brill)

Wobei du im Video zu ‚Room Of Nightmares‘ drei witzige Fußpedale verwendest…

Zakk Wylde: Oh ja, stimmt … (lacht)

Sie sind beschriftet mit „Doom“, „More Doom“ und „Goodnight Irene“.

Zakk Wylde: Das bedeutet so viel wie: „Das war‘s. Es ist vorbei mit dir, mein Schatz.“ (lacht)

Sind sie Teil deines aktuellen Bühnen-Equipments?

Zakk Wylde: Nein, aber das ist eine tolle Idee. Oder auch ein Pedal namens „Goodnight Nurse“ – das wäre wirklich cool. Eben eine witzige Sache.

Du gehst im März auf Club-Tour mit Black Label Society und im Sommer auf Arena-Abschiedstour mit Ozzy. Worauf freust du dich mehr?

Zakk Wylde: Auf beides gleichermaßen. Und zwar auf jeden einzelnen Moment davon. Ich liebe es, mit dem Boss zu spielen – also mit Ozzy. Und ich freue mich, mit BLS durch die Lande zu ziehen. Das ist alles toll – und ich kann es kaum erwarten.

Auch, wenn es wohl das letzte Mal mit Ozzy ist?

Zakk Wylde: Na ja, der Plan ist schon, bis 2020 mit dieser Abschiedstour unterwegs zu sein. Also volle zwei Jahre – und in den größten Hallen. Aber dann – und das kann durchaus passieren – tätigen wir alle ein paar fürchterliche Fehlinvestitionen und verlängern bis 2024 – unter dem Titel „Bad Investment We‘re Broke Tour“. Genau so wird sie heißen. (lacht) Und wenn die erste Hälfte abgeschlossen ist, müssen wir noch mal von vorne anfangen. Eben weil unsere Bankkonten knietief im Dispo sind. Dann muss man eben weiterarbeiten – notgedrungen.

Wäre das OK für dich?

Zakk Wylde: Warum nicht? Es würde bedeuten, dass ich eine wahnsinnig gute Zeit hätte. Dass ich viel lache und es einfach genieße, auf der Bühne zu stehen. Denn das tue ich mit The Oz.

Dem du im Grunde alles verdankst?

Zakk Wylde: Das trifft den Nagel auf den Kopf …

Zakk Wylde
(Bild: Mascot)

Das Demo-Tape, das du ihm 1987 geschickt hast, als er einen neuen Gitarristen suchte, war der Beginn deiner Karriere – der Türöffner zu allem, was danach passiert ist, oder?

Zakk Wylde: Ja, ich verdanke Ozzy und seiner Frau Sharon alles, was ich habe. Wenn sie nicht gewesen wären, würde ich heute nicht hier sitzen und dieses Interview führen. Ich wäre wahrscheinlich immer noch Gitarrist in einer miesen, kleinen Band in New Jersey und würde in irgendeinem Scheißjob arbeiten. Aber sie haben alles verändert, und deshalb stehe ich bis zum Ende meiner Tage tief in ihrer Schuld. Ozzy hat mir die Türen zur Welt geöffnet, und er ist einfach ein wahnsinnig großer und wichtiger Teil meines Lebens. Auch schon bevor ich bei ihm eingestiegen bin. Ihn als Sänger von Black Sabbath zu hören und all die tollen Sachen, die er mit Randy Rhoads gemacht hat, haben mich schon in frühester Jugend zum Fan gemacht. Und dann irgendwann in seiner Band zu enden, ist in etwa so, als ob Ozzy bei den Beatles aufgenommen würde. Denn er ist ein absoluter John-Lennon-Fanatiker. Insofern: Ozzy ist mein Herr und Meister. Alles, was ich im Leben gelernt habe, verdanke ich der Ozzy-Osbourne-Schule des Rock’n‘Roll. Eine Schule fürs Leben.

Was kannst du davon weitergeben?

Zakk Wylde: Es kommt immer wieder vor, dass mich irgendwelche Eltern fragen: „Zakk, unser Sohn oder unsere Tochter wollen eine Musiker-Karriere einschlagen und eine Band starten. Hast du ein paar Tipps für sie?“ Da kann ich nur sagen: „Sie sollen es genauso angehen wie Jimmy Page – also ihre Band nicht als Job verstehen, sondern als ihr Leben.“ Denn Led Zeppelin war und ist ja nicht einfach nur eine Band für ihn, sondern es ist alles, was er hat und wofür er lebt. Das ist der Unterschied. Von daher ist mein Tipp: Legt alles in das, was ihr macht. Gebt euer Letztes.

Zakk Wylde
(Bild: Thomas Brill)

equipment

Warum nennst du deine Gitarren „War Hammer“, „Barbarian“, „Viking Pinstripe“ oder „Odin“, was eher an Wikinger-Waffen erinnert?

