G3 Tour Teil 2

John Petrucci: Ich gebe während der gesamten Show Vollgas

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G3 Tour
(Bild: Mineur)

Im Frühjahr 2018 zog Wundergitarrist Joe Satriani erneut mit einer namhaft besetzten G3- Tour durch die Lande. Bereits seit 22 Jahren belebt der amerikanische Superstar dieses Konzept immer wieder mit neuer Energie und feiert in Gesellschaft befreundeter Kollegen die Rockgitarre in ihrer pursten Form. Als verlässlicher Höhepunkt dieser Konzertreihe findet immer am Ende des Abends eine gemeinsame Jamsession mit den drei Hauptprotagonisten der Tour statt.

In diesem Jahr feuerte das Trio Satriani, John Petrucci und Uli Jon Roth die Klassiker ‚Highway Star‘ (Deep Purple), ‚All Along The Watchtower‘ (Jimi Hendrix) und ‚Immigrant Song‘ (Led Zeppelin) von der Bühne und ließ die Shows in umjubelten Happenings enden. Nach den ausführlichen Interviews mit Satriani und Roth in unserer Juni-Ausgabe kommen nun Dream-Theater-Gitarrist John Petrucci und sein Bassist Dave LaRue zu Wort.

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Neben Organisator und Gallionsfigur Joe Satriani war John Petrucci der zweite Superstar der diesjährigen G3-Tour. Petrucci war zwar bereits zum achten Mal dabei, jedoch erstmals auch in Europa, weshalb besonders viele Dream-Theater-Fans zu den Konzerten strömten.

Und der Ausnahmemusiker zahlte mit glänzender Münze zurück: Seine Performance war von beeindruckender Energie und Virtuosität, sein Sound druckvoll und dennoch jederzeit transparent. Obendrein überraschte er seine Anhängerschaft mit drei neuen, bislang unveröffentlichten Solo-Songs, die natürlich sofort die Hoffnung auf ein zweites Soloalbum nährten. Etwa zwei Stunden vor seiner Show trafen wir uns mit dem freundlichen Amerikaner in seiner Garderobe und erfuhren auch einige spannende Informationen über die kommenden Aktivitäten seiner Hauptband.

petruccinterview

John, weshalb hast du dich bereits zum achten Mal dazu entschieden, an einer G3-Tour teilzunehmen?

Wenn Joe mich fragt, fällt es mir immer sehr leicht, mich für eine weitere G3-Tour zu entscheiden. Diesmal war es für mich sogar besonders einfach, weil der Zeitpunkt der Tour für mich perfekt war: Die Dream-Theater-Tournee war zu Ende und ich hatte in der ersten Hälfte 2018 keine festen Termine.

Kannst du mal kurz beschreiben, wie eine solche Anfrage aussieht? Gibt es bestimmte Abmachungen, ein generelles Konzept, das Satriani dir vorstellt?

Normalerweise gibt es bereits einen konkreten Zeitrahmen, in dem die Tourneen in Amerika und in Europa stattfinden sollen. Alles andere ergibt sich aus dem generellen G3-Konzept, und der Tatsache, dass Joe und sein Team mich gut kennen und wissen, was ich musikalisch anbiete. Für mich war es diesmal besonders reizvoll, weil ich mit G3 noch nie in Europa war, sondern ausschließlich in Amerika. Ansonsten ist das Konzept dieser Tour ja seit Beginn das gleiche: Joe ist der Headliner, ich spiele in der Mitte, vor mir spielt noch ein weiterer Act, und am Ende des Abends treffen wir uns zu einer gemeinsamen Jamsession. Neu ist immer nur die personelle Zusammensetzung der Tour. Diesmal hatten wir in Amerika Phil Collen und in Europa Uli Jon Roth dabei, beides tolle Musiker und ausgesprochen nette Typen.

Die aktuelle Konstellation deines Trios mit Mike Mangini und Dave LaRue hat es vor ein paar Jahren schon mal in Südamerika gegeben, nicht wahr?

Ja, das ist richtig. Mike bringt dann zwar ein kleineres Drum-Kit mit als bei Dream Theater, aber wenn du uns nachher spielen siehst, wirst du erkennen, wie kraftvoll dieses Trio klingt. Mir stehen 45 Minuten zur Verfügung, in denen ich sechs Songs spiele, drei von meinem 2005er Soloalbum ‚Suspended Animation‘, und drei nagelneue, die bislang noch unveröffentlicht sind. Die Spielzeit ist schnell vorüber, deswegen gebe ich während der gesamten Show Vollgas, sprich: nur energetische Songs, keine Ballade, keine ruhigen Momente.

John Petrucci
(Bild: Mineur)

Sind die drei nagelneuen Songs möglicherweise Vorboten eines zweiten Soloalbums?

Ich möchte die neuen Songs auf jeden Fall aufnehmen, egal was anschließend damit passiert. Natürlich gefällt mir der Gedanke eines zweiten Soloalbums, zumal mich die Fans ununterbrochen danach fragen. Immerhin liegt ‚Suspended Animation‘ 13 Jahre zurück. Andererseits habe ich mit Dream Theater alle Hände voll zu tun. Nur mal ein Beispiel: Nach dieser Tour habe ich nur im Mai und Juni frei, dann beginnt schon wieder das Songwriting für die nächste Dream-Theater-Scheibe. Insofern wäre gerade jetzt, also zwischen Januar und Mai 2018, genügend Zeit gewesen, um ein neues Soloalbum aufzunehmen. Aber ich bin zurzeit nun einmal mit G3 auf Tour, also klappt es wieder nicht.

