Interview

John Butler Trio: Der Song ist der Boss!

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John Butler(Bild: Warner Music)

Wollte man Stilistik, Spielweise und Sound von John Butler an einem Song festmachen, so wäre ‚Ocean‘ ein treffliches Beispiel. Fast 40 Millionen Mal wurde das Instrumental des sympathischen Australiers inzwischen geklickt. Jetzt stellt er sein neues Album ‚Home‘ vor und spricht über Weissenborn-Gitarren, Marshall-Verstärker und MacGyver-Do-It-Yourself-Tipps …

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John, ‚Home‘ ist ein gewichtiges Wort. In deinem Titelstück geht es um das Leben auf Tour, Heimweh und Familie. Was bedeutet „Zuhause“ für dich?

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Dieses Thema hat mich in den vergangenen vier Jahren sehr beschäftigt. Ich bin wieder aufs Land gezogen, in die Gegend wo ich aufgewachsen bin. Das gab mir das Gefühl zurück Zuhause zu sein. Aber das Wort „Zuhause“ ist vielschichtig. Zuhause ist immer da, wo meine Familie ist. Zuhause ist aber auch ein Gefühl, etwas, was nur jeder für sich finden kann. Zuhause, das bin ich. Mein Körper. Meine Gitarre. Mein Background. Meine Musik. Darin versuche ich meine Zufriedenheit, meinen Frieden und mein Glück zu finden.

Wie lautete dein musikalisches Konzept für das Album, um dich nicht zu wiederholen?

Ich habe nicht viel darüber nachgedacht, aber ich hatte einen bestimmten Sound im Kopf. Ich hatte eine Menge produzierter Musik wie HipHop und Pop gehört und mochte das sehr, obwohl ich einen eher altmodischen Folk-Style spiele. Ich wollte die Musik, die ich aktuell gerne höre mit der Musik, die ich zu dem Zeitpunkt schrieb zusammenbringen. Und zwar so, dass ich mich darin wiederfinden und sagen kann: das bin ich!

Ich wollte die Drumcomputer und Bass-Synths, mit denen ich experimentiert hatte, in die Aufnahmen einfließen lassen. Denn der Künstler hat dem Song zu dienen, nicht umgekehrt. Ich bin sozusagen der Angestellte meiner Songs. Der Song ist der Boss! Und manchmal ist es einfach, den Boss zufriedenzustellen und manchmal extrem schwierig!

Hast du bei den Aufnahmen wieder auf deine beiden bewährten Marshalls zurückgegriffen, den JMP Super Lead und deinen JCM 800?

Diesmal hatte ich auch noch einen Orange-50-Watt-Amp im Studio. Der klang ziemlich cool. Und einen Fender Twin Reverb. Alles ganz bodenständig und klassisch. Es gibt tolle Akustik-Amps, etwa von AER, die in der puren Wiedergabe von Akustik-Gitarren fantastisch sind. Aber ich suche eben keine puristische Wiedergabe, mein Sound ist deutlich elektrisch gefärbt. Ich spiele meine Acoustics über E-Gitarren-Amps. Das Signal meines magnetischen Pickups geht in den ersten Amp, sodass ich einen relativ cleanen Akustik-Sound spielen kann, mit einem Pedal mische ich dann einen zweiten Amp mit High-Gain-Sound dazu.

Damit habe ich alle klanglichen Möglichkeiten, ich kann von Muddy Waters über Tony McManus bis Jimi Hendrix alles auf meinen Acoustics umsetzen. ‚Wade In The Water‘ ist ein Song, der echt fett über den Marshall lief. Ich bin da schon etwas schizophren! (lacht) Ich halte es nicht lange in der akustischen Welt aus. Ich will am liebsten alles auf einmal in einem Song einsetzen, der sich von einer akustischen Folk-Nummer zu einem psychedelischen Klangwunder entwickelt.

Feedbacks sind normalerweise der natürliche Feind jedes Akustikgitarristen. Du dagegen fühlst dich mit jeder Menge Power erst so richtig wohl.

Nun, Palm-Muting lautet das Zauberwort. Ich habe lange dran gearbeitet, die Saiten, die ich nicht spiele mit der rechten Hand abzudämpfen. Auf der Bühne habe ich zwei 100-Watt-Marshalls hinter mir! Die sind verdammt laut! Aber ich habe gelernt ihre Kraft zu kontrollieren. Wie Steve Vai probiere ich bei jedem Soundcheck aus, an welchen Punkten ich stehen kann, an welchen besser nicht und wo ich am besten kontrollierte Feedbacks hinbekomme.

Du magst Overdrive- und Fuzz-Pedale. Das Angebot ist heute nahezu unüberschaubar. Was würdest du Akustikgitarristen empfehlen?

Der australische Gitarrist Jeff Lang hat mich vor Jahren in sein Konzept eingeführt: Er spielte schon damals eine Akustik-Gitarre verzerrt über Amps. Und er hat mir den Tube Screamer empfohlen. Seither spiele ich den, genauer gesagt die Maxon-Version. Ich habe vieles ausprobiert, komme aber immer wieder darauf zurück, weil er das Signal leicht komprimiert, was perfekt für mich ist. Wenn ich will, kann ich damit das totale Chaos auslösen! (lacht)

Aber auch wenn ich meinem Akustik-Sound nur ein wenig Crunch geben will, ist der Tube Screamer perfekt. Dezent eingestellt, klingt er wie ein altes Mikrofon – klar, dynamisch, satt. Deswegen habe ich ihn auch vor meinem Volume-Pedal auf dem Board.