Zakk Wylde: Weil sie genau das sind – nämlich gute Waffen, um einen Job zu erledigen und keine Gefangenen zu machen. (lacht) Sie zu spielen ist in etwa so, wie einen Hammer, eine Keule oder eine Axt zu schwingen und seinen Feinden keine Chance zu lassen. Das ist die Intention – es sind Killer-Instrumente, Mann. Mit das Beste, was auf dem Markt ist. Und ich finde es witzig, Dingen einen originellen Namen zu geben, der ruhig ein bisschen anmaßend und überzogen sein kann. Schließlich ist das viel interessanter als irgendeine langweilige Typbezeichnung. Und jeder, wirklich jeder, spielt doch lieber einen „Hammer“ als eine „XYZ Standard“, oder?

Warhammer von Wylde Audio
Flying V meets SG: Die Warhammer von Wylde Audio (Bild: Wylde Audio)

Wie kommt es, dass viele der Modelle, die du auf deiner Homepage anbietest, nicht verfügbar sind? Kommst du angesichts der Nachfrage nicht hinterher oder bist du so langsam, was die Produktion betrifft?

Zakk Wylde: Nein, das Tolle an der Firma ist, dass wir sie klein und übersichtlich, also im Grunde „boutique“, halten können. Wir produzieren bewusst keine großen Stückzahlen, sondern eher so viel, wie wir an Anfragen und Aufträgen bekommen – ganz bewusst, um den Markt nicht zu überfluten. Und die Qualität dieser Instrumente ist einfach phänomenal. Jede einzelne Gitarre, die ich bisher aus ihrer Verpackung geholt habe, ist ein absoluter Killer. Ich kann sie direkt – so wie sie sind – auf der Bühne einsetzen und sie klingen wahnsinnig gut. Das macht mich einfach stolz. Und der nächste Schritt sind halt Amps und Saiten und solche Sachen. Einfach, weil ich Spaß daran habe.

Wylde Audio Odin
Zakks Les-Paul-Interpretation hört auf den Namen Odin (Test in 09/2016) und ist mit EMG-Humbuckern ausgestattet. (Bild: Dieter Stork)

Was hat es mit dem Bullseye-Design auf sich, das zu deinem Markenzeichen geworden ist?

Zakk Wylde: Das Lustige daran ist, dass ich eigentlich dieses Vertigo-Motiv wollte. Das war die ursprüngliche Idee. Denn Eddie hatte die Streifen, Randy die Punktmuster. Und als Kid dachte ich mir halt: „Wie könnte ich meine Gitarren lackieren, dass sie cool aussehen und sofort als meine erkannt werden? Wie könnte ich sie personalisieren?“ Dann sah ich Alfred Hitchcocks ‚Vertigo‘ – mit dieser Kreis-Grafik, die in eine Art Tunnel führt. Davon war ich so begeistert, dass ich mir sagte: „Das ist es, das wird mein Motiv.“ Und dann habe ich meinem Kumpel Max meine damalige Gibson gegeben und gesagt: „Malst du mir darauf dieses Hitchcock-Motiv, diesen Vertigo-Kreis?“ Aber als ich dann den Koffer geöffnet habe, den er mir wenige Tage später zurückgegeben hat, war es das Bullauge. Natürlich habe ich ihn zur Rede gestellt und war echt sauer, aber er meinte nur: „Ooops, ich fürchte, ich habe Mist gebaut.“ (lacht) Was ich ihm nicht übel genommen habe. Ich habe dann eine Fotosession mit der Gitarre gemacht und der Rest ist Geschichte.

Danke für das Gespräch!

Zakk Wylde: Kein Thema. Lass dich drücken, Kumpel …


Diskographie:

mit Black Label Society:
Sonic Brew (1998)
Stronger Than Death (2000)
1919 Eternal (2002)
The Blessed Hellride (2003)
Hangover Music Vol. VI (2004)
Mafia (2005)
Shot To Hell (2006)
Order Of The Black (2010)
Catacombs Of The Black Vatican (2014)
Grimmest Hits (2018)

mit Pride & Glory:
Pride & Glory (1994)

Solo:
Book Of Shadows (1996)
Book Of Shadows II (2016)

mit Ozzy Osbourne:
No Rest For The Wicked (1988)
No More Tears (1991)
Ozzmosis (1995)
Down To Earth (2001)
Black Rain (2007)

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(erschienen in Gitarre & Bass 02/2018)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. an der Stelle einen um so viel besseren start in den Mittwoch 11.08.2021 ,und glaub’t mir alle “Macht” den echten Musikern dessen richtige Instrumente beherrschen ,und nicht nur irgendwelchen PC Freaks dessen mit equipment und weiss der Henker was noch allem für unnützer Quatsch ,ihr “Liedgut” komponieren ,sofern man dessen behaupten kann (klar sollte man sich als Misiker ein Begriff von dessen machen was möchte ich mit der Musik zum Ausdruck geben ,weitervermitteln ,doch dessen was die entschuldigung Sytheziser “Fraktion” dort auf fährt ,ist schon irgendwie , jämmerlich . Nun gut hat was mit dem “einzelnen Geschmack” zu tun ,meiner ist dessen jedenfalls nicht ,bleibe da lieber dem Heavy Metal treu!!!

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