John Petrucci
Sein Mesa/Boogie JP-2C Signature als repräsentative Topteil-Version (Bild: Matthias Mineur)

Sind deine neuen Solo-Songs eine erkennbare Weiterentwicklung deiner kompositorischen und handwerklichen Fähigkeiten?

Zunächst einmal: Diese G3-Tour ist für mich als Musiker erneut unglaublich hilfreich. Denn ich stehe stärker im Fokus als bei Dream Theater und spüre den Druck auf meinen Schultern, da ich nahezu für alles allein verantwortlich bin. Keine Keyboards, kein Gesang, keine Pausen, die Gitarre marschiert ohne Unterlass. Dadurch verbessere ich mich als Musiker, außerdem verleiht es mir als Performer mehr Selbstsicherheit.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie sehr meine erste G3- Tour im Jahre 2001 zu meinem Selbstbewusstsein beigetragen hat. Auf der aktuellen G3-Tour gibt es nahezu jeden Abend eine Show, ich spiele also permanent und wahnsinnig viel, wodurch sich meine Technik weiter verbessert. Und von der allabendlichen Jamsession profitiert auch meine Fähigkeit zur Improvisation, was sich sicherlich auch auf meine sonstigen Aktivitäten als Musiker positiv auswirken wird. Kompositorisch knüpfen die drei neuen Songs genau dort an, wo ich 2005 mit meinem ersten Soloalbum aufgehört habe. Es gibt also keine grundsätzlichen Unterschiede, sondern sehr viele kompositorische Ähnlichkeiten zu dem, was ich mit ‚Suspended Animation‘ veröffentlicht habe.

John Petrucci
Die beiden Mastermind GT von RJM werden von Gitarrentechniker Maddi und von Petrucci selbst geschaltet (Bild: Matthias Mineur)

Wie schnell bemerkt man als technisch so versierter Musiker wie du einen spielerischen Fortschritt?

Ja, man spürt das relativ schnell. Wir haben die Songs während dieser Tour generell nicht verändert, aber jetzt, nach einer ganzen Reihe von Shows, spielt die Band auf den Punkt, jeder hat weitaus mehr Sicherheit und auch Selbstbewusstsein als zu Beginn der Tour. Für mich als Gitarrist sind diese Solo-Shows einerseits die größere Herausforderung, andererseits aber auch nicht. Natürlich liegt der Fokus weitaus stärker auf der Gitarre, aber dafür sind bei Dream Theater die Stücke komplexer und länger, man muss sich also mehr konzentrieren. Mein Soloprogramm ist freier, lockerer als bei Dream Theater und hat ein wenig die Jazz-Mentalität, sprich: Am Anfang gibt es eine starke Melodie, dann folgt ein langer Improvisationspart, und am Ende schließt sich der Kreis mit der Melodie vom Anfang.

John Petrucci
Petruccis Gitarrentechniker Matthew „Maddi” Schieferstein (Bild: Matthias Mineur)

Trotzdem hast du nahezu exakt das gleiche Equipment wie bei Dream Theater dabei. Fährst du auf der G3- Tour keinen generell härteren Sound?

Wir wollten den Aufwand so gering wie möglich halten und keine Experimente eingehen. Deswegen habe ich zwei meiner Boogie JP-2C in Stereo dabei, dazu ein Fractal Audio Axe FX II, vor allem für die Delays, plus ein paar Pedale von TC Electronic, eigentlich alles wie bei Dream Theater. Neu ist nur ein Overdrive-Pedal, das mir Tore (Lynggaard Mogensen, seit 2002 Business Manager von TC Electronic, Anm. d. Ver.) in Dänemark gegeben hat.

John Petrucci
Petruccis Rack u. a. mit Mesa/Boogie JP-2C und EL84, Fractal Audio Axe FX-II und Cry Baby John Petrucci Signature WahWah (Bild: Matthias Mineur)

Allerdings verwende ich eigentlich gar keine Overdrive-Pedale, es ist mehr ein kleines Gimmick zum Spaß. Das Gain meines Boogies in Verbindung mit dem Boost-Schalter meiner Volume-Einheit sind völlig ausreichend. Und natürlich nicht zu vergessen: meine Ernie-Ball-MusicMan-Signature-Gitarren, die meisten davon sind Majestys.

Keine Änderungen der Equalizer-Einstellung im Vergleich zu Dream Theater?

Nein, eigentlich nicht. Der Sound, den ich mir in meinem Kopf vorstelle, ist immer der gleiche: groß, breit, griffig, klobig. (lacht)

Wie viele verschiedene Tunings spielt ihr?

Vier. Deshalb habe ich insgesamt acht Gitarren dabei, eine pro Tuning plus jeweils eine als Ersatz, falls etwas kaputt geht. Wir spielen in Standard-Tuning, in Drop D, in 7-Saiter-Tuning und in der Jamsession werden alle Songs in Es gespielt, weil Joe einen Halbton tiefer stimmt.

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(erschienen in Gitarre & Bass 07/2018)

Produkt: Gitarre & Bass 6/2022 Digital
Gitarre & Bass 6/2022 Digital
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