John Butler(Bild: Warner Music)

Du spielst eine Maton 12-String SRS70-12 und eine Sixtstring SRS70-J. Viele australische Gitarristen wie Xavier Rudd, Joe Robinson, Vance Joy, Neil Finn oder Tommy Emmanuel haben eine hohe Identifikation mit Maton. Woher kommt das?

Maton unterstützt australische Musiker sehr. Außerdem bauen sie erschwingliche Instrumente, die gut gemacht sind. Und es ist ein Familienbetrieb, das ist ein weiterer Grund. Auch mir hat Maton sehr geholfen. Und sie haben ein geniales Pickup-System. Wie du weißt, ist es unheimlich schwer, einen wirklich authentischen Akustik-Sound hinzukriegen. Das ist ein lebenslanger Entwicklungsprozess, nicht nur für mich.

Wie jeder weiß, haben Takamine ihr System mit einem Piezo kombiniert und das Resultat ist richtig gut. Und genau der Mann, der dieses System entwickelt hat, arbeitet heute für Maton. Ich finde Matons AP5-Pro-Tonabnehmersystem verdammt gut, es hat separate Mikrofon- und Piezo-Eingangsregler und das funktioniert für mich perfekt, besonders in Verbindung mit meinem Schalllochtonabnehmer.

Genau genommen ist deine Maton eine 11-String. Was hat es damit auf sich?

Früher ist mir immer die hohe G-Saite gerissen. Und anfangs war es mir zu teuer, sie jedes Mal zu ersetzen. Deshalb benutze ich sie einfach nicht. Bei einer 12- String ist die G-Saite drei Halbtonschritte höher als das hohe E. Das finde ich furchtbar. Und wie gesagt: diese Saite reißt immer als erstes. Also habe ich sie weggelassen. Dauerhaft. Als Maton mir dann ein Custom-Instrument baute, haben sie das als 11-String gebaut, haben die Mechanik für die zwölfte Saite weggelassen und stattdessen eine kleine Volute ins Headstock geschnitzt, inspiriert vom Violinenbau. Das finde ich extrem hübsch.

Du hast mal zum Thema Fingerpicking über künstliche Nägel und Nagelpflege gesprochen – Superkleber und Toilettenpapier? Wirklich?

(lacht) Ja, das ist mein Notfalltipp für alle Fingerstyler, sozusagen der MacGyver-Tipp zum selber machen. Wenn dir ein Nagel abgeht oder einreißt und du mal nichts zur Hand hast, ist das der Weg es auf MacGyver-Improvisationsart hinzukriegen – mit Superkleber und Toilettenpapier, Schicht für Schicht. Früher bin ich ins Nagelstudio gegangen, heute mache ich mir die künstlichen Nägel selbst mit den Packs von Manicare, die funktionieren gut. Diese Nägel klingen wärmer als Fingerpicks und heller als natürliche Nägel. Damit kannst du sehr perkussiv und heftig spielen, die halten das aus.

Du gibst noch immer Workshops. Welche Fragen bekommst du gestellt?

Viele wollen wissen, wie man erfolgreich wird. Die Antwort ist einfach: hart arbeiten! (lacht) Ich versuche den Kids zunächst mal eine Haltung zu vermitteln, das finde ich viel wichtiger, als die technische Seite. Ich habe damals mein Studium geschmissen, alles auf eine Karte gesetzt und mir den Arsch abgespielt. Junge Musiker sollten versuchen, einen eigenen Stil zu entwickeln. Sie müssen verstehen, dass es keinerlei Beschränkungen oder Regeln gibt. Sie sollten keine Angst haben, eine akustische Gitarre über einen verzerrten Amp zu spielen oder ihre Gitarre für Perkussion zu benutzen.

Es gibt viele Arten, wie man eine Gitarre spielen kann. Also: Kultiviert eure eigene Stimme. Niemand will einen weiteren Jimi-Hendrix-Klon. Es gibt auch schon einen Tommy Emmanuel, einen Steve Vai und einen John Mayer. Mach etwas Eigenes. Sei du selbst. Finde, was dich selbst ausmacht. Neil Young hat mal gesagt: Dein Stil entwickelt sich aus deinen Limitierungen. Vielen Dank fürs Gespräch!

John Butler

discografie

Searching For Heritage (1996)
John Butler (1998)
JBT (EP, 2000)
Three (2001)
Zebra (EP, 2003)
Living 2001-2002 (2003)
Sunrise Over Sea (2004)
What You Want (EP, 2004)
Somethings Gotta Give (EP, 2004)
Live At St. Gallen (2006)
Grand National (2007)
One Small Step – Live & Solo (2009)
April Uprising (2010)
Live At Red Rocks (2011)
Tin Shed Tales (2012)
Flesh & Blood (2014)
Home (2018)

www.johnbutlertrio.com

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2018)

Produkt: Gitarre & Bass 2/2023 Digital
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